Smart Mark Report #5

Von der Wrestlingshow zum Entertainmentspektakel- Eure Meinung zur Entwicklung von WrestleMania!

  • Konsequent & qualitativ vertretbar

    Abstimmungen: 2 20,0%
  • Gefällt mir nicht / Qualität lässt nach

    Abstimmungen: 4 40,0%
  • Hat nichts mit der Qualität einer WrestleMania zu tun

    Abstimmungen: 4 40,0%

  • Anzahl der Umfrageteilnehmer
    10
  • Umfrage geschlossen .

pokusa

Rookie
Der „Smart Mark Report“ beleuchtet und bewertet auf Wrestling-Infos.de jede Donnerstag aktuelle Geschehnisse und Entwicklungen in der Welt des Mainstream-Wrestlings aus der Sicht eines „smarten“ Fans wie du und ich. Neben 100% subjektiven Ansichten liegt der Schwerpunkt vornehmlich auf der WWE. ACHTUNG: Keine Haftung für etwaige Spoiler!

Hat es schon jemand bemerkt? WrestleMania steht vor der Tür! Eigentlich ein Grund für jeden geneigten Fan, erwartungsvoll und ungeduldig dem SuperBowl des Wrestlings entgegenzufiebern. Irgendwie ist das aber nicht möglich. Warum? Der „Smart Mark Report“ auf der Suche nach Antworten und dem Grund, warum wir uns den PPV trotzdem wieder einmal antun werden.


Gewiss, das Kribbeln verspürt man noch. Wenigstens das konnte die WWE in den letzten Jahren nicht endgültig zerstören. Zu gut sind die Erinnerungen an storylinetechnische Glanzleistungen, großartigen Matches und den Grundsteinlegungen für die Legenden der Zukunft. Erinnert sich noch jemand an die Schlussszene von WrestleMania 20? Chris Benoit und Eddie Guerrero Arm in Arm – Gänsehaut! Oder die in vielen Augen als Neuzeit-Referenz geltende Fehde zwischen Batista und Triple H (den übrigens 25,32% von euch als Legende sehen), die so behutsam, so detailliert und über ganze zwei Jahre (!) aufgebaut wurde? Der Schüler wendet sich in Nuancen immer weiter von seinem Lehrer ab und wird durch sein Verlangen nach Erfolg ganz automatisch zum Liebling der Fans. Auch unterschwellig angelegte Entwicklungen wie beispielsweise der Aufstieg von Edge – vom Tag Team Wrestler zum Top-Star, von WrestleMania-Card zu WrestleMania-Card gesteigert – faszinieren auch heute noch. In den letzten Jahren gab es diese Fortschritte, diese ganz speziellen Szenen, die nach langer Zeit ein Großes und Ganzes ergeben, nicht mehr.

Ich wähle ganz bewusst Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit, denn bis vor rund sechs bis sieben Jahren hat die WWE im 365-Tage-Takt eine Knaller-Mania nach der anderen rausgehauen. Die Periode von WrestleMania 17 bis WrestleMania 24 lässt das Herz jedes Wrestling-Fans höherschlagen. Da hat sich so viel getan, da wurden Generationswechsel vollzogen, nahezu perfekte Matches und Erlebnisse geschaffen – das lässt alleine schon beim Lesen dieser Zeilen manche mit der Zunge schnalzen.

Zeiten haben sich geändert: Galten die ersten WrestleManias noch als Entertainmentspektakel und Hulk Hogan One-Man-Show, hat sich dieses vor allem in den berühmten Monday Night Wars schlagartig geändert. Die WWE war nicht mehr angesagt, das Produkt interessierte für wenige Jahre niemanden mehr. Aber das hat die WWE nicht davon abgehalten, sich auf die Grundfesten des Wrestlings zu besinnen – Stars und große Momente erschaffen! Klar, da gab es einmal einen Mike Tyson, aber der wurde sinnvoll und effektiv eingesetzt, um die neue Ära nach Hogan und Co. in Szene setzen zu können. Steve Austin, The Rock und wie sie alle heißen gelten nicht umsonst heutzutage als absolute Legenden, die größten Wrestling-Stars aller Zeiten. Die WWE konnte die Linie auch nach dem Aufkauf der WCW halten. Frei von allen Zwängen wurden in Ruhe Talente gefördert und wenn es gut lief, dann haben sie bei WrestleMania ihre großen Momente bekommen. Beispiele gefällig? Batista, Brock Lesnar, Chris Benoit, Eddie Guerrero, Edge, John Cena, Kurt Angle, Rey Mysterio, Triple H…und da gibt es sicherlich noch mehr. Auch hat sich z.B. ein Shawn Michaels in den Manias Mitte der Neunziger unsterblich gemacht. Welches Talent hat bitteschön in den letzten fünf Jahren seine große Szene bekommen? Mit Abstrichen vielleicht The Miz, dann hört's aber auch leider auf.

Zeiten ändern sich aber immer weiter: Irgendwann hat die WWE gemerkt, dass das Interesse am Wrestling sinkt. Buyrates fallen, Ratings werden wöchentlich unterboten – da muss etwas geändert werden. Die Antwort darauf war: PG! Paradox: Da lieferte die Company aus Stamford von 1997 bis 2008 ein stellenweise großartiges Programm ab, die WrestleManias waren ohnehin über jeden Zweifel erhaben – die Formkurve zeigt aber nach unten. Genau während bzw. nach WrestleMania 25, der vielleicht schlechtesten, blutleersten Mania aller Zeiten und dem perversesten Zelebrieren sämtlicher PG-Klischees ever, muss in den Köpfen der Verantwortlichen der Schalter umgelegt worden sein. Die Zahlen der WrestleMania-Ausgaben steigen, logisch. Gedanklich bewegt man sich aber wieder zurück zu den Anfängen. WrestleMania soll nicht (mehr) eine Wrestling-Show sein, sondern ein Spektakel für die ganze Familie mit (zumeist) seichter In-Ring-Unterhaltung, bunten Farben, knalligen Effekten, Pop-Musik und so weiter, und sofort.

Es scheint, als hätte die WWE den Fokus verloren. Oder sagen wir es anders: Die WWE hat das Wesentliche nicht mehr im Blick, sondern das, was in den 80ern erfolgreich war, in den 90ern aber für den Absturz gesorgt hat. Heute undenkbar, Konkurrenz gibt es quasi nicht – dennoch bedenklich. Buyrate-Rekorde, Zuschauerzahlen, Fernsehsender und mediale Berichterstattungen sind wichtiger geworden als interessante Storylines, ansehnliche Matches, packende Wendungen und dem Erschaffen neuer Stars. Sicherlich haben beide Seiten ihre Vor- und Nachteile, als Fan des „sportlichen“ Teils dieser Entertainmentveranstaltung jedoch einfach nur schade und gewissermaßen auch schon ignorant seitens der WWE, bei der wichtigsten Show des Jahres Teilzeitzuschauer mehr begeistern zu wollen als die Leute, die jeden Tag mitfiebern, meckern, jubeln – und sich einfach verbunden zeigen. Die Umfrage für diese Woche knüpft nämlich genau daran an: Wie seht ihr die Entwicklung von WrestleMania? Ist die Entwicklung weg vom Wrestling-, hin zum Entertainmentprodukt für euch in Ordnung? Oder trauert ihr alten Zeiten hinterher? Eure Meinung ist wichtig! Zur Umfrage geht es HIER ENTLANG.

Ein paar Worte zur aktuellen WrestleMania muss ich auch noch verlieren: Mit Batista gegen Randy Orton haben wir zwei Leute im Main Event, die auch schon vor zehn Jahren On-Top waren. Ebenso war es übrigens auch bei den beiden Vorgänger-Manias, wo ein Star der Attitude Ära, heutiger Schauspieler und demnach Teilzeitwrestler im Hauptkampf gegen einen ebenfalls seit etlichen Jahren etablierten Star angetreten ist. Warum Daniel Bryan dieses Jahr vermutlich noch im Main Event mitmischen wird, nachdem er Triple H (45,57% von euch finden Hunter indes „gut“) besiegt hat? Weil die Fans penetrant genervt haben und die eigentlich festgefahrene WWE doch noch von ihrem Weg (ins Verderben) abdriften musste. Super für die Zuschauer, zeigt aber auch, worauf es der WWE bei WrestleMania ankommt.

Weiter geht es mit The Undertaker vs. Brock Lesnar, das völlig unverständlich keine No DQ Stipulation erhalten hat und sagenhaft schwach durch überwiegend verbale Duelle, Stare Downs und Handzeichen auf das WrestleMania Logo aufgebaut wurde. Dann gibt es noch zwei ganz tolle Kämpfe: Alle Diven in ein Match gepackt, wo auch der erste Pinfall bzw. Submission zum Sieg führt. Bedeutet: Ein großes Durcheinander oder auch Hühner in Käfighaltung. Noch besser ist die ehrenhafte, aber auch unverschämt offensichtlich aus dem Hintern gezogene „Andre the Giant Memorial Battle Royal“, in welcher gleich 30 (!) Wrestler um die goldene Ananas kämpfen. Vornehmlich frische Gesichter, die einmal wieder ohne Storyline zur „Grandest Stage of them all“ reisen müssen. Hoffentlich werden die Superstars im Ring nicht quadratisch, so eng wie es da sein muss. Ein 6-Man Tag Team Match zwischen den New Age Outlwas und Kane gegen The Shield rundet das Nichtigkeiten-Paket ab. Für das „Schild“ hätte ich mir größere Aufgaben gewünscht, immerhin stehen sie aber nicht im Tag Team Match der Pre-Show. Denn in diesem Aufeinandertreffen kämpfen gleich vier Teams, die niemanden interessieren, unter Ausschluss der Öffentlichkeit um einen Titel, der vielleicht noch weniger interessiert als die Teilnehmer selbst daherkommt.

Einzig Bray Wyatt vs. John Cena hat einen kernigen Storyline-Aufbau ohne Längen und wusste durch intensive Promos zu unterhalten. Dass Cena Angst hat, kauft ihm kein Mensch dieser Weltkugel ab. Aber immerhin wird der ehemalige „Chain Gang Soldier“ für sinnhafte Zwecke genutzt und bringt Talente over. Egal wie das Match ausgeht, profitiert hat Bray Wyatt sowieso. Und am Ende des Tages sollte genau das das Hauptanliegen einer WrestleMania sein, bekanntlich ist die WWE in der Vergangenheit ganz gut damit gefahren. Auch eine Lanze brechen sollte man für Daniel Bryan vs. Triple H (Letzteren sehen übrigens 29,11% der Leser dieser Kolumne als völlig überbewertet an): Die Story hatte ihre Längen, war teilweise extrem unlogisch, aber spätestens nach dem gelungenen Beatdown am Ende von RAW und dem Hintergedanken, dass die beiden eine im Prinzip richtig lange Vorgeschichte haben, macht diesen Kampf interessant.

Und ja…das war die Card schon. Sieben Kämpfe in der Hauptshow von WrestleMania, maximal vier davon mit einer richtigen bzw. angedeuteten Storyline. Immerhin kriegt jedes Match sicherlich viel Zeit –würde zumindest der durchschnittliche „Smart Mark“ denken. Vielmehr kann aber allgemein mit dem Worst Case Scenario gerechnet werden und wir bekommen sinnentleertes „Brotha, Brotha, Brotha“-Gerede von Host Hulk Hogan vorgesetzt, peinliche Promi-Auftritte spendiert oder endlose Performances irgendwelcher Künstler zu sehen, deren Musik aus mehr Plastik besteht als Nikki Bella.

Das klingt schon alles echt hart, oder? Trotzdem aber werden wir uns auch WrestleMania 30 wie jede andere WrestleMania, ja wie jeden gottverdammten Pay-Per-View anschauen, denn Smart Marks sind verrückt nach Wrestling, verrückt nach diesen für Außenstehende komisch wirkenden Fake-Sport. Auch wenn vieles in den vergangenen Monaten und Jahren nicht gut war – Freude, Ärger, Traurig- oder Zufriedenheit sind alles Emotionen, die vom Wrestling-Produkt Woche für Woche konstant geliefert werden. Wir haben etwas zu diskutieren, etwas zum Nachdenken, etwas zum Beschäftigen und nicht zuletzt einfach dieses kleine Hobby, was einen – wenn auch nur für kurze Zeit – aus dem Alltag zieht und in das unwirkliche WWE-Universum befördert. Und alleine schon deswegen kann der WWE nicht die Treue entzogen werden.

Auf die nächsten dreißig!

Twitter: @svenundso
 
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Das Fazit ist besonders klasse - und entspricht sogar in etwa dem meines Roundtables... ;) Ich sehe es genau wie Du - genau darum gehts doch nur beim Wrestling. ;)
 
Ich habe für das erste gestimmt.
Ausserdem hab ich die ganzen Wrestlemanias bis zur 19 und viel anders sind die auch nicht.
Ausserdem ist es die grösste Wrestlingshow der Welt.
Erst freude ich mich nicht auf Wrestlemania, aber jetzt schon.
 
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