Literatur, Film, Kunst und andere Unsinnigkeiten

Ich lese sehr gern, mag Filme, Serien und Musik und habe mich schon in das ein oder andere Museum verirrt.

Den Glauben, Kunst in all ihren Formen ginge langsam aber sicher verloren und fände keinen Anklang bei der jungen Generation, kann ich nicht bestätigen. Viel mehr glaube ich, dass viele Menschen gar nicht wissen, was sie mögen oder mögen könnten. Sieht man mal von den viel gehypten Produkten ab (Harry Potter, Herr der Ringe etc.), die der Großteil einer Generation verfolgt hat, gibt es doch wenig monumental Bedeutendes, von dem "die Leute" gehört haben. Das ist aber ganz schrecklich!
Jeder Mensch sollte lesen, sehen und verstehen, zuhören und wirken lassen.
In dieser Kolumne (aus Mangel eines besseren Begriffs) möchte ich Denkanstöße geben, bestimmte Kunst zu konsumieren. Ich empfehle in einem Akt absoluter Selbstüberschätzung und eines scheinbar endlosen Geltungsdrangs Bücher, Filme, Serien und alles, das man mal gesehen haben mu... kann.
Es gibt hier immer ein paar Zeilen zu den besprochenen Themen mit Blick auf: Genre, Inhalt (kurz), vergleichbare Werke und ggf. Zusatzkommentare.
Der Anreiz, selber wieder lesen zu wollen, einen Film zu schauen etc. ist doch wünschenswert. Und wenn nur einer von euch etwas für sich entdeckt, das ihm Spaß macht, freue ich mich. (Wie pathetisch)

Liebe Grüße
 
H.G. Wells - Die Zeitmaschine
Erscheinung: 1895
Genre: Science-Fiction


Der Protagonist springt in Die Zeitmaschine in die Zukunft. Anders als viele andere Autoren oder Regisseure interessiert Wells sich aber nicht für utopische oder dystopische Fantasien des 21. Jh., inkl. fliegenden Autos und Hoverboards, sondern für eine deutlich fernere Zukunft. Mehrere hunderttausend Jahre in der Zukunft analysiert der Protagonist seine Umgebung und die Gesellschaft, die in der ewig langen Zwischenzeit entstanden ist. Der Begriff des Klassenkampf saß im 19. Jahrhundert, so glauben einige Menschen im Rückblick, beinahe allgegenwärtig wie ein Gespenst an zahllosen Tischen und Tafeln. Kaum verwunderlich ist dadurch, dass sich Wells auch in Die Zeitmaschine mit eben dieser Thematik auseinandersetzt und eine Gesellschaft zeichnet, in der die sozialen Unterschiede deutlichst zu sehen sind und vom Protagonisten genauestens beschrieben werden.
Ein weiterer Zeitsprung zeichnet später ein noch abstrakteres Bild einer möglichen Zukunft. Ab hier ins Detail zu gehen, würde aber etwas viel verraten..

Subjektive Einschätzung: Düster, schön und spaßig. Ideal für jemanden, der (wie ich) wenig mit der "Pew-Pew-Science Fiction" a la Star Trek/Gate/Wars anfangen kann, sich aber dennoch mal dem Gedanken hingeben möchte, sich eine ferne (und in diesem Fall dystopische) Zukunft vorzustellen. Kurzweilig, verständlich und in kurzen Kapiteln verfasst. Mit unter 200 Seiten lässt sich das Buch recht schnell "weglesen".
-Von meiner Seite dringend empfohlen-

Die Zeitmaschine ist online vollumfänglich und legal einsehbar, eine kleine Leseprobe (oder direkt das gesamte Buch) findet ihr hier. Ich habe mein Exemplar für ~3€ bekommen, viel verkehrt macht man also auch unter Garantie nicht, wenn man sich das Werk gebunden bestellt oder kauft.
 
Ich kenne nur den Film von 1959. Fand den als Kind echt gut. Die Morlocks jagten mir einen Schauer nach dem anderen ein...

szenenfoto-aus-dem-film-die-zeitmaschine-the-time-machine-usa-1960-von-george-pal-morlocks.jpg
 
Habe letztens erst das Hörbuch gehört und das war wirklich spannend gemacht. Das Buch werde ich irgendwann auch nochmal lesen, wenn es die Zeit zulässt
 
Heinz Strunk - Fleckenteufel
Erscheinung: 2009
Genre: Jugendroman


In Fleckenteufel erleben wir eine christliche Jugendfreizeit der 70er Jahre mit dem Protagonisten Thorsten. Seinem jungen Alter entsprechend (er ist gerade 16) ist Thorsten alles, das man ungern ist, wenn man 16 ist: Unsicher, sexuell verloren und scharf auf Aufmerksamkeit, Alkohol, Frauen, Männer und Anerkennung. Wir beobachten den Wandel eines "5 Freunde" Fans zu einem Bukowski Kenner, der ob seiner Entwicklung in Scharbeutz Freundschaften kappt, findet und vertieft. Der erklärt, was es bedeutet, unsterblich wie unerwidert verliebt zu sein, individuell sein zu wollen und Peinlichkeiten zu erleben: Strunk schreibt (Gedächtnisprotokoll) sinngemäß: "Eigentlich schäme ich mich schon mein ganzes Leben, wofür weiß ich auch nicht, wird schon stimmen."
Unser Held - der keiner ist - erzählt uns von seiner dramatischen Reise, in der er sich missverstanden, verstoßen, cool und furchtbar und zunehmend erwachsen fühlt.

Subjektive Einschätzung: Super spaßig, kurzweilig, bescheuert wie nachvollziehbar. Speziell die Wortwahl ist super a la "Heute Abend ist abends bunter Abend" etc.
Viele Empfindungen des 16-Jährigen sind gut nachvollziehbar: Obwohl er sich sonst nur für Schund- und/oder Kinderliteratur interessierte, hasst Thorsten später seine Zeltkumpanen für eben genau so eine Kindlichkeit. Und warum? Na klar: Er hat Bukowski für sich entdeckt; den kennen die anderen "Spastis" sicher gar nicht. Das Gefühl vom ersten Verliebtsein und von Aufregung, Scham und riesigem Individualitätsdrang fängt Strunk super ein. Wer gerne noch einmal 16 sein möchte, bekommt hiermit die Gelegenheit..
-Von meiner Seite empfohlen-

Fleckenteufel ist dringend als Hörbuch empfohlen, Heinz Strunks Art, zu lesen und zu betonen, ist unverkennbar und macht jede Geschichte noch um Welten besser. Einen Eindruck vom Hörbuch könnt ihr euch hier verschaffen:

 
David Lynch - Lost Highway
Veröffentlichung: 1997
Genre: Psychothriller


Lost Highway ist ein Film, der sich für eine "Kolumne" wie diese eigentlich nicht eignet, denn: Man muss ihn gesehen haben, keine Beschreibung oder Inhaltsangabe wird der Bildgewalt und dem Inhalt jemals gerecht. Wir begleiten eine Hauptfigur im Wandel, verfolgen eine Geschichte, die das Konzept der Zeit (wenn man denn diese Interpretation wählt) ad absurdum führt, beobachten sexuelle Unzulänglichkeit, Verbrechen, Paranoia, Angst und Gewalt.
David Lynch inszeniert einen Film, der (so sagt er selbst) vor allem gesehen werden will. Eine Interpretation fällt schwer und drängt sich somit zusehends auf, steht aber laut Lynch selbst nicht im Vordergrund. Wie jedem Regisseur und Drehbuchautor aber geraten wird: "Show, don't tell", seht selbst..

Subjektive Einschätzung: Im Gegensatz zu den zwei zuvor beschriebenen Büchern ist dieser Film nichts, das man nebenbei einfach wegliest, bzw. in diesem Fall -schaut. Durch die Sprünge durch Zeit, Schauplätze und Figuren fordert der Film den Zuschauer heraus, aufzupassen und Verbindungen an Punkten zu knüpfen, die so untypisch wie wichtig sind, da die Handlung in sich zusammenfällt, wenn man mit halbem Auge vor dem Fernseher sitzt.
So sehr diese Zeilen abschreckend klingen könnten, so sehr möchte ich jedem, der irre Filme mit Twists und verrückten Sprüngen mag, diesen Film ans Herz legen.
-Von meiner Seite sehr empfohlen-

Hier der deutsche Trailer zum Film, der vielleicht als Geschmacksmuster dienen kann, um sich auf den Film vorzubereiten:
 
Robert Louis Stevenson - Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde
Veröffentlichung: 1886
Genre: Drama / Thriller


Manche Klassiker werden gelesen, damit kleingeistige Menschen großspurig darüber reden können, andere Klassiker werden gelesen, weil sie gut sind. Dr. Jekyll und Mr. Hyde ist zum Glück ein Buch aus der zweiten Kategorie - Nicht umsonst ist der Vergleich, jemand sei wie Jekyll und Hyde quasi ein geflügeltes Wort.
Wir folgen dem Protagonisten bei der "Untersuchung" seines guten Freundes Dr. Jekyll, der sich unter dubiosen Umständen mehr und mehr aus der Öffentlichkeit zurückzieht. Parallel dazu taucht immer häufiger der ungenierte und schmierige Mr. Hyde auf. Wie sicher bekannt ist, es ist schließlich schwer, ein Buch zu spoilern, das fast 150 Jahre alt ist, geht es um die Wandlung des Charakters von Dr. Jekyll, dessen böse Seite sich scheinbar von ihm abgespalten und selbstständig gemacht hat. Das Buch beschreibt die Diskrepanz zwischen den beiden Persönlichkeiten wunderbar und illustriert die gruselige Art des Hyde auf eine perfide aber unterhaltsame Art und Weise. Die Abstände, in denen Mr. Hyde auftaucht, verkürzen sich, Verbrechen tragen sich zu und die Entwicklung nimmt ihren Lauf...

Subjektive Einschätzung: Super! Wenn man bereit ist, sich an den Sprachstil zu gewöhnen, der zeitgemäß natürlich heute etwas überkandidelt wirkt, macht das Buch wirklich Spaß. Die Schilderungen, die der Protagonist uns darstellt, sind detailliert, interessant und in den richtigen Momenten beklemmend oder schaurig. Die Story ist auch 1,5 Jahrhunderte nach der Ersterscheinung spannend und brisant.
-Von meiner Seite dringend empfohlen -

Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde ist online vollumfänglich und legal einsehbar, eine kleine Leseprobe (oder direkt das gesamte Buch) findet ihr hier. Ich habe mein Exemplar wieder einmal für ~3€ bekommen, viel verkehrt macht man also auch unter Garantie nicht, wenn man sich das Werk gebunden bestellt oder kauft.
 
Ein sehr gutes Buch, da kann ich nur vollumfänglich zustimmen. Wobei die Übersetzungen in der Qualität schwanken.
Würde daher eher zur Original-Ausgabe (die ebenfalls kostenlos verfügbar ist) greifen, sofern das eine Option ist...
 
Oben