So, da meine Kolumne mit Liedgut so toll angekommen ist, gleich Nachschub.
"Komasaufen mit Amor
„Verdammter Mist,
was du für ein Arschloch bist!
Weißt du eigentlich, wie spät es jetzt ist?
Sieh zu, dass du dich hier verpisst!
Wie widerlich,
lallst etwas von „Ich liebe dich“,
stinkst dabei nach Bier, Schnaps, was weiß ich,
wer schläft heute wohl in der Kich?
Boah, du Wicht,
meinst, das Wort „Kich“ gibt es nicht?
Auch noch frech werden, du kleines Licht?
Die Scheidung rückt deutlich in Sicht.“
Soweit die unveröffentlichte Refrainalternative des Mega-Schlagers „Herzilein“ von den Wildecker Herzbuben. Die zerknüllte, teilweise mit weißen Brausepulver bestäubte Seite, auf der dieses Stück Musikgeschichte festgehalten wurde, habe ich damals während meines Aushilfsjobs auf dem Künstlerlokus des „Musikantenstadl“ zusammen mit einem seltsamen kleinen Röhrchen gefunden. Das tut aber eigentlich nichts zur Sache, vielmehr möchte ich den ursprünglichen Text dieses Lieds hier besprechen, da sich dahinter einiges an Aufklärungspotential zum für mich noch immer mehr als geheimnisvoll besetzten Themengebiet „Liebe“ verbirgt.
Aktuell bin ich nämlich gerade wieder ziemlich an einer Beziehung interessiert. Zugegeben liegt das nicht daran, dass ich mich in irgendeiner Form verknallt hätte, sondern basiert auf bloßem Neid, was wohl keine allzu günstige Ausgangslage darstellt. Aber ich werde gerade verstärkt und eigentlich auch immer konstant in meinem kompletten Umfeld mit Pärchen zugebombt, die ihre Glückseligkeit allein davon ableiten, dass sie sich das Leben mit einem anderen Menschen teilen. Mein Dasein könnte aber auch einen gehörigen Schuss von dieser Glückseligkeit vertragen, also wird es definitiv Zeit, dass ich die Gebrauchsanleitung der Liebe begreife. Und da eignet sich wohl nichts mehr als die Hintergründe dieses Wildecker Liedguts.
Allerdings ist das wirklich harter Stoff, wenn man darüber nachgrübelt. Da torkelt also regelmäßig ein menschliches Fleischgebirge dicht wie eine Haubitze zurück in sein Ehenest und wird dafür noch von seiner Lebenspartnerin mit Kosenamen bedacht. Wenn ich davon ausgehe, dass es sich bei dem ganzen Gesülze nicht nur lediglich um die Wunschphantasien eines ewigen Singlealkoholikers handelt, der damit seine utopische Traumfrau beträllert, dann liegt in diesen Umständen doch eindeutig die Essenz der Liebe verborgen. Denn was sollte sonst auf purer Anziehung fern jeder Logik basieren wenn nicht diese bescheuerte Form einer Nachtwache mit eingebautem Kuschel- und Zärtlichkeitsautomatismus?
Bisher sah ich sowohl das Geheimnis einer funktionierenden Beziehung als auch das Geheimnis meiner nie funktionierenden Beziehungen in der sexuellen Auslebung. Allerdings fällt dieser Punkt bei den Herzilein-Dichtern vielleicht nicht komplett weg, aber schon unter ferner liefen, denn wenn jeder Stellungswechsel den Erstickungstod der weiblichen Hauptdarstellerin im privaten Pornodreh bedeuten könnte, nimmt das doch garantiert zumindest einseitig die Lust an diesem Schauspiel. Also muss der Knackpunkt, warum die Else total verliebt zuhause sitzt, während der Angebetete mal wieder Talsperre mit seinen Kumpels spielt, woanders liegen als in der Hoffnung, zwischen Eintrudeln des Schatzileins im Ehebett und seinem im weiteren Nachtverlauf unvermeidlichen Herauskotzen der großzügig zu sich genommenen Alkoholika nochmal richtig von ihm durchgepimpert zu werden.
Zumal ich selber schon eine Beziehung mit einer Person geführt habe, die dem Alkohol sehr zugetan war, schön ist wirklich was anderes. Ich habe mich auch immer weggedreht oder bin sogar ins Wohnzimmer umgesiedelt, wenn sie mitten in der Nacht ins Bett gefallen ist, nur bekleidet mit dem massiven Hauch Gestank nach den Kneipen dieser Welt und eine Fahne ventilierend, die sogar mich durch bloßes Inhalieren mehrere Tage fahruntüchtig gemacht hat. Mir kamen da niemals Liebkosungen in den Sinn, vielmehr habe ich alternative Antworten im seltsamen „Liebst du mich? Willst du immer bei mir bleiben? Wirst du mich nie verlassen?“-Fragespiel angeboten, im festen Wissen darüber, dass sich Miss Sheen am nächsten Morgen bei der vergeblichen Rekapitulierung ihres ultimativen Filmrisses eh an nichts mehr erinnern konnte.
Sicher kann man sich jetzt darüber wundern, warum mein damaliger sozialer Lebensschwerpunkt immer alleine zum ausschweifenden Leberbelastungstest lostingeln musste. Das ist sogar ein Umstand, über den bereits diverse Teilnehmer meines Freundeskreises eine Auskunft angefordert haben, und in der Antwort liegt auch möglicherweise der Hauptgrund meiner akuten Bindungsschwäche verborgen. Denn ich habe es einfach zu sehr genossen, endlich Zeit für mich alleine zu haben, um auch nur auf die Idee zu kommen, das menschliche Add-On in meinem Lebensspiel zu begleiten, wenn sie zu ihrer regelmäßigen Zirrhoseansüppelung auszog. Tatsächlich glaube ich, dass es einer Beziehung nicht unbedingt abträglich ist, wenn man gerne Zeit miteinander verbringt. Allein der Gedanke klingt wirklich nicht komplett unplausibel, diese Theorie sollte ich definitiv im Hinterkopf behalten und beizeiten vielleicht sogar mal ausprobieren.
Ich denke, das ist wohl auch des Rätsels Lösung, warum die Trulla im Schunkelhit die nächtliche Seelsorge für sternhagelvolle Volksmusikheinis aufführt. Jetzt will ich auch weder Moby noch Dick absprechen, dass sie total sympathische Kerle sind, wenn sie nicht gerade wieder irgendwo mit Kollegen versacken, aber wo genau liegt in diesem Beispiel das Beziehungspotential im romantischen Bereich? Hat sich diese Freiwillige an der Liebesfront unsterblich in die Bärte der zwei Schnulzenbrocken verliebt und muss diese jetzt zwanghaft minütlich kraulen? Kann sie sich ein Leben ohne Kleidungsstücke, aus denen mit wenigen Handgriffen jederzeit Campingzelte für Großfamilien konstruiert werden können, nicht mehr vorstellen? Als Betroffener will ich hier aber gar nicht das Schlachtfeld der ulkigen Scherze über korpulente Mitbürger übermäßig strapazieren, ich verstehe nur nicht, warum Leute aus einer Sympathie heraus von der freundschaftlichen Perspektive auf dieses diffuse Liebes-Tralala wechseln.
Möglicherweise muss man sich das ganze intime Gedöns aber auch tatsächlich schön saufen. Allerdings liegen die Hintergründe im Herzilein-Szenario sowieso sehr viel offensichtlicher auf der Hand als im wahren Leben. Sie wartet geduldig zuhause, da ihre Lieblingshüpfburg gerade nach ihrem Superhit doch einige hübsche neue Zahlen auf dem Girokonto begrüßen durfte, die ruckzuck auf Kreditkarten überwechseln können, um sich dann sehr positiv beim nächsten Einkaufsbummel durch die Boutiquen der Heimatstadt auszuwirken. Von der Warte aus betrachtet darf sie selbstverständlich seine heftigen Tete-a-Tetes mit Asbach Uralt, Johnny Walker und diversen Glaserl Wein auch nicht im Mindesten kritisieren, denn die wurzeln ja ebenfalls in der Ausübung des peinlichen Berufs, mit der er die Millionen nach Hause holt, und sind dafür wahrscheinlich sogar absolut verbindlich. „Schatzilein, ich wird dir noch einmal verzeihen, Hauptsache du komponierst Herzilein 2, wie kann man so geldgierig sein?“
Allerdings können Normalsterbliche natürlich nur beten, dass das Geheimnis einer funktionierenden Beziehung nicht tatsächlich in einer Karriere als Volksmusikant liegen. Zumindest ich würde eher auf eine glückliche Zweisamkeit verzichten, bevor ich mich als Schwarzwälder Kirschtorte verkleide, so kostümiert zu einer Tour durch die Altersheime und medialen Seniorentreffs dieser Welt ansetze und mich dort von meinen untoten Groupies mit Gebissen, Katheterbeuteln und langen XXL-Unterhosen mit doppelter Riesenbremsspur bewerfen lasse, egal wie lukrativ diese perverse Sado-Maso-Phantasie auch daher kommen würde. Außerdem habe ich sowieso nicht verstanden, wo genau der Mann in diesem Entwurf die Beziehungsvorteile herausziehen kann. Sicher sind unlimitierte Kreditkarten ein ziemlich griffiger Grund für unsterbliche Treue, aber gilt das tatsächlich auch für das Aufstellen von Eimern neben das Bett und die reibungslose Abwicklung der bei Nachdurst essentiell wichtigen Versorgung mit gefüllten Mineralwasserflaschen und Kopfschmerztabletten?
Gut, wahrscheinlich bin ich an dieser Stelle auch endgültig der falsche Ansprechpartner, denn ich habe das Beziehungsmodell „Wohngemeinschaft“ erst ein einziges Mal ausprobiert und seitdem motiviere ich mich an allzu trostlos erscheinenden Tagen damit, dass immerhin meine süße Schmarotzerin nicht mehr auf mich wartet. Danach geht es mir direkt wieder gut, eben weil ich mir so sehr plastisch vor Augen halten kann, dass die Perspektive möglicherweise hin und wieder ins Triste changiert, sich allerdings definitiv auch sehr viel schlimmer präsentieren könnte. „Ein letztes Glaserl unter Freunden, ich wanke Richtung Ausgangsportal, zuhause da wartest du seit Stunden, der Gedanke treibt mich zurück ins Lokal…“
Das Katastrophale an dieser festen Beziehung war sowieso neben der Tatsache, dass ich wohl noch in hundert Jahren ein Loslassen verweigere und sie deshalb rhetorisch beackere, dass ich durch diesen Witz meine Einstellung zur Liebe in der auf Dauer zumindest vorgenommenen Version definiert habe. Und diese erkläre ich deshalb halt so, dass am Anfang eine Anziehung besteht, die irgendwann mit einer Gewohnheit ausgetauscht wird. Für mich persönlich gibt es keine Überlegung mit einem gruseligeren Ergebnis, denn ich muss selbstkritisch zugeben, dass der kleine Spießer in mir sich zwar mindestens dreimal die Woche über die Situation aufgeregt hat, aber sie niemals von sich aus beendet hätte. Dass diese ganze Sache nicht noch derber ins Auge gegangen ist und sogar via Worst-Case-Szenario bis heute andauert, liegt ganz allein an meiner Ex, die sich glücklicherweise irgendwann ein Herz inklusive neuen Penis gefasst hat und dann plötzlich weg war. „Rygilein, musst nicht mehr traurig sein, jetzt bist du doch wieder allein, nie mehr zieht eine Frau hier ein…“
Der einzige Hoffnungsschimmer, der mir da bleibt, liegt in einer Aussage, die diese Dame mal total glücklich getätigt hat, als sich unser Beziehungssturzflug bereits in der kritische Phase befand und schon von sämtlichen sozialen Radaren verschwunden war. Es ging darum, dass ein Freund ihr mitgeteilt hat, dass sie die unkomplizierteste Frau wäre, die er kennen würde. Tatsächlich muss auch ich sogar aus heutiger Sicht dem zustimmen, denn bis dato habe ich noch keinen schlichteren und eindimensionaleren Charakter kennengelernt. Warum sich Elisa Star über diese höchstgelungene Zusammenfassung ihrer Person nach eigenen Angaben riesig gefreut hat, bleibt mir vom Verständnis her zwar verschlossen, allerdings ergibt sich daraus wie erwähnt eine schöne Ableitung. Denn für Rygel Squarepants bedeutet das eigentlich, dass er Kontakt zu einer komplizierten und vielschichtigen Frau suchen müsste, um möglicherweise in höhere Zufriedenheitswelten vorzustoßen.
In dieser Theorie wäre auch die Gewohnheit eher ausgeschlossen, schon allein dadurch, dass nicht der Mann jeden Abend mit großen Augen und offenen Mund empfangen wird, damit er sein tägliches Bespaßungskonzept vorschlägt, sondern die Frau ebenfalls kreativ rege ist und sich in die Beziehungsunterhaltung selbst einbringt, womöglich sogar in einer gelungenen Form. Na ja, leider halt nur alles graue Theorie. Wahrscheinlich geht es im Endeffekt doch nur darum, dass sich zwei Menschen in Sachen Vaginadressur und Schwanzbehandlung gegenseitig unglaubliche Impulse geben können und das so lange frenetisch tun, bis eben die Gewohnheit oder das Beziehungsende auf der To-Do-Liste auftaucht. Ich glaube, ich gehe diese ganze These doch lieber nochmal von der „Kante geben – glücklich sein“-Seite an, werde ich halt irgendwann steinreicher Autor und erfülle so meinen Part der Vereinbarung. Hach, das ist echt alles verzwickt, egal, dadurch lauern wohl noch so manche themenspezifische Blogs auf den Leser. Dabei soll jeder selbst entscheiden, ob das jetzt ein Versprechen ist oder doch schon als Drohung durchgeht. Musik!
*Fanfare*
„Ein letzter Eintrag, das zig tausendste Zeichen,
ich stell das Laptop aus,
zuhause da warten nur die Kater,
doch mach ich mir da was draus?
Den Grund einer Beziehung hab ich eh nie verstanden,
das hat mein Hirn gemacht,
hinterfragt man den Unsinn und dann auch noch logisch,
wird nie das Gefühlsfeuer entfacht.
Oder liegt´s an der Einen, deren Ankunft noch aussteht,
die in mein Leben passt genau?
Wenn das so ist, warum dauert die Reise so lange?
Irgendwo verquasselt? Typisch Frau!
Und ich denke mir:
Herzilein,
kann das denn so schwierig sein?
Klick mal auf den Facebookschrein,
und surf in mein Profil hinein.
Doch du sagst sicher:
Rygilein,
mit dir verbandelt zu sein,
bedeutet per Blog stellst du danach ein Bein,
ständig nachtreten ist echt nicht sehr fein.
Aber bedenk bitte:
Schatzilein,
nur Kreativität erzeugt diese Pein,
Übertreibungen müssen da sein,
das ist halt sehr lustig allgemein.
Und außerdem gilt sowieso:
Fraugrotekandidatinlein,
bin gar nicht auf der Suche, nein,
der Schmonz hier entsprang allein
Langeweile, nen Grund gibt es kein´.
Alle fragen sich:
Schwallerlein,
fügst du auch ein Ende ein?
Wie kann man so penetrant sein?
Liegt hier auch die Schuld nur am Wein?
Und ich antworte:
Nein, nein, nein,
den Schluß finden ist halt nicht mein
Talent, dafür hab ich aber ein
Gespür für Maximal-Nerverei´n.
Doch blog.de denkt sich:
Bloggerlein,
das darf ja wohl nicht wahr sein!!!!
Wer kackte dir denn in das Gehirn rein?
Mehr Platz räumen wir dir nicht ein…"
kettcar - Der apokalyptische Reiter und das besorgte Pferd - YouTube
Hui, hier hätte man wohl thementechnisch ein gruseligeres Lied erwartet, was? Aber ich habe doch meine vertonte Beziehungsdiagnose gewählt. Glück gehabt!
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