Welterweight bout
UFC Welterweight Championship
Georges St-Pierre (c) vs. Johny Hendricks
St-Pierre besiegte Hendricks via Split Decision (47-48, 48-47, 48-47).
Ich habe mir den Kampf jetzt noch ein zweites Mal in Ruhe angesehen und muss sagen, dass ich den Kampf deutlich enger gesehen habe, als beim ersten Mal. Das hängt natürlich zum einen mit dem 10 Point Must System zusammen, zum anderen dadurch, dass sehr viele Judges dieses nicht den Regeln entsprechen ausnutzen. Beispiel: Die zwei Judges, welche die erste Runde an GSP gegeben haben, werten diese mit 10-9 GSP. Die zweite Runde wird 10-9 Hendricks gewertet. Die erste war mit Abstand die engste Runde des Kampfes, während Hendricks in der zweiten GSP zwei Mal gerockt hatte. Trotzdem werden beide mit derselben Punktzahl gewertet. Es wird Zeit, dass sehr enge Runde mit 10-9 gewertet werden, die meisten heutigen 10-9 Runden mit 10-8 und die meisten heutigen 10-8 Runden mit 10-7. Oder man wertet die erste Runde aufgrund der Ausgeglichenheit (die ich nicht mal so stark gesehen habe) mit einer 10-10, was das Regelwerk ebenfalls zulässt.
Aber mal ganz abgesehen davon. Ich habe alle Runden mit 10-9 gewertet und komme trotzdem auf eine 48-47 Wertung für Hendricks. GSP war in der ersten Runde (wie fast über die gesamte Zeit des Kampfes) der aktivere und aggressivere Fighter. Sollte das Einfluss in die Wertung finden? Ja. Sollte das mehr Einfluss haben, als andere Faktoren? Meiner Meinung nach nein. Tim Elliott vs. Ali Bagautinov war in der Hinsicht auf derselben Card ein perfektes Beispiel. Elliott ist ständig nach vorne gegangen und hat über den gesamten Kampf das Tempo bestimmt. Die Schlagabtäusche hat er trotzdem deutlich verloren, genau wie GSP in vielen Fällen gegen Hendricks. Und sieh an, die Judges haben den Kampf allesamt für Bagautinov gewertet. Die erste Runde war meiner Einschätzung nach sogar St-Pierres schwächste. Er hatte noch keinen Schlagrythmus und fand bei seinem Jab überhaupt nicht die Reichweite. St-Pierre hat zwar einen Takedown gelandet, Hendricks aber auch. Beide haben damit nichts anfangen können, womit beide Takedowns keine Auswirkung haben (die sowieso vollkommen überwertet werden. Ein Takedown alleine, bei dem der Gegner nach 5 Sekunden wieder aufsteht (!), sollte dem ausführenden Fighter keinen Vorsprung um Lichtjahre in der Gunst der Judges geben. Letzten Endes ist es nur ein Positionswechsel in eine dominatere Position, genau wie wenn ich am Boden von der Full Guard in die Half Guard wechsle). Ansonsten hat Hendricks mit den Elbows am Käfig und dem Knne Strike, der GSP sogar leicht rockte, meiner Meinung nach eindeutig genug getan, um die Runde zu gewinnen.
Über die zweite Runde brauchen wir nicht großartig reden, da sind sich alle einig. St-Pierre fand besser zu seinem Jab, war aber in der Striking Defense sehr offen. Joe Rogan hat das gut angemerkt und man hat es auch schon im Kampf gegen Condit gemerkt: St-Pierre wirkt seit seiner Knieverletzung deutlich langsamer und in seiner Bewegung eingeschränkt. Sein Timing hat ihm in vielen Bereichen immer einen Vorteil verschafft und das ist seitdem nicht mehr so gegeben. Da St-Pierre ebenso wenig den Schlägen mittels Headmovement auswich, landete Hendricks auch entsprechend und hatte St-Pierre in größeren Schwierigkeiten. Der Champion konnte sich gegen Ende der Runde aber noch mal gut erholen, sodass ich diese Runde ebenfalls nur mit 10-9 Hendricks werten würde. Ebenfalls zu bemerken ist, dass Hendricks der erste Gegner St-Pierres war, der diesen auch körperlich dominierte und somit in Scrambles oder im Clinch nicht nur mithalten, sondern sogar die Kontrolle ausüben konnte.
Runde 3 war dann bis dato St-Pierres beste Runde, in der er sein Striking wie gewohnt eingesetzt hatte. Hendricks nahm etwas an Tempo und Kraft aus seinem Stil raus, landete dafür aber ebenfalls gut mit Jabs. Insgesamt war St-Pierre aber deutlich effektiver und landete mit vereinzelten Kombis auch die effektivsten Treffer in dieser Runde. Durch den Takedown von Hendricks wurde es dann noch mal sehr knapp, aber die Runde dürfte knapp an GSP gehen.
Auch in der vierten Runde sah St-Pierres Striking zuerst wieder besser aus. Er landete jetzt öfter und auch ziemlich sauber, während Hendricks nur noch zu vereinzelten Powerpunches kam, die auch nicht immer richtig sauber landeten. Knackpunkt in der Runde war dann der Takedown von Hendricks (und ja, es war ein Trip von Hendricks und kein Slip von GSP). Er konnte den Kampf für längere Zeit mit Ground & Pound dort halten und richtete mit diesen Strikes dann auch mehr Schaden aus, als GSP zuvor im Stand. Die restliche Runde über dominierte Hendricks dann auch im Stand zum ersten Mal den Verlauf und das Tempo des Kampfes und traf wieder öfter mit seinen Schlägen. Danach dominierte Hendricks noch die bereits angesprochene Stärke im Clinch. Hendricks Ecke machte vielleicht dann einen Fehler, indem sie Hendricks sagten, dass er die fünfte Runde auf keinen Fall mehr brauche.
Die fünfte Runde war dann ganz stark von St-Pierre, deutlich besser, als ich sie in Erinnerung hatte. Egal was man von ihm hält und in was für einer Verfassung er sich letztlich befunden hat, zu so einer Leistung in der letzten Runde können sich nur wahre Champions noch ein Mal aufraffen. GSP drückte noch ein Mal auf's Tempo, landete eine Vielzahl von guten Strikes und sicherte sich spätestens mit dem zweiten Takedown und der Kontrolle am Käfig diese Runde.
Ich verstehe, dass man mit dem 10 Point Must System diesen Kampf deutlich komplizierter macht, als er eigentlich ist. Denn nach PRIDE Regelungen sind sich wirklich alle einig, dass Hendricks diesen Kampf eindeutig verloren hat. Ich hätte es schon vor dem zweiten Schauen keine Robbery genannt und werde es jetzt sicher auch nicht machen. Trotzdem sind für mich die Wertungen in allen Runden deutlich genug. Die engste ist für mich wirklich noch die dritte Runde, wo es auch eine 10-10 oder eine 10-9 für Hendricks hätte geben können. Die erste kann man natürlich auch irgendwie für GSP begründen, aber ich persönlich sehe das einfach nicht. Die erste war für mich sogar eindeutiger als die dritte. Dazu kommt, dass die signifikanteste Runde, die zweite, auch mit einer 10-8 für Hendricks gewertet werden könnte. Ich kann es drehen und wenden, wie ich will, Johny Hendricks war für mich hier trotz der Knappheit auch nach dem 10 Point Must System relativ eindeutig der Sieger.
Noch zwei weitere Sachen: Vieles an diesem Kampf war irgendwie unklar. Das fängt bei der Submission an und endet bei dem vermeintlichen Tap von Hendricks in der ersten Runde nach St-Pierres Guillotine Choke. Die Handbewegung von Hendricks sah wirklich etwas komisch aus, aber für mich war das definitiv kein eindeutiger Tap. Dazu kommt, dass weder einer der Kommentatoren, noch einer der Fighter oder Referee Mario Yamasaki das in irgendeiner Form bemerkt oder beanstandet haben. Auch nach dem Kampf nicht. Joe Lauzon hat das als Abwehr gegen die Guillotine bezeichnet und auch St-Pierres Headcoach Firas Zahabi hat da laut eigener Aussage überhaupt kein Anzeichen für einen Tap gesehen. Womit wir zu der nächsten Situation kommen: Nach der dritten Runde erzählt Zahabi St-Pierre auf französisch, dass "il gagné" irgendwas. Das bedeutet, dass "er gewonnen" hat, was sich also nur auf Hendricks beziehen kann. Danach sagt er zu GSP "deux a un", also zwei zu eins. Daraus kann man durchaus schließen, dass Zahabi den Kampf nach der dritten Runde 2:1 für Hendricks wertet. Auf der anderen Seite lobt er GSP aber auch sowohl nach Runde 1 und 3. Ariel Helwani hat das in der MMA Hour aufgegriffen, weil er zu demselben Schluss wie ich kam und Zahabi hat da teilweise zweideutige Aussagen gemacht. Er hat sich in der Emotion des Moments vielleicht versprochen und die Übertragung zeigt nicht, dass er danach noch sagt, dass GSP diese Runde gewonnen hat, ebenso wie die erste. Das geht auch irgendwie aus einer anderen Einstellung (man kann auf ufc.tv einstellen, dass man den kompletten Kampf mit dem Kommentar von einer Ecke sehen will, inklusive der Pausen) auch irgendwie hervor Außerdem sagt er nach der vierten Runde dann wieder, dass es zwei zu zwei und sehr eng steht und St-Pierre wie ein Champion den Kampf beenden soll. Auf jeden Fall noch so ein komisches und teilweise wiedersprüchliches Detail.
Zu den restlichen Kämpfen, gibt es nicht so viel zu sagen. Die Ergebnisse spiegeln größtenteils auch den Verlauf wieder. Pettis vs. Campuzano war gefühlt knapper als 30-27, aber Pettis hat den Kampf meiner Meinung nach schon gewonnen. War aber definitiv eine gute Vorstellung von Campuzano und ein guter Test für Pettis, der mir dann doch etwas zu sehr gehypt wurde. Sonderlich beeindruckend war das noch nicht, zumal er, ähnlich wie sein Bruder, oft zu lange in einer Bottom Position am Boden verweilt. Bei den aktuellen Judges kann man keine Runde in der eigenen Guard gewinne, weil sie immer den Fighter in der Top Position als dominant ansehen werden.
Perez hatte wieder einen vergleichbar leichten Gegner, sodass ich seinen erneuten Sieg wieder nicht sonderlich beeindruckend finde. Dazu kommt, dass Perez gleich in der ersten Runde einen großen Low Blow landete, der Figueroa natürlich beeinflusste. Aber Respekt an Figueroa, der Typ hat echt ein Kämpferherz und ist sehr schwer zu finishen. Story und Leites waren dann in ihren Kämpfen seeehr dominant. Ebersole und Herman hatten zu keinem Zeitpunkt eine Chance.
Cerrone konnte mich dann glücklicherweise mal wieder überzeugen. Das ist der alte Cowboy, der dieses Mal sogar, entgegen meiner Vermutung, gegen einen Pressure Fighter gut aussah. Das war wieder eine starke Leistung, wie gegen Siver oder Guillard, mit der Cerrone definitiv in die Top Ten der Lightweight Division gehört. Und das ist meiner Meinung nach auch weiterhin seine Division. Cerrone sieht in der Lightweight Division immer schon stark belastet und ausgedünnt aus und hatte wohl auch schon relativ schlechte Weight Cuts. Gerade bei seiner Größe dürfte der Cut in die Featherweight Division nicht ohne Risiken durchführbar sein.
Zu Elliott vs. Bagautinov habe ich ja weiter oben schon was geschrieben. Elliott hat diesen komischen Stil, bei dem er hohes Tempo fährt und vermeintlich starken Druck auf den Gegner ausübt, aber nicht viele Strikes anbringt. Das hat dann Bagautinov in die Karten gespielt, der so immer mit Vorstößen kontern und Treffer landen konnte. Dazu kam das bessere Grappling des Russen, womit wir dann einen ziemlich deutlichen Sieger hatten, obwohl Elliott zumindest optisch dominanter war.
Woodley vs. Koscheck war dann ein sehr beeindruckender Kampf von Tyron. Ähnlich wie gegen Hieron waren es wieder richtige Powershots, die den Ausschlag machten. Sicker KO, der definitiv auch ein KO of the Year Candidate ist. Für Koscheck ist es jetzt vielleicht wirklich an der Zeit zurückzutreten, auch wenn ich ihn, ähnlich wie gegen Lawler, zu Beginn des Kampfes sogar als besseren Fighter gesehen habe. Möglicherweise sollte man nächstes Jahr noch mal einen Abschiedskampf mit Chris Leben auf die Beine stellen, der danach hoffentlich ebenfalls seine Karriere beendet.
Zu Rory Mac vs. Lawler wurde bereits alles gesagt. Ich freue mich richtig darüber, da ich MacDonald absolut nicht ausstehen kann und sein Stil zahlt sich eben gegen einen aggressiven Striker nicht aus. Ich fand ihn schon immer überbewertet, hatte ihn in meiner persönlichen Top Ten lange in der unteren Hälfte. Denn mal ehrlich, es war viel Hype dabei, er hat niemals jemand zu der Zeit relevanten Fighter in der Welterweight Division besiegt und sein Sieg gegen Ellenberger war der grottigen Leistung seines Gegners geschuldet. Normalerweise hätte schon Ellenberger die Rolle Lawlers ausfüllen sollen.