Wie so oft war das japanische Publikum mal wieder das angenehmste, das ich mir hätte denken können. Sehr aufgeklärt und respektvoll, ganz im Gegensatz zum europäischen und brasilianischen. Man hat teilweise sogar kleine Kinder im Publikum gesehen, da würden viele westliche Länder an die Decke gehen. Allerdings sagt dies mehr über diese Länder als über die Japaner, die einen sehr guten Umgang mit Kampfsport pflegen. Negativ ist einem leider aufgefallen, dass das Striking Level auf einem historisch schlechten Niveau war. MMA birgt ohnehin bessere Grappler als Striker, bei dieser Card ist es enorm aufgefallen und konnte leider nicht mit umso besserem Grappling kompensiert werden. Die Vorkämpfe waren schon schwierig anzusehen, auf der MC ging es dann halbwegs.
Der Hauptkampf hielt was er versprach. Der Kampf zwischen Barnett und Nelson war einer der attraktivsten HW Fights, die ich in den letzten Jahren gesehen habe, vermutlich liegt es daran, dass die beiden auch in der fünften Runde noch drauf gegangen sind. Trotz der Niederlage hat Nelson mich positiv überrascht, da er es mal gewagt hat, sein großartiges Grappling zu zeigen. Hätte er in jedem anderen Aspekt nicht kassiert, wäre es vielleicht ein Weg zum Sieg gewesen, Barnett auf den Boden zu werfen und zu stallen. Es hat sich gezeigt, dass er gegen Barnett nicht einmal die Guard passieren kann, ohne ihm dabei zu viel anzubieten und eventuell die Kontrolle zu verlieren. Bei seinem Körperbau (rund) macht er es jedem Gegner beim Stallen schwer.
Beide Männer haben gezeigt, dass sie ihren Gegner enorm respektieren, Barnetts gesamte Auslage war darauf ausgerichtet, Nelsons Schläge gut verteidigen zu können und mit der Vorhand zu kontern. Die Überlegenheit im Clinch war kein Wunder und dass er sich schwer tat, Nelson richtig zu verletzen ist für einen Kerl wie Barnett, der echt nicht der beste Striker ist, ebenfalls nicht verwunderlich. Auf Nelsons unter dem Bart versteckten Kinn trifft mit Sicherheit die heisenbergsche Unschärferelation zu; entweder du weißt wo es ist oder wohin es geht, aber nie beides auf einmal und somit kann man kaum saubere Kombinationen reinbringen. Die Auslage Barnetts machte ihn zwar anfällig für Takedowns, der Aufenthalt in der Half Guard hat ihm zu meinem Verwundern aber kaum Energie gekostet.
Wie gut er japanisch zu sprechen scheint, war bei Barnett echt beeindruckend und auch die Wertschätzung gegenüber Roy Nelson haben nochmal unterstrichen, was für ein toller Kerl er ist.
Mousasi hat mal wieder den Kampf verloren, den er unbedingt gewinnen sollte und ich glaube, von dieser Niederlage wird er sich schwer erholen. Uriah Hall hat seine großen Unsicherheiten diesmal überwunden, ist mit jeder Selbstsicherheit auf seinen Gegner zu gegangen und hat sich mit ihm am Boden ein sehr interessantes Duell geliefert. Im Nachhinein war es echt clever von ihm, am Anfang der zweiten Runde auszurasten, da Mousasi noch immer die Angewohnheit hat, zu viel zu stehen oder sich in die gegnerischen Angriffe hinein zu bewegen, was nicht nur den so unattraktiven Kampf gegen Machida gestaltet hat.
Ich habe ein wenig die Befürchtung, dass er nun wieder die Fresse aufreißt und im nächsten Kampf auf die Fresse kriegt, wie in der Vergangenheit. Ich habe kaum was vor dem Kampf von ihm gehört, ich hoffe dieser Trend setzt sich fort. Man darf in den Sieg sicher nicht zu viel interpretieren. Er hat enorm gut auf den Fehler kalkuliert, man darf es aber nicht mit einem Sieg vergleichen, bei dem man durch absolute technische Überlegenheit den Knockout reißt. Toller Sieg, aber nichts, wo ich zum jetzigen Zeitpunkt viel reininterpretier. Lediglich, dass Mousasi sich seit 7 Jahren nicht verbessert hat und das ist schade.
Das Duell zwischen Horiguchi und Camus hat einem am Anfang recht viel Hoffnung gemacht, stellte sich dann aber als intensive Sparringsession raus. Dass die beiden so mit als solidesten Striker der Division gelten und gut rangiert sind, finde ich schon tragisch, da ich keine reele Verbesserung zu den vorherigen Kämpfen gesehen habe, weshalb mein Interesse sehr schnell gegen 0 sank und ich mir den Kampf nur nebenbei reinzog.
Diego Brandao ist richtig ausgerastet und hat einem das Gefühl gegeben, dass Sean Shelby einen weiteren Griff ins Klo getan hat, indem er Kikuno, der bereits in der Vergangenheit gezeigt hat, dass er kaum was abkann, mit einem extrem guten Striker in einen Ring wirft. In den paar Sekunden war es ersichtlich, dass Brandao nicht nur technisch enorm viel besser war, sondern auch in allen körperlichen Aspekten überlegen schien, einseitiger ging es gar nicht. Toller Sieg für Brandao, der einem vielleicht mal wieder aufzeigt, warum es wichtig ist, ordentliche Kämpfe anzusetzen. Dass das keiner wird, konnte man ja schon vom Papier her erahnen.
Der TUF Fight war mir recht egal, ich fand die Urteilserkündung aber unprofessionell hoch zehn. Bruce Buffer sagt Draw, der Ref guckt nach hinten, Bruce zuckt mit den Schultern, der Ref hebt ganz halbherzig die Arme beider Fighter und keiner kümmert sich um irgendwas, erstmal 30 Sekunden verwirrte Ruhe.
Keita Nakamura hat den Sieg seines Lebens geholt und ich habe es ihm echt gegönnt. Ich find den Chinesen ja eigentlich cool, aber den Gegner in der ersten Runde in die Guar zu ziehen und dann zu stallen ist nicht grad das, wofür ich jemandem den Sieg gönne. Wie dem auch sei, hat er mit seinen Kicks mal wieder beeindrucken können und den sichtlich gealterten Nakamura sehr zusetzen können. Wie dieser sich in den letzten Minuten mittels seines Grapplings nochmal zurück in den Kampf arbeiten konnte und dieses brutale Finish holte, war extrem beeindruckend und ein Beispiel für den großartigen Kampfgeist der Japaner, mit dem sie manchmal mehr Kämpfe gewinnen als mit bloßer Technik. Dieses Finish hätte von Sakuraba himself sein können. Dass Li nicht abschlagen wollte und zusammen gefallen ist, hat da natürlich nochmal eine gewisse Dramatik reingebracht und diese Art Szene ergeben, die man in der UFC leider sehr selten sieht, aber einem immer wieder vom Hocker reißt. Für Li ist das ein Schritt nach hinten in seiner Karriere, während Nakamura eh nichts mehr reißen wird. Von daher sollte man echt im Kopf behalten, dass dies ein Kampf war, der wirklich nur dazu da war, um zu klären, wer die #1 der slicken WW Asiaten ist, wenn wir mal DHK raus lassen.
Ich frage mich langsam, wie Nick Hein es schafft, drei Siege in der UFC zu haben ohne irgendwie eine souveräne Leistung zu bringen, auch diesmal war es nicht mehr als eine Sparring-Session, in der er ein wenig besser war, aber echt nicht beeindruckt hat und das gegen einen Gegner mit unglaublich schlechtem Striking. Wenn er einmal einen Gegner treffen würde, der moderate Fähigkeiten in jedem Aspekt hat, bekommt er echt richtig auf die Mütze. Allerdings schützt man ihn enorm, indem man ihn gegen Leute kämpfen lässt, die keine Existenzberechtigung in der UFC haben und ihm weil er ja nicht überzeugt weiterhin gegen solche Typen auflaufen lässt. Erinnert mich schwer an Marcus Davis' Anfangszeit. Sehr schade, dass Deutschland in der UFC nach wie vor von Kämpfern vertreten wird, die man einfach nicht feiern KANN.