Ausgabe #3
Die 150 besten WWF/E Matches - 1995 & 1996
Der Aufstieg des Heartbreak Kid
Die fetten Jahre waren vorbei. 1994 war finanziell der Tiefpunkt in der WWF Historie, doch gerade Booking-technisch sollte es in den folgenden Jahren noch dicker kommen. Im wahrsten Sinne des Wortes etwa, als beim King of the Ring 1995 niemand geringeres als Mabel, später bekannt als Viscera oder Big Daddy V, zum Turniersieger gekrönt wurde. Es folgte ein katastrophales Match gegen den WWF World Champion Diesel beim Summerslam. Als Mabel dann auch noch den Undertaker kurz darauf bei einem Beatdown eine schwere Gesichtsverletzung zufügte, die den Taker für zwei Monate außer Gefecht setzte und ihm im Anschluss daran eine zugegebenermaßen ziemlich coole Phantom der Oper ähnliche Maske bescherte, war die WWF Karriere des Schwergewichts vorerst gelaufen. In einem Shoot Interview verriet Nash außerdem, Mabel habe zuvor schon mindestens 8 andere Wrestler in der Company mit seinem rücksichtslosen Stil verletzt. Warum Vince McMahon trotzdem relativ lange am "Man on a Mission" festhielt, dürfte bis heute ein Rätsel bleiben. Vince plagten zu dieser Zeit aber noch ganz andere Sorgen. Der Steroide Skandal war längst voll ins Rollen gekommen und es gab bereits den Plan, sollte McMahon eine Gefängnisstrafe erwarten, dass Jerry Jarrett für einige Zeit die Geschicke der Company leiten würde. Alles in allem stand die Existenz des McMahon-Imperiums wohl nie zuvor und nie wieder danach so sehr auf der Kippe wie in diesem Zeitraum.
Doch die Mitte der 90er Jahre brachte für Wrestling Fans auch eine erfreuliche Veränderung mit sich. Bret Hart selbst erklärte in einem Shoot Interview seine Sicht der Dinge so, dass der Wrestling Sport durch die Skandale um Hulk Hogan und Vince McMahon so gut wie alle "Casual Fans" verloren habe. Die Öffentlichkeit schaute verächtlich auf das Sports Entertainment, was übrig blieb waren nur noch die echten Wrestling Fans, die jede Woche einschalteten. Und diese Fans waren es satt, jede Woche dieselben Squash Matches zu sehen. Sie hatten genug von Hulk Hogans Three Moves of Doom und den technisch anspruchslosen Matches zwischen vermeintlichen Powerhouses wie "The Barbarian, The Warlord, The Ultimate Warrior" (nach Bret Hart). Schon seit 1992 gab es Anzeichen, dass die Zukunft des Business auf den Schultern von kleiner gewachsenen Technikern wie Bret Hart, dessen Bruder Owen und dem British Bulldog, oder generell aufregenderen Wrestlern wie Shawn Michaels, Razor Ramon und Bam Bam Bigelow ruhte. Natürlich gab es auch hier und da noch die deutlich eindrucksvolleren Erscheinungen wie Yokozuna, Diesel oder Lex Luger, der Trend war dennoch deutlich zu erkennen. Nachdem 1993 und 1994 vor allem vom Hitman dominiert wurden, war es nun an der Zeit, ein weiteres neues Aushängeschild der Company aufzubauen. Bis auf zwei Ausnahmen war diese Person in allen nun folgenden Matches involviert. Gehen wir es an.
Bevor wir in die hohen Card Regionen vorstoßen jedoch ein Match um die Intercontinental Championship. Ein relativ neues Gesicht durfte
Wrestlemania XI mit dem zweitwichtigsten Gürtel der Promotion betreten. Er war strohblond, stolzierte gerne durch die Gegend und benutzte den Figure Four Leglock als Finisher. Klingelt es? Genau, die Rede ist von
Jeff Jarrett! Er stand in einem Rückmatch vom Royal Rumble 1995 seinem Vorgänger
Razor Ramon gegenüber. Begleitet wurde der vermeintliche Country Sänger Jarrett von The Roadie, der später als Road Dogg bei den New Age Outlaws wesentlich berühmter wurde. Ramon dagegen bekam Unterstützung vom 1-2-3 Kid, später ebenfalls als X-Pac bei D-Generation X an Bord. Nachdem die Ringglocke läutete, beförderte Ramon seinen Gegner erstmal nach draußen, um im Ring sein Feuerwerk zu genießen. Okay. Man mag es heute kaum glauben, aber Jarrett hatte zu dieser Zeit wesentlich mehr drauf als mit der Gitarre zuzuschlagen. Er war sehr athletisch, was gegen Ramon allerdings zunächst wenig brachte, denn der "Kubaner" traf Jarrett immer wieder mit harten Rechten im Gesicht. Nach einer guten, temporeichen Phase mit einem schönen Neckbreaker und zwei Dropkicks von Jarrett ging es in den ersten Rest Hold, auf den eine Kollision und ein doppelter Punch ins Gesicht in der Mitte des Rings folgten. Jarrett wehrte einen Eingriff vom Kid ab und konnte dem Diving Bulldog Versuch von Ramon ausweichen, sodass dieser direkt auf die Kniescheibe fiel. Natürlich DIE Möglichkeit für den Champion, den Figure Four Leglock anzusetzen, doch Ramon kämpfte sich trotz der Eingriffe vom Roadie heraus und landete wenig später einen Super Back Suplex. Der Razor's Edge soll folgen, doch wieder ist der Roadie zur Stelle und sorgt für die DQ! Sofort stürmt 1-2-3 Kid in den Ring und tritt auf beide Gegner ein. Lange kann er sich der Übermacht aber nicht stellen und so landet er schlussendlich im Figure Four, bis Ramon den Save für ihn macht. Razor hatte damit zwar das Match, nicht aber den Titel gewonnen. Ein ordentliches Match insgesamt, im Vergleich zu den anderen Matches aber absolut nichts besonderes.
Ebenfalls bei Wrestlemania XI trafen zwei ehemalige beste Freunde aufeinander.
Diesel verteidigte die WWF World Heavyweight Championship gegen den Mann, für den er früher als Bodyguard fungierte:
Shawn Michaels. Man sollte meinen, ein solches Aufeinandertreffen würde den Main Event jeder Show bilden. Tja, falsch gedacht! Denn es begab sich 1995, dass ein Football Spieler namens Lawrence Taylor sich bereit erklärte, ein Wrestlemania Match gegen Bam Bam Bigelow zu bestreiten, das vermutlich in einem Anfall von Wahnsinn gleich als Main Event der Veranstaltung gebookt wurde. Plötzlich ist The Rock in den Main Events 2012 und 2013 doch gar nicht mehr so schlimm. Auf jeden Fall mussten sich Shawn und Diesel mit dem Co-Main Event zufrieden geben. Auch hier geizte man nicht mit Star Power. Es gab einen Special Ring Announcer, der mir nicht bekannt war. Ein junger Schauspieler, der wohl bei "Hör mal wer da hämmert" mitgespielt hat, war Special Time Keeper. Michaels wurde von Jennifer McCarthy begleitet, Diesel von Pamela Anderson. Auch hier wird wieder einer der Teilnehmer, namentlich Shawn Michaels, aus dem Ring befördert, damit wir in Ruhe das Feuerwerk genießen können. In der Anfangsphase bemühte sich Shawn sichtlich, ein gewisses Tempo in das Match zu bringen. Wenn Diesel in der Offensive war, sellte sich Michaels für seinen Buddy den Arsch ab, nahm einen extrem hohen back Body Drop und einen Flip Dive über die Ecke nach draußen. Dann war es Zeit für die Offensive von HBK, mit einer Clothesline beförderte er Big Daddy Cool nach draußen, dann segelte er mit einem tollen Crossbody und kurz darauf mit einem Splash vom Apron hinterher. Ein Diving Bulldog und ein Diving Elbow auf den Rücken reichen nicht zum Sieg, denn Diesel hat selbst noch einiges zu bieten. Mit einem Snake Eyes setzt er Shawn zu, wenig später wird mal wieder dessen blanker Hintern entblößt. Kein Wunder, dass Shawn und Flair später so gute Freunde wurden. Beim Versuch, Shawns Manager Sycho Sid zurückzuhalten, verletzt sich Referee Earl Hebner am Knöchel und kann so erst verspätet das Cover nach einer Sweet Chin Music zählen, die jetzt scheinbar als Finisher etabliert ist. Michaels ist stinksauer und verliert so wertvolle Zeit. Diesel fängt einen seiner Dives mit einem Sidewalk Slam ab, verpasst HBK die Jacknife Powerbomb und verteidigt damit seinen Titel! Ein wenig antiklimaktisches Finish, zumal Nash immer dazu neigte, seinen Gegner bei der Jacknife einfach fallen zu lassen anstatt, naja, Power in eine Powerbomb zu stecken. Trotzdem hat Michaels sich deutlich bemüht, ein gutes Match mit dem limitierten Nash zu zeigen.
Nachdem es mit dem World Title (noch) nicht geklappt hat, war es für Shawn an der Zeit, eine alte Rivalität neu aufzurollen. Beim
Summerslam 1995 gab es die Neuauflage des legendären Ladder Matches von Wrestlemania X zwischen
Shawn Michaels und
Razor Ramon, der sich inzwischen seine Intercontinental Championship zurückholen konnte. Beim Entrance von HBK präsentierte eine extrem aufgeregter Werbefuzzi am Ringrand die neuste "Shawn Michaels Collection", bestehend aus dessen Sonnenbrille, einem Poster und "vielem mehr". Sehr befremdlich aus heutiger Sicht. Michaels und Ramon jedenfalls wollten keine Zeit verlieren und legten gleich los wie die Feuerwehr. Superkick und Razor's Edge werden nach wenigen Minuten erfolgreich verhindert, dafür versucht Shawn wieder sich umzubringen oder zumindest ernsthaft zu verletzten, indem er in hohem Bogen aus dem Ring fliegt und bei einem Suplex vom Apron fast auf die Absperrung knallt. Wieder versuchen beide Wrestler ihre Finisher, neutralisieren sich aber schließlich mit einer Double Clothesline. Ramon punktet mit einem Fallaway Slam vom zweiten Seil und holt sich dann zum ersten Mal im Match eine Leiter. Wie schon bei Wrestlemania X will Michaels ihm diese mit einer Baseball Slide ins Gesicht rammen, doch dieses Mal ist Ramon vorbereitet und kann ausweichen. Ein schöner und schlauer kleiner Spot. Wieder nimmt Shawn keine Rücksicht auf seine Gesundheit und bleibt bei einem Sturz von der Leiter mit seinem Bein zwischen den Sprossen hängen, was Ramon gleich für Bodypart Working nutzt. Bis hierher ist das ein sehr gutes Wrestling Match, bei dem halt zufällig eine Leiter dabei ist. Keine echten High Spots bisher, dafür solides Ring Work. Ramon will scheinbar zeigen, dass auch er schmerzhafte Bumps zeigen kann und fliegt über eine Leiter in der Ecke unkontrolliert fast auf den Apron. Jetzt schaltet Michaels einen Gang höher, bringt die Moonsault Press ins Ziel und springt von ganz oben auf den Leiter mit einem Splash herunter. Doch auch hier hat Ramon dazugelernt und rollt sich aus dem Weg. Razor war scheinbar ein echt intelligenter Typ. Dann kommt er auch noch auf die Idee, eine zweite Leiter in das Ladder Match zu involvieren! Razor war definitiv ein intelligenter Typ! Beide stürzen gleichzeitig von der Leiter und brauchen etwas Erholungszeit. Shawn ist als erstes wieder auf den Beinen, wird aber von Ramon von der Leiter direkt in die Razor's Edge gehoben. Die Chance für Ramon? Nein, denn Shawn ist wieder da und tritt ihn mit einem Superkick von der anderen Leiter auf zurück auf den Ringboden. Mit einem Sprung verfehlt er die Titel jedoch, also klettert er erneut auch...und springt wieder daneben! Stinksauer versucht er es zum dritten Mal und schafft es endlich, das Match für sich zu entscheiden! Für mich persönlich war dieses Match noch einen Tick stärker als bei Wrestlemania, gerade weil Ramon an einigen Stellen toll Bezug auf das erste Aufeinandetreffen nahm und das Match auch ohne Involvierung der Leitern sehr ansehnlich war.
Nachdem es über Jahre hinweg nur fünf Großveranstaltungen gegeben hatte, die als PPV zur Verfügung standen (Royal Rumble, Wrestlemania, King of the Ring, Summerslam & Survivor Series), entschied sich die WWF 1995, seinen Fans ab sofort monatlich eine große Card zu bieten, die diese für einen kleinen Aufpreis erwerben konnten. "In Your House" hieß das Konzept, das zunächst noch einige Kinderkrankheiten aufwies. In Your House 1 etwa bot zwar ein ordentliches Bret Hart vs. Hakushi Match, lieferte dafür aber im Main Event ein mieses Aufeinandertreffen zwischen Diesel und Sycho Sid. Dafür gab es nach der eigentlichen Show im Dark Match 15 Minuten Owen Hart vs. The British Bulldog zu sehen. Bei
In Your House 3 dagegen schaffte es ein echter Knüller auf die Card. Zum ersten Mal in der Geschichte der WWF standen alle drei Championships (World, IC, Tag Team) in einem Match auf dem Spiel!
Shawn Michaels (IC) und Diesel (World) trafen auf
Yokozuna (TT) und The British Bulldog, der seinen Schwager Owen vertrat, da dieser angeblich nicht anwesend sein konnte. Der Bulldog hatte früher am Abend bereits Bam Bam Bigelow in einem Singles Match besiegt, musste hier also Überstunden leisten. Er begann das Match gleich zusammen mit Shawn Michaels, was rein wrestlerisch natürlich die vielversprechendste Begegnung dieses Tag Team Kampfes war. Nach einigen schönen Manövern landete der Bulldog außerhalb des Rings, Diesel haute Yokozuna ebenfalls raus und die Faces kontrollierten das Seilgeviert. Shawn und Yoko machten weiter und obwohl Michaels versuchte seine Tempo-Vorteile auszuspielen, etwa indem er zwischen Yokos Beinen hindurch slidete, erwischte ihn der gewaltige Sumo Wrestler bald und schleuderte ihn mit einem Body Slam auf die Matte. Der Elbow Drop ging jedoch daneben und Shawn lies lieber seinen größeren Kumpel machen. Der brachte Yokozuna mit einem Big Boot in Bedrängnis, wurde dafür gleich darauf vom Bulldog mit einem beeindruckenden Suplex gefällt. Doch der Powerslam gelang dem Briten nicht und so übernahmen die "Two Dudes With Attitudes" wieder die Kontrolle. Shawn sprang mit einem Splash von Diesels Schultern auf Davey Boy, was dieses jedoch nur kurz am Boden hielt. Wenig später warf er Michaels mit einem Press Slam und einem Back Body Drop quer durch den Ring. Es ging weiter hin und her, Yokozuna verfehlte Shawn mit einem Banzai Drop und der schaffte den Hot Tag zu Diesel. Big Daddy Cool beförderte Yokozuna in eine Ringecke, den Bulldog gleich hinterher und der schwere Sumo fiel direkt auf seinen Partner drauf. Nun brach das Match auseinander, wie man das von heutigen Multi Men Tag Matches kennt. Ein Samoan Drop von Yokozuna fällte Diesel, dafür kassierte der Japaner, der eigentlich Samoaner war, einen Superkick von Michaels. Der Bulldog brachte den Powerslam gegen Diesel ins Ziel, doch Michaels schaffte den Save mit dem Diving Elbow. Und plötzllich rannte Owen Hart doch noch in die Halle, um den angeschlagenen Diesel zu attackieren! Doch der fing den King of Harts mit einem Schlag in die Magengegend ab, verpasste ihm die Jacknife und coverte Owen zum Sieg! Richtig gelesen, Owen Hart, der gar nicht im Match stand. Shades of WCW! Ein äußerst dämliches Finish für ein ansonsten starkes Match. Leichte Kost für zwischendurch, aber kein All-Time-Classic.
Jetzt war aber an der Zeit, wieder einen würdigen Herausforderer für die WWF World Championship zu finden, nachdem Diesels Programme mit Sid und Mabel eher...sagen wir enttäuschend verliefen. Und wer würde sich für eine Wiedergutmachung besser anbieten als
Bret Hart! Nachdem dieser seinen Titel höchst kontrovers an Bob Backlund verlor, der nur wenige Wochen später von
Diesel wieder entthront wurde, war es nun an der Zeit für den Hitman, den Gürtel zurück in die Hände zu holen, in die er seiner Meinung hingehörte. Bei der
Survivor Series 1995 war es endlich soweit, in einem No DQ Match trafen zwei der größten WWF Stars ihrer Zeit aufeinander. Ein erstklassiges Hype Video stimmte die Zuschauer auf das Match ein. Das hatte die WWF schon damals drauf. Um gleich mal ein Zeichen zu setzen, lösten beide Wrestler jeweils ein Corner Pad. Doch zunächst kam keine der entblößten Ringecken zum Einsatz, stattdessen dominierte Diesel einige Zeit. Einige SEHR LANGE Zeit. Und das, ohne viele Aktionen zu zeigen, abgesehen von einem Chair Shot. Erst beim Versuch der Jacknife Powerbomb befreite sich Bret aus dem Griff des Riesen, indem er diesen ganz unkonventionell biss. Ein kurzer Sleeper Hold brachte Nash in Bedrängnis, ein Face Rack ebenfalls, dann wurde sein Bein bearbeitet. Ein Figure Four Leglock funktionierte, der Sharpshooter aber noch nicht. Also ging der Hitman weiter auf das Bein seines Gegners los, auch mit der Hilfe des Ringpfostens. Dann knotete er Diesel mit einem Kabel an den Ringseilen fest und benutzte einen Stuhl gegen die Beine und den Oberkörper des Hünen. Quasi der Panzertape Spot von damals. Erst als Bret so dämlich ist, aufs Seil zu steigen, kann Diesel zurückkommen indem er seinen Gegner herunter wirft und seine Fesseln löst. Brets Brust zuerst Corner Bump und die Snake Eyes drehen das Match zugunsten von Big Daddy Cool, dann knallt dieser aber schon wieder mit dem Gesicht auf die Ringecke und Hart startet seine übliche Move Kette wie den Bulldog und den Russian Legsweep. Ein Top Rope Plancha geht allerdings daneben und Diesel rollt sich zurück in den Ring. Hart klettert auf den Apron, Diesel schubst ihn....und Bret knallt ohne Ankündigung durch den Tisch des Announcing Teams! Der bestand damals noch aus deinem gewöhnlichen Holztisch mit einer Decke darüber, nichtsdestotrotz ist diese Aktion von großer Bedeutung, denn es war der erste Bump durch den Kommentatorentisch in der WWF Geschichte! Bret sellte diesen als hätte man ihn gerade erschossen, folglich hatte Diesel leichtes Spiel, ihn zurück im Ring siegreich zu covern. Zumindest dachte Diesel das, hart dagegen erwischte ihn mit einem Small Package und hielt ihn bis drei auf der Matte zum Titelgewinn! Ein wütender Ex-World Champ packte sich Hart nur kurz nach dessen Triumph und verpasste ihm die wohl gammligste Powerbomb aller Zeiten. Auch die zur Hilfe eilenden Ringrichter wurden von Diesel verprügelt, Hart kassierte noch eine zweite, bessere Powerbomb, dann verzog sich Big Daddy Cool und schlug noch wütend einige Hände seiner Fans weg. Ein etwas langsamer Start wurde kompensiert von einem interessanten weil ungewöhnlichen Mittelteil und einem wirklich starken Finish. Vielleicht sollte man die ersten 5 Minuten des Matches vorspulen, dann hat man eines der besten Kevin Nash Matches überhaupt.
Nachdem
Shawn Michaels verletzungsbedingt einige Zeit aussetzen musste, schickte er sich bei
In Your House 6 im Frühjahr 1996 an, sich an dem mann zu rächen, der ihn laut Storyline mit einem krachenden Enzuigiri in jene Pause geschickt hatte. Die Rede ist von
Owen Hart, der praktischerweise auch der Bruder des World Champions Bret Hart war und mit diesem weiterhin auf Kriegsfuß stand. Somit wurde das Match zwischen Michaels und Owen kurzerhand zu einem #1 Contender Match für Wrestlemania XII gemacht. Es stand viel auf dem Spiel für beide Teilnehmer, also tanzte Shawn Michaels bei seinem Entrance erstmal auf dem Dach des zur Kulisse gehörenden Hauses und lies sich von seinen Fans, die er ironischerweise "The Clique" nannte, ausgiebig feiern. Kaum hatte das Match begonnen, slidete Michaels zwischen Owens Beine hinweg aus dem Ring, um weiter abzuklatschen. Man merkt, dieses Grudge Match wurde sehr verbissen geführt. Owen wollte es ihm kurz darauf nachmachen, wurde aber von Michaels mit einer bildschönen Crossbody abgeräumt. Mit einem Kip Up kam Michaels wieder auf die Beine und es war klar, wer hier die Kontrolle übernommen hatte. Zurück im Ring zeigte HBK eine Diving Axe Handle, dann verfrachtete er Owen in einen Headlock und zog an dessen Haaren, sehr zum Ärger von Harts Manager Jim Cornette. Nach einer kurzen Tempo Sequenz packte Michaels den Frankensteiner aus, was Hart allerdings wenig beeindruckte. Mit einem Belly to Belly Suplex ging die Kontrolle auf Owen über, der einen Dive Versuch von Michaels nach draußen in einen blitzsauberen Powerslam auf den Hallenboden konterte. Zurück im Ring gab es einen Missile Dropkick für 2. Owen Hart verfügte wirklich über ein sehr modernes Move Set, das auch heute noch ohne Beschwerden durchgehen würde. Eine Victory Roll von Michaels unterbricht das Momentum kurz, dann fängt sich der King of Harts allerdings wieder und bereitet den Sharpshooter vor. Michaels kann die Seile ergreifen, was Hart sichtlich wütend macht. Er entleert den Inhalt seiner Nase auf Michaels, der ihn erneut in eine Victory Roll verfrachtet, doch erneut nur ein Near Fall. Da trifft der Enzuigiri und Michaels klappt in sich zusammen als hätte man ihm gerade eine Kugel in den Kopf gejagt! Wirklich seltsam, dass man Owen nach diesem Angle nie den Enzuigiri als Finisher gegeben hat. Mit viel Glück kann Michaels jedoch seinen Weg zurück ins Match finden, erstmals in dieser Reihe sehe ich seinen Flying Forearm + Kip Up. Der Diving Elbow trifft ebenfalls sein Ziel, dann wird auch noch der auf den Apron gesprungene Cornette einkassiert. Die Sweet Chin Music geht daneben, der Enzuigiri ebenfalls und im zweiten Versuch sitzt der Superkick zum Sieg für Michaels! Anschließend feiert HBK noch ein wenig mit einem jungen Mädchen aus dem Publikum, das heute vermutlich zwischen 25 und 30 Jahre alt sein dürfte. Wie die Zeit vergeht. Auf jeden Fall war das hier eine temporeiche, aufregende Begegnung zwischen den zwei vermutlich athletischsten WWF Wrestlern ihrer Zeit. Leider fehlte etwas die Aggressivität und die Härte, die dem Aufbau gerecht gewesen wäre. Als Match an sich aber definitiv eine Empfehlung wert.
Tja, und dann war es soweit.
Wrestlemania XII war angebrochen und
Shawn Michaels und
Bret Hart sollten in einem 60 Minute Iron Man Match aufeinander treffen. Selten zuvor hatte es ein derartiges Match auf so einer großen Bühne gegeben. Sting und Ric Flair wrestleten einst beim ersten Clash of the Champions für 45 Minuten, in Japan gab es des öfteren Matches, die an der 1 Stunde Marke kratzten, doch würde dies auch bei einem Live PPV, auf der größten Wrestling Bühne der Welt, mit zwei Männern, die sich alles andere als grün waren, funktionieren? Das Match spaltet bis heute die Wrestling Gemeinde. Einige bezeichnen es als ein Wrestling Meistwerk, andere als schlichtweg langweilig. Nach einer ausgedehnten Abtast-Phase von etwa 10 Minuten nimmt Bret Hart den ersten Bump nach draußen, was den Champion etwas aus dem Konzept zu bringen scheint. Er will Shawn nun selbst nach außerhalb befördern, doch der benutzt den alten "Skin the Cat" Trick und zieht sich geradewegs zurück zwischen die Seile. Der Kampf verlagert sich nach draußen, wo Michaels versehentlich dem Time Keeper einen Superkick verpasst! PWG im Jahr 1996, everyone. Der Getroffene muss mit einer Trage aus der Halle gebracht werden, während Michaels im Ring damit beginnt, den Arm des Champions zu bearbeiten. Diese Phase hält bestimmt gute 10 Minuten, dann kommt Bret mit einem etwas seltsamen Diving Knee Drop auf den Kopf des stehenden Michaels zurück, nur um kurz danach mit einem Powerslam wieder auf die Matte geworfen zu werden. Ein Piledriver von Hart reicht nur für zwei, was Jerry Lawler nicht fassen kann (der Piledriver war einer von Lawlers Finishern). Shawn versucht sich im Gegenzug erneut an der Sweet Chin Music, doch Bret flüchtet nach draußen. Aber auch dort ist er nicht sicher, denn Michaels springt mit einem Crossbody hinterher. Wieder zurück im Ring geht es ein bisschen hin und her, Bret bringt einen schönen Fisherman Suplex ins Ziel und wirft Michaels beinahe auf einen draußen stehenden Kameramann. Bei einem Super Back Suplex kracht HBK volles Rohr auf den Nacken, kurz danach fliegt er erneut nach draußen, dieses Mal fast auf seinen Ringbegleiter Jose Lothario. Wo ich Lothario gerade erwähne, ist es nicht echt seltsam, dass "The Heartbreak Kid", also der ultimative Playboy, von einem stinklangweilig wirkenden alten Mann in Strickpullover begleitet wird? Ja, es ist sein Trainer aber trotzdem ist das nicht die Art von Manager, die ich mir für den Charakter Shawn Michaels vorstelle. Wie dem auch sei, Lothario bekommt erneut etwas ab, als er bei einem Whip gegen die Ringtreppe im Weg steht. Ein Belly to Belly innerhalb des Rings setzt Shawn weiter zu, der sich mit Open Hand Slaps wehren will. Die Wirkung bleibt größtenteils aus, Hart entscheidet den Brawl für sich und räumt Michaels draußen mit einer Suicide Dive ab. Ein German Suplex mit Brücke bringt nicht den erhofften ersten Fall für den Champion, dann ist es Zeit für den Sharpshooter. Vielleicht wäre dieser Spot etwas spannender gewesen, hätte Bret vorher das Bein seines Gegners bearbeitet. Genug Zeit war ja. Shawn jedenfalls hat gar keinen Bock in den Finisher des Champs zu geraten, also haut er eine Gutwrench Sitout Powerbomb, eine Moonault Press und einen Diving Frankensteiner raus! Kann sich sehen lassen. Bei einem erneuten Dive versuch fängt ihn Bret jedoch ab den Füßen und setzt den Sharpshooter an! Michaels kämpft und kämpft....und dann sind die 60 Minuten abgelaufen. Ohne Fall endet dieses Match und Bret ist sich sicher, dass er seinen Titel behalten darf. Doch es wird bekannt gegeben, dass das Match unter Sudden Death Regeln weitergehen wird! Also kommt Bret zurück, nur um wenig später einen Superkick zu kassieren! Beide Wrestler sellen ein wenig, raffen sich wieder auf....und ein zweiter Superkick trifft Bret am Kinn! Shawn fällt auf ihn drauf, holt den Three Count und seine erste World Championship! Der Kindheitstraum ist wahr geworden! Ich persönlich kann nur sagen, dass die 60 Minuten Matchzeit förmlich an mir vorbei geflogen sind. Das Match war mit Sicherheit nicht perfekt, den einen oder anderen Kritikpunkt habe ich ja schon geäußert, aber beide Wrestler haben das Match durchweg abwechslungsreich gestaltet, mit guten Tempowechseln und allen ihren bekannten Manövern, ohne einen Overkill zu erzeugen. Auch wegen seiner historischen Bedeutung ein Must-Watch für jeden Wrestling Fan! Aber deckt euch gut mit Chips/Popcorn und Getränken ein!
Shawn Michaels war also endlich WWF World Champion geworden. Sein Gegner Bret Hart dagegen, nahm nach Wrestlemania erst einmal eine Auszeit. Michaels lies es sich allerdings nicht nehmen, direkt im Anschluss an das Iron Man Match Ringrichter Earl Hebner zu sagen, Hart solle sich "aus meinem Ring verpissen". Das Verhalten von HBK zu dieser Zeit als unprofessionell zu bezeichnen, wäre eine gewaltige Übertreibung. Er setzte sich über diverse Regelungen hinweg, terrorisierte mit seiner "Clique" bestehend aus
Diesel, Ramon, 1-2-3 Kid und später Hunter Hearst Helmsley große Teile des Locker Rooms und hielt immer wieder vielversprechende Talente unten, um seinen Titel lieber gegen seine Buddys aufs Spiel zu setzen. Die Zeichen sollten sich aber schon bald gegen ihn wenden, denn 1996 war auch das Jahr, in dem Kevin Nash und Scott Hall den Sprung zu WCW machten, um dort eine der größten Wrestling Storylines aller Zeiten zu starten. Bei
In Your House 7 war davon noch nichts zu ahnen. Für seine erste große Titelverteidigung suchte sich Michaels natürlich einen alten Freund aus, mit dem er schon eine ausgiebige Hintergrundgeschichte hatte, nämlich Diesel. Um diese Fehde ein für allemal zu beenden, trafen die beiden in einem No Hold Barred Match aufeinander, das zu Diesels letztem WWF PPV Match für eine lange Zeit werden sollte. In der ersten Reihe wurde die Wrestling Legende Mad Dog Vachon gezeigt und von einem "Unfall" erzählt. Ah, DAS Match ist das hier also. Michaels konnte die Anfangsminuten überraschend beherrschen, indem er Diesel mit einem Dropkick nach draußen beförderte und mit einem Baseball Slide und einer Crossbody nachsetzte. Der Schuh das Ringsprechers kommt zum Einsatz, doch Diesel macht das nur noch umso wütender. Ohne ersichtlichen Grund würgt er Earl Hebner zu Boden, schnappt sich dessen Gürtel und peitscht Michaels damit aus. Um noch einen drauf zu setzen, wird Michaels mit dem Gürtel um den Hals über die Seile gehangen, was ich immer für einen sehr makaberen Spot halte. Diesel bindet Michaels an den Seilen fest, wirft den armen Ringsprecher locker beiseite und prügelt mit dessen Sitzgelegenheit auf Michaels ein. Erst der bekannte Stuhl-auf-Seile Spot wendet die Sache zu Shawn Gunsten, ein Low Blow tut ebenfalls sein übriges. Nach einiger Zeit prügeln sich beide Wrestler nach draußen, Diesel packt sich Michaels zwischen die Beine, hebt ihn auf seine Schultern....und schmeißt ihn mit der Jacknife Powerbomb durch den Kommentatorentisch! Und da war wirklich Power dahinter! Diesel ist sich so siegessicher, dass er Hebner dazu zwingen will, ihm bereits den Titel umzuschnallen. Dadurch verliert der Herausforderer aber wertvolle Zeit, sodass Michaels unter dem Ring einen Feuerlöscher hervorholen kann und dessen Inhalt geradewegs in Diesels Gesicht befördert. Das Match befördert sich auf die andere Seite der Ringside Area, wo Diesel plötzlich ins Publikum stapft und Mad Dog Vachon ergreift. Er wirft ihn zu Boden, hantiert an dessen Bein herum und zieht schließlich eine Prothese ab! Zu diesem Zeitpunkt wusste quasi niemand außer den absoluten Insidern, dass Vachon eine Prothese hatte, was diese Aktion zu einem riesigen Schock machte! Diesel wollte das Bein gegen Michaels einsetzen, doch der konterte mit einem Low Blow, knallte Diesel die Prothese an den Kopf, warf diese, fürsorglich wie er nun einmal war, irgendwo aus dem Ring, legte die Sweet Chin Music nach und coverte Diesel zum Sieg! Zum Abschluss seiner WWF Karriere hatte Diesel hier das vermutlich beste Match seiner Laufbahn. Michaels war zu diesem Zeitpunkt auf dem vorläufigen Höhepunkt seines Schaffens und konnte mit jedem Gegner ein hervorragendes Match zeigen. Gerade mit seinem altbekannten Buddy Nash war das für ihn natürlich ein Klacks. Man addiere einige schöne Hardcore Spots und man erhält ein Match, das absolut sehenswert ist!