Smart Mark Report #6

pokusa

Rookie
Der „Smart Mark Report“ beleuchtet und bewertet auf Wrestling-Infos.de jede Donnerstag aktuelle Geschehnisse und Entwicklungen in der Welt des Mainstream-Wrestlings aus der Sicht eines „smarten“ Fans wie du und ich. Neben 100% subjektiven Ansichten liegt der Schwerpunkt vornehmlich auf der WWE. ACHTUNG: Keine Haftung für etwaige Spoiler!

Schock: Der Ultimate Warrior verstarb überraschend drei Tage nach seiner Aufnahme in die WWE Hall of Fame, zwei Tage nach seinem WrestleMania XXX Auftritt und einen Tag nach der Promo bei Monday Night RAW völlig überraschend einen viel zu frühen Tod mit 54 Jahren. Der Smart Mark Report über einen geschlossenen Kreis und die dämonischen Taten der Vergangenheit, die jeden Wrestler der 90er wieder einzuholen scheinen.

Endlich ist der Ultimate Warrior im Reinen mit der WWE gewesen: Ein neuer Legendenvertrag wurde unterzeichnet, er wollte Botschafter des Wrestlings werden. Die Aufnahme in die Hall of Fame mit emotionaler Ansprache wurde abgehalten, er befand sich endlich dort, wo er als Legende auch hingehört. Nun aber die schockierende Nachricht: Zusammenbruch am Abend des 8. Aprils, plötzlicher Tod mit 54 Jahren. Es ist makaber und traurig, denn so glücklich wie in den vergangenen Tagen hat man James Brian Hellwig – so sein bürgerlicher Name – selten mehr erlebt. Laut eigenen Aussagen hat er noch so viel vorgehabt, nachdem die Lasten der Vergangenheit endlich abgeworfen werden konnten. Moment – alle Lasten? Vermutlich die augenscheinlichsten, gewiss. Die Vermutung liegt aber nahe, dass auch der Ultimate Warrior wieder von seiner aktiven Zeit als Wrestler eingeholt wurde.

Die (vornehmlich frühen) 90er stellten das Jahrzehnt der schillernden Gimmicks dar. Bunte Superhelden, die die Massen euphorisierten und für den ersten Boom im Business sorgten. Hulk Hogan, Randy Savage, Razor Ramon, Shawn Michaels – die Liste ist lang. Abgesehen von der Tatsache, dass sie absolute Top-Stars und Publikumsmagneten waren, verbindet sie aber eine weitere Tatsache: Der Drogenmissbrauch. Und das ist keine abgedroschene Floskel oder eine Vermutung. Der Missbrauch der unterschiedlichsten Substanzen ist eine belegte Tatsache und legt auch über den Tod vom Ultimate Warrior einen dunklen Schatten. Painkiller, Anabolika, Steroide, Soma und Co. gehörten zum Alltag der Superstars von damals.

Die 90er waren noch eine andere Zeit: Der Körper musste gestählt sein. Noch viel extremer als vor zehn Jahren. Noch viel extremer als in der Attitude Ära. Die inneren Dämonen tauchten auf, als die Superstars der damaligen WWF unter totalem Druck standen, jeden Tag das absolute Maximum abrufen zu müssen. Immer im Wissen, dass der Zug abfahren könnte, sollte auch nur ein Gramm an Muskelmasse verschwinden. Der Traum könnte platzen. Dieses Idealbild des muskulösen Superhelden hat sich in den Köpfen der Akteure dermaßen eingebrannt, dass sie von Steroiden teilweise bis heute nicht die Finger lassen konnten. Noch viel schlimmer: Das Gimmick an sich hat sich in den Köpfen der Akteure so festgefahren, dass sie die Show auch aufrechterhalten mussten, als sie schon längst nicht mehr aktiv waren.

Shawn Michaels ist massiv abhängig gewesen, bis er von seinem Kind bewusstlos auf seiner Couch aufgefunden wurde – im Rausch. Ein Glaubenswandel hat Michaels gerettet. Scott Hall schluckte, spritze und rauchte von den Anfängen der 90er an bis quasi 2010 durchgehend irgendetwas, um die Schmerzen aushalten zu können, die das Business ihm bereitet haben. Dank DDP entkam er dem sicheren Tod. Jake Roberts ist schwerer Alkoholiker gewesen, wollte sich umbringen, da er seinen eigenen Scherbenhaufen nicht mehr mitansehen konnte. Auch er wurde von DDP gewissermaßen gerettet. Weitere Namen der endlos scheinenden Ansammlung: Kevin Nash konsumiert bis zum heutigen Tage völlig offen Soma-Tabletten und Soma-Drinks, die den Körper entspannen und die Muskel zu Ruhe setzen. Chris Benoit ist schwer abhängig von Steroiden gewesen, Eddie Guerrero wurde trotz überwundener Sucht von dem Teufelszeug wieder eingeholt und verstarb – gepaart mit der großen Belastung als Profi-Wrestler – im Nachhinein viel zu früh Ende 2005. Die Liste an Wrestlern ist endlos, traurig und bedenklich. Ihr erkennt aber, was der Ultimate Warrior durchgelebt haben muss.

Bei RAW am Montag wirkte Hellwig berührt, ergriffen – aber auch ausgelaugt und atemlos. War das alles zu viel für den Mann, der neben Hulk Hogan zeitweise als größter Wrestling-Star aller Zeiten galt? War sein Körper am Ende? Konnte der ganze (positive) Stress nicht mehr verarbeitet werden? Oder wurden einfach die Zeichen der Zeit erkannt und der Liebe Gott konnte den Warrior endlich guten Gewissens in den Himmel holen? Dies kann niemand beantworten. Menschen aus aller Welt sind geschockt. Sie rätseln, weinen und trauern einem weiteren Idol der Vergangenheit hinterher. Es ist mit großer Überzeugung davon auszugehen, dass der Ultimate Warrior mit all der neuen positiven Energie dem Business noch so viel hätte geben können.

Aber nun ist der Kreis geschlossen. Das Ende ist wie erwähnt ein Dilemma, aber wer weiß, welche Qualen James Brian Hellwig noch abseits des Rampenlichts ertragen musste? Oberflächlich betrachtet schien er bereit zu sein für den Abgang, denn in den drei vergangenen und wichtigsten Tagen seiner Wrestling-Karriere wurde alles gesagt, was gesagt werden musste. Die Angehörigen brauchen in diesen Stunden, Tagen und Wochen immens viel Kraft. Mehr Kraft, als der Warrior selbst je hatte. Denn die Gefühlslage der Verwandten und Freunden gleicht einem freien Fall, eine Kehrtwende um 180 Grad. Seine Kinder sind noch jung, erlebten bei der Hall of Fame Zeremonie einen ergreifenden Moment. Und jetzt ist der Mann, den sie noch auf die Bühne begleitet haben, nicht mehr da? Innerhalb von wenigen Tagen? Er stand erst vor weniger als 48 Stunden noch in einem Ring und wirkte so erlöst, so zufrieden.

Der Tod vom Ultimate Warrior ist eine weitere Tragödie des Wrestling-Sports, die in ihrer Traurigkeit und Ironie nicht zu überbieten scheint. Das schillernde WrestleMania, die epische Hall of Fame – alles Fassade. Das tragische Ablegen von James Brian Hellwig holt uns wieder auf den Boden zurück.

Rest in Peace.

Twitter: @svenundso
 
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Wieder eine außerordentlich gelungene Ausgabe. Über die Person des Warriors könnte man locker zwei Bücher schreiben, da Hellwig....nunja...sagen wir einen "besonderen Charakter" hatte und er vermutlich einer der meistgehassten Männer in diesem Business war. (Und wohl auch nicht zu unrecht wenn man mich fragt) Zu ihm gehörte einst auch der Steroidenmissbrauch, der von Hellwig wie von keinem zweiten begangen wurde. Und sollte es am Ende wirklich sein Herz gewesen sein, und danach sieht es ja aus, dann wird ihn das im Alter von 54 Jahren, wie du schon schriebst, eingeholt haben. Definitiv tragisch, egal welche Persönlichkeit der Warrior nun auch hatte. Zumal er zwei (mehr oder weniger) kleine Töchter hat.
 
Traurig, gab es damals keine Drogentests ?
Ich denke das er viele schlimme Sachen sagte, weil er traurig, enttäuscht und vielleicht auch einsam war
 
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