Ich komme einfach nicht dazu, zwei vernüftige Beiträge pro Monat zu schreiben. Deswegen werde ich mich in Zukunft auf die beste Show des Monats beschränken. Gute Alben werde ich aber am Ende des Posts anhängen. Also:
Konzert des Monats - Juli 2019:
Act: Have Heart
Datum: 20.07
Ort: Köln
Location: Essigfabrik
Genre: Hardcore Punk
Es ist glaube ich schwer zu beschreiben, was die One-Time-Reunion von Have Heart mir und wohl auch vielen anderen Leuten bedeutet. Deswegen gibt es einfach die ganze Geschichte: Ich kann mich noch genau erinnern, dass ich im Gym war, als ein Kollege mir schrieb, dass ein ziemlich bekannter Booker aus UK, der eigentlich alles, was Rang und Namen hat im Bereich des Hardcore Punks, bereits gebucht hatte, schrieb, dass er in zwei Stunden die größte Show seiner Bookinglaufbahn bekanntgeben wird. Eine große Ankündigung, bei der es eigentlich nur zwei Möglichkeiten gab. Entweder es gibt einen riesigen Shitstorm, da die Ankündigung völlig übertrieben ist, oder, das wollte aber niemand wirklich aussprechen, es gibt eine riesige Reunion. Und an dieser Stelle gab es nach meiner Ansicht nur zwei Möglichkeiten, die diese Ankündigung rechtfertigen würden: Have Heart oder Inside Out. Kleiner Exkurs zur zweiten Band an dieser Stelle: Bei Inside Out hat ein gewisser Zack de la Rocha gesungen, den die meisten wohl als Sänger von Rage Against the Machine kennen. Rage Against the Machine sollte auch der Name der zweiten Veröffentlichung der Band sein. Diese gab allerdings vorher ihre Auflösung bekannt und der Rest ist Geschichte.
Zurück zu Have Heart: Die Reunion, der Split kam 2009, bestand zunächst aus vier Konzerten in Boston, Los Angeles, Köln und Leeds und das Hardcore Punk Internet ist explodiert. Man hat gemerkt, dass dies keine normale Reunion ist. Dementsprechend groß war auch der Run auf die Tickets, die alle innerhalb von Minuten ausverkauft waren. Dabei lief für die Köln Show einiges schief, der Shitstorm war riesig und ich stand wie so viele ohne Karten da. Im Internet wurden Karten bei einem Einkaufspreis von 30 Euro/Dollar für 500 Euro/Dollar verkauft. Im Facebook-Event der Köln-Show suchten Leute aus Japan und Argentinien nach Karten. Teilweise suchten Personen nach Karten für irgendeine der vier Shows, es war einfach verrückt. Die Band reagierte und schob vier Shows nach. Die zweite Show in Deutschland fand in Würzburg statt. Grund dafür ist nach meiner Vermutung, dass dies die größte Halle in Deutschland ist, bei der die Möglichkeit besteht, eine Show ohne Absperrung vor der Bühne stattfinden zu lassen. Für diese Show konnte ich auch relativ entspannt Karten bestellen. Vier Stunden Anfahrt an einem Freitag zu Ferienbeginn, drauf geschissen. Die Verkaufssituation für die acht Shows entspannte sich nach und nach und dank eines Freundes, der eigentlich nichts mit Hardcore Punk am Hut hat, bin ich schlussendlich doch noch an Karten für Köln gekommen. Die Würzburg Tickets wurden trotzdem nicht verkauft. Die Zeiten, in denen ich mir Bands, die ich abfeier, nur einmal pro Tour angucke, sind lange vorbei.
Wie oben bereits erwähnt war die Köln Show die bessere der beiden, was vor allem an der kleineren Location lag. Es hatte zwar nicht das Flair einer vernüftigen Hardcore Show, aber immerhin war es keine 3000er Halle. Trotzdem noch ein kurzer Exkurs zur Würzburg Show und den ganz besonderen Momenten, die nicht jedes Konzert bietet. Es muss so vor 5-6 Jahren gewesen sein als ich eine Show der Band Listener im Dortmunder FZW besucht habe. Ich war eigentlich nur dort, da ein Kollege von mir ein Videointerview mit der Band geführt hat und ich die Kamera halten musste. Das FZW hat zwei Räume, in denen parallel Konzerte stattfinden können und an diesem Tag spielte im zweiten, größeren Saal der Rapper Maeckes, auch bekannt als Mitglied der Orsons. Ich hing im Vorraum ab als das Konzert von Maeckes endetet und die überwiegend jungen Besucher das Konzert in völliger Begeisterung verlassen haben. An dieser Stelle ist mir zum ersten Mal aufgefallen, wie sehr Konzerte in meinem Leben zur Routine geworden sind. Ich besuche gerne Shows, aber diese besonderen Momente, das Gefühl, dass etwas passiert, was man noch nicht gesehen hat, werden seltener. Die zwei Have Heart Shows an diesem Wochenende gehören auf jeden Fall zu diesen Momenten. Seit der No Warning Reunion im Jahr 2014 war ich nicht mehr so aufgeregt vor einer Show wie in Würzburg. Die Band betritt die komplett abgedunkelte Bühne, begibt sich in Position, die Menge bereit für die Eskalation und es passiert erst einmal nichts. Und dann kommt das beste Intro, welches ich je erlebt habe. "War", ein Song von Bob Marley wird in einer sehr berühmten, leicht veränderten Version Sinead O'Connor gespielt, in voller Länge, kleiner Auszug: "That until there no longer; First class and second class citizens of any nation; Until the color of a man's skin; Is of no more significance than the color of his eyes". Die Spannung ist greifbar, einfach großartig. Und im Anschluss bricht die Hölle los.
Nun endlich zur Köln Show mit vier Supports, von denen vor allem die letzte Support Band Spirit Crusher eine Show abliefert, die in anderen Monaten an dieser Stelle länger behandelt werden könnte. Die weiteren Supports sind Spark, Mil-Spec und Abuse of Power. Have Heart verzichten dieses Mal auf das Intro, sondern starten direkt durch mit "The Unbreakable" vom Überalbum "The Things We Carry". Die Crowd geht völlig steil. Shoutout an dieser Stelle an den ca. vierten Stage Diver, der ins Leere springt und sich sein Knie nach knapp 15 Sekunden des Sets so sehr zerstört, dass er nur noch mit Hilfe zur Seite humpeln kann. Das tut mir wirklich sehr leid. Generell ist alles erlaubt und Leute, die noch nie eine solche Show besucht haben, würden das Verhalten der Crowd irgendwo zwischen "Völlig krank" und Körperverletzung einordnen. Es gibt Stage Dives, Salti, Headwalks und Singalongs, bei denen Sänger Pat Flynn fast von der Bühne gerissen wird. Auch dieser lässt es sich nicht nehmen von der Bühne zu springen. Ein Gitarrist tut es ihm mit Instrument gleich. Allerdings landet ein Besucher mit Salto genau auf ihm, was zu ziemlichem Chaos führt. Natürlich leidet der Sound darunter, aber gerade das macht Hardcore Shows für mich aus. Das Chaos regiert und es ist kein Problem, wenn nicht alles perfekt ist. Wir sind ja nicht bei Dream Theater und Konsorten. Setlisttechnisch wird alles gespielt, was ich mir erhofft habe mit meinem persönlichen Höhepunkt "The Machinist". "I could be the knife in your back; The noose around your neck; I could be the bullet racing through your skull but I'd rather be the force of my spoken word; Let your voices form the weapons" sind einfach so großartige Lyrics, Gänsehaut. Mehr kann man dazu nicht sagen. Welchen Stellenwert diese Band hat, lässt sich auch daran abmessen, dass an diesem Tag in Köln mit Angel Du$t eine recht angesagte Band aus dem Punk/Hardcore Bereich in einer anderen Location spielt, eine völlig dämliche Buchung. Die Show wird allem Anschein nach aber schnell durchgezogen, sodass die gesamte Band bei Have Heart am Bühnenrand steht und auch mit ins Chaos vor und auf der Bühne eingreift. Es ist immer sehr schön zu sehen, wenn Musiker weiter Fans sind und sich dementsprechend verhalten. Zum Abschluss der Show gibt es natürlich "Watch Me Rise", die Bühne wird gestürmt, Menschen türmen sich beim letzten Singalong übereinander während andere versuchen, nicht die Drums umzureißen. Eine Zugabe gibt es nicht, es hätte auch nicht gepasst. Ob Have Heart noch einmal wiederkommen? Ich glaube nicht und es ist auch vollkommen okay. Das hier war etwas ganz Besonderes und zum ersten Mal in meinem Leben habe ich das Gefühl, alles gesehen zu haben. Ich könnte heute das Konzertgame quitten und es wäre okay.
Weitere erwähnenswerte Konzerte in chronologischer Reihenfolge:
Harm's Way, 05.07, Ieperfest, Ieper, Belgien, Genre: Hardcore Punk, Power-Violence
Soul Grip, 06.07, Ieperfest, Ieper, Belgien, Genre: Black Metal
Wiegedood, 06.07, Ieperfest, Ieper, Belgien, Genre: Black Metal
Turnstile, 06.07, Ieperfest, Ieper, Belgien, Genre: Hardcore Punk
Length of Time, 06.07, Ieperfest, Ieper, Belgien, Genre: Hardcore Punk, Metal
Regulate, 07.07, Ieperfest, Ieper, Belgien, Genre: Hardcore Punk
Drug Church, 07.07, Ieperfest, Ieper, Belgien, Genre: Hardcore Punk, Punk
Higher Power, 07.07, Ieperfest, Ieper, Belgien, Genre: Hardcore Punk
Battery, 07.07, Ieperfest, Ieper, Belgien, Genre: Hardcore Punk
Amenra, 07.07, Ieperfest, Ieper, Belgien, Genre: Post-Metal
God Is An Astronaut, 09.07, Turock, Essen, Genre: Post-Rock
Full of Hell, 15.07, Valkhof Festival, Venlo, Niederlande: Genre: Crust, Power-Violence, Death Metal
Have Heart, 19.07, Posthalle, Würzburg, Genre: Hardcore Punk
Spirit Crusher, 20.07, Essigfabrik, Köln, Genre: Hardcore Punk
Erwähnenswerte Veröffentlichungen Juni/Juli:
Abuse of Power - What on Earth Can We Do (Genre: Hardcore Punk, FFO: Magnitude, Odd Man Out)
All Out War - Crawl Among the Filth (Genre: Hardcore Punk, Metalcore, FFO: Merauder, Morning Again)
Angst - Decay of all Purity (Genre: Hardcore Punk, FFO: Chokehold, Hatebreed)
Berthold City - What Time Takes (Genre: Hardcore Punk, FFO: World Be Free, Mindset)
Buried Dreams - 9 Reasons Not to Live (Genre: Hardcore Punk, FFO: Knocked Loose, Trail of Lies)
Bystander - Where Did We Go Wrong (Genre: Hardcore Punk, FFO: Trial, Battery)
Cave In - Final Transmission (Genre: Post-Hardcore, Alternative Rock, FFO: Botch, Coalesce)
Chamber - Ripping/Pulling/Tearing (Genre: Hardcore Punk, FFO: Code Orange, Vein)
Darkthrone - Old Star (Genre: Black Metal, FFO: Mayhem, Emperor)
Disentomb - The Decaying Light (Genre: Death Metal, FFO: Devourment, Wormed)
Earth - Full Upon Her Burning Lips (Genre: Drone, FFO: Sunn O))), Boris)
Elder - The Gold & Silver Sessions (Genre: Post-Rock, Stoner Rock, FFO: Conan, Pelican)
Envision - In Desperation... (Genre: Hardcore Punk, Metalcore, FFO: Ecostrike, Deflect)
Fatoni - Andorra (Genre: Rap, FFO: Zugezogen Maskulin, Antilopen Gang)
Full of Hell - Weeping Choir (Genre: Crust, Power-Violence, Death Metal, FFO: Zahnarztbesuche, Weekend Nachos)
Inhuman Nature - Inhuman Nature (Genre: Hardcore Punk, Metal, FFO: Power Trip, Foreseen)
Instructor - Demo 2019 (Genre: Hardcore Punk, FFO: Big Cheese, Justice)
Knocked Loose - ...And i Still Wander South (Genre: Hardcore Punk, Metalcore, FFO: Jesus Piece, Ultratsumpfer Musik)
Lighteater - Autoscopy (Genre: Post-Rock, FFO: Mono, This Will Destroy You)
Magnitude - To Whatever Fateful End (Genre: Hardcore Punk, FFO: Odd Man Out, Regulate)
Mortality Rate - You Were the Gasoline (Genre: Hardcore Punk, FFO: Vamachara, Eternal Sleep)
Nails - I Don't Want to Know You (Genre: Hardcore Punk, Power-Violence, Metal, FFO: Harm's Way, Full of Hell)
Odd Man Out - New Voice (Genre: Hardcore Punk, FFO: Freedom, Line of Sight)
Persecution Mania - Demo 2019 (Genre: Thrash Metal, Hardcore Punk, FFO: Power Trip, Gatecreeper)
Sanction - Broken in Refraction (Genre: Hardcore Punk, Metalcore, FFO:Inclination, Knocked Loose)
Spirit Crusher - Whisper Against the Roar of the World (Genre: Hardcore Punk, FFO: Cro-Mags, Line of Sight)
Trail of Lies - Fearless (Genre: Hardcore Punk, FFO: Gymbesuche, King Nine)
Wild Side - Who the Hell is Wild Side? (Genre: Hardcore Punk, FFO: Abuse of Power, Magnitude)