Kurz gemosert... #146

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JME

Grumpy Professor
Teammitglied
„Kurz gemosert…“ beschreibt die Welt des Mainstream-Wrestling mit den Augen eines meckernden „Smart Marks“. In unregelmäßigen Abständen spricht Manuel Moser in der wohl umstrittensten Wrestling-Kolumne aller Zeiten Dinge und Tatsachen an, welche sich manch einer vielleicht nicht traut auszusprechen oder die es aus den Tiefen der „Smart Mark“-Fangemeinde nicht an die Öffentlichkeit schaffen. Harte Worte und eventuelle Spoiler inbegriffen.

„Who’s next!?“ oder „Die Antwort auf das Phänomen Goldberg“

Wie viele von euch sicher bereits wissen bin ich, was das Wrestling angeht, sozusagen ein „alter Hase“. Ich verfolge diesen Kackmist jetzt seit Sommer 1992 so ziemlich durchgehend und, wie man sagt, auch ohne großartige geistige Behinderungen davongetragen zu haben.
Natürlich färbt gerade die 90er-Jahre-Brüllerei die damals in den Promos so üblich war auf mich ab und ich erwische mich regelmäßig dabei wie ich im Alnatura an der Kasse stehe und der Kassiererin lautstark einen Vortrag darüber halte wie begeistert ich von der neuen Wallnuss-Chia-Samen-Lotion bin und wie sie mir damit mal meinen frisch rasierten Sack einschmieren kann. Aber man kennt mich ja mittlerweile in den örtlichen Bioläden und teilweise entdecke ich andere Kunden wie sie zustimmend nickend, sowie mit Interesse heuchelndem Blick neben mir stehen. Dazu sind sie alle noch mindestens einen Kopf kleiner als ich und halten mir eine Packung Sojamilch wie ein Mikrophon vor die Fresse welche ich während meines unkontrollierten Gebrülls von oben bis unter vollsabbere.
Aber spätestens wenn ich dann mit viel Anlauf den Zeigefinger auf meine Handfläche drücke und voller Ekstase brülle „AND WATCHA GONNA DO…!?“ wache ich aus meiner Trance auf, zahle beschämt diesen beschissenen und überteuerten Bio-Mist den ich meiner Frau mitbringen sollte und schleiche wie ein Loser aus dem Laden.

So oder so ähnlich kann man beschreiben in wie weit die Neunzigerjahre und deren große Namen auf einen treuen Fan der alle Stadien von Mark bis Smark mitgemacht hat bis heute noch nachwirken. Deswegen macht es auch immer wieder Spaß einen Hulk Hogan überraschend zurückkehren zu sehen. Deswegen war es auch eine große emotionale Sache als der Ultimate Warrior seinen Weg zurück vor die WWE-Kameras gefunden hatte. Und deswegen ist es auch ein großer Feelgood-Moment gewesen, als Goldberg mit seinem typischen Backstage Walk bei RAW aufgetreten ist. Oft reicht es einfach schon die kraftvollen Themes der angesprochenen Personen zu hören wie sie durch die WWE-Hallen klingen. Bei Goldberg speziell kam meiner Meinung nach auch noch dazu, dass er sowohl im Ring als auch am Mikrophon alles andere als schlecht war. Heutige Monster könnten sich gerade beim Auftraten am Mic eine Scheibe abschneiden, denn Powerhouses müssen sich entweder die Scheiße aus dem Leib schreien oder die Fresse halten. Genau so kommt man als Monster gut rüber und nicht indem man wie ein bekiffter Affe in die Kamera grinst. Nur so als Tipp für Roman Reigns…
Goldberg war zu seiner Zeit schon etwas Besonderes. Wrestling fing gerade an sich irgendwie festzufahren. Die nWo wurde langweilig und WWE hatte zwar mittlerweile mit Stone Cold Steve Austin den wohl besten Draw der Wrestling-Geschichte erschaffen, aber das Programm war im Großen und Ganzen mehr als mager.
Klar wir waren alle Steve-Austin-Fans und feierten alles was er tat, sagte und zum Verkauf anbot. Goldberg hatte bei den Austin-Fans aber im ersten Moment einen eher schwereren Stand. Glaubte man doch, dass WCW mit Goldberg vom Look her und dem Booking einfach versuchte eine große, muskulöse Kopie des angehenden WWE-Weltstars zu etablieren. Da WCW ja schon immer gerne kopiert hat, wie man beispielsweise am „Renegade“ oder der Namensgebung „Monday Nitro“ verglichen mit „Monday Night RAW“ erkennen kann, war der Gedanke auch gar nicht so abwegig.
Schnell stellte sich aber heraus, dass wenn WCW so etwas vorhatte es sich in eine komplett andere Richtung entwickelte. Goldberg wurde nämlich ganz von alleine zum Selbstläufer.

WCW zeigte auf beeindruckend einfache Art und Weise wie man in Ruhe ein Monster aufbaut. Goldberg lief ein, schlug zu, Spear, Jackhammer, Dusche. Wumms! Das saß und passte zu diesem Zeitpunkt einfach. Immer mehr Leute schalteten WCW nur noch an, um Goldberg und seine Squash Matches zu sehen. Ja tatsächlich blendete man den Rest der Show irgendwann komplett aus. Man wartete bis Goldberg kam, flippte aus und unterhielt sich den Rest der Show über Goldberg. Und das wurde nicht langweilig. Ganz im Gegenteil. Goldberg wurde immer populärer und wurde damit sozusagen zum Inbegriff der Squash-Monster. Alles was danach an Squashern kam, ob Umaga, der Great Khali oder Big Vis alle standen im Schatten der Goldberg‘schen Squash-Meisterschaft Ende der 90er-Jahre. Und das weiß auch WWE, denn sonst hätte man mit Ryback nicht den Versuch unternommen noch einmal solch einen „Goldberg“ zu erschaffen. Hat zum Glück nicht geklappt.
Leider hatte natürlich auch der Run von Goldberg irgendwann ein Ende und da ich es nicht besser rekapitulieren könnte als meine Podcast-Kollegen werde ich darauf auch nicht näher eingehen.
Aber gerade weil er von soweit oben gefallen ist und durch den Unfall mit Bret Hart und dessen jahrelange Beschuldigungen, sowie dieses ekelhafte Wrestlemania Match mit Brock Lesnar gab es bei „uns“ Goldberg-Fans immer irgendwie das Gefühl man hat das Projekt Goldberg nie richtig zum Ende gebracht. Der Charakter, sowie der Mensch Bill Goldberg hatten dies nicht verdient. Ich habe seine Verbitterung gegenüber dem Business immer verstanden und in meinen Augen ist er einer der wenigen der diese Gefühle zu Recht hatte bzw. hat. Ganz im Gegensatz zu zum Beispiel Jim Hellwig, Bret Hart oder Marty Jannetty die allesamt selber schuld an ihrem Elend waren.

Goldberg war am Ende tatsächlich das einzige was sich bei WCW selbst entwickelt hat. Die einzige eigene Erfindung wenn man so will. Ein Selbstläufer wie es ihn nur selten gibt.
Und kommt mir jetzt bloß nicht mit der nWo. Die nWo lebte einzig und allein davon, dass sie von zwei ehemaligen WWE Main Eventern gegründet und durch Hulk Hogan vorerst komplettiert wurde. Invasion Angels waren auch damals schon kalter Kaffee.

Es ist ein Armutszeugnis, dass die „jungen“ Wrestling-Fans heutzutage nicht mehr in der Lage sind solche Momente wie beschrieben miterleben und genießen zu können.
Einige werden nun sagen „Die Rückkehr von Brock Lesnar war aber doch genau so ein Moment!“. Nein. Nicht mal Ansatzweise. Warum? Weil Brock Lesnar nie der große Star war als der er seit seiner Rückkehr verkauft wurde. Weil Brock Lesnar nur einer von vielen unter den etlichen Kurzzeit-Top-Dogs gewesen ist und dem Druck der auf ihm lastete nicht standhalten konnte. Weil Brock Lesnar kein Selbstläufer war, sondern den Fans in typischer WWE-Manier aufgezwungen wurde. Und zu guter Letzt das Wichtigste, weil kaum einer von euch die „Geburt“ und die komplette Entwicklung von Brock Lesnar überhaupt mitbekommen hat.
Vielleicht kann man Goldberg am ehesten noch mit Daniel Bryan vergleichen. Den haben alle „jungen“ Fans miterlebt, gefeiert und zur großen Nummer gemacht. Wäre der nach seinem abrupten Karriereende abgetaucht und in zwanzig Jahren plötzlich wieder aufgetaucht, dann hättet ihr vielleicht einen ähnlichen Moment erlebt. Da dies aber noch nicht passiert ist und auch niemals passieren wird bleiben euch nur die aalglatten Gesichter der Gegenwart und die Geschichten der nach Wallnuss-Chia-Samen-Lotion müffelnden alten Säcke über die glorreiche Vergangenheit die im Prinzip auch nur von kurzen großen Spots geprägt war an denen man sich bis heute noch festhält.

Wenn man aber hier jemanden einen Vorwurf machen will dann sicherlich nur dem Business selbst, denn genau dieser Umstand ist der größte Beweis dafür wie einfältig, langweilig und austauschbar dieser Zirkus mittlerweile geworden ist.

Für Kritiken jeglicher Art stehe ich gerne im Forum von Wrestling-Infos.de, unter kurzgemosert@gmail.com oder auf Twitter zur Verfügung.
 
Gott verdammt ich werd hier noch zum ja säger.aber der Mann hat recht.herr Moser for President.war wieder ein sehr guter Artikel.und ich stimme zu.
 
Gott verdammt ich werd hier noch zu ja Sager.aber alles was er sagt stimmt.ok das mit dem grinsen von Roman sei ihm verziehen.aber ich finde auch das er ansonsten recht hat.herr Moser for President.
 
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