Kurz gemosert... #151

Status
Für weitere Antworten geschlossen.

Marvel

Undercard
„Kurz gemosert…“ beschreibt die Welt des Mainstream-Wrestling mit den Augen eines meckernden „Smart Marks“. In unregelmäßigen Abständen spricht Manuel Moser in der wohl umstrittensten Wrestling-Kolumne aller Zeiten Dinge und Tatsachen an, welche sich manch einer vielleicht nicht traut auszusprechen oder die es aus den Tiefen der „Smart Mark“-Fangemeinde nicht an die Öffentlichkeit schaffen. Harte Worte und eventuelle Spoiler inbegriffen.

Ich bin der Oberhund und das ist mein Garten!
Es gibt wohl kaum etwas das die Wrestling-Welt mehr spaltet als der „Top Dog“. Das handverlesene Aushängeschild des Unternehmens.
Aber warum wird jemand zum „Top Draw“ und wo kann man sich dafür bewerben?
Da ich bekanntlich einer der am besten vernetzten Experten im weltweiten Wrestling-Business bin, habe ich natürlich auch Zugriff auf die ein oder anderen internen Papiere der Wrestling-Unternehmen. Gerade bei WWE, wo hauptsächlich ehemalige Parkbank-Kunden, gescheiterte Schauspieler und spiel- sowie trinksüchtige Menschen im HR-Bereich tätig sind, fallen auch die Informationen wie faule Äpfel vom Baum.
Nur um mal aufzuzeigen, wie so eine interne Stellenausschreibung für einen zukünftigen „Top Dog“ aussieht, habe ich ein mir vorliegendes Dokument exklusiv mal für euch übersetzt und zusammengefasst.
——————–
„Top Dog” aka „Top Draw” aka „Top Face” of the Company

Stellenbeschreibung:
Als „Face of the Company“ werden Sie Eventhallen aller Größen ausverkaufen und den größten Fanartikel-Absatz aller Mitarbeiter verzeichnen.
Im Ring worken Sie Kämpfe und Interviews nach streng vorgegebenem Skript in Zusammenarbeit mit vom Unternehmen ausgewählten Gegenspielern und genießen obendrein einen ausnahmslosen Schutz vor negativer Publicity, sowie vor Verletzungen während der Arbeitszeit.
Außerhalb der In-Ring-Arbeit werden Sie in zahlreichen medialen Auftritten die Policy des Unternehmens vertreten und die Öffentlichkeitsarbeit von World Wrestling Entertainment tragen.
Von medizinischen Vorsorgeuntersuchungen werden Sie für die Dauer Ihres Runs als „Face oft he Company“ befreit.

Qualifikationen:
• Beherrschung von drei Wrestling Moves (fehlerfreie Ausführung nicht vorausgesetzt)
• Starke Nackenmuskulatur für Ja-Sager-Bewegungen und gebücktem Gang bzw. knienden Tätigkeiten unter ergonomisch suboptimalem Büroequipment
• Muskulöser Körperbau und die Fähigkeit die vorhandene Fitness bzw. den vorhandenen Look auch während des Runs aufrechtzuerhalten (Beratung durch medizinische Abteilung möglich)
• Amerikanische Staatsbürgerschaft, sowie einen amtlich beglaubigten Nachweis über amerikanische Vorfahren von mindestens zwei Generationen
• Alternativ genügt eine Verwandtschaft (akzeptabel sind auch Verwandtschaftsverhältnisse durch Blutsbrüderschaften) zur Anoa‘i-Familie
• Sehr gute WWE-Sprachkenntnisse
• Football- oder Bodybuilding-Karriere von Vorteil
• Weiche Lippen
• Dehnbares Rektum
• Belastbarkeit
• Flexibilität
• Charisma

Für Iron Man Matches werden keine Überstunden bezahlt. Leitern, Tische, Stühle und ähnliches Equipment dürfen nach Ende der Arbeitszeit nicht mit nach Hause genommen werden.
Eventuelle Affäre mit Tamara Lynn Sytch möglich.
_
WWE is an Equal Opportunity Affirmative Action employer and is subject to federal regulations pertaining to employment. WWE does not unlawfully discriminate on the basis of race, color, religion, sex, sexual orientation, gender identity or expression, national origin, age, disability, marital status, veteran status, or any other basis prohibited under federal, state or local laws governing non-discrimination in employment in every location in which the Company has facilities. WWE also provides reasonable accommodation for qualified individuals with disabilities in accordance with the Americans with Disabilities Act (ADA) and any other state or local laws. For information about Privacy and Information Security for WWE employment candidates, please review our Candidate Privacy Policy. For information regarding Terms and Conditions for this and other WWE websites, please review our Terms and Conditions of Use.
——————–
Interessant oder?
Die Ausschreibung ist datiert auf den 01.01.2013 und es handelt sich, um die Nachfolge von John Cena, bekanntlich der aktuelle Rimming-Champion in den oberen Etagen des WWE-Headquarters.
Hier wird deutlich wie schwierig sich der Auswahlprozess für solch eine wichtige Stelle in einem börsennotierten Unternehmen gestaltet.
Seit über vier Jahren versucht man in Stamford nun also schon, den Posten der Nummer Eins neu zu vergeben. Es gab schon einige vielversprechende Kandidaten, welche allerdings entweder den Medizin-Check nicht bestanden, im Bewerbungsgespräch zugebissen oder einfach die falsche Zahnpasta verwendet bzw. das falsche Müsli gegessen haben.
Auch beim Thema Flexibilität haben sich nicht alle als Kooperativ erwiesen.
Die WWE-Personalabteilung legt großen Wert darauf, dass der Bewerber bereit ist, sich und seine Persönlichkeit so zu verändern, dass er ins Gefüge des Unternehmens passt. Dazu gehört auch eine komplette Änderung der (falls vorhanden) Identität vor der WWE-Zeit. Hierbei werden sowohl der Name als auch das komplette In-Ring-Paket neu zusammengestellt.
Um bei der Namensgebung auch flexibel und kreativ sein zu können, arbeiten bei WWE dutzende Studenten in drei Schichten und entwickeln eine Datenbank mit verfügbaren WWE-Namen.
Dabei gibt es drei Varianten.
1. Zufällige Auswahl von jeweils zehn Vor- und Nachnamen aus einem Telefonbuch. Einmal im Monat gibt es bei dieser Methode ein Gastland. Das bedeutet, dass zum Beispiel den ganzen Tag ausschließlich ein deutsches Telefonbuch genutzt wird. Dazu gibt es dann in der Mittagspause Delikatessen aus diesem Gastland. Ein MS-Excel-Zufallsgenerator wählt dann so klangvolle Kombinationen aus wie „Braden Walker“, „Antonio Cesaro“ oder „Dwayne Gill“.
2. Aus dem Royal-Rumble-Lostopf wird eine Zahl zwischen Fünf und Fünfzehn gezogen. Diese Anzahl an Studenten wird dann in einen Raum gesetzt. Der Reihe nach darf dann jeder von Ihnen seinen Lieblingsbuchstaben laut ausrufen. Die Buchstabenkombination ergibt dann einen Namen. Irwin R. Schyster, Thurman Plugg, Saba Simba, Nailz oder Hornswoggle haben hier ihren Ursprung.
3. Am Ende jeder World-Wrestling-Entertainment-Weihnachtsfeier gibt es einen Auftritt von Vince McMahon. Hier lässt der Chairman seine humoristische Seite aufblitzen. Meistens gibt es Witze über Frauen, Schwule, Ausländer und andere Behinderte.
Zum Abschluss seiner Rede darf dann jeder der noch halbwegs sprechen kann irgendein für ihn ausländisch klingendes Wort rufen. „UMAGA!“ oder „SHANGO!“ sind hieraus entsprungen, aber auch „TENSAI!“ und „KAMALA!“ konnte man dort abstauben.
Beim Moveset sieht das ähnlich aus. In der Abteilung „Creative In-Ring Design“ arbeiten hauptsächlich Schülerpraktikanten im Alter von Sechs bis Dreizehn. Diese Schüler lässt man den ganzen Tag in alten und neuen WWE-Konsolenspielen im „Create a Superstar“-Modus Charaktere erstellen. Der Haken: Jede digitale Figur darf nur drei Signature Moves haben. Inklusive mindestens einem Finishing Move. Die beste Move-Kombination wird dann durch einen „Roll-Up“ und drei weiteren Standard-Moves ergänzt und weitergegeben an die Abteilung „Creative Character Design“. Dort kombiniert man dann Bewerber, Name und Moveset. Das fertige Paket wird dem Vorstand in einem Jour fixe vorgestellt.
Hier fällt dann die Entscheidung, ob man dem Paket eine Chance gibt oder ob jeder der an diesem Paket mitgearbeitet hat entlassen wird.
Manchmal findet solch ein Charakter aber auch tatsächlich den Weg in die Shows. Heutzutage wird der Rohdiamant dann einige Monate oder gar Jahre bei NXT geschliffen, und wenn er über einen ordentlichen Zeitraum gut beim Publikum ankommt, darf er sich nach einem Run als NXT-Champion im Main Roster behaupten.
Hier trennt sich dann sprichwörtlich „Die Spreu vom Weizen“. Die Belastung für Hals und Darm wird größer, der Schleimfaktor nimmt zu und das Mobbing vor und hinter den Kameras steigert sich ins Unermessliche. Nur wer damit zurechtkommt, kann sich mehr als eine Woche bei Smackdown oder RAW halten.
Kommt jemand auf die Idee, sich kreativ in Bezug auf sein eigenes Booking einzubringen, wird das oftmals als Unzufriedenheit gedeutet und man findet sich schnell im „Dog House“ wieder.
Sowieso ist Unzufriedenheit ein wahrer Karriere-Killer bei WWE.
Der Unterschied vom „Dog House“ zum „Dog Yard“ ist übrigens, dass man im „Dog House“ mit dicken Grapefruits, aber angekettet dumm aus der Wäsche guckt, während gegenüber im „Dog Yard“ alle Kastraten lustig durch die Gegend hüpfen und sich gegenseitig am Arschloch riechen.
Als „Face of the Company“ darf man, wie man der Stellenbeschreibung entnehmen kann, kein Ausländer sein. Ausnahmen bestätigen die Regel. Laut WWE Corporate View sind Amerikaner die Herrenrasse und von Geburt aus stärker als der Rest der Welt.
Auf einer Stufe mit Jesus Christus sind sie die einzigen, die sich für alle anderen opfern und wieder auferstehen können, um das Böse schlussendlich in seine Schranken zu verweisen. Gekrönt wird das Ganze dann immer mit der wichtigsten Championship der WWE. Also dem, der gerade aktuell bei RAW ausgefochten wird.
Fair ist was anderes, aber so ist es nun mal und die Geschichte gibt WWE hier auch Recht. Oder wie hat ein großer Feldherr mal gesagt:
„Krieg ist, wenn zwei Nationen einen Stellvertreter-Krieg führen, um Bodenschätze unter sich aufteilen zu können und am Ende gewinnt immer die USA!“
Ich möchte euch nun bitten mir eure Bewerbung zu schicken, wenn ihr Interesse an einem WWE-Job habt. Ich werde sie dann nach sorgfältiger Prüfung direkt in den Mülleimer werfen.
„When it comes crashing down and my time is now!“ Oder so ähnlich…

Für Kritiken jeglicher Art stehe ich gerne im Forum von Wrestling-Infos.de, unter kurzgemosert@gmail.com oder auf Twitter zur Verfügung.
 
Status
Für weitere Antworten geschlossen.
Oben