Flashback # 5: Review und Analyse zum Royal Rumble 1988

Silentpfluecker

Pseudo-Wrestlingphilosoph
Teammitglied
Morgen auf der Startseite, heute wie gehabt im Board: Der neue Flashback - dieses Mal zum ersten Royal Rumble.

Royal Rumble 1988


Auf unserer Zeitreise von Wrestlemania I bis zur Gegenwart des WWE-Geschehens sind wir nunmehr im Anschluss an Wrestemania III beim ersten Royal Rumble angekommen (die Survivor Series lasse ich aufgrund ihres aktuell fehlenden Standings außen vor).
Er fand am 24. Januar 1988 im Copps Coliseum in Hamilton, Ontario, statt und konnte immerhin an die 18.000 Fans in die Halle locken (Wrestlemania IV hatte übrigens genauso viele).
Anders als die folgenden Rumbles handelte es sich bei dieser ersten Massenkeile nicht um einen PPV, sondern um ein Event, das in den USA als spezielle Veranstaltung über das USA Network (Kabelfernsehen) lief. Der Hintergrund dafür, dass der Royal Rumble überhaupt das Licht der Welt erblickte, liegt im Kampf um die TV-Vorherrschaft im Mainstreamwrestling gegen Ende der 80’er Jahre begründet. Mit Wrestlemania III hatte Vince McMahons‘ WWF (der Name WWE kam erst viel später) den bis dato erfolgreichsten PPV aller Zeiten hingelegt. Offensiv expandierend, wie man ihn kennt und wie es für die 80er typisch war, setzte Vince McMahon am 26.11.1987 die von ihm neu erfundene „Survivor Series“ auf den gleichen Tag, an dem auch das Konkurrenzprodukt der Jim Crockett Promotions „Starrcade“ (das unter dem Banner der National Wrestling Alliance lief) im Kabelfernsehen ausgestrahlt wurde. Ziel war es, die gegnerische Promotion weiter zu schwächen. Sowohl „Starrcade“ als auch die „Survivor Series“ liefen darüber hinaus auch als PPV – und hier gewann die „Survivor Series“ im Rating deutlich gegenüber „Starrcade“ (es gab eine 3.30 Buyrate für „Starrcade“ und eine 7.0 für die „Survivor Series“).
Vor diesem Hintergrund wollte Vince McMahon im Januar nachlegen. Die NWA hatte mit „Bunkhouse Stampede“ eine Show laufen – und die wollte Vince natürlich ebenso wie „Starrcade“ mit einem Konkurrenzprodukt attackieren! Dies sollte durch eben diesen Royal Rumble geschehen, der als Special fürs Kabelfernsehen des USA Networks den Bekanntheitsgrad der WWF weiter ausbauen und die NWA schwächen sollte.

Die Idee zum Royal Rumble hatte der WWE-Hall of Famer Pat Patterson. Das Konzept war schon damals eigentlich das gleiche wie heute; Unterschiede gibt es nur in den Details: Damals wie heute stehen sich zu Beginn zwei Wrestler im Ring gegenüber. Danach folgen im Abstand von zwei Minuten (dass die Intervalle nie wirklich eingehalten werden weiß heute jedes Klind) 18 weitere (heute sind es statt der damals einlaufenden 20 Wrester deren 30). Eliminiert werden kann man nur, indem man über das oberste Seit befördert wird. Wer am Ende im Ring steht, der gewinnt.
So weit, so klar! Als letzte interessante Randnotiz sei vielleicht noch erwähnt, dass der Royal Rumble aus dem Jahr 1988 nicht ganz der erste seiner Art war. Bereits im Jahr 1987, genaugenommen am 4. Oktober, wurde in St. Louis, Missouri, ein Versuchsballon gestartet. Dieser endete aber in einer abrupten Bruchlandung, da nicht einmal 2.000 Zuschauer erschienen und das Konzept noch nicht ausgegoren war. Der Gewinner war damals übrigens One Man Gang, der den Junkyard Dog als letzten Gegner über das oberste Seil beförderte.

Als Vince McMahon für den Januar ein Thema für das Kabel-TV-Special suchte, fiel ihm wohl das Konzept des Rumbles wieder ein, er überarbeitete es und legte so das von ihm gewünschte Gegenstück für NWAs „Bunkhouse Stampede“-Format vor – und setzte auf diese Weise auch noch den Grundstein für einen der drei gegenwärtig wichtigsten WWE-PPVs des Jahres.
Damals wie heute gab es nicht nur das eigentliche Royal Rumble Match, sondern auch diverse Matches drum herum. Und mit dem ersten Match soll es nun auch losgehen.


1. Match
Singles Match
Ricky Steamboat gewann gegen Rick Rude nach Disqualifikation

Nachdem die Zuschauer an den Fernsehern von Vince McMahon und Jesse Ventura begrüßt wurden (und Vince marktschreierisch das Programm des Abends präsentiert hatte) begann der Royal Rumble 1988 mit folgendem Opener: Rick Rude traf auf Ricky Steamboat. Ersterer war erst seit Juli 1987 in der WWF und fehdete zunächst gegen Paul Orndorff, den er auch bei seinem ersten großen Auftritt im Rahmen der Survivor Series 1987 pinnen durfte. Für alle die, die Rick Rude nicht kennen: Er war ein großartiger Heel, der sich in körperlich überragender Verfassung befand. Rude hatte einen nahezu perfekten Waschbrettbauch – und auch sonst war jeder Muskel definiert. Trotz Vokuhila und Oberlippenbart schaffte er es, ziemlich cool auszusehen (das war in den 80ern eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit). Seine typischen Beleidigungen Richtung Publikum (die Männer seien alle fett und untrainiert; alle Frauen hingegen würden ihn wollen) werden ebenso wie sein Hüftschwung unvergessen bleiben (wer danach den tragischen Hüftschwungversuch des Honky Tonk Man sieht wird sich nur lachend den Bauch halten). Mit diesem Heel-Gimmick brachte Rude es immerhin bis zum Intercontinantal Champion (der damals noch etwas bedeutete) und war auch in den frühen 90er Jahren bei der WCW eine Größe. Leider war in Sachen Luxuskörper wohl nicht alles Natur – denn am 20. April 1999 verstarb Rick Rude an Herzversagen, und das mit gerademal 40 Jahren! Vorher gab er zu, in der Vergangenheit Anabolika genommen zu haben, um mehr Muskelmasse aufzubauen. The same old Story…
Steamboat seines Zeichens war kurz nach dem Gewinn des Intercontinental-Gürtels bei Wrestlemania III bei den WWF-Offiziellen in Ungnade gefallen, da er sich eine Auszeit wünschte, um die Geburt seines Sohnes mitzuerleben und bei seiner Familie sein zu können. Ein solch rebellisches und firmenschädliches Verhalten konnte die WWF natürlich nicht ungestraft lassen! Steamboat verlor den Titel am 13. Juni an den Honky Tonk Man – und verabschiedete sich in den Urlaub, um die Geburt seines am 7.7.1987 zur Welt gekommenen Sohnes Richie (seines Zeichens später selber Nachwuchswrestler bei der WWE) zu erleben. Zwar kam er zur Survivor Series 1987 zurück, aber das Management war immer noch verbittert – und auch Steamboat selber hatte wohl mit dem Kapitel WWF Im Januar 1988 innerlich bereits abgeschlossen, da er gegen Ende des Jahres 1988 seinen Rücktritt aus der Liga bekanntgab.

Unter diesen Umständen traten also Rude und Steamboat gegeneinander an – auf der einen Seite ein junger und hungriger Heel, auf der anderen ein genervter Star. Viele Internetfans empfanden das Match als durchaus gelungenes Old-School-Wrestling. Mir war es über weite Strecken einfach zu langweilig. Das Match ging an die 17 Minuten, war gut aufgebaut und professionell geworked – aber es bestand über weite Strecken aus Haltegriffen und sich wiederholenden Moves. So gab es den typischen Steamboat-Schulterwurf gleich dreimal zu sehen! Auch Wip-Ins gefolgt von Standart-Clothelines kamen öfter vor als mir lieb war. Zwar nahm das Match in der zweiten Hälfte ungemein an Tempo auf, als ein Cover-Marathon folgte. Aber so gut geworked der auch war, ich fühlte mich, als ob ich eine schwächere Kopie des Matches von Steamboat gegen Savage von Wrestlemania III sehen würde – das gab es eben alles schon mal ein, zwei Klassen besser (siehe Flashback Nr. 4).
Im Internet habe ich einen Kommentar zu dem hier zu begutachtenden Match gelesen, der meiner Meinung nach passt: „Man merkte Steamboat bei aller Professionalität an, dass er wohl keine richtige Lust mehr auf Vince McMahon und die WWF hatte.“ Das kann ich so unterschreiben! Und warum man Rick Rude zu Beginn seiner Karriere immer wieder in so lange Matches steckte, obwohl er dafür nun wirklich noch nicht reif war, müssen auch andere entscheiden.

Am Ende siegte Steamboat nach DQ, nachdem er vom obersten Seil seinen Diving Crossbody zeigen wollte, aber Rude den Referee (Dave Hebner) vor sich zog, der das Ding einstecken musste. Danach nahm Rude seinerseits Steamboat in den Canadian-Backbreaker-Rack-Submission – und wähnte sich nach dem Läuten der Ringglocke bereits als Sieger, wurde aber für sein vorangegangenes Verhalten disqualifiziert. Na ja…
Als erwähnenswerte Randnotiz lässt sich noch anführen, dass Jesse nach dem Submission-Manöver von Rude sagte, dass Steamboat gerade ein raues Erwachen, ein „rude awakening“, bereitet wurde. Somit war der Name des späteren Finishing Moves für Rude gefunden.
Interessant ist vielleicht auch, dass Rude, der den Ring bereits verlassen hatte, sofort nach der Verkündung des Ergebnisses zum Ring zurückkam, um… nein, nicht um auf Steamboat einzuprügeln, sondern nur, um mit dem Referee zu diskutieren. So was würde ein Heel von Format heute nie tun. Ohne eine saftige Abreibung für den Face ginge es heute nicht mehr ab. Ich war daher ob dieser naiv-sportlichen Protestgeste fast gerührt…
Fakt ist trotz alledem für mich, dass der Opener durchaus professionell und technisch versiert geführt wurde, aber zumindest aus meiner Sicht über weite Strecken eben doch ein wenig langweilig und altbacken wirkte.


Segment: Dino Bravo beim Bankdrücken
Konnte man über die Qualität des ersten Matches noch durchaus streiten, lasse ich für das nun folgende Segment keine Entschuldigungen gelten! Das war nichts anderes als Trash pur.
Dino Bravo kam mit seinem Manager, dem großartigen Frenchy Martin, in die Halle und versuchte – unter der Moderation von Gene Ukerlund und mit Jesse Ventura als Assistenten – einen neuen Weltrekord im Bankdrücken aufzustellen. Jawohl, ihr habt richtig gelesen: 18.000 Zuschauer durften Dino Bravo beim Gewichtestemmen zuschauen. Und das Sahnehäubchen gebe ich euch auch gleich vorweg: Dieser Schwachsinn dauerte über zwanzig Minuten!!! Denn der Weltrekord lag bei 705 Pfund und Bravo begann bei 415 Pfund – um danach gefühlt bei jedem zusätzlichen Gramm einen erneuten Versuch zu starten. Naja, ganz so schlimm war es dann doch nicht, aber die ganze Kiste zog sich hin wie Kaugummi.

Bravo sollte durch dieses Segment als Single Wrestler over gebracht werden, nachdem er vorher mit Greg Valentine im „Dream Team“ wrestlete (er ersetzte Brutus Beefcake nach Wrestlemania III). Bravo war auch schon vorher in der WWE kein Unbekannter, konnte er doch im Jahr 1978 die WWWF-Tag-Team-Titel erringen (einer der damaligen Gegner war der seinerzeit noch groß im Geschäft wirkende Mr. Fuji).
Dass man Bravo nicht in ein Wrestling Match steckte, sondern diesen Unfug mit dem Bankdrücken veranstaltete, war wohl der Tatsache geschuldet, dass er als Gewichtheber und „World‘s Strongest Man“ (Mark Henry lässt grüßen) aufgebaut werden sollte. Dennoch…
Lange Rede, gar kein Sinn: Bravo forderte vom Publikum absolute Ruhe, was wie erwartet dazu führte, dass in der Halle natürlich ordentlich Radau gemacht wurde. Daraufhin verließ Bravo als launische Diva gegen Ende die Halle, kam aber doch heldenhaft wieder zurück – und stemmte die 715 Pfund unter intensiver Mithilfe von Jesse Ventura. Na herzlichen Glückwunsch…

Einzige Highlights in diesem Gerümpelsegment: Zum einen Frenchy Martins Kauderwelsch (Pseudo-Französisch in Amerikaslang), das er im Brustton der Überzeugung ins Mikro brabbelte, wann immer der dusselige Gene Okerlund es ihm hinhielt – und das natürlich niemand auch nur im Ansatz verstand. Zum anderen muss Jesse Venturas Wampe erwähnt werden, die sich immer dann nicht verbergen ließ, wenn er Bravo beim Gewichtheben assistierte und sich dafür vorbeugen musste. Seitdem heißt er bei mir nur Jesse „The Beerbelly-Body“ Ventura. Aber ansonsten war alles wie gesagt eine riesen Verarsche…

Aber so schlimm dieses Segment auch war und so sehr man Bravo danach zum Teufel wünschte, dass sein Leben so tragisch enden musste, wie es 1993 geschah, gönnte ihm niemand: Dino Bravo wurde am 10. März 1993 erschossen, geradezu hingerichtet, aufgefunden. Sieben Kugeln befanden sich in seinem Kopf, zehn in seinem Körper. Dass er angeblich in Zigarettenschmuggel verwickelt war und über eine Heirat darüber hinaus auch noch mit dem damaligen Mafiaboss von Montreal, Vic Cotroni, in familienrechtlicher Verbindung stand, sei dabei nur am Rande erwähnt. Denkt euch euren Teil am besten selbst. Offiziell wird der Mord an Bravo jedenfalls als unaufgeklärt in den Akten geführt…


2. Match
Two out of three falls match for the WWF Women's Tag Team Championship
The Jumping Bomb Angels (Noriyo Tateno and Itsuki Yamazaki) gewannen gegen The Glamour Girls (Judy Martin and Leilani Kai) (c) (with Jimmy Hart) via Pin mit 2:1

War ich vom Opener nur mäßig überzeugt und durch den Weltrekordversuch im Gewichtheben nahezu völlig desillusioniert, überraschte mich das folgende Diven Tag Team Match um den WWF-Womens-Tag-Team-Gürtel (ein Titel, den keiner brauchte und der auch ziemlich schnell wieder verschwand, ohne dass er danach von irgendjemandem vermisst worden wäre) auf ganzer Linie – und zwar positiv! Ich hätte nicht gedacht, dass ich das einmal allen Ernstes über ein Diven-Match bei einem WWF-PPV schreiben würde, aber die Paarung war für mich das Match des Abends (ja, das meine ich vollkommen ernst!).
Darauf deutete zunächst zumindest optisch nichts, aber auch gar nichts hin. Die Glamour Girls machten ihrem Namen zu 100% keine Ehre, sondern wirkten auf mich eher wie abgewrackte 5-Pfennig-Nutten auf Koks im Ruhestand, die in Vegas aufs Sterben warten. Ich war fast schockiert, als ich las, dass beide Damen zum Zeitpunkt dieses Matches noch keine dreißig Jahre alt waren – sie sahen locker aus wie Mitte 40! Wenn ihr sie euch vorstellen wollt, dann seid ihr im Vorteil, wenn ihr die Simpsons kennt. In der Folge, in der Homer versucht, Ned Flanders beizubringen, wie man das Leben auskostet, fahren beide zusammen nach Las Vegas, erleben eine exzessive Nacht, von der sie am anderen Morgen beide nichts mehr wissen – und sind auf einmal mit zwei verlebten und abgehalfterten Vegas-Showbitches verheiratet. Genauso sahen Judy Martin und Leilani Kai beim Royal Rumble 1988 aus.
Ganz anders die Jumping Bomb Angels. Noriyo Tateno und Itsuki Yamazaki waren zwei junge Japanerinnen, wie sie im fernöstlichen Wresling-Buche stehen. Klein, mehr oder weniger zierlich sowie extrem gelenkig und beweglich. Zwar war – erschütternd genug – nicht mal Vince McMahon als ihr Chef (!) in der Lage, sie auseinanderzuhalten. Das versuchte er zunächst aber auch gar nicht erst, sondern nannte sie auf Nachfrage von Ventura, ob Vince denn die Namen der Angels kennen würde (was er verneinte, da er die japanische Sprache nicht beherrschen würde), kurzerhand Pink und Red Angel (das muss man sich mal vorstellen!!!). Improvisation bei der Problemlösung on air ist eben alles (auch Ventura merkte an, dass das „real clever“ sei – Ventura ist einfach göttlich!!!). Erst während einer Werbepause wurde ihm gesteckt, wer von beiden wer ist, so dass er auf einmal mit Namen glänzen konnte – die Moves war er freilich immer noch nicht in der Lage, zu benennen. Manchmal verraten Details über einen Menschen eben mehr als dicke Biografien…

Kurz nach dem Läuten der Ringglocke legten die Japanerinnen los wie die Feuerwehr. Da war so viel Tempo, Technik, Schnelligkeit und ein Arsenal von Double-Team-Moves vorhanden, dass es einfach nicht langweilig wurde. Auch die Choreographie stimmte: Es gab es einen synchron ausgeführten Figure Foure Leglock von beiden Mädels – und zwar nahezu auf die Zehntelsekunde genau zeitgleich. Ich meine es vollkommen ernst, wenn ich sage, dass das, was die beiden Japanerinnen 1988 zeigten, wrestlerisch nicht nur für die damalige Zeit dem Handwerk der WWF-Diven (damals doch eher Wrestlerinnen) um Lichtjahre voraus war, sondern (bis auf wenige Ausnahmen) auch dem, was die HEUTIGEN WWE-Diven zum Besten geben.
Nun muss man dazu aber auch wissen, dass die Jumping Bomb Angels damals in der WWF wrestlerisch das absolute Nonplusultra waren (und es wohl auch heute noch wären), dass sie aber während der Zeiten des Booms im Frauenwrestlings in Japan ab der zweiten Hälfte der 80er Jahre nur ein Team unter vielen anderen guten Teams waren. Man sieht daran, wie weit die WWF und das japanische Frauenwrestling auseinanderlagen. Die Jumping Bomb Angels führten die Glamour Girls schon bei der Survivor Series 1987 vor – und das wiederholen sie nun auch beim Rumble. Judy Martin und Leilani Kai hielten zwar nach Leibeskräften dagegen, waren auch stets bemüht und für die damaligen Divenverhältnisse auch alles andere als schlecht – aber gegen die Bomb Angels letztlich doch deutlich überfordert.
In einem technisch starken (da von den Bomb Angels geprägten) Match sicherten sich die unglamourösen Mädels den ersten Fall, die Bomb Angels die beiden anderen, wobei es vor dem finalen Pin einen mit ordentlich Schmackes ausgeführten Double-Dropkick von obersten Seilen setzte (besonders in Zeitlupe absolut sehenswert!).
Putzig war am Ende einmal mehr das Kommentatoren-Duo McMahon/Ventura: Jesse merkte in seiner großartigen und sich stets selbst parodierenden Besserwisser-Heel-Rolle völlig zu Recht an, dass die Schulter der gepinnten Pseudo-Glamourfrau Judy Martin beim Cover nicht auf dem Boden gewesen sei, so dass der Sieg der Bomb Angels alles andere als legal war (für so eine Aussage on air würde man heute nach der Show von Vince persönlich erschossen werden). Vince faselte im Vorgriff auf seine gegenwärtigen Tattergreis-Tage etwas davon, dass das Schulterblatt auf dem Boden gewesen sei, so dass doch alles in Ordnung wäre. Großartig! So einen Freestyle vorgetragenen Verbal-Müll sucht man heutzutage auf diesem Level in der WWE vergebens…


Segment: Hogan / André Signing
Von Verbal-Müll in Sachen Vince McMahon ging es weiter zum nächsten Tiefpunkt des Abends: Hulk Hogan und André the Giant sollten den Vertrag zum Re-Match für das legendäre Treffen der beiden bei Wrestlemania III (siehe Flashback Nr. 4) unterzeichnen. Schon damals durfte der obligatorische Rückblick zu Wrestlemania III natürlich nicht fehlen. Dieses Mal war er allerdings nicht nur Selbstzweck, sondern auch einer der Gründe für das Re-Match: Denn gleich zu Beginn des Matches bei Wrestlemania III, nachdem Hogan André slamen wollte, dies aber nicht klappte und André auf Hogan plumpste und ihn dadurch coverte, zählte der Referee seinerzeit wohl wirklich bis drei durch (da Hogan aufgrund Andrés Gewicht tatsächlich nicht zeitig genug auskicken konnte – genau erkennen kann man das freilich auch in Zeitlupe nicht). Das Match ging aber natürlich dennoch weiter – und Hogan gewann bekanntermaßen nach seinem Bodyslam. Das war storylinemäßig ein Skandal, der nach einem Re-Match geradezu schrie.
Das geneigte Publikum erfuhr weiterhin, dass der böse Million Dollar Man Ted DiBiase vorhatte, den WWE-Titel zu kaufen, da alles und jeder seinen Preis habe (skandalös!). Da der heldenhafte Hogan den Gürtel aber für kein Geld der Welt verkaufen wollte („Hell Nooooo!“), musste André engagiert werden, der den Titel erst von Hogan erringen sollte, um ihn dann Ted DiBiase zu verkaufen (klar soweit?). Da passte die Idee für das Re-Match ja gleich doppelt gut!

Ich fasse mich in Sachen Wiedergabe der Unterzeichnungszeremonie kurz: Zuerst kam André mit Ted Dibiase und dem Lakaien Virgil zum Ring. Dann marschierte unter tosendem Jubel ein mit blauer Leggins (oder was weiß ich, was das für ein optisches Verbrechen war) und daher modisch ganz offensiv auftretender Hogan heran und machte, im Ring angekommen, erst einmal verunsicherte Miene zum blöden Spiel, setzte sich dann aber doch recht schnell an den im Ring bereitstehenden Tisch. André hingegen wippte erst einmal betont langsam mehrmals in die Ringseile und wieder zurück, um sich dann ebenfalls zu setzen. Hogan unterschrieb, nachdem Ted Dibiase ständig auf ihn einredete und fragte, ob Hogan Angst hätte. André hingegen las sich den Vertrag erst einmal in aller Ruhe durch (Ventura fand dabei lobende Worte für Andrés juristische Weitsicht, den Vertrag vor der Unterschrift besser genau zu prüfen). Dann unterschreib letztlich auch André besagten Vertrag, welcher das Re-Match für den 5. Februar vorsah („February fifth“ wurde an dem Abend zur Catchphrase, die fast öfter genannt wurde als heute 9.99 bei RAW!). Als alles unterschrieben war, fingen Hogan und DiBiase an, miteinander zu rangeln. Daraufhin schnappte sich André Hogans Kopf, knallte ihn auf den Holztisch und schmiss Hogan samt Tisch in die Seile, um sich danach mit dem Versuch, ein ganz böses Gesicht aufzusetzen (das gelang dem sanften Riesen wie immer nicht, weil er einfach ein zu netter Kerl war) auf den Weg in den Backstagebereich zu machen. Das war‘s dann aber auch – zum Glück…


3. Match
Royal Rumble Match
Hacksaw Jim Duggan gewann gegen Bret Hart, Tito Santana, Butch Reed, Jim Neidhart, Jake Roberts, Harley Race, Jim Brunzell, Sam Houston, Danny Davis, Boris Zhukov, Don Muraco, Nikolai Volkoff, Ron Bass, B. Brian Blair, Hillbilly Jim, Dino Bravo, The Ultimate Warrior, One Man Gang und den Junkyard Dog

Es folgte das eigentliche Rumble-Match. Hier war einiges anders als heute: Zunächst wirkten wie gesagt nur 20 und nicht 30 Wrestler mit. Auch war die Battle Royal nicht der Main Event des Abends (eine Tatsache, die als noch schlimmer gewertet werden muss, wenn man den Main Event aus dem Jahr 1988 sieht – dazu später mehr). Und auch das Herunterzählen der letzten zehn Sekunden durch das Publikum (1988 wurden die letzten 14 Sekunden angezeigt, warum auch immer!) gab es noch nicht.

Auf jeden Fall begannen Bret Hart und Tito Santana. Diesen Beginn konnte man durchaus so booken, da Strike Force (das Team von Tito Santana und Rick Martel) die amtierenden Tag Team Champions waren, welche die Titel vorher von der Hart-Foundation gewannen. Zwischen den beiden Teams lief daher auch eine entsprechende Fehde (dass man hieraus aber nicht mehr Kapital schlug, indem man auch Rick Martel beim Rumble einsetzte, bleibt für mich nicht ganz nachvollziehbar).
Die beiden legten jedenfalls, so wie man sie kennt, technisch auf ordentlichem Niveau los. Mit Butch Reed und Jim Neidhart kamen zwei Heels dazu – die Hart Foundation war somit komplett. Da hatte Santana natürlich wenig zu lachen – bis unter großem Jubel Jake Roberts in den Ring stürmte, der nicht nur unter den Heels aufräumte, sondern immer wieder lautstark aufgefordert wurde, den DDT zu zeigen. Junge, der Kerl war seinerzeit over – und er schmiss auch gleich Reed aus dem Rumble. Es folgte eine wahre Midcard-Parade: Harley Race, Jim Brunzell (Killerbienchen I), Sam Houston (ein Cowboy, der nach seiner Fehde gegen den Outlaw Ron Bass eigentlich nur noch Jobber war; erwähnenswert ist vielleicht noch die Tatsache, dass er der Halbbruder von Jake Roberts ist), Danny Davis, Boris Zhukov, Don Muraco, Nikolai Volkoff (der mit Muraco zusammen an den Ring kam, aber von selbigem niedergeschlagen wurde, so dass er warten musste, bis er mitmischen durfte), Ron Bass (der unter dem NWA-Banner mit dem Cowboy-Gimmick einige Erfolge feiern konnte, aber in der WWF lediglich untere Midcard war) und B. Brian Blair (Killerbienchen II) konnten kaum jemanden vom Hocker reißen – aber der Rumble musste ja irgendwie gefüllt werden. Gegen Ende wurde es spannender, denn neben „Hacksaw“ Jim Duggan (seinerzeit einer der größten Publikumslieblinge im Roster), Hillbilly Jim und Dino Bravo kam auch der sagenumwobene Ultimate Warrior, der erst im Sommer zuvor in der WWF auftauchte und sich langsam durch Siege gegen Aufbaugegner einen Namen machen musste – beliebt beim Publikum war er jedoch schon damals. Mit der One Man Gang (ein 2,06m großer und über 200kg schwerer Hühne mit Irokesenschnitt und Kleine-Kinder-Fresser-Gesichtsausdruck, der zwar sehr bekannt war, aber nie die großen Titel erringen sollte) sowie dem Junkyard Dog wurde der Rumble komplettiert.

Ich als großer Rumble-Fan muss leider sagen: So richtig doll war die Battle Royal nicht. Es gab kaum Spots, dafür viele Schläge, Tritte, Würgegriffe und Pseudo-Rauswurfversuche. Da auch die großen Stars wie Randy Savage oder der Honky Tonk Man fehlten, kam auch nur ganz selten (wenn, dann bei Jake Roberts und Jim Duggan) Bigtimefeeling auf.

Die Final Four waren am Ende Jim Duggan, One Man Gang, Dino Bravo und Don Muraco. Die One Man Gang eliminierte Muraco, so dass sich Bavo und die Gang den nunmehr allein stehenden Hacksaw vornehmen konnten. Dabei hielt Bravo irgendwann Hacksaw an den Seilen stehend von hinten fest, die Gang ging in die Seile und lief auf Duggan zu, der duckte sich weg – und die Gang eliminierte Bravo. Im Kampf eins gegen eins hatte danach die One Man Gang alle Trümpfe in der Hand und prügelte Duggan nieder, der nur noch in den Seilen hing. Die One Man Gang schien aber vom Prinzip „Trial and Error“ nicht viel zu halten und es auch noch abzulehnen, aus Fehlern der Vergangenheit zu lernen, ging daher abermals in die Seile, stürmte auf Duggan zu, der sich wieder wegduckte, die Seile nach unten zog und so dafür sorgte, dass die One Man Gang aus dem Ring purzelte. Somit stand Duggan als Rumble-Sieger fest – und der Junge konnte damit seinen größten Erfolg in der WWF feiern.

Für all die, die es interessiert noch kurz ein paar Fakten zur Statistik: Die meisten Eliminierungen hatte die One Man Gang (sechs Stück); Brat Hart war der Iron Man (25:42 Minuten im Rumble).


Segment: Interview mit Hulk Hogan
Nach dem Rumble ließ es sich Hogan nicht nehmen, noch einmal zum Volk zu sprechen. Die Promo war belanglos wie immer: Er werde mit den Hulkamaniacs André schon zeigen, was eine Harke ist. Gna, gna, gna…
Interessant ist vielleicht die Tatsache, dass Hogan im Januar 1988 nicht „Brother“, sondern „Man“ sagte. Mehr erscheint mir ansonsten nicht erwähnenswert zu sein…


4. Match
Two out of three falls Tag Team Match
The Islanders (Haku and Tama) gewannen gegen The Young Stallions (Paul Roma and Jim Powers) via Pin mit 2:0

Dann kam noch der sogenannte Main Event. Und ich nehme es vorweg: Dieses Booking war von vorne bis hinten eine unausgegorene und unprofessionelle Katastrophe! Zunächst ist da die Tatsache, dass dieses Match überhaupt den Main Event darstellte (hier standen sich zwei absolute Midcard-Teams gegenüber!). Dann ist die Art und Weise, wie man das Match präsentierte, fast schon eine Demütigung der Wrestler (der Kampf wurde allen Ernstes durch eine Promo von André und DiBiase unterbrochen). Und schließlich wurde es als Two out Three Falls angesetzt, nur um am Ende nach durchwachsener Performance mit 2:0 auszugehen. Was sollte das???
Hanebüchen ist auch die Storyline, um die herum das Match aufgebaut wurde. Angeblich hatten die Islanders den Hund der British Bulldogs (Mathilda) „entführt“ („dog-naped“ – Hilfe!!!). Da mussten die Young Stallions natürlich für Gerechtigkeit sorgen. Noch irgendwelche Fragen?

Die Islanders bestanden aus Haku (der später zeitweilig als „King“ Haku auftreten sollte und mit Andrè the Giant sogar WWF-Tag-Team-Champion werden durfte) und Tama (der zwar keine großen Erfolge erringen konnte, aber mit Zahnlücke und einen definitiv vorhanden Chrisma und Highflyer-Qualitäten glänzen konnte) und turnten nach einer Zeit als Faces gegen Ende des Jahres 1987 zu Heels.
Die Young Stallions bestanden aus Paul Roma (der später noch mit „Power and Glory“ in der WWF und danach in der WCW zu einiger Bekanntheit als ordentlicher Midcarder kommen und mit Arn Anderson bzw. Paul Orndorff sogar dreimaliger WCW-Tag-Team-Champion werden sollte) und Jim Powers (der in seiner Zeit nach den Young Stallions nicht mehr viel bewegen konnte). Die Young Stallions durften in der Survivor Series 1987 überleben und hatten damit so ziemlich ihren größten Erfolg in der WWF.
Das Match selber war solide, ohne wirklich zu begeistern. Auch das Publikum interessierte sich irgendwie so gar nicht mehr für diese Ansetzung. Es gab einen Splash von Tama und ansonsten Hausmannskost. Irgendwann wurde Paul Roma wird aus dem Ring geschleudert, verletzte sich am Knie – und wurde letztlich ausgezählt. Damit stand es 1:0 für die Islanders.
Nach der Werbung hielten André und DiBiase ihre Promo – und die Islanders durften währenddessen im Hintergrund rumstehen und darauf warten, mit dem Match endlich weiterzumachen. Unglaublich!
Wrestlerisch wurde der zweite Fall zwar leicht besser, aber nie wirklich gut. So wurde irgendwann wieder Paul Romas Knie bearbeitet, es setzte schließlich einen Splash auf selbiges, Cover, 1,2,3 – Ende im Gelände. Was für ein unwürdiges Erlebnis für alle an diesem Match beteiligten Worker…

Das letzte Match steht stellvertretend für all das, was bei diesem ersten Royal Rumble schief lief. Es fehlten die ganz großen Stars, die ganze Kiste wirkte eher wie eine einzige Werbeveranstaltung für den 5. Februar und Hogans Match gegen André, denn wie ein eigenständiges Event – und der Aufbau der Veranstaltung war wie gezeigt von Fehlern und Pannen geradezu durchwuchert. Für Nostalgiker und Trashliebhaber ist der erste Royal Rumble daher sicherlich interessant (alleine Jesse Ventura und Vince McMahon können mit ihrer – jedenfalls bei Vince – unfreiwilligen Komik einiges retten), ansonsten dürfte aber bis auf „February fifth“ bei dem Casual-Fan nicht viel hängenbleiben.
Ich indes – verdammt, ich sehe es schon kommen – werde den ersten Royal Rumble gerade wegen seines Trash-Charmes auf Sicht wohl doch ins Herz schließen…
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich weiß ich wiederhole mich, aber du lieferst hier einfach ganz groß ab. Toller schreibstil
 
Auch ich wiederhole mich, aber diese Rückblicke sind einfach göttlich. Ich fühlte mich besonders an One Man Gang und Rick Rude erinnert, wobei Rude lustigerweise einige Zeit lang eine lustige Marotte hatte, die man erwähnen sollte: dieser in der Tat grandiose Heel hielt sich (mit dem Waschbrett!) für Gottes Geschenk an die Frauen, und so durfte ihn vor seinen Matches stets eine Dame aus dem Publikum küssen. Und so nahm er sie in seine Arme und küsste sie, bis sie ohnmächtig in seinen Armen zusammensank. Man dachte sich dann immer "So ein Stuss!", konnte sich aber ein amüsiertes Lächeln nicht verkneifen. Leider erinnere ich mich an kein wirklich gutes Match von Rude, da konnte er mit seinem engen Freund Mr. Perfect absolut nicht mithalten.

Ansonsten zeigt diese Veranstaltung eben auch, dass damals zwar so einiges, aber eben auch nicht alles besser war als heute. Das ist beruhigend für die Zukunft... Und dass Zigaretten gesundheitsschädlich sind, weiß man ja...
 
Ich danke euch dreien sehr. Dass ihr euch diesen Kram immer wieder durchlest - und auch noch lobende Worte findet - freut mich riesig. :)
 
Trash, dass ist wohl das am besten von dir gewählte Wort für den ersten Royal Rumble. Aber dennoch, Vince hatte eine Idee und die setzte er um. Wenn ich da an die vielein geilen Royel Rumble Momente denke die es im Laufe der Zeit noch geben wird, bin ich froh das man es wagte.
Klar, der erste hat es immer am schwersten und es war damal wie heute eigentlich ganz einfach. Die großen Stars richtig einsetzen und dann passt das schon. Das machte man damals nicht und heute nicht richtig.

Aber, du hast das gut geschrieben und deine eigenen Einschätzungen in den Klammern sind genial. Es lässt sich somit alles sehr gut lesen. Weiter so. XD
 
Trash, dass ist wohl das am besten von dir gewählte Wort für den ersten Royal Rumble. Aber dennoch, Vince hatte eine Idee und die setzte er um. Wenn ich da an die vielein geilen Royel Rumble Momente denke die es im Laufe der Zeit noch geben wird, bin ich froh das man es wagte.

100 %ige Zustimmung. Für mich ist der Rumble (noch vor Mania!) mein absoluter Lieblings-PPV! Und dass Vince das Format 1988 brachte - bei allem, was da noch voll gegen die Wand ging - ist ein echter Grund zur Freude. :) Man hat zwar unsagbar viel falsch gemacht im Jahre 1988 - aber das Konzept war klasse, und es wurde ja über die Jahre auch immer weiter ausgebaut und verbessert. :)
 
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