Ich hab mir nun in den letzten Tagen auch das 16 Carat Gold angeschaut und muss sagen, dass es mal wieder ein runde Sache war. Wahrscheinlich sogar noch stimmiger als in den Vorjahren, was vor allem daran lag, dass man ein paar schöne Geschichten in den Matches über den Turnierverlauf hinweg erzählt hat. Aber mal kurz zu den einzelnen Tagen.
Tag 1 ist bei solchen Tournament-Weekends, sei es nun das Carat oder jedes andere Turnier einer Liga, immer sehr undankbar. Man muss relativ zwanghaft acht Matches unterbringen, die unter dem selben Stern stehen. Natürlich variieren die Matches für sich dann doch sehr stark, bringen Vorgeschichten mit und alles, aber am Ende bleiben es bis zu einem gewissen Grad acht Singles Matches in einem Turnier. Es wird noch nicht alles gezeigt und es dauert ein wenig bis eine gewisse Dynamik entsteht. Dennoch gab es hier ein paar schöne Matches, allen voran der Main Event zwischen WALTER und David Starr, wie auch das Match zwischen Timothy Thatcher und Koji Kanemoto, das technisch ein wahnsinnig beeindruckendes und sauberes Match war. Die anderen Matches waren allesamt solide bis gut, das eine ein bisschen besser, das andere ein bisschen schlechter, aber es gab keinen Ausreißer nach unten. Insgesamt ein schöner Start in das Wochenende.
Tag 2 hatte hingegen schon eine andere Dynamik, was nicht gleichbedeutend damit ist, dass die Show unbedingt besser war als Tag 1. Im Opener hatte man ein schönes Schmankerl für die anwesenden Fans mit dem Überraschungsauftritt von Jeff Cobb, der ein gutes, wenn auch kurzes Match gegen Donovan Dijak workte. Dann kam die Tournament-Action und auch hier verdient diese wieder das Adjektiv gut. Riddle vs. Bailey war ok, Dragunov vs. Thatcher hingegen richtig gut, WALTER vs. Al-Ani war auch ein wirklich ordentliches Match und Bad Bones vs. Rhodes war nicht zuletzt das Match of the Night. Ja, da hat die wXw wieder ihr Bullshit-Booking ausgepackt, um Rhodes zu einem gewissen Grad zu schützen und Bones trotzdem als den verhassten Superhelden darzustellen. An dieser Stelle finde ich es im übrigen immer witzig, wie sich Zuschauer über die dominante Positionierung von Bad Bones beschweren, obwohl wXw hier mal wirklich alles richtig macht. Bones, der in Oberhausen alles andere als ein Fanliebling ist, haut das geliebte Babyface Rhodes raus, nur um an Tag 3 dann auf Dragunov zu treffen, den man als Face und Carat-Sieger etablieren möchte. Die Halle geht steil auf Dragunov und wXw hat alles erreicht, was man will. Was machen aber die Fans, sie meckern nur, dass Bones einmal mehr den "wichtigen" Sieg gegen einen großen Namen holen durfte. Freunde der Sonne, es war ein Viertelfinale gegen Cody Rhodes. Es war nicht der WrestleMania-Main Event!
Aber egal, Kanemoto vs. Kaspin war dann relativ schwach und so sehr ich Kanemoto schätze, man merkt ihm seine schwere Verletzung aus dem letzten (?) Jahr doch noch deutlich an. Dazu noch sein Alter, sobald er aus dem technischen Stil raus muss, bekommt er echte Probleme, so auch an Tag 3 gegen Gunns, wobei das dann schon wieder besser war als gegen Kaspin. Der 4-Way war dann nette Comedy. Ich verstehe, dass viele Leute, die in der Halle waren das Match als Match of the Night bezeichnen, da es sicherlich unglaublich unterhaltsam war, aber vor dem Bildschirm ist das dann eben nur ein ordentliches Comedy-Match. Dunn vs. Dreissker war dann joah...der klassische Fall von alle Fly-Ins auf die Card bringen.
Und dann kam der Main Event. Ich tu mir bei der Einschätzung des Matches wirklich schwer. Zunächst einmal freut es mich, dass Jurn den Titel zurück hat. Ich schätze ihn unglaublich sehr und erkenne in ihm ein großes Potenzial, wenn man bedenkt, dass er erst drei Jahre wirklich wrestlet und gerade einmal 25 Jahre alt ist. Axel ist natürlich auch ein guter Wrestler, aber irgendwie hat es lange nicht geklickt. Die Problematik mit Ringkampf hat man durch A4 gut gelöst und auch darüberhinaus hat man eine schöne Matchstory erzählt, die gerade hinten raus das Match wirklich hat gut werden lassen, aber im Vergleich zu den Main Events an Carat-Samstagen in den Vorjahren war es dann doch eher durchschnittlich.
So steht insgesamt ein solider bis guter Tag 2, der aber zwei unnötige und schwächere Matches hatte und auch den ganz großen Ausreißer nach oben vermissen ließ.
Abschließend noch zu Tag 3 und hier geht mein Wrestling-Herz dann doch an einigen Stellen auf. Die beiden Halbfinals waren in meinen Augen richtig gut. Bad Bones und Dragunov haben eine unfassbar gute Chemie und haben aus dem zehn Minuten das Maximum rausgeholt. Gleiches gilt für WALTER und Matt Riddle, die ein ähnlich gutes Match abgerufen haben. Der Mittelteil der Show mit Kanemoto vs. Gunns, dem Gauntlet Match und dem erneuten 4-Way zog sich dann ein wenig. Dennoch war der 4-Way mit Simmons, Rhodes, Starr und Sitoci ein wirklich gutes und unterhaltsames Match, der den Run von Starr als Semi-Regular bei wXw würdig beendete. Auch schön die Szenen nach dem Match in denen The Cream In Your Coffee von Cody und Jurn auf sehr schöne Art und Weise in den Mittelpunkt gerückt wurde und Starr sichtlich gerührt Abschied nahm.
Dann kam der Schluss-Akkord des Wochenendes und dieser begann mit dem No Ropes Match. Puuh..vorneweg sei gesagt, dass ich KEINE unprotected Chair Shots im Wrestling sehen möchte. Da können sie die Stühle noch so präparieren wie sie wollen. Das Match war aufgrund der Stipulation und der Intensität, die beide aufgrund der Fehde an den Tag gelegt haben wirklich gut. Es hat mich sogar positiv überrascht, hatte wirklich gute Momente, tolle Spots, aber teilweise (selbst mit der Kenntnis der Vorgeschichte) war es schon ein wenig random Aggressivität und Gewalt gegen den Anderen. Gutes Match, das aber dann doch nicht meins war.
Das Tag Team Match im Co-Main Event war dieses Jahr auch relativ unspektakulär, aber dennoch ein sehr gutes Match und durch Cody Rhodes als Manager auch sehr unterhaltsam.
Und dann war es Zeit für das Finale und dafür gibt es in meinen Augen nur ein Wort und das wäre "bockstark"! WALTER und Dragunov hatten Bock sich zu hauen, sie hatten Bock sich zu zerstören und sie haben diesem ganzen Turnier die Krone aufgesetzt, indem sie Geschichten der vorangegangen Matches super aufgespielt haben. Tolles Wrestling, tolles Storytelling und ein Feel Good Moment zum Abschluss, das war awesome! ****3/4.
Wenn man das ganze Wochenende nun betrachtet, hat man einmal mehr Wrestling auf unglaublich hohem Niveau gesehen. Kein Match war wirklich schlecht, wenn waren sie maximal unnötig oder wirkten ein wenig deplatziert und mit den beiden Halbfinals des Carats, Bones vs. Rhodes, WALTER vs. Starr, den 4-Ways und nicht zuletzt auch dem Tag Team Match am dritten Tag hatte man einige tolle Matches. Getoppt wurde dies alles dann vom Main Event des Wochenendes, so wie es nun mal sein soll. Gefallen hat mir in diesem Jahr auch das Booking des Turnieres, welches im Gesamtbild wirklich harmonisch wirkt und einen sportlichen Wettkampf wiederspiegelt. Der Daumen geht also definitiv nach oben, ich wurde insgesamt gute neun Stunden wirklich durchweg gut unterhalten und hatte meinen Spaß.
Abschließend vielleicht noch ein paar Worte zu den Wrestlern selbst. Der Star des Turnieres, ja des Wochenendes war endlich mal wieder der Sieger selbst. Ilja Dragunov hat ein unglaubliches Wochenende abgeliefert und hat gezeigt, was für ein guter Worker er ist. Auch hier sei noch einmal auf sein Alter verwiesen. Der Junge ist 23 und steht seit vier Jahren in einem Wrestlingring. Eines davon hat er mit einem Schädelbasisbruch verpasst. Groß war auch seine Siegesrede, die er in seiner unnachahmlichen Art präsentiert hat. Das ist auf die Spitze getrieben und muss nicht jedem gefallen, aber mit dem was er gesagt hat, war das noch einmal das i-Tüpfelchen auf seinem Sieg.
Der zweite Star des Wochenendes war WALTER. Man kann sagen was man will, aber WALTER ist ein weltklasse Big Man. Ich lehn mich jetzt mal weit aus dem Fenster, aber unter den Big Guys ist er weltweit in den Top 10 zu finden und braucht sich vor niemandem verstecken. So technisch versiert und sauber zu agieren und gleichzeitig einen solchen Impact in Powermoves zu bringen, schaffen nur wenige auf dieser Welt. Auch an diesem Wochenende hat er mal wieder vier insgesamt starke Matches abgeliefert. Es ist fast ein bisschen schade, dass er ein echter "Company-Man" ist, was wXw angeht, denn eigentlich müsste er schon längst in Großbritannien, den USA und nicht zuletzt auch Japan Stammgast bei den großen Ligen sein.
Während aus dem eigenen Roster zwei Worker wirklich glänzen konnten, gab es bei den Fly-Ins nicht diesen ganz großen Star des Wochenendes. Klar, Cody war der Fanliebling, hatte sichtlich Spaß und hat gute Matches geliefert, aber es war jetzt nicht so grandios, dass ich ihn als einen Star des Wochenendes bezeichnen würde. Klar, Zuschauer aus der Halle werden das anders sehen, da seine Interaktion mit den Fans seinesgleichen sucht, aber am für mich am Bildschirm war er gut und unterhaltsam, aber nicht mehr.
Gleiches gilt ein wenig für Matt Riddle, der herausragende Anlagen mitbringt, tolle Leistungen zeigt, aber dem dieses letzte kleine Etwas noch fehlt. Aber auch hier ist das Meckern auf hohem Niveau und der Junge hat noch eine große Karriere vor sich. Ansonsten wussten ACH und Mike Bailey einmal mehr zu gefallen, David Starr ist nach wie vor awesome und Jeff Cobb ist ebenso großartig, auch wenn er nur an einem Tag anwesend war.