Hier kommt auch schon mein erster Buch-Review. Die folgenden werden sich im Übrigen auf den Bereich "Fantasy" beziehen.
Meine Wahl fiel relativ schnell und spontan, da es eine der wenigen Lektüren ist, die zum Nachdenken anregen.
Im Vorhof der Hölle von Carlo Ross.
Zunächst einige Worte zum Autor selbst. Während der Zeit des Nationalsozialismus erlebte der Jude im KZ Theresienstadt den Hass der Deutschen gegenüber seiner Religion. Bereits davor wurde Ross von seinen Eltern getrennt und war im "Vorzeige-KZ" der Nazis auf sich alleine gestellt. Durch glückliche Zufälle überlebte Ross diese schreckliche Zeit und starb erst 2004. Mit "Im Vorhof der Hölle" verarbeiter der Schriftsteller seine eigene Jugend.
Inhalt
Die Juden aus dem Kreis Hagen werden von SA-Beamten zusammengetrieben. Wahllos wählen die Nazis einige von ihnen aus, um diese in einen Zug nach Theresienstadt zu schicken. Im Volksmund gab es von dort nur einen "Ausweg": in die Vernichtungslager. Bei der Auswahl wurde keine Rücksicht auf Verwandtschaft bzw. Freundschaft genommen, sodass der junge David Rosen im Alter von 14 Jahren sich von seiner Mutter trennen muss. Sein Vater wurde kurz davor umgebracht. Auf der Zugfahrt, auf der es über die gesamte Zeit hinweg stockdunkel und die Versorgung mehr als spärlich ist, lernt der Jugendliche einen jungen Arzt kennen. Dieser erzählt ihm, dass es nun keinen Ausweg mehr geben würde, um lebend aus der Sache rauszukommen. Einige Personen verdursten bzw. verhungern, andere erleiden psychische Schäden. Aufgrund des Mangels an Toiletten stinkt es im gesamten Abteil bestialisch.
Am Ziel angekommen bekommen die Juden eine "Wassersuppe" vorgeworfen, die aber dennoch mit Begeisterung gegessen wird. Schließlich die erste richtige Mahlzeit seit unzähligen Tagen. Die Juden erhalten dort ihre Nummer, mit der sie auch angesprochen werden. Der Kommandant holt den ehemaligen Arzt zu sich und meint, dass er in einem Krankenhaus gebraucht werden würde. Aus Loyalität entgegnet dieser, dass David sein Gehilfe sei und er ihn mitnehmen wolle. Der Nationalsozialist ist damit einverstanden. Der erste Tag in Gefangenschaft endet mit einer schlaflosen Nacht, in der alle Menschen eng zusammen gedrängt auf dem schmutzigen Boden versuchem, zu schlafen. In den folgenden Tagen wird David übersiedelt David in ein Heim, während der Arzt im Krankenhaus selbst ansässig wird. Dort ist es Davids Aufgabe, den psychisch Gestörten beim Essen zu helfen, diese Anzuziehen usw. Im Heim lernt er inzwischen einige Teenager seines Alters kennen. Im überfüllten, völlig überholten Haus müssen die Heranwachsenden in einem Bett zu siebt liegen.
Den größten Schock seines bisherigen Lebens erlebt David Rosen zwei Monate später: Seine Patienten werden in die Vernichtungslager transportiert, da die Verwirrten von den Nazis als "unnötige Essensfresser" angesehen werden. Nach und nach erkennt der Junge, wie grausam die Nationalsozialisten wirklich sind. Während die meisten auf der Straße leben müssen, da die Häuser überfüllt sind, ist die Versorgung sehr schlecht. Außerdem werden Juden in regelmäßigen Abständen in den Osten geschickt.
Anfang 1942 erhält David einen neuen Job als Straßenkehrer. Es fällt ihm schwer, sich von dem jungen Arzt zu trennen, der zu ihm wie ein zweiter Vater gewesen war. Am Morgen des 10. Junis wird bekannt, dass ein bedeutender Nazi von jüdischer Hand umgebracht wurde. Aus Rache zünden die Deutschen ein ganzes Viertel, in dem unzählige unschuldige Juden leben, an. Keiner überlebt. David wird zusammen mit einigen ausgewählt, um nur wenige Meter davon entfernt ein Massengrab auszuheben. Es wird ihnen auch befohlen, die verbrannten Leichen in die Grube zu werfen.
In seiner Freizeit dichtet Rosen sehr gerne, außerdem besucht er die Kinder in dem Krankenhaus und spielt für diese Puppentheater. Als der Winter beginnt, starten einige Juden die Aktion "Jugend hilft". Hierbei wird er dem Kriegsinvaliden Josef Herz zugeteilt, der zusammen mit elf anderen Verletzten am Dachboden eines alten Hauser untergebracht ist. Der Jugendliche bringt den Männern ihr Essen und kümmert sich beispielsweise um kaputte Dinge. Mit der Zeit schließt David die Invaliden in sein Herz.
Kurz darauf wird David Rosen zur Arbeit in einer Kohlenkolonne eingeteilt. Aufgrund seiner harten Arbeit wird ein SS-Offizier auf ihn aufmerksam und fragt ihn, ob David in der SS-Kaserne, die im Gegensatz zum Rest von Theresienstadt prunkvoll ausgestattet ist, als Diener beschäftigt werden wolle. David stimmt zu.
Als er Vera, die als Kinderkrankenschwester arbeitet, zum ersten Mal erblickt, verliebt sich der Junge auf Anhieb. Nach kurzer Zeit kommen die beiden zusammen und verbringen jede freie Minute miteinander.
Während seiner Arbeit in der SS-Kaserne hört David Rosen, dass eine Kommission in die Stadt kommen würde und diese die Verhältnisse prüfen werde. Zu diesem Anlass leiten die Nationalsozialisten die Restaurierung des Konzentrationslagers in die Wege. Außerdem wird den Juden befehlen, zu behaupten, dass es ihnen gut ginge und sie genug zu essen bekommen würden. Keiner der Prüfer erkennt auch nur annähernd, was in Theresienstadt wirklich vor sich geht.
Im Herbst 1943 erhält David Rosen die Nachricht, dass Josef Herz mit seinen Mitbewohnern in ein Vernichtungslager transportiert werden soll. David ist geschockt, denn dort erwartet sie der sichere Tod. Ein Invalide schenkt ihm als Dank für alles zwei Brillianten. Noch lange nach dem herzlichen Abschied denkt David über das Ereignis nach und fragt sich, wie das alles hat passieren können.
Als er Vera davon erzählen will, entgegnet diese, dass sie selbst auch auf der Liste zum Transport stehen würde. Verzweifelt irrt David im KZ herum und sucht am Boden zerstört nach einem Ausweg. Schließlich schafft es David, einen niedrigen Beamten, der die Kontrolle über die Listen hat, mit den Brillianten zu bestechen, sodass Vera gestrichen wird. In den folgenden Wochen werden unzählige Juden in den Osten geschickt. Unter anderem auch ein kleiner Junge, den David und Vera besonders gern haben. Im letzten Moment verstecken die beiden ihn bei einer anderen Familie.
Als 1944 immer klarer wird, dass die Deutschen den Krieg nicht mehr gewinnen werden, werden die Nationalsozialisten freundlicher zu den Juden. Vermutlich um ihre eigene Haut zu retten, wenn die Russen einmarschieren.
Neue Menschen kommen massenhaft in das KZ; die Essensausgabe funktioniert nicht mehr. Tausende Juden, darunter vor allem Kranke, verhungern. Im Zuge eines Arbeitsauftrags wird 15 000 Juden gesagt, dass sie in ein anderes KZ transportiert werden würden. Dort wären die Verhältnisse besser. Außerdem würden ihre Familien so bald wie möglich nachkommen. Auf der Zugfahrt wird den Männern gesagt, dass sie Postkarten schreiben sollten, damit die Verwandten wissen, dass es ihnen gut geht. Der Zug führt allerdings in ein Vernichtungslager, wo die Juden vergast und verbrannt werden. David und Vera werden davon verschont.
Anfang 1945 erkennen die Nationalsozialisten, dass der Krieg verloren ist und übergeben die Stadt dem Roten Kreuz. Bis zum Einmarsch der Roten Armee verläuft das alltägliche Leben äußerst chaotisch; auch hier müssen zig Juden ihr Leben lassen.
Im Mai kapituliert Deutschland und die Russen werden unter großem Jubel empfangen. David und Vera wenden sich an einen jungen Offizier, der ihnen rät, aus der Stadt zu fliehen. Der Russe verschafft ihnen außerhalb des Konzentrationslagers Kontakte, sodass sie ohne Probleme flüchten können.
Die Heimreise beginnt, allerdings fehlt es dem jungen Paar an Lebensmitteln. David und Vera gelangen in die Besatzungszone der Amerikaner, die sie für kurze Zeit bereitwillig aufnehmen. Das Buch endet damit, dass die beiden sich über ihr neues Leben unterhalten und beide der Meinung sind, dass sie in Zukunft alles dafür tun werden, um unabhängig zu sein.
Fazit
Wenn man heutzutage wissen will, wie die Jugend zur Zeit des NS-Regimes aussah, sollte dieses Buch lesen. Carlo Ross schildert die Ereignisse unglaublich detailliert und realitätsgetreu. "Im Vorhof der Hölle" ist ein Buch
gegen das Vergessen, der den damaligen Rechtsextremismus auf den Punkt bringt. Auch in der heutigen Zeit ist das Thema aktuell, da sich einige Irre - aus welchen irrelevanten Gründen auch immer - als Nationalsozialisten sehen.
Ich persönlich kann die Lektüre nur empfehlen, regt wirklich zum Denken an. Ein kurzes Feedback wäre nett, der nächste Review kommt bestimmt.
Bis dahin, Stevie