Haltet Ihr MMA-Freunde eigentlich die Heavyweight-Klasse auch für so schlecht besetzt, dass sie Pfund-für-Pfund nicht mithalten kann?
Die Pound-for-Pound Rangliste halte ich in erster Linie für vollkommen schwachsinnig, vor allem wie sie im Rahmen der UFC Rankings gehandhabt wird. Da geht es nämlich mehr nach Erfolgen als allem anderen. Das sieht man auch immer sehr gut daran, dass quasi jedes Mal, wenn ein neuer Champion gekürt wurde, der sofort in den P4P Rankings auftaucht. Aber das ist in Amerika ja üblich. Wenn da in fiktiven Ranglisten nach dem BESTEN Sportler einer bestimmten Sportart gefragt wird, gibt es immer die Leute, die mit Titeln argumentiert, meistens sogar noch in Teamsports (siehe die Diskussion um QBs im Football). Aber nur weil jemand erfolgreicher als jemand anderes war und mehr Titel gewonnen hat, heißt das ja nicht, dass er auch besser war. Siehe Wrestling. Wenn nach dem BESSEREN WRESTLER gefragt wird, dann steht ein Mr. Perfect über einem Hulk Hogan, obwohl er in der Wrestlinggeschichte eher eine Randnotiz war. Wenn nach dem GRÖßTEN WRESTLER gefragt wird, steht natürlich Hogan über so ziemlich jedem anderen, weil er im Business einfach sehr erfolgreich war.
P4P bedeutet für mich aber, wenn alle Fighter in einer Gewichtsklasse antreten würden und im Idealfall sogar alle dieselbe Größte, dieselbe Reichweite und dasselbe Gewicht hätten, wenn also nur die reinen Fähigkeiten zählen, wer wäre dann der beste Fighter. Das ist natürlich sehr theoretisch und schwierig zu bestimmen. Aber nach den Kriteren ist es für mich eigentlich ein Muss, dass beispielsweise ein Frankie Edgar in jeder P4P Top Ten auftaucht. Edgar war im Lightweight - sprich in einer der, wenn nicht der bestbesetzten Gewichtsklassen, auch damals schon - UFC Champion und das trotz deutlicher körperlichen Nachteile. Edgar hat für das Lightweight keinen Weight Cut benötigt, was zur damaligen Zeit außer ihm quasi niemand gemacht hat. Jeder hat möglichst viel Gewicht gecuttet, um beim Kampf körperliche Vorteile zu haben. Das ging ja selbst soweit, dass ein Anthony Johnson, der für das Light Heavyweight Limit einen Weight Cut braucht, damals sogar im Welterweight, also nochmal zwei Gewichtsklassen und 35 Pfund drunter angetreten ist.
Im Featherweight hat Edgar lediglich zweimal verloren und das beide Male knapp gegen den bis dato besten und dominantesten Fighter aller Zeiten in der Gewichtsklasse. Und Edgar könnte sogar bis ins Bantamweight runtergehen, was dann die erste Division wäre, in der er selbst körperliche Vorteile hätte und würde auch dort zu den Titelkandidaten zählen. Von den Fähigkeiten her ist Edgar mit die größte Kardiomaschine, hat mit die besten Nehmerqualitäten, eines der besten MMA-Grappling Gesamtpakete und hat sich auch im Stand die letzten Jahre deutlich verbessert. Wer das von sich behaupten kann und das auch bewiesen hat und in drei Gewichtsklassen absolute Spitze ist und in der besten davon sogar Champion war, dann ist das für mich das Paradebeispiel für einen Top P4P Fighter.
Ein Jon Jones ist beispielsweise ohne Frage einer der besten Fighter aller Zeiten. Aber er hat durch seinen Körperbau auch enorme Vorteile. Das hat man in seinem Kampf gegen Alexander Gustafsson sehr deutlich gesehen. Gustafsson ist bis heute der einzige Fighter mit einer verleichbaren Größe, gegen den Jones auf diesem Niveau angetreten ist und Gustafsson hatte ihn am Rande einer Niederlage bzw. hat in den Augen einiger Fans und Journalisten sogar gewonnen. Nach dem Kampf sind die Diskussionen um einen Wechsel von Jones in die Heavyweight Division auch ganz schnell verstummt. Ich frage mich, warum...
Aber um auf deine eigentliche Frage zurückzukommen: Ja die Heavyweight Division ist so schlecht besetzt. Unterhalb der Top 5 kommt da eigentlich nur noch Durchschnitt, selbst innerhalb der Top 15 sind da Leute auf einem Niveau, die in anderen Gewichtsklassen schon entlassen worden wären. Dazu kommt, dass die Heavyweight Division fast durchweg komplett überaltet ist. Das ist aber auch nichts Neues, zumindest in der UFC. Seit der Jahrtausendwende nach den Abgängen der alten Legenden wie Dan Severn, Bas Rutten, Mark Coleman, Kevin Randleman, Marco Ruas, Pete Williams, Maurice Smith oder Oleg Taktarov war die Heavyweight Division bei der UFC schon immer die schwächste Division. Jahrelang hatte PRIDE mit Fedor, Cro Cop und Big Nog an der Spitze die deutlich bessere Heavyweight Division und selbst Strikeforce hatte einige Jahre lang eine bessere Heavyweight Division als die UFC. Das ist ja auch einer der Gründe, warum Brock Lesnar trotz seiner limitierten Fähigkeiten überhaupt Champion geworden ist. Ihm haben seine körperlichen Fähigkeiten und sein Ringen ausgereicht. Das wäre zu diesem Zeitpunkt so ziemlich in keiner anderen Gewichtsklasse der Fall gewesen. Und als mit Cain Velasquez und Alistair Overeem dann auch bessere Leute hoch- bzw. von Strikeforce rübergekommen sind, hat man das auch deutlich gemerkt.