Konzert/Release des Monats

SammyJankis

Upper Card
Musik und das Besuchen von Konzerten steht als Hobby für mich noch ein ganzes Stück über MMA und Wrestling. Ich versuche, was neue Alben/EP/Demo Releases angeht, immer am Ball zu bleiben und auch, sofern es mein Beruf zulässt, möglichst viele Konzerte zu besuchen. Größe und Bekanntheitsgrad der Acts variieren dabei stark.

Hier werde ich meinen vergangenen Musikmonat noch einmal resümieren und auf das beste Release und das beste besuchte Konzert näher eingehen, also maximal zwei Beiträge pro Monat. Ich weiß, dass AWESOME eine ähnliche Kolumne hat, die ich auch gerne lese, aber ich möchte ungerne crossposten. Es kann gut sein, dass viele der beschriebenen Acts unter dem Radar der meisten User fliegen, aber vielleicht entdeckt ja der ein oder andere einen neuen Act für sich.
 
Konzert des Monats - Mai 2019:


Act: Yndi Halda
Datum: 09.05
Ort: Oberhausen
Location: Druckluft
Genre: Post-Rock

Yndi Halda kommen aus Canterbury, England und haben in der Post-Rock Szene so etwas wie Kultstatus. Dieser basiert vor allem auf der Tatsache, dass die Band nach dem ersten Release "Enjoy Eternal Bliss" im Jahr 2005 von der Bildfläche verschwunden ist und es ganze elf Jahre gedauert hat, bis 2016 das Album "Under Summer" nachgelegt wurde. Der Spruch "Willst du gelten, mach dich selten" findet also auch durchaus im Musikbereich seine Verwendung. Analog zu den wenigen Veröffentlichungen gab es natürlich auch nicht allzu viele Gelegenheiten, die Band live zu sehen. Die einzige Möglichkeit bis zu diesem Jahr für mich, eine Show der Band zu besuchen, war im Jahr 2016, da die Band dort das dunk! Festival (eine Art Rock am Ring des Post-Rocks) in Belgien spielte. Allerdings habe ich mich zu diesem Zeitpunkt lieber in Leeds rumgetrieben, da die One-Time-Reunion von Dirty Money wichtiger war. Dementsprechend war die Show im Druckluft meine erste Liveerfahrung mit Yndi Halda.

Das Druckluft ist ein Kulturzentrum und fußläufig vom Oberhausener Hauptbahnhof erreichbar. Konzerte finden hier eigentlich jede Woche statt. Mit gefällt nicht alles, aber ab und an schleichen sich echte Highlights ins Programm. Die Eintrittspreise sind human und auch die Getränkepreise in Ordnung. Das einzige Problem der Location ist die oft niedrige Besucherzahl bei einer Kapazität von geschätzen 300 Leuten. Ich habe dort zig Konzerte gesehen, aber ausverkaufte Shows habe ich nur zweimal erlebt, bei Zugezogen Maskulin und Amenra. Auch dieses Mal ist die Show alles andere als gut besucht mit geschätzten 50-60 Besuchern. Da hätte ich deutlich mehr erwartet. Support sind Staghorn aus den Staaten, die einen ordentlichen Job machen.

Yndi Halda starten gegen 21:30 Uhr mit ihrem Set und spielen eine knappe Stunde. Sicherlich gibt es viele Bands, die länger spielen, aber bei wenigen Veröffentlingen kann ich das verschmerzen. Zumal das Konzert unter der Woche ist und ich so trotzdem relativ früh wieder zu Hause bin. Also alles cool. Die Band ist, wie bereits erwähnt, ein Vertreter des Post-Rocks. Dabei handelt es sich um ein Genre, welches überwiegend auf instrumentelle Musik setzt. Gesang findet so gut wie gar keinen Platz oder wenn, dann gerne in stark verzerrter Form. Die Songdauer ist länger als die eines Durchschnitsrocksongs und knackt auch ab und an die zehn Minuten. Yndi Halda machen da keine Ausnahme. Es gibt keinen Song der Band, der kürzer ist als zehn Minuten. Dementsprechend besteht das Konzert aus insgesamt vier Songs, drei von "Under Summer" und einer von "Enjoy Eternal Bliss". Die Band setzt dabei auf langsame Aufbauten. Man muss es sich so vorstellen, dass jeder Song gewissere Steigerungen und Variationen beinhaltet, sowohl was Tempo als auch Lautstärke angeht. Die Band nimmt sich Zeit, die Songs live zu entwickeln und es gibt als Besucher immer etwas zu entdecken. Dabei baut die Band eine Soundwand auf, die einen förmlich erdrückt. Yndi Halda kommen zwar nicht an die ganz großen Bands des Genres wie Mogwai heran, aber es ist trotzdem beeindruckend und sie müssen sich auf keinen Fall verstecken. Darüber hinaus setzt die Band nicht auf die übliche Instrumentbesetzung, da ein Mitglied eine Violine spielt. Diese fügt sich auf eine wunderschöne Art und Weise ins Gesamtgefüge ein und sorgt dafür, dass sich die Yndi Halda von der Masse an Post-Rock Bands absetzen können. Entgegen meiner oben beschriebenen, kurzen Definition des Genres wird hier auch Gesang eingesetzt. Allerdings wohl dosiert, sodass nicht vom Hauptbestandteil der Show, den Entwicklungen der einzelnen Songs bis hin zu bombastischen Ausbrüchen, abgelenkt wird. Zwischen den Songs merkt man allerdings deutlich, dass die Band nicht allzu viel tourt. Die Instrumente müssen öfter als üblich nachgestimmt werden, was die ein oder andere Minute in Kauf nimmt. Diese Zeit überbrückt der Frotmann, wobei es im Post-Rock Bereich schwierig ist von einem Frontmann zu sprechen, mit der Beantwortung einiger Fragen aus dem Publikum. Auf die Frage, wie lange es bis zum nächsten Release dauern wird, erhalten die Besucher das Versprechen, dass es keine weiteren elf Jahre werden. Hier zeigt sich die Band zusätzlich von ihrer sympatischen Seite. Ich hab den Preis für die Show nicht mehr ganz genau im Kopf. Es müssten um die 15 Euro gewesen sein. Trotz der bereits erwähnten Spielzeit hat sich der Abend auf ganzer Linie gelohnt und bei der nächsten Tour in nicht absehbarer Zeit werde ich sicherlich wieder versuchen, eine Show zu besuchen.


Weitere erwähnenswerte Konzerte in chronologischer Reihenfolge:

Judiciary, 22.05, Don't Panic, Essen, Genre: Hardcore Punk
Osorezan, 30.05, dunk! Festival, Zottegem, Belgien, Genre: Post-Rock
This Patch of Sky, 30.05, dunk! Festival, Zottegem, Belgien, Genre: Post-Rock
Ufomammut, 30.05, dunk! Festival, Zottegem, Belgien, Genre: Stoner, Doom
Wang Wen, 31.05, dunk! Festival, Zottegem, Belgien, Genre: Post-Rock
Kokomo, 31.05, dunk! Festival, Zottegem, Belgien, Genre: Post-Rock
Efrim Manuel Menuck, 31.05, dunk! Festival, Zottegem, Belgien, Genre: Post-Rock, Drone, Ambient
 
Zuletzt bearbeitet:
Ein wirklich wunderbar geschriebener Konzertbericht und ich wurde durchaus angeregt, mir doch mal ein Werk dieser mir völlig unbekannten Kapelle anzuhören. Vielen Dank und bitte mehr davon :)
 
Ich habe mir jetzt das erste Album von Yndi Halda angehört und dabei ein bisschen Papierkram erledigt, den ich sonst noch vor mir hingeschoben hätte. Die schöne Musik bereitete mir gute Laune und das Abarbeiten machte dabei sogar richtig Spaß :)
 
Release des Monats - Mai 2019:


Act: Lowest Creature
Titel: Sacrilegious Pain
Datum: 10.05.2019
Label: Isolation Records (CD, Vinyl)
Genre: Hardcore Punk, Thrash Metal
FFO: Power Trip, Municipal Waste, Hollow Truth, Jay & Silent Bob

Lowest Creature kommen aus Örebro, einer Stadt in Schweden, knapp 200 km westlich von Stockholm. Die Band ist im Bereich des Hardcore Punks anzusiedeln, wobei der Sound diverse Elemente des Thrash Metals enthält. Dieser Sound ist in den letzten Jahren schwer im Trend. Ich habe ab und an das Gefühl, dass viele Bands aus dem Hardcore Bereich eigentlich lieber Metal machen möchten und das Resultat ist ein Mix aus beiden Genres. Kleiner Vorteil: Man spricht zwei unterschiedliche Subkulturen an. Die bekannteste Band aus diesem Bereich sind sicherlich Power Trip, die es mittlerweile auf die großen Festivalbühnen Deutschlands und Europas geschafft haben und Touren als Support von Trivium und Napalm Death aufweisen können. Wer diese Band nicht kennt, unbedingt auschecken! Kleiner Tipp am Rande. Lowest Creature sind noch nicht ganz so weit, haben aber in der Szene mit diversen EPs und Touren einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Mit "Sacrilegious Pain" folgt nun das erste Album über Isolation Records und die Band macht genau dort weiter, wo sie aufgehört hat. Der erste Track startet nach einem etwas düster anmutenden, aber passenden Intro und lässt direkt Hardcore und Metalherzen höher schlagen. Wer auf Thrash steht wird mit das Riffing von der ersten Sekunde an abfeiern. Das Tempo wird durchgehend hochgehalten und wer hier nicht das Bedürfnis hat, zumindest mit dem Kopf zu nicken, ist gänzlich fehl am Platz. Soli dürfen bei diesem Sound natürlich auch nicht fehlen und so dauert es keine drei Minuten, bis einem das erste um die Ohren geschmettert wird. Natürlich kommt auch der Hardcore Punk nicht zu kurz und an der ein oder anderen Stelle kann man sich ausmalen, dass die Songs auch live im Pit zünden werden. Alles klingt dabei etwas ausgefeilter und grooviger als dies bei der Standard Hardcore Truppe der Fall ist. Die zehn Tracks haben sind dabei mit bis zu fünf Minuten Spielzeit auch alles andere als schnell abgehandelt. Es gibt durchaus beim mehrmaligen Hören noch Dinge zu entdecken. Sehr schön finde ich auch den Ausreißer "Blodest Meridian", ein Instrumental Track mit merklich gedrosseltem Tempo. Die Band zeigt sich hier variabel und von einer anderen Seite. Highlight der Platte ist für mich allerdings das nachfolgende "Suffer in Peace", wobei die Platte alles in Allem keinen negativen Ausreißer beinhaltet. Lowest Creature können das hohe Niveau der EPs weiter aufrecht erhalten und ich freue mich schon darauf, die Songs live zu hören. Leider konnte ich die Release Tour als Support von Leeway nicht mitnehmen. Hier besteht von meiner Seite aus definitiv Nachholbedarf.


Weitere erwähnenswerte Veröffentlichungen:

Avow - Demo 2019, Genre: Hardcore Punk, Metalcore
Efrim Manuel Menuck, Kevin Doria - SING, SINCK, SING; Genre: Post-Rock, Ambient, Drone
Fury - Failed Entertainment, Genre: Hardcore Punk
Hands of God - Blueprint of Self Destruction, Genre: Hardcore Punk
Lost in the Riots - Bonds, Genre: Post-Rock, Math Rock
Sunn O))) - Life Metal, Genre: Drone Doom
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielen Dank für die Review. Ich habe mir Sacrilegious Pain halb angehört, irgendwann hat es aber einfach genug gescheppert. Klang nicht schlecht, passte nur gerade nicht so zu meiner fröhlichen Grundstimmung. Lustiger fand ich es durch Life Metal durchzuklicken. Was machen die Leute, während sie sich so ein Konzert anhören?
 
Lustiger fand ich es durch Life Metal durchzuklicken. Was machen die Leute, während sie sich so ein Konzert anhören?
Sie machen nichts. Ich habe Sunn O))) noch nie gesehen, was sich hoffentlich dieses Jahr ändern wird, aber war schon bei vergleichbaren Acts. Im Drone ist es auch nicht unüblich, dass Sets nur aus einem 60 minütigen Stück bestehen.
 
Konzert des Monats - Juni 2019:


Act: Tool
Datum: 18.06
Ort: Amsterdam, Niederlande
Location: Ziggo Dome
Genre: Progressive Metal, Progressive Rock, Alternative Metal

Vorab muss ich sagen, dass der Juni der beste Konzertmonat seit langer Zeit für mich war. Es gab sicherlich fünf Shows, die besser waren als die Show, die ich im Mai in dieser Kolumne behandelt habe. Dementsprechend schwer war es, eine Show auszuwählen. Vor allem die Release Show von Spirit Crusher letzten Samstag in Mannheim war absolut großartig und sicherlich die beste Show einer deutschen Band, die ich in den letzten zwei Jahren gesehen habe. Trotzdem ist die Wahl schlussendlich auf die Band gefallen, von der ich es zu Beginn des Monats erwartet habe.

Ich hoffe, dass Tool den meisten Leuten hier einen Begriff sind. Spätestens seit der Buchung als Headliner für Rock am Ring und Rock im Park in diesem Jahr sollte jeder, der sich zumindest ein Bisschen mit Musik beschäftigt, den Namen zumindest einmal gelesen haben. Die Band kommt aus Los Angeles und ist im modernen Progressive Bereich wohl der mit Abstand größte Act. Leider haben sie sich in den letzten Jahren ziemlich rar gemacht. Tool waren zuletzt 2007 in Europa. Seitdem gab es nur Shows in Nordamerika und Australien und das letzte Album "10.000 Days" ist aus dem Jahr 2006. Eine harte Zeit für Fans aus Europa, zu denen ich mich auch zähle. Ich glaube, dass jede Person, die regelmäßig Konzerte besucht, eine Art imaginäre Liste der Bands besitzt, die er/sie noch live erleben möchte. Auf meiner Liste stehen Tool seit Jahren auf Platz Nr. 1, wobei dieses Jahr eine Band ihre Reunion verkündet hat, die vielleicht durch den Reunionbonus sogar noch höher in meiner Gunst steht, aber danach kommt erst einmal lange nichts.

Ich habe über die Jahre angefangen, die immer wieder aufkommenden Gerüchte über anstehende Europa Touren oder ein neues Album zu ignorieren. So beugt man Enttäuschungen vor. Trotzdem habe ich mich natürlich bei der Veröffentlichung der Europa Shows gefreut, als wäre ich wieder 16 Jahre alt und nicht ein alter Mann, der alles schon gesehen hat und findet, dass sowieso früher alles besser war. Das gleichzeitig angekündigte Album lässt mich dagegen eher kalt, da ich immer skeptisch bin, wenn Bands nach einer so langen Zeit ein neues Album veröffentlichen, welches dann im Endeffekt oft an den Erwartungen der Fans scheitert. Aber zurück zu den Shows: Es ging nicht um die Frage, ob, sondern wie viel Shows besucht werden. Am Ende sind es Amsterdam und die Show auf dem Rock Werchter geworden. Der Termin in Berlin passte mit leider zeitlich nicht. Beide von mir besuchten Shows waren ganz groß, aber ich entscheide mich an dieser Stelle für einen Bericht über die Amsterdam Show, wohl auch durch den Bonus, da es für mich die erste Show der Band war.

Amsterdam war an einem Dienstag, ungünstig, aber manchmal muss man es eben durchziehen. Es war im Vorfeld schwierig einzuschätzen, wie stark der Andrang sein würde. Es war enorm. Ein Kollege und ich mussten insgesamt sechs Karten bestellen und es war nicht möglich, zusammenhänge Karten zu bestellen, sodass wir irgendwann dazu übergegangen sind, einzelne Tickets zu bestellen. Nicht so schön, aber ganz ehrlich: Meine Kollegen kann ich immer sehen, Tool nicht.

Am Tag der Show wollen wir gemütlich gegen 16:30 Uhr losfahren. Die Bahn und eine Fliegerbombe machen uns allerdings einen Strich durch die Rechnung und nach diversen Zugausfällen und -verspätungen geht es schlussendlich erst gegen 18:00 Uhr. Die Stimmung ist etwas gereizt. Die Fahrt nach Amsterdam verläuft allerdings ohne weitere Zwischenfälle und da die Location direkt neben dem Stadion von Ajax Amsterdam liegt, gestaltet sich auch die Parkplatzsuche als unkompliziert.

Der Ziggo Dome ist große Konzerthalle und fasst laut Wikipedia 17.000 Besucher. Der Einlass verläuft okay, sicherlich an der ein oder anderen Stelle verbesserungsbedürftig, aber sei es drum. Die Vorband, deren Namen ich nicht mehr weiß, haben wir verpasst. Ich gucke gerne Vorbands, aber an diesem Tag kann es mir nicht egaler sein. Endlich in der Halle wird erst einmal der Merch abgecheckt. Natürlich völlig überteuert und zum Großteil hässlich. Bestätigt mal wieder meine These, dass sich größere Bands weniger Mühe geben im Bezug auf Merch. Die Halle an sich ist sehr schön und hat einen deutlich besseren Klang als vergleichbare Hallen in meiner Umgebung. Sowohl während des Einlasses als auch während der Umbaupause, sowie auf vielen Aushängen wird darauf hingewiesen, dass die Band die Besucher darum bittet, das Filmen und Fotografieren während der Show zu unterlassen. Dazu später mehr...

Tool beginnen ihr Set gegen 21 Uhr mit "AEnima" vom gleichnamigen Album. Ein eher sperriger Song, in meinen Augen etwas unpassend, aber trotzdem gut. Der Sound ist noch etwas ausbaufähig. An dieser Stelle wird aber fix nachgebessert und beim nachfolgenden "The Pot" ist soundtechnisch alles in bester Ordnung. "The Pot" ist großartig und sorgt für die erste Gänsehaut des Abends bei mir. Auch das untrennbare Songduo "Parabol" und "Parabola" sorgt im Anschluss für Glücksgefühle. Jeder Song ist eigentlich ein Kunstwerk für sich. Jeder Song hat etwas Einzigartiges. Es ist lange her, dass ich mich so gefreut habe, einen Song zu hören wie es beispielsweise bei "Schism" der Fall ist. Die Band zeigt sich dabei in prächtiger Form. Die Musik ist alles andere als einfach. Viele Taktwechsel, ungewöhnliches Bass- und Gitarrenspiel und allerlei Feinheiten. Hier wird einem einiges geboten. Die Band stellt dabei die Musik, bestehend aus ihren langen Songs, völlig in den Vordergrund. Vor allem Sänger Maynard James Keenan fällt trotz seines markanten Aussehens kaum auf. Er steht nicht im Vordergrund sondern auf einer Höhe neben Schlagzeuger Justin Chancellor, steht durchgehend seitlich zum Publikum und wird auch kein einziges Mal von einem Scheinwerfer direkt angestrahlt. Sehr ungewöhnlich für einen Frontmann. Untermalt werden alle Songs von den jeweiligen Videos, ab und an kommen auch Laser zum Einsatz. Nicht übertrieben, einfach passend, sodass die Musik der Hauptakteur ist und bleibt. Die Crowd feiert die Band von Beginn an ab und man merkt, dass die Leute aus ganz Europa gekommen sind, um das Konzert zu erleben. Leider zeigen sich viele Besucher von ihrer schlechten Seite. Es dauert keine 30 Sekunden des ersten Songs bis direkt vor mir mehrere Menschen ihre Handys auspacken und filmen. Man muss sich das mal reinfahren. Die Leute sind bereit, hohe zweistellige Summen für eine Band zu bezahlen, aber deren Bitte, nicht zu filmen oder zu fotografieren, respektieren sie nicht. Ich habe einmal folgenden Zitat gelesen, welches ich im Bezug auf verwackelte Konzertbilder und -videos sehr passend finde: "Collect moments, not pictures!". Spricht man diese Leute an, ist es in der Regel auch so, dass sie sich irgendwie ertappt fühlen und das Filmen einstellen. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich bedrohlich wirke, aber daran zweifel ich. Ansonsten gab es noch Menschen, die während ruhigen Stellen in den Songs reden, halbvolle Bierbecher durch die Gegend werfen oder oberkörperfrei einen Pit starten. Kleiner Tipp an dieser Stelle: Egal, wie trainiert du bist, lass auf einem Konzert dein Shirt an. Es ist immer ekelig. So genug gemeckert, denn die Show war weiterhin astrein. Das Hauptset wurde mit "Forty Six & 2" beendet. Danach wurde ein Countdown eingeblendet, der die Zeit bis zur Zugabe anzeigte. Interessante Variante, habe ich so noch nicht erlebt. Die Zugabe war vor allem dank der letzten beiden Songs noch einmal atemberaubend. "Vicarious" und "Stinkfist" gehören zum Besten, was die Band je veröffentlicht hat. Danach ist Schluss. Maynard James Keenan klatscht mit den anderen Bandmitgliedern ab und verlässt direkt die Bühne während die anderen sich Feiern lassen. Komisch, aber es passt auch zur Band, dass selbst das Verhalten nach der Show nicht der Norm entspricht. Fazit: Ganz, ganz groß! Die zweite Show steht dem hier Beschriebenen in Nichts nach und sollte es zeitnah nach Veröffentlichung des neues Albums eine weitere Europa Tour geben bin ich sicherlich wieder am Start.


Weitere erwähnenswerte Konzerte in chronologischer Reihenfolge:

Silent Whale Becomes a Dream, 01.06, dunk! Festival, Zottegem, Belgien, Genre: Post-Rock
Bossk, 01.06, dunk! Festival, Zottegem, Belgien, Genre: Post-Metal, Post-Rock
Code Orange, 16.06, Luxor, Köln, Genre: Hardcore Punk
Power Trip, 17.06, Matrix, Bochum, Genre: Crossover, Hardcore Punk, Thrash Metal
Envy, 20.06, Druckluft, Oberhausen, Genre: Screamo, Post-Rock, Post-Hardcore
The Cure, 28.06, Rock Werchter, Werchter, Belgien, Genre: Post-Punk, Alternative Rock
Tool, 28.06, Rock Werchter, Werchter, Belgien, Genre: Progressive Metal, Progressive Rock, Alternative Metal
Night Force, 29.06, Jugendzentrum Forum, Mannheim, Genre: Hardcore Punk
Domain, 29.06, Jugendzentrum Forum, Mannheim, Genre: Hardcore Punk
Spirit Crusher, 29.06, Jugendzentrum Forum, Mannheim, Genre: Hardcore Punk
 
Ich komme einfach nicht dazu, zwei vernüftige Beiträge pro Monat zu schreiben. Deswegen werde ich mich in Zukunft auf die beste Show des Monats beschränken. Gute Alben werde ich aber am Ende des Posts anhängen. Also:

Konzert des Monats - Juli 2019:

Act: Have Heart
Datum: 20.07
Ort: Köln
Location: Essigfabrik
Genre: Hardcore Punk

Es ist glaube ich schwer zu beschreiben, was die One-Time-Reunion von Have Heart mir und wohl auch vielen anderen Leuten bedeutet. Deswegen gibt es einfach die ganze Geschichte: Ich kann mich noch genau erinnern, dass ich im Gym war, als ein Kollege mir schrieb, dass ein ziemlich bekannter Booker aus UK, der eigentlich alles, was Rang und Namen hat im Bereich des Hardcore Punks, bereits gebucht hatte, schrieb, dass er in zwei Stunden die größte Show seiner Bookinglaufbahn bekanntgeben wird. Eine große Ankündigung, bei der es eigentlich nur zwei Möglichkeiten gab. Entweder es gibt einen riesigen Shitstorm, da die Ankündigung völlig übertrieben ist, oder, das wollte aber niemand wirklich aussprechen, es gibt eine riesige Reunion. Und an dieser Stelle gab es nach meiner Ansicht nur zwei Möglichkeiten, die diese Ankündigung rechtfertigen würden: Have Heart oder Inside Out. Kleiner Exkurs zur zweiten Band an dieser Stelle: Bei Inside Out hat ein gewisser Zack de la Rocha gesungen, den die meisten wohl als Sänger von Rage Against the Machine kennen. Rage Against the Machine sollte auch der Name der zweiten Veröffentlichung der Band sein. Diese gab allerdings vorher ihre Auflösung bekannt und der Rest ist Geschichte.

Zurück zu Have Heart: Die Reunion, der Split kam 2009, bestand zunächst aus vier Konzerten in Boston, Los Angeles, Köln und Leeds und das Hardcore Punk Internet ist explodiert. Man hat gemerkt, dass dies keine normale Reunion ist. Dementsprechend groß war auch der Run auf die Tickets, die alle innerhalb von Minuten ausverkauft waren. Dabei lief für die Köln Show einiges schief, der Shitstorm war riesig und ich stand wie so viele ohne Karten da. Im Internet wurden Karten bei einem Einkaufspreis von 30 Euro/Dollar für 500 Euro/Dollar verkauft. Im Facebook-Event der Köln-Show suchten Leute aus Japan und Argentinien nach Karten. Teilweise suchten Personen nach Karten für irgendeine der vier Shows, es war einfach verrückt. Die Band reagierte und schob vier Shows nach. Die zweite Show in Deutschland fand in Würzburg statt. Grund dafür ist nach meiner Vermutung, dass dies die größte Halle in Deutschland ist, bei der die Möglichkeit besteht, eine Show ohne Absperrung vor der Bühne stattfinden zu lassen. Für diese Show konnte ich auch relativ entspannt Karten bestellen. Vier Stunden Anfahrt an einem Freitag zu Ferienbeginn, drauf geschissen. Die Verkaufssituation für die acht Shows entspannte sich nach und nach und dank eines Freundes, der eigentlich nichts mit Hardcore Punk am Hut hat, bin ich schlussendlich doch noch an Karten für Köln gekommen. Die Würzburg Tickets wurden trotzdem nicht verkauft. Die Zeiten, in denen ich mir Bands, die ich abfeier, nur einmal pro Tour angucke, sind lange vorbei.

Wie oben bereits erwähnt war die Köln Show die bessere der beiden, was vor allem an der kleineren Location lag. Es hatte zwar nicht das Flair einer vernüftigen Hardcore Show, aber immerhin war es keine 3000er Halle. Trotzdem noch ein kurzer Exkurs zur Würzburg Show und den ganz besonderen Momenten, die nicht jedes Konzert bietet. Es muss so vor 5-6 Jahren gewesen sein als ich eine Show der Band Listener im Dortmunder FZW besucht habe. Ich war eigentlich nur dort, da ein Kollege von mir ein Videointerview mit der Band geführt hat und ich die Kamera halten musste. Das FZW hat zwei Räume, in denen parallel Konzerte stattfinden können und an diesem Tag spielte im zweiten, größeren Saal der Rapper Maeckes, auch bekannt als Mitglied der Orsons. Ich hing im Vorraum ab als das Konzert von Maeckes endetet und die überwiegend jungen Besucher das Konzert in völliger Begeisterung verlassen haben. An dieser Stelle ist mir zum ersten Mal aufgefallen, wie sehr Konzerte in meinem Leben zur Routine geworden sind. Ich besuche gerne Shows, aber diese besonderen Momente, das Gefühl, dass etwas passiert, was man noch nicht gesehen hat, werden seltener. Die zwei Have Heart Shows an diesem Wochenende gehören auf jeden Fall zu diesen Momenten. Seit der No Warning Reunion im Jahr 2014 war ich nicht mehr so aufgeregt vor einer Show wie in Würzburg. Die Band betritt die komplett abgedunkelte Bühne, begibt sich in Position, die Menge bereit für die Eskalation und es passiert erst einmal nichts. Und dann kommt das beste Intro, welches ich je erlebt habe. "War", ein Song von Bob Marley wird in einer sehr berühmten, leicht veränderten Version Sinead O'Connor gespielt, in voller Länge, kleiner Auszug: "That until there no longer; First class and second class citizens of any nation; Until the color of a man's skin; Is of no more significance than the color of his eyes". Die Spannung ist greifbar, einfach großartig. Und im Anschluss bricht die Hölle los.

Nun endlich zur Köln Show mit vier Supports, von denen vor allem die letzte Support Band Spirit Crusher eine Show abliefert, die in anderen Monaten an dieser Stelle länger behandelt werden könnte. Die weiteren Supports sind Spark, Mil-Spec und Abuse of Power. Have Heart verzichten dieses Mal auf das Intro, sondern starten direkt durch mit "The Unbreakable" vom Überalbum "The Things We Carry". Die Crowd geht völlig steil. Shoutout an dieser Stelle an den ca. vierten Stage Diver, der ins Leere springt und sich sein Knie nach knapp 15 Sekunden des Sets so sehr zerstört, dass er nur noch mit Hilfe zur Seite humpeln kann. Das tut mir wirklich sehr leid. Generell ist alles erlaubt und Leute, die noch nie eine solche Show besucht haben, würden das Verhalten der Crowd irgendwo zwischen "Völlig krank" und Körperverletzung einordnen. Es gibt Stage Dives, Salti, Headwalks und Singalongs, bei denen Sänger Pat Flynn fast von der Bühne gerissen wird. Auch dieser lässt es sich nicht nehmen von der Bühne zu springen. Ein Gitarrist tut es ihm mit Instrument gleich. Allerdings landet ein Besucher mit Salto genau auf ihm, was zu ziemlichem Chaos führt. Natürlich leidet der Sound darunter, aber gerade das macht Hardcore Shows für mich aus. Das Chaos regiert und es ist kein Problem, wenn nicht alles perfekt ist. Wir sind ja nicht bei Dream Theater und Konsorten. Setlisttechnisch wird alles gespielt, was ich mir erhofft habe mit meinem persönlichen Höhepunkt "The Machinist". "I could be the knife in your back; The noose around your neck; I could be the bullet racing through your skull but I'd rather be the force of my spoken word; Let your voices form the weapons" sind einfach so großartige Lyrics, Gänsehaut. Mehr kann man dazu nicht sagen. Welchen Stellenwert diese Band hat, lässt sich auch daran abmessen, dass an diesem Tag in Köln mit Angel Du$t eine recht angesagte Band aus dem Punk/Hardcore Bereich in einer anderen Location spielt, eine völlig dämliche Buchung. Die Show wird allem Anschein nach aber schnell durchgezogen, sodass die gesamte Band bei Have Heart am Bühnenrand steht und auch mit ins Chaos vor und auf der Bühne eingreift. Es ist immer sehr schön zu sehen, wenn Musiker weiter Fans sind und sich dementsprechend verhalten. Zum Abschluss der Show gibt es natürlich "Watch Me Rise", die Bühne wird gestürmt, Menschen türmen sich beim letzten Singalong übereinander während andere versuchen, nicht die Drums umzureißen. Eine Zugabe gibt es nicht, es hätte auch nicht gepasst. Ob Have Heart noch einmal wiederkommen? Ich glaube nicht und es ist auch vollkommen okay. Das hier war etwas ganz Besonderes und zum ersten Mal in meinem Leben habe ich das Gefühl, alles gesehen zu haben. Ich könnte heute das Konzertgame quitten und es wäre okay.


Weitere erwähnenswerte Konzerte in chronologischer Reihenfolge:

Harm's Way, 05.07, Ieperfest, Ieper, Belgien, Genre: Hardcore Punk, Power-Violence
Soul Grip, 06.07, Ieperfest, Ieper, Belgien, Genre: Black Metal
Wiegedood, 06.07, Ieperfest, Ieper, Belgien, Genre: Black Metal
Turnstile, 06.07, Ieperfest, Ieper, Belgien, Genre: Hardcore Punk
Length of Time, 06.07, Ieperfest, Ieper, Belgien, Genre: Hardcore Punk, Metal
Regulate, 07.07, Ieperfest, Ieper, Belgien, Genre: Hardcore Punk
Drug Church, 07.07, Ieperfest, Ieper, Belgien, Genre: Hardcore Punk, Punk
Higher Power, 07.07, Ieperfest, Ieper, Belgien, Genre: Hardcore Punk
Battery, 07.07, Ieperfest, Ieper, Belgien, Genre: Hardcore Punk
Amenra, 07.07, Ieperfest, Ieper, Belgien, Genre: Post-Metal
God Is An Astronaut, 09.07, Turock, Essen, Genre: Post-Rock
Full of Hell, 15.07, Valkhof Festival, Venlo, Niederlande: Genre: Crust, Power-Violence, Death Metal
Have Heart, 19.07, Posthalle, Würzburg, Genre: Hardcore Punk
Spirit Crusher, 20.07, Essigfabrik, Köln, Genre: Hardcore Punk


Erwähnenswerte Veröffentlichungen Juni/Juli:


Abuse of Power
- What on Earth Can We Do (Genre: Hardcore Punk, FFO: Magnitude, Odd Man Out)
All Out War - Crawl Among the Filth (Genre: Hardcore Punk, Metalcore, FFO: Merauder, Morning Again)
Angst - Decay of all Purity (Genre: Hardcore Punk, FFO: Chokehold, Hatebreed)
Berthold City - What Time Takes (Genre: Hardcore Punk, FFO: World Be Free, Mindset)
Buried Dreams - 9 Reasons Not to Live (Genre: Hardcore Punk, FFO: Knocked Loose, Trail of Lies)
Bystander - Where Did We Go Wrong (Genre: Hardcore Punk, FFO: Trial, Battery)
Cave In - Final Transmission (Genre: Post-Hardcore, Alternative Rock, FFO: Botch, Coalesce)
Chamber - Ripping/Pulling/Tearing (Genre: Hardcore Punk, FFO: Code Orange, Vein)
Darkthrone - Old Star (Genre: Black Metal, FFO: Mayhem, Emperor)
Disentomb - The Decaying Light (Genre: Death Metal, FFO: Devourment, Wormed)
Earth - Full Upon Her Burning Lips (Genre: Drone, FFO: Sunn O))), Boris)
Elder - The Gold & Silver Sessions (Genre: Post-Rock, Stoner Rock, FFO: Conan, Pelican)
Envision - In Desperation... (Genre: Hardcore Punk, Metalcore, FFO: Ecostrike, Deflect)
Fatoni - Andorra (Genre: Rap, FFO: Zugezogen Maskulin, Antilopen Gang)
Full of Hell - Weeping Choir (Genre: Crust, Power-Violence, Death Metal, FFO: Zahnarztbesuche, Weekend Nachos)
Inhuman Nature - Inhuman Nature (Genre: Hardcore Punk, Metal, FFO: Power Trip, Foreseen)
Instructor
- Demo 2019 (Genre: Hardcore Punk, FFO: Big Cheese, Justice)
Knocked Loose - ...And i Still Wander South (Genre: Hardcore Punk, Metalcore, FFO: Jesus Piece, Ultratsumpfer Musik)
Lighteater - Autoscopy (Genre: Post-Rock, FFO: Mono, This Will Destroy You)
Magnitude - To Whatever Fateful End (Genre: Hardcore Punk, FFO: Odd Man Out, Regulate)
Mortality Rate - You Were the Gasoline (Genre: Hardcore Punk, FFO: Vamachara, Eternal Sleep)
Nails - I Don't Want to Know You (Genre: Hardcore Punk, Power-Violence, Metal, FFO: Harm's Way, Full of Hell)
Odd Man Out - New Voice (Genre: Hardcore Punk, FFO: Freedom, Line of Sight)
Persecution Mania - Demo 2019 (Genre: Thrash Metal, Hardcore Punk, FFO: Power Trip, Gatecreeper)
Sanction - Broken in Refraction (Genre: Hardcore Punk, Metalcore, FFO:Inclination, Knocked Loose)
Spirit Crusher - Whisper Against the Roar of the World (Genre: Hardcore Punk, FFO: Cro-Mags, Line of Sight)
Trail of Lies - Fearless (Genre: Hardcore Punk, FFO: Gymbesuche, King Nine)
Wild Side - Who the Hell is Wild Side? (Genre: Hardcore Punk, FFO: Abuse of Power, Magnitude)
 
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