Flashback # 1: Review und Analyse zu WrestleMania I

Silentpfluecker

Pseudo-Wrestlingphilosoph
Teammitglied
Sorry, ist ein alter Hut, ich weiß... Aber zu Archivierungszwecken (weil die Flashback-Kolumne nun auch auf dem Board ist) muss die Review zu Wrestlemania I nochmal raus.



Wrestlemania I

Am 31. Mai 1985 fand sie also statt, die erste Wrestlemania, im glorreichen Madison Square Garden, New York. An diesem Tag wurde nicht nur der Grundstein für DAS Großereignis im Profi-Wrestling gelegt, das heute den kommerziellen Höhepunkt eines jeden Wrestlingjahres darstellt (und das fast schon als eine Art Mekka zu bezeichnen ist, zu dem jeder Wrestlingfan einmal in seinem Leben gepilgert sein sollte), sondern auch die Anfang der 80er Jahre von Vince MacMahon begonnene Neuausrichtung des Wrestlings, als eine Mischung zwischen Sport und bombastisch inszenierter Show, endgültig abgeschlossen. Wrestling sollte nicht mehr nur für die eigentlichen Fans interessant sein, sondern auch in den Mainstream gebracht werden. Zu diesem Zweck wurden den eigentlichen Matches für das Event große Namen aus dem Bereich der Sport- (Muhammad Ali!!!), Film- (Mr. T) und insbesondere der Musikbranche (Cindy Lauper) gewonnen, welche sicher zu einem nicht unwesentlichen Teil dazu beitrugen, dass Wrestling für ein breites Publikum interessant und für Teenager „cool“ wurde. Das Ende der Geschichte ist bekannt – Vince’s Rechnung ging auf und das Wrestling erlebte in den 80ern einen ungeahnten Boom – mit Hulk Hogan als weltweit bekanntem Aushängeschild.

Und wenn ein Vorhaben ebenso ambitioniert wie von langer Hand geplant war, dann Wrestlemania. Mit der „Rock’n’Wrestling Connection“ startete schon Monate vorher das Unterfangen, Wrestling mit Show- und Musikelementen zu verbinden. So übertrug MTV den Main Events der Wrestlingereignisse „The Brawl to end it all“ vom 23.07.1984 (Wendi Richter vs The Fabolous Moolah) und „The War to settle the Score“ vom 18.02.1985 (Hulk Hogan vs Roddy Piper). Im Gegenzug traten WWF-Wrestler in den Videos von Cindy Lauper auf (schon beim Video von „Girls just want to have fun“ sah man Lou Albano, und nach Wrestlemania hatte fast das gesamte Heel-Ensemble der WWF bei „The Goonies R good enough“ einen Auftritt).
Im Lichte dieser Ereignisse startete also Wrestlemania mit viel Tamtam – zwar nicht als PPV im eigentlichen Sinne, aber auch nicht im für jeden ohne weiteres verfügbaren Free-TV. Wrestlemania lief über das sogenannte „closed circuit television“, war damit aber jedenfalls in den meisten Regionen der USA zu empfangen – und konnte auf diese Weise über eine Millionen Zuschauer verbuchen.
So viel zur Vorgeschichte – nun aber ab zum eigentlichen Event. Vor jedem Match gab es illustre Interviews, die vom legendären „Mean“ Gene Okerlund mit den jeweiligen Wrestlern geführt wurden. Dies waren kurz vor dem Match eingestreute Schnipsel mit den üblichen – soweit vorhanden – Catchphrases, die inhaltlich völlig bedeutungslos waren, denen aber aus heutiger Sicht stellenweise ein sympathisch-trashiger Charme innewohnt. Ich möchte in dieser Flashback-Review nicht auf jedes Interview eingehen, sondern nur dann, wenn mir etwas an ihnen besonders aufgefallen ist.

Schließlich soll noch folgendes vorweggeschickt sein: Auch wenn die Show sehr professionell organisiert war, merkt man zwei Sachen deutlich: Zum einen liegen in Sachen Präsentation natürlich Welten zwischen den gegenwärtigen Wrestlemanias und Wrestlemania I. Zum anderen ist bei Wrestelemania I zu jeder Sekunde spürbar, dass ein Event in dieser Form zum ersten Mal aufgezogen wurde, so dass Kinderkrankheiten und Nervosität an allen Ecken und Enden zu erkennen sind. So wirkt zum Beispiel der ehrwürdige „Lord“ Alfred Hayes, der für die Fans an den TV-Geräten die Ankündgungen der Matches im Kabinengang übernahm, heute wie ein aufgescheuchtes englisches Huhn, das im Hintergrund immer irgendwas oder irgendwen zu suchen schien – und der stellenweise von den Wrestlern sogar versehentlich fast umgerannt wurde.

Ein ebenfalls unvergessliches Highlight in dieser Hinsicht ist das Singen der Nationalhymne Amerikas durch keinen geringeren als Gene Okerlund, der es sich auch nicht nehmen ließ, am Ende die Zuschauer zum lautstarken Mitsingen aufzufordern.
Solche Sachen wären heute unvorstellbar – und letzten Endes sind es vielleicht gerade diese Facetten, die der ersten Wrestlemania aus heutiger Sicht einen ganz besonderen, geradzu nostalgischen Charme zukommen lassen.
Aber bevor ich jetzt endgültig in solchen Schwärmereien versinke – zurück zur Sache. Wrestling im eigentlichen Sinne gab es nämlich auch noch (wenngleich man auch hier keinen Vergleich zu den heutigen In-Ring-Leistungen ziehen darf!). Die 20.000 Zuschauer (live wurde von den legandären Kommentatoren Goilla Monsoon und Jesse „The Body“ Ventura immer von 25.000 Zuschauern gesprochen – mittlerweile kann aber die Anzahl von knapp 20.000 als allgemein anerkannt gelten) sahen neun Matches, die mal mehr, mal weniger interessante Stipulations hatten.

1. Match

Singles Match
Tito Santana gewann gegen The Executioner via Pin

Die Ehre, Wrestlemania zu eröffnen, hatten Tito Santana und der Executioner. Santana gewann diesen Opener und stellte damit auch gleich die Hälfte all seiner Wrestlemaniasiege sicher (die Bilanz liest sich für einen Mann seines Namens etwas ernüchternd: Bei 9 Wrestlemaniateilnahmen stehen zwei Siegen sieben Niederlagen gegenüber). Das Match selbst war technisch nach meinem Dafürhalten für damalige Verhältnisse gar nicht schlecht. Zwar wurden viele Haltegriffe verwendet, aber auch diverse gute Aktionen (unter anderem vom obersten Seil) gezeigt. Santana hatte damals noch nicht den Flying Forearm als Finisher (den zeigte er zwar auch), sondern beendete den Kampf mit dem Figure-Four-Leglock. Ansonsten fiel mir bei diesem Match auf, dass die Crowd gut drin war und Santana gute Reaktionen zog. Alles in allem war das ein Opener, der absolut in Ordnung ging.

2. Match

Singles Match
King Kong Bundy (with Jimmy Hart) gewann gegen Special Delivery Jones via Pin

Das zweite Match des Abends kann wohl als Definition eines Squashes bezeichnet werden. King Kong Bundy, seinerzeit noch zarte 27 Jahre alt und gefühlt fast weißer als Sheamus heute, machte kurzen Prozess. Nach der Glocke stürmte Jones auf Bundy los, der nahm ihn in den Bearhug und schmiss ihn in die Ringecke, um gleich darauf den Avelange folgen zu lassen. Nachdem daraufhin Jones großartig geschauspielert aus der Ecke hüpfte, um sich in Position für Bundys Big Splash zu bringen, setzte Bundy diesen auch an. 1, 2, 3 – Ende im Gelände. Die WWE gab 9 Sekunden Matchzeit an, bei Wikipedia werden 24 Sekunden notiert. Ich stand als spießiger Deutscher, der natürlich alles ganz genau wissen muss, mit der Stoppuhr vor dem Fernseher und kam auf 25 Sekunden. Unabhängig von dem akademischen Streit über die genaue Matchdauer sollte als allgemein anerkannt gelten können, dass die ganze Kiste in jedem Fall zeitlich eher überschaubar war …
Was bleibt in Erinnerung? Ein beeindruckender Big Splash von Bundy sowie ein Jimmy Hart, der genauso wie man ihn kennt und liebt um den Ring hüpfte. Das ist doch schon mal was…

3. Match

Singles Match
Ricky Steamboat gewann gegen Matt Borne via Pin

Weiter gings mit einem unglaublich durchtrainierten Ricky Steamboat und einem damals noch in den Indys aktiven und in diesem Match bis auf die Frisur unscheinbar bleibenden Matt Borne (der in den 90ern als Doink The Clown zu größerer Bekanntheit kommen sollte).
Das Match zeichnete sich durch viele Haltegriffe und diverse Karateschläge seitens Steamboats aus, während Borne sich diesbezüglich vornehm zurückhielt und nur ein paar Schläge und zwei Suplexes zeigte. Nach ungefähr sieben Minuten setzte Steamboat zu einem High Cross Body vom obersten Seil an und sackte nach dem darauffolgenden Pin den Sieg in einem solide geführten, aber nicht wirklich zündenden Match ein.

4. Match

Singles Match
David Sammartino (with Bruno Sammartino) gegen Brutus Beefcake (with Jonny Valiant) endete in einer Double-Disqualification

Das vierte Match bestritten David Sammartino und Brutus Beefcake. Schon bevor es losging fiel mir das überragende Outfit (mit der bekannten Fliege) und das großartig eingesetzte Heel-Charisma Beefcakes auf – schon beim Interview vor dem Match verkörperte er genau die Art von Wrestler, die beispielsweise ein The Miz heutzutage wohl versucht darzustellen, ohne dies je zu erreichen. Auch Johnny Valiant kann als Inkarnation eines Managertyps gesehen werden, wie es ihn heute in der WWE nur noch in Form von Paul Heymann und vielleicht noch Zep Colter gibt. Goldene 80er eben…

Dagegen sah David – trotz Körper- und Muskelmasse – fast schon erschreckend belanglos aus. Im Ring wirkte er auf mich wie ein kleiner Hund, der voller aggressiver Leidenschaft auf einen Unbekannten losrennt –dann aber, kurz bevor er ihn erreicht, irritiert stehenbleibt und doch nicht genau weiß, was er jetzt machen soll. Eine junge Dame, die diese Veranstaltung mit mir zusammen schaute, nannte ihn sogar „die tanzende Fleischwurst“… Es muss aber auch schwer sein, als Sohn einer Legende zu wrestlen, wenn eigentlich alle nur den berühmten Vater im Ring sehen wollen.

Das Match selber? Naja, es plätscherte so vor sich hin und wirkte durch die vielen Haltegriffe auf mich eher zäh. So richtig überzeugend wirkt es nun einmal auch nicht, wenn Brutus Beefcake von David Sammartino in einen Haltegriff genommen wird – und sich Herr Beefcake in dieser angeblich äußerst schmerzhaften Situation erst mal seinen leicht verrutschten Handschuh wieder zurechtrückt…
Wie schwach ich dieses Match wirklich fand, wurde deutlich, als Bruno Sammartino gegen Ende eingriff. Dieser kurze Brawl zwischen ihm und Johnny Valiant hatte fast mehr Tempo und Impact als der gesamte Kampft vorher.
Am Ende gab es aufgrund des Eingreifens Brunos und Johnnys eine doppelte Disqualifikation – und ich war froh, als das Match endlich vorbei war.

5. Match

WWF Intercontinental Championship
The Junkyard Dog gewann gegen Greg Valentine (c) (with Jimmy Hart) via Countout

Es folgte das erste Titelmatch. Auf dem Spiel stand der Intercontinental-Gürtel mit Greg Valentine als Titelträger.
Als kleine Randnotiz ist es vielleicht interessant zu erwähnen, dass der Junkyard Dog bei dieser Veranstaltung der erste Wrestler war, der mit Entrance-Theme zum Ring kam. Bei den Wrestlern zuvor war es jedenfalls musikalisch immer ruhig geblieben – auch das wäre heutzutage gar nicht mehr vorstellbar.

Ich weiß, dass ich früher immer ziemlich genervt war, wenn Greg Valentine kämpfte. Er war untrainiert und konnte nach meinem Dafürhalten eigentlich gar nichts. Heute weiß ich, warum ihm diese Sichtweise nicht gerecht wird. Ja, es stimmt, körperlich war er eher „wabbelig“ – aber er hat stets eine professionelle Show geboten und wrestlerisch immer abgeliefert. Er ist Wrestler durch und durch, einfach jemand, der seinen Beruf versteht, der nie etwas anderes gemacht hat (er ist angeblich sogar noch heute, mit über 60, vereinzelt aktiv) und Wrestling lebt. Seine Show und die Art, Matches zu worken, haben mich heute einfach überzeugt, vor allem sein Selling ist klasse. Gerade seine Art, nach intensiven Schlägen hinzufallen, erinnert an Ric Flair (mit dem man Valentine nach meinem Dafürhalten eh ganz gut vergleichen kann).

Der Junkyard Dog bekam ausgesprochen gute Reaktionen – und lieferte das ab, was man von ihm erwarten konnte, inklusive seiner für ihn typischen „krabbelnden“ Headbutts.
Das Match war in Ordnung und professionell geführt. Am Ende pinte Valentine den Junkyard Dog, stützte sich dabei aber mit den Beinen auf dem Seil ab. Santana (der vor Wrestlemania den IC-Titel an Valentine verlor) kam daraufhin an den Ring und wies den Referee darauf hin. Dieser startete das Match neu (Regeln konnte die WWE schon immer so auslegen, wie es ihr gerade in den Kram passte), woraufhin sich Valentine auszählen ließ und der Junkyard Dog gewann – ohne freilich den Titel zu erringen.
Letzten Endes war dieses Match symptomatisch für die Karriere des Junkyard Dog in der WWE. Er war ähnlich wie Jim Duggan ein Publikumsliebling, gewann aber nie irgendwelche Titel, sondern fungierte dafür, Fehden für andere Wrestler zu starten. So auch in diesem Match: Nach Wrestlemania ging die Fehle zwischen Santana und Valentine weiter…

6. Match

WWF Tag Team Championship
Nikolai Volkoff and Iron Sheik (with Freddie Blassie) gewannen gegen U.S. Express (Mike Rotundo and Barry Windham) (c) (with Lou Albano) via Pin von Volkoff an Windham

Weiter gings mit dem nächsten Titelmatch: Der U.S. Express sollte seine Tag-Team-Titel gegen Niklai Volkoff und den Iron Sheik verteidigen.
Bei dieser Paarung zog die WWF einmal mehr die (von mir aus diversen Gründen äußerst ambivalent gesehene) nationale Karte – und wie so oft ging die Rechnung auf. Die Reaktionen der Crowd waren wie erwartet emotional aufgeheizt. Man muss dazu aber auch sagen, dass die Gegner – gerade der Iron Sheik und der großartige Freddie Blassie – ihre Rolle großartig gespielt haben. Das ganze wirkte unglaublich amüsant und beängstigend zugleich – gerade wenn man sieht, wie das Publikum, während Nikoail Volkoff wie gehabt die sowjetische Nationalhymne vortrug, mit verzerrten Grimassen USA-Chants ansetzte. Selbstverständlich flogen auch Pappbecher in den Ring.
Der U.S. Express durfte ebenfalls mit Entrance-Music einlaufen. Dieses interessante Team bestand mit Barry Windham (er glänzte in diesem Match mit nahezu perfekter Vokuhila und sollte später noch Mitglied der Four Horsemen werden) und Mike Rotuno (der in den 90ern als IRS Bekanntheit erlange; für die Jüngeren unter uns: Das ist der Vater von Bray Wyatt!) aus zwei jungen und versierten Wrestlern, deren Karriere auch in der Folgezeit nicht im Sande verlief.

Das Match war gut geworked (nur Volkoff fiel m.E. erkennbar ab), und auch das Publikum war wie gesagt voll dabei – gerade bei den Hot Tags kochte der Garden. Am Ende setzte Blassie seinen Spazierstock ein, so dass The Iron Sheik und Volkoff nach diesem Screw-Finish die neuen Champs wurden.
Ich muss gestehen, dass ich mich in diesem Match großartig unterhalten gefühlt habe. Vor allem der Sheik zeigte immer wieder, dass und warum er einer der besten und charismatischsten Heels der 80er war.

7. Match

15.000 Dollar Body Slam Challenge
Andre the Giant gewann gegen Big John Studd (with Bobby Heenan) via Stipulation

Danach folgte die Body Slam Challenge. Die Regeln waren einfach. Big John Studd wettete, dass André es nicht schaffen würde, ihn zu slammen. Sollte dieser das doch schaffen, würde André 15.000 Dollar erhalten. Andernfalls müsste André seine Karriere beenden.
Vor dem Match gab es das obligatorische Interview, das an dieser Stelle kurz erwähnt sein soll, weil es den flachen Humor der WWF in den 80ern deutlich machte, von dem sich Vince Mac Mahon eigentlich bis heute nie so ganz lösen mochte. Der legendäre Bobby Heenen, als Manager von John Studd fungierend, zeigte die Tasche mit dem auf dem Spiel stehenden Geld, wobei Gene Oakelund immer wieder versicherte, nur mal schauen zu wollen, dabei aber immer versuchte, ein paar Scheine zu stibitzen. Wie gesagt, da muss man wohl drauf stehen – aber das machte die WWF in den 80ern eben aus…

Das Match selber, wenn man es denn so nennen will, war ziemlich schlapp. Der als Face antretende André, schon damals nicht in der allerbesten körperlichen Verfassung (wenn er das bei diesem Körperbau überhaupt jemals war), beschränkte sich auf Schläge, Würgegriffe, Bearhugs und Headbutts – und wirkte dabei genauso spritzig wie der Great Khali heute. John Studd zeigte aber auch nicht viel mehr. So dümpelte auch diese Kiste mehr oder weniger langweilig vor sich hin…
Das Publikum war – wie in fast jedem Match – indes gut dabei und forderte sogar lautstark „Slam!“.
Am Ende setzte André unter großem Jubel den geforderten Bodyslam auch an und gewann. Nachdem er danach gerade begann, das Geld ins Publikum zu werfen, riss Bobby Heenen entsetzt die Tasche an sich und floh damit.
In Erinnerung blieb mir, dass André sehr viel Charisma ausstrahlte. Wie gesagt, in Bezug auf die körperliche Verfassung und seine Wrestlingskills war das natürlich nicht viel. Aber wenn man ihn und sein Mienenspiel sieht, lässt sich nachvollziehen, warum dieser Mann so unglaublich beliebt war und zu einer Legende wurde – das Image des „sanften und lieben Riesen“ konnte er wie kaum ein Zweiter verkörpern.

8. Match

WWF Womens Championship
Wendi Richter (with Cindy Lauper) gewann gegen Leilani Kai (c) (with The Fabulous Moolah) via Pin

Ja, Frauenwrestling gab es auch schon bei der ersten Wrestlemania. Das Match selber rückte hier freilich in den Hintergrund, da alles voll auf die Starpower von Cindy Lauper ausgerichtet war. Sie stand seinerzeit im Zenit ihres Erfolges und stellte beim Kalkül von Vince Mc Mahon, Wrestling beim Maintream-MTV-Publikum zu etablieren, einen wesentlichen Faktor dar. Und Cindy Lauper machte ihre Sache gut. Sie zog als Managerin von Wendy Richter unter lautstarken Pops zu „Girls just want to have fun“ in die Halle ein und gab (als eine sich bereits damals jenseits der 30 befindenden Frau) alles, um wie eine 17jährige 80er-Teenie-Göre rüberzukommen…
Zum Match selber? Also, ich formuliere es diplomatisch einmal so: In Bezug auf die Optik hat sich im Laufe der Zeit doch einiges getan. Stehen sich heute gewissermaßen Models im Ring gegenüber, konnte davon 1985 noch keine Rede sein – und das meine ich jetzt gar nicht unbedingt negativ. Heutzutage ist die Optik fast schon das einzige, was zählt, während Wrestling erst an zweiter Stelle steht. Und das merkt man auch (trotz der Beteuerungen, dass bereits Fortschritte erzielt worden seien – und künftig alles noch besser werden soll).
1985 standen sich keine Models, sondern Wrestlerinnen gegenüber. Und ich muss (als jemand, der bekennenderweise kein Fan des Divenwrestlings ist) gestehen, dass ich mir das Match deutlich schlimmer vorgestellt hatte. Die Damen haben einige Moves gezeigt, und auch technisch war das für die damalige Zeit in Ordnung. Am Ende gab es sogar noch einen High Cross Body vom obersten Seil. Für Nostalgiker des Frauenwrestlings dürfte das daher vielleicht sogar eine runde Sache gewesen sein.
Aber – wie gesagt – das Match war letztlich eh nebensächlich. Am Ende hüpften Richter und Lauper ineinander eingehakt im Ring herum und versuchten nach Leibeskräften, Partystimmung zu verbreiten. Na denn…

9. Match

Hulk Hogan and Mr. T (with Jimmy Snuka) gewannen gegen Roddy Piper and Paul Orndorff (with Bob Orton) via Pin von Hogan an Orndorff

Und dann kam also der Mainevent. Naja, fast – denn zunächst wurde erst mal alles an Starpower aufgefahren, was noch im Arsenal war. Als erstes erschien ein als „guest celebrity ring announcer“ angekündigter und sichtlich irritierter Billy Martin, der offenkundig gar nicht so genau wusste, was er eigentlich zu tun hatte. Hinzu kam, dass auch noch die Technik Probleme bereitete, so dass seine Ansagen so ziemlich auf ganzer Linie in die Hose gingen.

Weiter gings mit dem bei mir nur ein fragendes Gesicht hinterlassenden Auftritt des Liberace. Dieser sollte als „guest celebrity time-keeper“ fungieren – und ließ es sich nicht nehmen, erst mal als grinsendes Honigkuchenpferd mit ein paar Las-Vegas-Showdirnen im Ring das Tanzbein zu schwingen. Die großartige Verfilmung der Lebensgeschichte des Liberace (mit Michael Douglas in der Hauptrolle) lässt indes auch diesen Auftritt in einem schwer zu beschreibenden Licht erscheinen…
Und dann kam er, The Greatest! Ich habe keine Ahnung, wie Vince MacMahon es geschafft hat, den bereits damals leicht von der 1984 diagnostizierten Parkinsonschen Krankheit gezeichneten Muhammad Ali als „spezial guest referee“ zu gewinnen – aber er hatte es tasächlich geschafft. Rückblickend ist eigentlich gerade seine Anwesenheit der Ritterschlag für Wrestlemania.

Im Anschluss kam mit einer Dudelsackkapelle der Einmarsch von Roddy Piper und (dem von Piper bezeichnenderweise verdeckten) Paul Orndorff. Piper bestach durch die für ihn typische Art, die immer funktioniert – egal, ob als Face oder (wie wie bei Wrestlemania I) als Heel. Dagegen wirkte Orndorff natürlich etwas blasser, aber vom Körperbau war das 1a!
Danach bebte die Halle, den Hulk Hogan kam mit klasse Frisur und 80er Stirnband sowie einem gut durchtrainierten, aber neben den anderen Wrestlern geradezu klein wirkenden Mr. T zum Ring.
Das Match selber lebte von seiner Atmosphäre, wrestlerisch gab es kaum Höhepunkte. Hogan machte das übliche, Mr. T war stets bemüht, Piper brawlte wie immer durch die Gegend und Orndorff brachte einige ordentlich geworkte Aktionen. Ansonsten sind mir keine wirklichen wrestlerischen Leckerbissen in Erinnerung geblieben.
Das Finish wirkte nicht wirklich gut ausgeführt: Der Schlag von Cowboy Bob Orton hat Orndorff bestenfalls leicht berührt – aber was solls. Die Fans warens zufrieden – und Wrestlemania I endete mit dem Feel-Good-Moment, den alle wollten.
Nach dem Match gab es Gott sei Dank noch ein Interview mit den Siegern, in dem Mr. T kundtat, dass er viel trainiert hätte, und in dem Hulk Hogan angeblich noch andere Sachen gesagt haben soll als „You know something…“ und „Brother“ – dafür will ich meine Hand aber nicht ins Feuer legen – schaut es euch am besten einfach selber an…

Was bleibt? Eine erste Wrestlemania, die in Sachen Show und technischer Klasse natürlich nicht mit der Gegenwart vergleichbar ist. Die Kritiken bezüglich der Leistungen im Ring waren bereits seinerzeit eher gemischt – was in erster Linie den Main Event betraf. So sahen einige Vertreter der Presse (für mich zu Unrecht) darin ein absolutes Topmatch, andere bezeichneten es als eher durchschnittlich, da es in erster Linie von den Reaktinen des Publikums lebte (und so war es auch nach meinem Dafürhalten).

Aber eins kann man Wrestlemania I definitiv nicht absprechen: Dieses Event hat die Ehre, das Sports-Entertainment, so wie wir es heute kennen, manifestiert und den Wrestling-Boom der 80er Jahre mit ausgelöst zu haben. Und schließlich darf nicht vergessen werden, dass gerade der nostalgische Charme dieses Events und dessen Legende von Jahr zu Jahr wächst. Allein deswegen wird eigentlich kein Wrestlingfan eine überzeugende Erklärung dafür anführen können, die DVD zu Wrestlemania I nicht im Regal stehen zu haben.
 
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