Ich habe mir den Main Event noch mal etwas genauer angesehen und dabei einige sehr interessante Entdeckungen gemacht, die ich mal mit allen, die sich für Taktik und Technik im MMA interessieren Teilen möchte.
Technik und Taktik von Gaethje vs. Vick
Im Main Event der Fight Night 135 der UFC trafen mit Justin Gaethje und James Vick zwei der besten Leichtgewichtskämpfer der Welt aufeinander. Vick hatte einen Größen- und Reichweitenvorteil, den er von Beginn des Kampfes an auch ausnutzte. So hielt er seinen Gegner Gaethje durch sogenannte Pushkicks auf Distanz und griff ihn mit einzelnen Kicks gegen Leg und Körper auch an. Diese Taktik war in der ersten Minute des Kampfes auch durchaus wirkungsvoll, da Gaethje wie gewollt auf Distanz gehalten wurde und keinen einzigen Treffer landen konnte.
Während er diese Taktik einsetzte und so seiner Strategie den Gegner auf Distanz zu halten folgte macht James Vick jedoch einen seiner zwei meiner Meinung nach entscheidenden Fehler: er zirkuliert nicht.
Normalerweise bewegen sich Kämpfer die ihren Gegner auf Distanz halten wollen im Oktagon in einer kreisförmigen Bahn im äußeren Bereich des Oktagons. Damit sind sie nie ein stationäres Ziel und folglich schwerer zu treffen. Vick jedoch hält sich nur in einem relativ begrenzten Breich des Oktagons auf. Obwohl er Gaethje mit seinen Kicks auf Distanz hält kontrolliert dieser fast 70 % des Oktagons und kann Vick durch seine Vorwärtsbewegungen immer weiter in die Nähe des Käfigs treiben.
Da Vick, wie gerade beschrieben, zu wenig zirkuliert und sich eher auf Bewegungen nach hinten verlässt kommt er also dem Käfig zu nahe und Gaethje kann nach gut einer Minute mit einem wild geschwungenen linken Schlag die Distanz überbrücken. Danach landet er noch zwei weitere Treffer. Alle sind jedoch nicht auf Kopfhöhe, sondern eher im Bereich des Oberkörpers, da er etwas zu weit weg war. Gaethje geht in den Clinch über.
Diesem kann Vick zwar sofort wieder entkommen und deshalb könnte der Vorgang in den Augen vieler Zuschauer relativ unbedeutend sein. Ich wollte ihn aber gerne so ausführlich und detailliert beschreiben, da ich eine erstaunliche Paralellen zum Finish eine halbe Minute später feststellen konnte.
James Vick geht also zunächst erst einmal zu Gegenangriff über. Dabei landet er unter anderem eine schöne Kombination aus zwei Bodykicks nacheinander. Eine sehr seltene Kombination im MMA und deshalb auch überraschend. Gaethje lässt sich jedoch nicht zu weit zurückdrängen, denn seine Strategie ist es den Druck aufzubauen und nach vorne zu gehen. Anstatt seinen Gegenangriff fortzusetzen und Gaethje damit in die Defensive Rolle zu drängen, die er nicht unbedingt möchte, besinnt sich Vick wieder auf seine Rückwärtsbewegungen und lässt sich dadurch erneut von Gaethje in den kleinen Bereich des Oktagons drängen, in dem er schon zuvor war.
Wieder kann Gaethje Vick bis zum Käfig zurückdrängen. Doch im Unterschied zum ersten Mal als Gaethje Vick gegen den Käfig presste ist Gaethje jetzt circa 10 Zentimeter näher dran. Er beginnt jetzt wieder mit dem gleichen Angriff und zwar einem linken Schlag. Weil er aber näher am Gegner dran ist, landet dieser Treffer auch. Der zweite Fehler von Vick ist jetzt, dass er seine Deckung nicht oben hat, daher kann nun der zweite (rechte) Schlag von Gaethje jetzt perfekt landen und ihn ausknocken. Dass die Schläge dieses Mal auf Kopfhöhe waren muss ich da ja keinem mehr sagen. Dieses Finish ist vom Ablauf sehr ähnlich mit dem ersten Angriff als Gaethje Vick gegen den Käfig presste. Deshalb glaube ich, dass Vick instinktiv wieder einen Clinch-Versuch vermutet hatte und deshalb die Händen nicht zur Deckung oben hatte. Außerdem war Gaethje jetzt die entscheidenen Zentimeter näher dran kann dadurch jetzt auch auf Kopfhöhe angreifen.
Ob bewusst oder unbewusst hat Vick beim zweiten Mal als er gegen den Käfig gepresst wurde genau wie beim ersten Mal regiert. Da Gaethje jetzt jedoch einen kleinen Vorteil hatte und etwas näher dran war nutzt er dies um den KO zu erzielen. Vick könnte wieder einen Clinch vermutet haben, aber Gaethje wollte jetzt den KO. Sehr stark gemacht von Gaethje, der seinen Angriff zwei Mal fast genau gleich aufgebaut hat, jedoch anders abschließt und dadurch gewinnt.