Flashback # 17: Review und Analyse zum Royal Rumble 1992

Silentpfluecker

Pseudo-Wrestlingphilosoph
Teammitglied
Und wieder heißen wir euch herzlich willkommen zu einem weiteren Blick in die Vergangenheit der WWE-Großereignisse. Heute steht ein (zumindest nach meinem Dafürhalten) ganz besonderes Schmankerl auf dem Programm, nämlich der Royal Rumble aus dem Jahr 1992! Warum spreche ich hier von einem besonderen Schmankerl? Zum einen, weil das Rumble-Match wohl eines der besten aller Zeiten gewesen sein düfte (mehr dazu im Bericht). Zum anderen, weil mir die deutsche Kommentierung von Uli Fesseler und vor allem Joe Williams auch heute noch Freudentränen in die Augen schießen lässt. Was Joe Williams hier am Mic geleistet hat, zählt meiner Meinung nach zu den Sternstunden der Wrestling-Moderation! Kompetenz und Trash, Ernsthaftigkeit und Selbstparodie gepaart mit viel Fachwissen gingen hier Hand in Hand und machten die Moderation zu einem Erlebnis. Ich habe den Rumble 1992 auch in der Zeit, in der ich mit Wrestling nicht mehr viel am Hut hatte, diverse Male beim Vorglühen mit Freunden geschaut – und wir hatten jedes Mal viel zu lachen. Deswegen, wenn ihr könnt, besorgt euch die Version, auf der die beiden kommentieren. Es handelt sich hierbei für mich wie gesagt um DIE Perle der deutschen Wrestlingmoderation.

So weit, so gut. Der Royal Rumble selbst stand voll und ganz im Zeichen des WWF-Championship-Gürtels, denn dieser winkte erstmals in der Geschichte dem Sieger der Massenkeile. Doch wie konnte es überhaupt so weit kommen? Zur Beantwortung dieser Frage ist ein Rückblick im Rückblick angezeigt: Bei der Survivor Series 1991 gewann der Undertaker (mit Hilfe von Ric Flair, der einen Stuhl im Ring platzierte, auf den der Taker schließlich auch einen Tombtone gegen den Hulkster ausführte) den WWF-Gürtel von Hulk Hogan. Am 3. Dezember gab es das Rematch bei „This Tuesday in Texas“, bei dem sich zunächst eine Wiederholung der Ereignisse der Survivor Series andeutete, aber Hogan dieses Mal sowohl dem Tombstone des Undertakers als auch einer nachfolgenden Urnenattacke von Paul Bearer ausweichen konnte. Dafür warf er seinerseits dem Undertaker die Asche aus der Urne ins Gesicht und pinnte ihn. Der Aschewurf irritierte Jack Tunney (die Strohpuppe, die on air den WWF-Chef spielte, als Vince sich noch lieber im Hintergrund aufhielt) so sehr, dass er den Titel lieber vakantierte und ihn als Preis für den Sieger des Royal Rumbles auslobte. Da Hogan und der Taker aber irgendwie doch wichtig sein sollten, wurde ihnen eine Startnummer zwischen 20 und 30 versprochen.
So viel also zur Vorgeschichte. Das Event selbst ging los wie immer: Zuerst wurden in bester Marktschreiermanier der aus dem Off kommenden Stimme Vince McMahons‘ die Teilnehmer des Rumbles aufgezählt, dann ging es in die Halle, wo das erste Match anstand.

1. Match
Tag Team Match
The New Foundation (Owen Hart and Jim Neidhart) gewannen gegen The Orient Express (Pat Tanaka and Kato) (with Mr. Fuji) via Pin

Nachdem sich die Hart Foundation aufgrund Bret Harts Solokarriere nach dem Titelverlust beim SummerSlam 1991 aufgelöst hatte und Jim Neidhart nach einer Niederlage gegen Ric Flair von den Beverly Brothers angegriffen wurde, taten sich eben jener Neidhart und Brets jüngerer Bruder Owen Hart (er war nach einigen Jahren in den Indies und bei der WCW wieder zur WWF zurückgekehrt) als The New Foundation zusammen. Ihr PPV-Debüt (das zugleich auch ihr einziges PPV-Match überhaupt war) feierten sie beim Royal Rumble 1992.
Das Match begann eher verhalten und mit diversen Haltegriffen. Das nutzte Williams, um gegenüber den zuschauenden Fans anzudeuten, dass er eine kleine Wette am Laufen haben würde. Denn aufgrund eines Tipps von Bobby Heenen (Flair würde eine hohe Startnummer erhalten) hätte er eine gewisse Summe Geld auf den Sieg des Nature Boys gesetzt.
Viel besser wurde das Match deswegen aber zunächst auch nicht. Owen deutete sein Können zwar immer wieder an, aber so richtig sprang der Funken nicht über. Die Geschichte das Matches sah wie folgt aus: Nach einer illegalen Aktion durch Mr. Fuji von außen wurde Owen lange von den Heels auseinandergenommen, bis ihm der Hot Tag gelang und Anvil im Ring aufräumte. Nach einem Rocket Launcher stand dann der Sieg für The New Foundation in einem Match, dass mau anfing und auch danach nie überragend wurde, aber sich kontinuierlich steigere und daher letztlich auch definitiv nicht schlecht war. Die New Foundation konnte sich über den Sieg indes nicht wirklich lange freuen, da Anvil kurz nach diesem Match die WWF verließ und das Team damit schon wieder Geschichte war. Die kurze Reunion im Jahr 1994 konnte auch nicht viel mehr retten.
Die Hintergrundgeschichte für das kommende Match erklärte uns dann Lord Alfred, leidenschaftlich übersetzt (wie übrigens jedes Interview) von Joe Wiliams: Bret Hart, der den Intercontinental Title beim SummerSam 1991 gewann, verlor diesen in einem skandalträchtigen Match am 17.1.1992, bei dem er nach Storyline gar von einem Fieber gezeichnet antrat, gegen den Mountie. Dieser bearbeitete den Hitman auch nach dem Kampf mit seinem Tritten und Schlägen, bis Roddy Piper zur Hilfe eilte. Der Mountie gab daraufhin vor, den Ring zu verlassen, griff dann aber Piper doch noch hinterrücks an. So kam es dann zum Titelmatch zwischen den beiden beim Royal Rumble.

2. Match
Intercontinental Championship
Roddy Piper gewann gegen The Mountie (c) (with Jimmy Hart) via Submission -> Titelwechsel

Und dieser Kampf um den Intercontinental Titel, der sich wie erwartet als lupenreiner Brawl entpuppte und ansonsten kaum etwas bot, stand als nächstes an. Das Fehlen technischer Finessen gab Fesseler und Williams erneut Gelegenheit, über die Williams‘ Wette zu reden. Dadurch wurde offenbar, dass Williams „nicht viel, nur ein paar Tausender“ auf den Sieg von Flair gesetzt habe. Eine gute Geldanlage, wie Williams sagte.

Mittlerweile war das Match auch fast schon wieder vorbei, denn nach ein paar Minuten setzte Piper den Sleeperhold an – und das wars dann auch schon. Piper gewann damit seinen ersten und einzigen großen Solotitel in der WWF; und das in einem Kampf, der eigentlich für ein Titelmatch fast schon eine Farce war. Dafür wurde der Mountie am Ende noch ein wenig mit seinem eigenen Elektrostab gegrillt und damit in die ewigen Geekgründe geschickt. Na dann…

Im folgenden Interview machte Hogan deutlich, dass es im Rumble keine Freunde gibt und jeder für sich selber kämpfen würde. Eigentlich eine platte Aussage, wie man sie nicht anders erwartet. Wenn man aber weiß, was später noch geschehen sollte, dann darf man Hogans Aussage gerne noch einmal mit Nachdruck an dieser Stelle erwähnen (ich komme darauf dann auch noch einmal ausdrücklich zurück, wenn das an dieser Stelle nur kurz angedeutete spätere Ereignis in diesem Flashback angesprochen wird).
Danach gaben die Bushwhackers an, in guter Form zu sein (was immer das bei denen bedeuten mochte). Bei ihnen war ein gewisser Jamison, der den Eindruck vermittelte, als ob seine Haare seit der Geburt weder Wasser noch Schampoo gespürt hatten. Dass dazu sein Anzug so aussah, als ob sich sein Vorbesitzer geschämt hatte, so etwas auf den Müll zu werfen, deutet ungefähr die optische Klasse dieses Mannes an. Nicht von ungefähr war Uli Fesseler bei seinem Anblick auch froh, dass es kein Geruchsfernsehen gibt.
Die Gegner der stets gut gelaunten Schafhirten waren die Beverly Brothers, zwei junge Männer, die schon Erfahrungen in der WCW und bei New Japan vorweisen konnten, aber in der WWF trotz durchaus beachtlichem Potential eigentlich nie über die Tag Team Midcard hinauskamen.

3. Match
Tag Team Match
The Beverly Brothers (Blake Beverly and Beau Beverly) (with The Genius) gewannen gegen The Bushwhackers (Luke Williams and Butch Miller) (with Jamison) via Pin

Das Match bestand aus vielen (eher mauen) Comedyelementen und wenig Wrestling. Ab und zu konnte man zumindest in Ansätzen erahnen, dass die Bushwhackers früher an guten Tagen etwas reißen konnten, aber das waren eben bestenfalls nur Ansätze. So blieb das Match die ganze Zeit über ausgesprochen schwach und die Crowd ließ sich über Höflichkeitsapplaus hinaus auch zu nichts hinreißen. Die Beverlies machten ihre Sache zwar immerhin ordentlich, aber in diesem Match war unterm Strich einfach nicht viel zu wollen. Da machte es doch wieder deutlich mehr Spaß, den Sportsfreunden Fesseler und Williams zu lauschen: Während Fesseler alles gab, um eine Facekommentatorin alter Schule darzustellen, wandelte Williams auf den Spuren von Jesse Ventura und prangerte immer wieder Fesselers Doppelmoral an. Das war stellenweise schon großes Kino, ich muss mich da einfach wiederholen.
Irgendwann war aus heiterem Himmel das Match zu Ende, als die Beverlies nach einem eher unscheinbaren Double Team Move das Cover durchbringen konnten.
Danach musste noch das Volk zufriedengestellt werden: Jamison sollte zu seiner persönlichen Abrechnung mit The Genius kommen (der dabei hinterhältigerweise von den Bushwhackers festgehalten wurde). Am Ende gab es zwei Tritte, und damit war ein Match zu Ende, das keinen interessierte, und ein Comedysegment, über das kaum einer lachen konnte.

4. Match

WWF Tag Team Championship
The Natural Disasters (Earthquake and Typhoon) (with Jimmy Hart) gewannen gegen The Legion of Doom (Hawk and Animal) (c) via Countout

Nach einem belanglosen Interview mit der Legion of Doom kam es zum nächsten Championship Match: Die Tag Team Gürtel standen auf dem Spiel.
Hier passierte allerdings zu Beginn auch recht wenig (mein persönliches Highlight war der Standing-Dropkick-Versuch von Earthquake), es blieb zunächst bei Headlocks und Kraftproben. Langsam nahm die Intensität zu und die Disasters gewannen gegen Hawk die Oberhand. Dieser konnte irgendwann den obligatorischen Hot Tag ansetzen, so dass Animal im Ring aufräumen könnte. Aber nach einem Brawl außerhalb des Rings wurden am Ende LOD ausgezählt, so dass die Natural Disasters zwar den Sieg, aber nicht die Titel errungen hatten. Die verdammte Legion zeigte sich sportlich fair, attackierte die Naturkatastrophen mit Stühlen, um sie auf diese Weise aus dem Ring zu vertreiben, die Gürtel wieder an sich zu bringen und sich unter den Tönen ihres Themes feiern zu lassen. Na ja, auch dieses Match war am Ende bestenfalls Durchschnitt…

Nach diesem dusseligen Ende des Tag Team Titelmatches war nicht nur ich irritiert, sondern auch die Natural Disasters, die sich im Interview mit Sean Mooney als die Tag Team Champions der Herzen inszenierten, denen übel mitgespielt wurde und die daher auch umgehend ein neues Titelmatch forderten. Hört euch das einmal in der Übersetzung von Williams an! Nicht nur die Übersetzung dieses, sondern jedes Interviews beim Rumble 92 – DAS war Liebe zum Detail. Insbesondere den akustischen Kontrast zwischen der Stimme von Jimmy Hart und Earthquake konnte er in der Übersetzung herrlich zur Geltung bringen.
Bevor der nun anstehende Rumble tatsächlich über die Bühne ging, setzte es noch diverse Interviews: Erst kam Roddy Piper zu Wort, der euphorisch nach dem IC-Titelgewinn nun auch den größten Titel der WWE ins Visier nahm. Danach wurde Shawn Michaels auf sein skandalöses Verhalten ein paar Tage zuvor angesprochen, als er Marty Jannetty nach einem Superkick durch eine Glasscheibe schmiss und so das Ende der Rockers und eine Storylineverletzung von Janetty besiegelte (vorher kam es bereits nach einer unglücklichen Aktion von Janetty gegen Michaels bei der Survivor Series 1991 zu internen Spannungen zwischen den beiden). Michaels sah das ganze von der altruistischen Seite: Dadurch, dass Janetty nach dieser Aktion gesundheitsbedingt für den Rumble ausfallen würde, hätte er ihm nur einen Gefallen getan, da er ansonsten 29 weitere Niederlagen im Rumble hätte einstecken müssen (es ist eben alles nur eine Frage der Perspektive). Eigentlich hätte in den Monaten danach eine Fehde zwischen den beiden ehemaligen Rockern folgen sollen, die ihren Höhepunkt bei Wrestlemania gehabt hätte, aber nachdem Janetty im wahren Leben allen Ernstes einen Polizisten mehr oder weniger deutlich angriff, wurde der Vertrag von Seiten der WWF aufgelöst und Janetty verließ die Liga.
Und dann gab es noch ein Interview mit Ric Flair. Dieser gab mit gedämpfter Stimme bekannt, dass er entgegen Bobby Heenans Prognose doch keine hohe Startnummer gezogen hatte, sondern schon als dritter Teilnehmer in den Rumble musste, gab aber die Parole „Ruhe ist die erste Bürgerpflicht“ aus, denn ein Mann wie er werde das Kind auch so schon irgendwie schaukeln. Das beruhigte Joe Williams indes in keiner Weise. Der führe nun auch unter wehleidigem Geheule aus, dass er 10.000 Mark (herrlich, wir befinden uns hier noch in DM-Zeiten) in den Wind geschossen hätte, aber juristische Schritte bereits gedanklich prüfte („Ich bin betrogen worden, ich werde meinen Anwalt anrufen!“).
Am Ende folgten noch ein paar kurze Promos von Randy Savage, Sid Justice, dem Britisch Bulldog, Jake Roberts, dem Undertaker und Hulk Hogan, in denen sich alle genannten Stars selber zum Favoriten ausriefen. Und wieder gilt hier: Joe Williams machte einen feinen Job, und das nicht nur bei der Imitation von Paul Bearer.
Nachdem dann Jack Tunney wieder einmal irgendeinen gequirlten Mist über die Tatsache verzapfte, dass der Rumble-Sieger auch der neue WWF-Champion werden würde, ging es endlich mit der Massenprügelei los.

5. Match

Royal Rumble Match for the vacant WWF Championship
Ric Flair gewann gegen 29 weitere Superstars -> Titelwechsel

Zuerst kam der British Bulldog unter dem Jubel der Fans an den Ring, dann ertönte die Lache des Million Dollar Man, der mit der bezaubernden Sherri an seiner Seite nachfolgte. DiBiase und Smith durften also den Rumble eröffnen und legten auch gleich flott los: Zunächst war der Million Dollar Man am Drücker und dachte nach einem Rauswurfversuch auch schon, dass er den British Bulldog eliminiert hätte. Dieser konnte sich aber festhalten und schmiss seinerseits den noch feiernden (und ihm dabei den Rücken zuwendenden) DiBiase unter großem Jubel aus dem Rumble. So war der erste Teilnehmer schon draußen bevor Nummer 3 erschien. Der ließ sich aber auch nicht lange bitten, so das Ric Flair nach einem fröhlichen „Wooo“ der britischen Bulldogge Gesellschaft leistete und ordentlich auseinandergenommen wurde, bis Nasty Boy Saggs dazustieß und Flair zu Seite sprang. Der gemeine Junge blieb allerdings auch nicht wirklich lange im Rennen, sondern wurde per Dropkick vom Bulldog eliminiert. So versuchte als Nr. 5 Haku sein Glück. Und wieder nahmen die Heels sich sich Davey Boy vor (wobei Haku einen sehr intensiven Piledriver zum Besten gab). Bevor Shawn Michaels als Nummer 6 dazukam, schmiss Davey Boy allerdings Haku gleich wieder aus dem Rumble. So waren wieder mit Flair, Smith und Michaels drei Leute im Ring – und wieder ging es flott hin und her. In der Folgezeit kamen Tito Santana, der Barbarian und der Texas Tornado hinzu und Williams erzählte eine Geschichte über einen Fahrradunfall, was will man mehr? Flair schluckte derweil den Finisher von Michaels (auch wenn der Sweet Chin Music damals noch gar nicht sein Finisher war) und Santana (El passa de muerte). Nach einem Discuss Punch von Kerry, gab es auch zum ersten Mal den berühmten Hinfaller von Flair.
Als Nr. 10 kam der Repo Man, der noch kurze Zeit vorher als Smash von Demolition bekannt war. Aber nachdem sich dieses kultige Team (in diesem Falle verweigere ich mich auch nicht des Gebrauches des eigentlich inflationär genutzten Adjektives „kultig“) im September 1991 aufgelöst hatte, musste eine neues Gimmick für Smash her. Und dieses glaubte man, ihm Repo Man gefunden zu haben. Die Hard Fans kann der Repo Man heute durchaus ein kleines Schmunzeln ins Gesicht zaubern, damals kam er indes kaum über die Undercard hinaus. Es folgten Greg Valentine und Nikolai Volkoff – und Joe Williams beschwor immer wieder verzweifelt Flairs Durchhaltequalitäten. Der Nature Boy war sich übrigens im Rumble für nichts zu schade und schonte sich keinen Augenblick: Er nahm jeden Schlag und ging auf alles und jeden los, so muss das sein. Bevor dann der Big Boss Man kam verabschiedeten sich Volkoff, kurz danach Greg Valentine und auch der Repo Man. Nach einer starken Vorstellung wurde auch Davey Boy von Flair rausgeworfen, ihm folgte auf dem Fuße Kerry von Erich. Damit waren nur noch Flair, Michaels, Santana, der Boss Mann und der Barbarian im Ring. Zeit zum Durchatmen und Neustrukturieren… So dachte ich zumindest, aber kurz bevor der Countdown für den nächsten Teilnehmer abgelaufen war, schmissen sich Santana und Michaels gegenseitig aus dem Rumble. So war der Ring deutlich leerer, als Hercules als Nr. 14 in den Rumble kam. Der verabschiedete sich aber zusammen mit dem Barbarian auch gleich wieder, so dass nur noch Flair und der Boss Man übrig waren. Unser liebster „Gesetzeshüterwrester“ gab alles, wollte den am Seil stehenden Flair mit einem Splash aus dem Lauf heraus treffen, verfehlte ihn aber – und eliminierte sich damit selbst (was fast schief gegangen wäre, da er voll auf das oberste Seil klatschte und um ein Haar wieder in den Ring zurückgefedert wäre). So war der Nature Boy zum Bergfest des Rumbles der letzte verbliebene Teilnehmer und harrte der Dinge, die noch kommen sollten. Und das tat er, indem er erst einmal voller Erschöpfung seinen Hinfaller zeigte.
Als Roddy Pipper mit der Nr. 15 in den Ring kam drehte die Halle durch. Piper gab alles, brawlte Flair geradezu nieder und setzte auch einen Augenstecher mit nachfolgenden Sleeperhold an (letzteres fand Williams eigentlich ganz gut, denn „wenn er eingeschläfert wird, kann er nicht über das oberste Seil gehen“ – logisch!). Es folgte der zum Heel geturnte Jake Roberts (der wandte sich im Sommer 1991 gegen den Ultimate Warrior, aber die für die Zeit danach eigentlich geplante Fehde mit dem Höhlenkrieger fiel nach der Entlassung des Warriors nach dem SummerSlam 1991 aus, so dass stattdessen ein Programm gegen den Macho Man gestartet wurde), der sich das ganze erst einmal taktisch zurückhaltend ansah, um sich dann Piper vorzunehmen. Den DDT gegen Flair unterband Piper allerdings (wieso eigentlich?). So prügelten alle wechselseitig aufeinander ein, bis Jim Duggan unter großem Hallo als Nr. 17 dazukam und munter mitprügelte (das war ja genau sein Ding) und dem seinerseits IRS und Jimmy Snuka nachfolgten. Im Ring prügelten sich insbesondere Flair und Piper gegenseitig mürbe (was da an Chops gezeigt wurde, war schon unglaublich). Vom ganzen Trubel unbeeindruckt kam in sich ruhend als nächster Teilnehmer der Undertaker an den Ring und schmiss als erste Amtshandlung Jimmy Snuka aus dem Rumble. Es folgte der „Macho Man“ Randy Savage, der sofort seinen aktuellen Fehdengegner Jake Roberts suchte. Der hatte sich aber aus taktischen Gründen hinter dem Ring versteckt, so dass Savage ihn zunächst umsonst suchte und daher von anderen Wrestlern angegriffen wurde. Aber kurze Zeit später fand Savage den Schlangenmann dann doch noch, schmiss ihn raus und prügelte auch nach der Eliminierung außerhalb des Rings weiter auf ihn ein, bis er vom Undertaker zurück ins Geschehen im Ring gezogen wurde.
Als nächstes kam der Berzerker (ein Midcarder, der sich fim Ring als geistesgestörter Normanne ausgab) im feschen Vikinger-Outfit, der irgendein Kauderwelsch faselnd an den Ring kam (was Wiliams und Fesseler und Williams zu Übersetzungsversuchen animierte „Ich glaube, dass heißt Hass in Vikingersprache“ – herrlich). Als nächstes kamen dann Virgil, Col. Mustafa und Rick Martel dazu. Und als Nr. 26 erschien dann der Hulkster höchstselbst im Rumble – und wie gehabt räumte er auf. Undertaker raus, Berzerker raus – alle durch Hogans Hand. Duggan und Virgel machten das entspannter und schmissen sich lieber gegenseitig aus dem Rumble, Freunde im Geiste und in der Tat eben. Dass Skinner (ein Aligatorenbändiger, der aber den Undercardfluch in der WWF nie bändigen konnte) dann in den Rumble kam, ging fast unter (er flog allerdings auch schnell wieder raus, so dass sein Auftritt nun auch nicht wirklich der Rede wert war). Anders war da der Auftritt des zum Face geturnten Sergeant Slaughter (nachdem der Irak nicht mehr als Feindbild herhalten konnte, durfte Slaughter wieder die USA liebhaben), der unter großem Jubel der Fans ins Getümmel marschierte. Auch Sid Justice als Nummer 29 bekam große Pops. Und als letzter kam der Warlord in die Schlacht – und dann ging das Finale los. Zuerst schmiss Justice den guten Slaughter in hohem Bogen aus dem Rumble (das sah schon imposant aus, auf welche Weise sich der alternde Soldat da eliminieren ließ). Und auch in der Folgezeit schied einer nach dem anderen aus: Zuerst der Warlord, dann Martel und auch Roddy Piper, der damit nicht beide Titel an einem Abend gewann. Die Final Four waren also Savage, Justice, Hogan und Flair! Was für ein Treffen der Giganten! Als erster der Stars musste Savage durch die Hand von Justice gehen, so dass nun Flair gegen zwei Faces stand. Der Nature Boy stürmte daraufhin heldenhaft gegen Hogan an, der aber Flairs Chops wie üblich nicht sellte, sich dafür seinerseits daran machte, Flair aus dem Rumble zu werfen. Dies nutzte Sid Justice und schmiss die Lichtgestalt des Wrestlings, den Huljster, trocken und humorlos aus dem Rennen (übrigens vollkommen regelkonform). Was für ein Upset (oder doch nicht?). Hogan – der vorher noch sein übliches „Every-man-for-himself“-Gewäsch verzapfte und im Übrigen völlig clean (und auch unter dem Jubel nicht weniger Fans) eliminiert wurde – ließ sich so etwas natürlich nicht gefallen und zog Justice von außen am Arm. Flair nutzte die Gunst der Stunde, schmiss Justice raus und war somit Rumble-Sieger 1992 und neuer WWF-Champion! Wie Joe Williams die letzten Sekunden kommentierte solltet ihr euch am besten selber anhören, es lohnt sich – gerade wenn man heute angepasste Schnarchnasen wie Schäfer und Thiele gewohnt ist!

Es sind abschließend allerdings noch zwei Fakten zu nennen. Zum einen gebührte das Endsegment im Ring nicht dem neuen Champion Ric Fair (wie es eigentlich verdient gewesen wäre), sondern dem Zwist zwischen Hogan und Justice (Aufbau gut und schön, aber doch nicht nach so einem epischen Auftritt von Flair!). Und zum zweiten: Hogan bekam nach dem Match kaum Pops aus dem Pubikum! Die Halle stand mehrheitlich auf der Seite von Justice und quittierte Hogans lupenreine Heelaktion endlich mit der ihr gebührenden Reaktion (nämlich mit Buhrufen). Hulkamania und Hogan selber hatten sich nicht nur überlebt, sondern das Publikum begann tatsächlich gegen ihn zu turnen, das war hier zum ersten Male wirklich deutlich zu spüren. Und als kleine, diesen Eindruck verstärkende Randnotiz sei noch etwas anderes hinzugefügt: Bei Hogans Eliminierung durch Justice war ein unglaublicher Jubel in der Halle, der erst im Nachhinein auf der Home-Video-Edition und in den Segmenten fürs TV überarbeitet wurde (so wurde mir auch klar, warum auf meiner VHS-Version – oldschool rules – kaum eine Reaktion der Crowd vernehmbar war). Auch Monsoons On-Air-Kommentare wurden nachträglich bearbeitet (er hatte das Verhalten von Justice live – völlig zurecht – als „fair“ bezeichnet; auf der neu geschnittenen Version klagte er Justice als unfairen Sportsmann an). Hier ging die von der WWF inszenierte Storlyine also mal völlig nach hinten los: Hogan sollte von einem sich hinterrücks anschleichenden Justice als Opfer dargestellt und eliminiert werden, wurde aber am Ende von der Crowd endlich als das wahrgenommen, was er eigentlich auch schon vorher immer wieder war: Als ein Face, der im Grunde oftmals wie ein klassischer Heel agierte. Hier wurde also zum ersten Mal deutlich, dass Hogan seine Unterstützung nicht mehr von den Fans bekam, sondern dass die WWF Fanreakionen manipulieren musste, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen.
Flair war das alles recht egal: Am Ende der Show bekam der Nature Boy in einem Backstage-Segment den Titel überreicht und hielt noch eine Promo, die sich gewaschen hatte. So klang der Rumble mit einem sich als neuen und wahren World Champion feiernden Ric Flair entspannt aus, so dass man immerhin sagen kann, dass wenigstens hier Flair das letzte Wort haben durfte!

Fazit:
Der Royal Rumble 1992 ist (wie nun bereits mehrfach betont wurde) nicht zuletzt aufgrund der Leistung von Ric Flair, der Kommentierung von Joe Williams und dem Hogan bloßstellenden Endsegment einer meiner absoluten Lieblingsrumbles aller Zeiten (wohl sogar mein liebster). Die dem Royal-Rumble-Match vorangegangenen Kämpfe waren (bis auf den Opener) zwar allesamt entweder eher mau oder sogar schwach, aber der Rumble selbst war einfach bärenstark. Die Stardichte war hoch, der Aufbau und die Umsetzung des Matches selber waren (bis auf klitzekleine Fehler im Detail) vom Feinsten – und aus allem stach ein Ric Flair heraus, der eine großartige Vorstellung bot und in Sachen Charisma, Selling und in Bezug auf eigene Aktionen einfach nur BOMBE war. Die ganz großen und spektakulären Spots setzte er auch dieses Mal nicht, aber das brauchte er auch gar nicht. Er war da, ging in jede Aktion mit voller Leidenschaft, nahm jeden Schlag und zeigte das Herzblut im Ring, das ihn immer ausgezeichnet hat. So ganz nebenbei stellte er mit 60 Minuten im Rumble auch noch einen neuen Rekord auf – und das, obwohl der Mann damals kurz vor seinem 43. Geburtstag stand. Das sind Fakten, die sich nicht wegdiskutieren lassen und die den Rumble 1992 als „Ric-Flair-Show“ eigentlich zu einem Must-see-Event machen. Und wenn ihr irgendwie könnt, dann versucht dabei die Version zu ergattern, in der Fesseler und Williams kommentieren – es lohnt sich!!!
 
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Nach dem Special um AJ Styles folgt hier mit diesem Flashback gleich das zweite Highlight des Tages. Wie immer ist es sehr gut geschrieben. Leider habe ich diesen Rumble nie mit diesen deutschen Kommentatoren gehört. Der Wetteinsatz von Williams klingt sehr interessant und ich schätze mal, dass er am Ende durchgedreht ist nach dem Sieg von Flair. ;)
 
damals hat es funktioniert, dass Jimmy Hart mehrere Schützlige hatte. Aktuell gibt es nur Heyman und Lesnar. Warum kann er nicht auch mehrere Leute haben? Versteh ich nich...
 
Nach dem Special um AJ Styles folgt hier mit diesem Flashback gleich das zweite Highlight des Tages. Wie immer ist es sehr gut geschrieben. Leider habe ich diesen Rumble nie mit diesen deutschen Kommentatoren gehört. Der Wetteinsatz von Williams klingt sehr interessant und ich schätze mal, dass er am Ende durchgedreht ist nach dem Sieg von Flair. ;)
Ist er, muss man erlebt haben. ;)
 
Ich habe mich beim lesen der ersten Zeilen gefragt, was meint er wohl damit, das die Kommentatoren erste Sahne sind. Als du dann aber die Wette angesprochen hast, ist es mir sofort wieder eingefallen und ich hatte die Stimmen quasi im Ohr! Es ist zwa schon mindestens ein Jahrzeht her, das ich den Rumble gesehen habe, aber du hast vollkommen recht, dieser bleibt einmalig und das lag auch an den deutschen Kommentatoren. Danke für den Flashback!
 
Ich habe mich beim lesen der ersten Zeilen gefragt, was meint er wohl damit, das die Kommentatoren erste Sahne sind. Als du dann aber die Wette angesprochen hast, ist es mir sofort wieder eingefallen und ich hatte die Stimmen quasi im Ohr! Es ist zwa schon mindestens ein Jahrzeht her, das ich den Rumble gesehen habe, aber du hast vollkommen recht, dieser bleibt einmalig und das lag auch an den deutschen Kommentatoren. Danke für den Flashback!
Ja, Williams war großartig. Ich weiß gar nicht, ob man das Ding noch irgendwo finden kann. Ich habe die Original VHs Kassette. ;)
 
Ja, Williams war großartig. Ich weiß gar nicht, ob man das Ding noch irgendwo finden kann. Ich habe die Original VHs Kassette. ;)

Ich glaube nicht, wenn dann Ebay etc. Die meisten sind ja überarbeitet, ohne WWF Logo teilweise. Du hast es natürlich gut. Ich denke, da wird irgendwann mal eine Einladung folgen müssen mit Käffchen und Keksen! XD
 
Ich glaube nicht, wenn dann Ebay etc. Die meisten sind ja überarbeitet, ohne WWF Logo teilweise. Du hast es natürlich gut. Ich denke, da wird irgendwann mal eine Einladung folgen müssen mit Käffchen und Keksen! XD

Ich werde daran denken und dich dann mal einladen. Wird bestimmt lustig. :)
 
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