Und hier mal noch ein Beispiel wo es kein Aufschrei gab und das ist die Realität in Deutschland:
Bahnhofspersonal verweigert Rollstuhlfahrerin Hilfe
Allein als Rollstuhlfahrerin reisen will gut geplant sein. Für die Reise nach Heidelberg und zurück buchte Help-Hörerin Tamara R. ein Bahnticket. Zusätzlich meldete sie an, dass sie Hilfe beim Ein-, Um- und Aussteigen braucht. Doch dieser Teil der Buchung ging verloren. Obwohl sie darauf hinwies, wurde die Rückfahrt zum nervenaufreibenden Trip.
Barrierefrei
Mitte April steht Tamara R. am Hauptbahnhof in Wien. Sie will zu einer Konferenz im deutschen Heidelberg fahren. Am Schalter sagt man ihr, dass die angemeldete Einstiegshilfe nicht eingegangen sei, man ihr aber in den Zug helfen werde. "Ich habe den ÖBB-Mitarbeitern gesagt, dass sie bei meinem Umstiegsbahnhof in Mainz anrufen sollen, dass dort auch wirklich eine Hebebühne da ist und es hieß, das wäre gar kein Problem", erzählt die junge Frau.
Hebebühne nur zufällig am Bahnsteig
In Mainz steht die Hebebühne nicht wegen Tamara R. am Bahnsteig, sondern weil ein anderer Rollstuhlfahrer in den Zug einsteigt. Sie kann also nur zufällig aussteigen und bittet bei der Gelegenheit um Einstiegshilfe in den Anschlusszug. Die sagt man ihr schließlich für den Zug eineinhalb Stunden später zu, denn am Zielbahnhof kann man ihr nur aus dem späteren Zug helfen.
Hinreise mit Verspätung
Mit gut eineinhalb Stunden Verspätung kommt Tamara R. in Heidelberg an. Dort ruft sie bei der Deutschen Bahn an, um sicher zu gehen, dass bei der Rückfahrt alles klappen wird. "Man hat mir zugesagt, dass das dieses Mal überhaupt kein Problem wäre. Ich könne mich darauf verlassen", schildert R.
Demütigende Heimreise
Tatsächlich funktionieren das Einstiegen in Heidelberg und das Aussteigen in Mainz bei Rückfahrt problemlos. "In Mainz hat man mir dann aber gesagt, dass das Bahnpersonal um 23 Uhr nach Hause geht und da mein Zug um 15 Minuten nach 23 Uhr fährt, könne niemand in die Hebebühne bedienen", so R. In den zwei Stunden Aufenthalt versucht sie, die Mitarbeiter zu überreden, ihr in den Zug zu helfen. Doch nichts zu machen. "Mir wurde von einer Bahnmitarbeiterin ins Gesicht gesagt, dass sie an mir ein Exempel statuieren müssen, dann würde die Deutsche Bahn einmal sehen, dass sie mehr Personal brauchen." Nachdem auch das Sicherheitspersonal die Hilfe verweigert, bekommt die Rollstuhlfahrerin Angst, die Nacht am Bahnhof verbringen zu müssen. Ohnmächtig und gedemütigt habe sie sich gefühlt. "Ich war furchtbar enttäuscht, dass Leute einem ins Gesicht sagen, wir helfen Ihnen nicht."
Aus Verzweiflung Polizei gerufen
Anrufe bei der Deutschen Bahn und den ÖBB bleiben ergebnislos, beide erklären sich für nicht zuständig. In ihrer Verzweiflung ruft Tamara R. schließlich die Bahnhofspolizei. "Die haben mir Vorwürfe gemacht, warum ich wegen so einer Sache die Polizei rufe.", erzählt sie. Ein junger Polizist erklärt sich schließlich bereit, ihr zu helfen. Doch als sie in den Nachtzug nach Wien einsteigen will, gibt es wieder ein Problem.
Barrierefreies Abteil gesperrt
Der Waggon mit ihrem barrierefreien Abteil ist defekt und deshalb gesperrt. Der Schaffner will sie nicht einsteigen lassen. "Der Zug stand dann 20 Minuten im Bahnhof, weil ich mich gewehrt habe, nicht mitzufahren, nach all diesen Hürden", erinnert sich die Help-Hörerin. Weil ihr nichts anderes übrig bleibt, kriecht sie in ein nicht behindertengerechtes Abteil. Dort muss sie die ganze Nacht bleiben, ohne auf die Toilette gehen zu können. "Ich konnte auch das Licht nicht ein- und ausschalten, weil der Knopf über der Tür war und die Tür konnte ich nicht zusperren", schildert Tamara R.
50-Euro Gutschein als Wiedergutmachung
Mit einer entspannten Bahnfahrt hat ihre Rückreise nichts zu tun, deshalb beschwert sich Tamara R. zurück in Wien bei den ÖBB. Als Wiedergutmachung bekommt sie aus Kulanz einen Gutschein über 50 Euro angeboten. Doch mit der Bahn will sie so schnell nicht mehr fahren und auch der Begriff Kulanz ist ihr ein Dorn im Auge. "Mir wurde von den ÖBB gesagt, dass ich nichts falsch gemacht habe. Die Buchung wurde irgendwie nicht weitergeleitet. Deswegen ist der Begriff Kulanz für mich fast ein bisschen verspottend", ärgert sich die Rollstuhlfahrerin.
Anspruch auf Erstattung in bar.
Bei der Schlichtungsstelle der Schienen-Control, die mittlerweile zur Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte (APF) gehört, kennt man solche Fälle eigentlich nicht. Doch hier sei wirklich etwas schief gegangen, sagt die Agenturleiterin Maria-Theresia Röhsler. Das Fehlen eines rollstuhlgerechten Schlafabteils und die nicht erfolgte Hilfeleistung trotz Anmeldung und mehrmaliger Nachfrage seien als Qualitätsmängel zu sehen. "Hier hat die Beschwerdeführerin aufgrund des Eisenbahn- Beförderungs- und Fahrgastrechtegesetzes Anspruch auf Erstattung", so Röhsler. Von Kulanz könne keine Rede sein. In diesem Fall sei eine Erstattung des gesamten Ticketbetrags in bar gerechtfertigt.
ÖBB entschuldigen sich
Das sieht man bei den Bundesbahnen mittlerweile auch so. In einer Stellungnahme entschuldigt sich ein ÖBB-Sprecher, dass die Anmeldung der Ein- und Ausstiegshilfe in diesem Fall nicht funktioniert hat. Man werde die Reisekosten im Wert von 126 Euro in bar erstatten.
Quelle : ORF.at