Grapplings Finest - by The Prophet

The Prophet

Upper Card
#1 Jon Jones
#2 MMAvolution - Wenn
#3 Das Neth der Spinne
#4 Judo - Die etwas andere Grundlage
#5 A brief history of time
#6 Wer besser hinschaut, wird besser unterhalten
#7 A New Breed of Grappling



_________________________________________________________________________

jon-jones-takdown.jpg


Jon Jones


Anfangs vielleicht eher für seine MMA-untypischen Strikes populär geworden, ist UFC Light Heavyweight Champion Jon "Bones" Jones einer der vielleicht komplettesten Grappler unserer Zeit.

Er ist einer der UFC Fighter mit den größten Erfolgen als Jugend-Ringer und einer begnadeten Bewegelichkeit und Körperspannung für seine Gewichtsklasse, nicht zuletzt für seinen
Slam gegen Hall of Famer Stephann Bonnar bekannt geworden.


Jones verstand es anscheinend immer gut, seine körperlichen Gegebenheiten zu seinem Vorteil zu nutzen.

Als Ringer machte er wie in seiner MMA Karriere immer von seinen langen Beinen Gebrauch. Da er neben grieschich-römisch auch Freistil trainierte, sollte ihm das vor allem eine Vorlage zu seiner so ausgereiften Takedown-Deff geben.

Seinen meist kleineren, muskolöseren Gegnern machte er es fast unmöglich, einen normalen Single-Leg Takedown zu landen. Dabei benutzt Jones die Kombination aus seiner unglaublichen Balance und der Kraft, die er mit dem Standbein aufbringt, um dagegenzuhalten. Dabei helfen ihm seine langen, "knochigen" Arme, im Sprawl den Nacken und Rücken des Gegnes zu fixieren.

Jones ist fast gegen "normale" Takedowns immun - tatsächlich hat er z.B. gegen Gustaffson aufgrund der ähnlichen Körpergröße und seines nicht mehr so großen Hebels im Sprawl richtig Probleme gehabt. Gegen Gegner normaler Größe hingegen hat er kaum etwas zu befürchten.

Hier sehen wir, wie Gus es schafft, Jones aus der Balance zu bringen, der vergeblich versucht, sich mit seinem Standbein auszubalancieren.

gustafsson-takes-jon-jones-down-gif.gif



Sowohl am Käfig als auch in der Octagon-Mitte sind seine Würfe aus dem Clinch großartig. Für einen amerikanischen College Ringer hat er ungewöhnlich viel Kenntnis von Judo-Techniken. Da sich vele Dinge im grieschich-römischen Ringen und Judo überschneiden, ist es für Jones sehr profitabel gewesen, da einige Elemente zu verschmelzen.

Hier kommen wieder seine langen Beine ins Spiel. Sogenannte Fußfeger und Beinsicheln aus der Bewegung führt er wie Lyoto Machida und Fedor Emelianenko sehr präzise aus - eben nur mit einem größeren Radius beim "sicheln". Mit Jones unglaublicher Körperspannung kann er darüber hinaus immer das Risiko eingehen, nach hinten kein Standbein zu haben, falls eine Beinsichel schief geht und der Gegner ihn nach hinten drückt. Denn dann nutzt Jones ihre Kraft, und wirft sie nach hinten, indem er explodiert, und sie einfach nur zur Seite dreht. Das Fallen kommt von alleine, und die plötzliche Drehung verstärkt nochmal die Schwungkraft.

Während der Bonnar-Wurf beispielsweise eine Technik ist, die trotz Ähnlichkeiten zum Judo rein westlich ist, hat beispielsweise diese Technik mehr von No-Gi-Judo als von allem anderen. Wie man sieht ist es sehr schwer, da heutzutage noch eine sinnvolle Grenze zu ziehen.

Diese sinnvolle Kombination mit den Judo-Einflüssen nimmt in den letzten Jahren allgemein in den meisten Gyms Gestalt an. Es gibt einige Leute, die speziell im Clinch noch besser sind.

Bei eigenen Takedowns verlässt Jones sich vor allem auf folgende Methoden:



  1. [*=center] Sein Reichweitenvorteil ermöglicht es ihn, beim abducken eines Hakens direkt ans gegnerische Bein zu gehen.
    [*=center] Mit seinem angetäuschten Bodyshot ist es für den Gegner schwer zu sagen, ob er einen Takedown oder Spinning Back Attacken vorbereitet.
    [*=center] Die Herausforderer müssen seine Größe und Gewicht im Clinch mit viel Kraft kompensieren. Dabei kann der sehr Balance starke Jones sie oft aushebeln

Zu letzerem noch ein Beispiel aus dem Evans-Kampf

evanstakedowndm8ulxvqf3w.png


In New York "ausgebildet" - und NY ist einer der eher besseren Staaten im Ringen - machte er in Iowa den wohl besten Ringer, den man in seiner Division je gesehen hat.

Bei Jacksons-Winkeljohns in New Mexico lernte er den hauseigenen Grappling-Hybrid: Gaidojitsu. Nicht, dass es bei den ganzen No-Gi-Hybrids einen Unterschied gäbe. Aber bei Jackson hat man in Jones Fall tatsächlich den Vorteil, mit bulligen Ringern zu trainieren, die ähnliche Qualifikationen haben.

Was alle Gaidojitsu-Absolventen gemeinsam haben, ist die Vorliebe, den Gegner am Boden mental auszuhebeln. Wenn man nem Jackson Fighter Platz gibt, nutzt er ihn, und zwar so, dass man selber dadurch eingeschränkt wird.

Es geht sich meist nicht darum, Positionswechsel vorzubereiten oder gar zu vollstrecken, sondern die Mount noch enger zu machen und sich damit mehr eigene Freiheit zu buchen - allen voran für Ground and Pound oder wie bei Jon Fitch: Zum Schlafen.

Diese Taktik ist nicht in jedem Camp annährend so populär. Es ist leider noch etwas "verpöhnt" Jiu Jitsu rein zweckmäßig zu trainieren und Grappling in erster Linie nur zum Positionsvorteil zu nutzen. Speziell bei Jones funktioniert die Taktik aber sensationell - erinnern wir uns an die miserable Top Control von Rashad! Für mich ist sein Kampf gegen den Janitor das beste Beispiel für Jones Topgame. Minimale Bewegung, maximale Verbesserung.

Hier mal ne kleine Fotostory zur Szenerie
jonese2tqicjs3z.png


Gemessen an der Herkunft der meisten Positionen und Wechsel fällt es einem schwer, Jones noch als Ringer zu betrachten. Wie man auch an seinen Clinch Trips sieht, hat er ein unglaublich ausgereiftes Judo und Jiu Jitsu. Halt einen sehr effizienten Hybrid gelernt. Sein Verständnis für Hebel und Fehler des Gegners ist ein Instinkt, den viele große Fighter nicht haben.

Gegen Shogun hat Jones sehr viel Ruhe Sicherheit bewiesen. Wohlwissend, dass dieser immer Sweeps und Leglocks aus der Half Guard sucht, hat Jones weiter konsequent Shogun zugemauert, und dabei perfekt die Guard neutralisiert. Hier mal ein Beispiel zur Szene

Interessanterweise ist die Guard des Champs noch immer ein Mysterium. Basierend auf seinem Körperbau und sein Verständnis für seinen Körper sollte man von einer mindestens so soliden Guard wie der von Anderson Silva ausgehen.

Gemessen an allen Einflüssen kann man auch davon ausgehen, dass er sich bei unglaublich vielen aus der Guard befreien kann, selbst gegen Topgamer wie Anthony Johnson oder Phil Davis. Jones hat so unglaublich schnell einen Fehler bestraft und packt sich alles, was man ihm anbietet. Andererseits glaube ich persönlich, ein Werdum oder Cain würde ihm am Boden nochmal eine ganz neue Art von Problem bereiten.

Technisch ist er (Stand: 2013) ein Anfänger im klassischen BJJ. Er trainiert klassisches BJJ nicht unter einem Trainer von Jackson, sondern in einem Gracie Gym, welches sich ebenfalls in Albuquerque befindet. Und das erst seit Mitte 2013. Dass er erst den Blaugurt hat (den habe ich jetzt ebenfalls nach zwei Jahren Training), spricht im Zweifelsfall nur für die hohe Anforderung des Gyms. Heutzutage haben wir nämlich den Missstand, dass jeder Idiot in einem Gym per Prüfung (!) seinen Blaugurt abholen kann, sogar bei einigen Gracies. In einem solchen Gym hätte Jones zum jetzigen Zeitpunkt bereits den Schwarzgurt.

als Befort ihm den Arm angebrochen hat und Jones das Glück hatte, dass Belfort nicht durchzog bzw. der Ref auch nicht abbrach, war es nicht nur Rogan, der dachte, Belfort macht schon keine Submission aus der Rückenlage.

Er hat Vitor enorm unterschätzt.

Vitor-Belfort-Armbars-Jon-Jones-UFC-152.gif


Wie fahrlässig Jones seinen Arm über Belforts Brust hängen lässt...es war ein grundsätzlicher Fehler, Belfort die Freiheit zu geben, seine Hüfte rauszudrehen ohne wie im oberen Beispiel gegen Vladimir Matyushenko, dessen Beine zu fixieren. Dabei fehlte im der für seinen Stil elementaren Druck auf den Bauch-Po-Bereich, um Belforts Armbar-Versuch kontern zu können. Den zweiten Fehler, den er in der Situtation macht, ist es, so spät zu versuchen, seine Hände ineinander zu legen.

Lasst uns bedenken, dass auch ein Fedor und ein Anderson mal geslamt oder ausgekontert wurden.

Jones Stil war es ja, von seinen körperlichen Vorteile auch am Boden gebrauch zu machen, um den gegnerischen Raum einzuschränken (und sich selber mehr Raum zu verschaffen, statt nach den erstbesten Positionswechseln zu schauen). Dabei wächst er stetig in punkto Einschätzung.

Dennoch können ihm aufgrund seines hohen Aktion-Reaktion-Mechanismus natürlich Gegner mit starker Guard gefährlich werden.

Ich glaube nicht, dass es in Moment in seiner Division jemanden gibt, der ihm am Boden etwas vormachen kann. Er ist zu einzigartig im Körper und damit verbundenem Stil.

Für mich ist Jones weit nicht einer der besten MMA Striker der Welt. Aber er ist einer der zehn besten MMA Grappler.

Vielen Dank fürs Lesen.



 
Zuletzt bearbeitet:
Wow, was für eine Ausgabe und was für eine Kolumnenidee! Ich bin absolut begeistert, von dem, was du hier gemacht hast! Deine Idee ist einzigartig und auch Leuten, die nicht so viel Ahnung von MMA haben, erklärst du hier alles perfekt. Hoffentlich bringst du noch mehr Ausgaben (Mein nächster Wunsch wäre übrigens Anderson Silva :D) und erklärst noch ein Paar Sachen. Für jemanden wie mich, der sich sehr viele Gracie Trainingsvideos anguckt, ist diese Kolumne auch sehr hilfreich. Klasse erklärt, tolle Beispiele und super Idee. Hoffentlich machst du weiter so, ich werde mir deine Ausgaben auf jeden Fall durchlesen! Weiter so!
 
Sehr geile Kolumne, auch oder gerade für einen MMA unerfahreneren Fan wie mich. Mit den Beispielen, Bildern und Sequenzen super erklärt und dazu noch sehr unterhaltsam zu Lesen. Würde mich freuen, wenn da noch weitere Ausgaben kommen...mach weiter so! :)
 
Großes Dankeschön für die positive Resonanz.

Anderson Silva ist tatsächlich ein gutes Thema, da er im Guard-Verhalten eine ganz eigene Handschrift hat - wie auch in Jones Fall. Das zu beleuchten, wäre sicherlich eine Sache für die Zukunft.
 
Ja, was soll ich sagen. Hammer Kolumne! Thematisch ist es etwas, dass wir noch nie hatten. Es sollte jedem weiterhelfen, sowohl den Anfängern, als auch den Experten. MMA ist einfach so ein komplexer Sport, in dem man nie ausgelernt hat. Daher ist die Kolumne selbst für mich noch super hilfreich. Ich freue mich schon auf kommende Ausgaben. Ich würde gerne mal eine Ausgabe über Urijah Faber und dessen Takedowns lesen. Robin Black hat dazu mal eine herausragende Analyse gemacht, aber ich würde halt auch gerne mal deine Meinung dazu hören. Keep up the great Work! :)
 
Vielen Dank. Das ganze Alphamale Team hat eigentlich ein eigenes Buch verdient. Faber und Co sind im Moment den Sport am revolutionieren. Ebenfalls ein guter Denkanstoß.

Ich mein ich würde das ja selber nicht machen, wenn ich nicht auch selber was davon hat. Im Endeffekt ist es auch für mich die beste Art mich ''fortzubilden''. Und da ich zb in Jones Fall immer mal gewisse Dinge Schritt für Schritt betrachten woltte... wieso nicht direkt dokumentieren. :D
 
Was mir bei Jones noch einfällt, ist der Arm Crank gegen Glover..
War auch eine sehr interessante Idee, die gegen Glover sehr gut funktioniert hat und auch eine großen Einfluss auf den Rest des Fights hatte.
 
MMAvolution - Wenn Sport sich überdenken muss

Moin

Diese Ausgabe hat sich in eine etwas ungeplante Richtumg entwickelt. Auch diesmal ist Kritik erwünscht. Vorab muss ich sagen, dass ich möglichst wenig Meinung eingebaut haben und alle angegebenen Fakten irgendeiner Art mehrfach überprüft habe. Das ist mir persönlich sehr wichtig. Einige Dinge konnte ich leider nur anschneiden. Eine Rückmeldung zur Länge der Sache wäre ganz hilfreich. Orientiert mich immer an der 13kb Marke im Word Dokument :D



Viel Spaß!


________________________________________________________________
evolution.jpg


MMAvolution - Wenn Sport sich überdenken muss

Wisst ihr, was ich im MMA am meisten feier?
Dass Techniken als "untauglich" oder "überholt" abgestempelt werden, und es immer wieder kreative Köpfe gibt, die die selbe Technik neu nutzen und das Gegenteil beweisen.

In diesem Sinne würde ich ganz gerne mal einige evolutionäre Positionen bzw. Guards beleuchten, die immer wieder mit ihrem Ruf zu kämpfen hatten, von einigen Athleten jedoch mit Bravour ausgeführt werden.

Bereits bei der letzten Ausgabe war eine meiner Kernaussagen: (Er-)Kenne deinen Körper! Jones hatte sein Kapital aus seinen langen Gliedmaßen gezogen und die Nachteile durch seinen Stil weitesgehend kompensiert. Aber kann man sich auch durch geringe Körpergröße Vorteile verschaffen?

Nun, in erster Linie nicht. Aber mit einem kleineren Körper gehen auch andere Dinge einher - zum Beispiel Quirrligkeit. Und das ist ein guter Ansatz

Erstmal möchte ich den Fokus aus den mehrfachen Champion B.J. Penn legen.

B.J. Penn hat viele Titel gewonnen, erhält viel Anerkennung und gilt als einer der ersten "kompletten" Fighter der Welt. Seine Explosivität Boxen war jahrelang gefürchtet und im Lightweight verbrachte es keiner, den jungen B.J. Penn zu deklassieren.

Der BJJ-Szene war er Anfang des Jahrtausends ein Dorn im Auge. Als Schwarzgurt nach drei Jahren Training war er der erste amerikanische Champion einer BJJ Weltmeisterschaft. Seht euch nur mal diese Grafik der World Cup Sieger an. Penn war zu dem Zeitpunkt 21 Jahre alt.

Seine größte Waffe war zweifelslos seine fast schon unmenschliche Beweglichkeit, mit der er immer wieder aus jeder Position seine Guard stabilisieren konnte.

Aufgrund seiner flexiblen Beine entdeckte er für sich die Bevorzugung des gegnerischen Rückens. Während andere Kämpfer von dort aus versuchen, den Gegner wieder auf seinen Rücken zu drehen, hat Penn genau von hier aus seinen Kampf gestaltet.

Ich wage mich in der Behauptung, dass er den Sport damit nachhaltig geprägt hat. Während es lange eine sinnvolle Notlösung war, sich einfach zu drehen und dem Gegner den Rücken zuzuwenden, hat Penn gezeigt, wie man diese Entscheidung bestraft.

Hier ein Beispiel, wie er Grappling-Großmeister Matt Hughes den Titel abnahm:

evanstakedowndz5tojxpwiu.png


Die Beweglichkeit der Beine und seine Athletik ermöglichten Penn, eine Takedown-Abwehr zu entwickeln, die gegen Ringer wie Sean Sherk wichtig war. Seht euch nur mal diese crazy Skills an !!!!!!!!!!!!!!

Zwischen 2003 und 2009 hat ihn keiner auf den Boden werfen können. Alleine gegen Diego Sanchez hat er 27 (!!!!!!!) Takedown-Versuche abgewehrt.

Es ist sehr schade, dass mit dem Alter bereits sehr früh seine Takedown-Abwehr schwächer wurde.

In diesem späten Kampf des ehemaligen Lightweight & Welterweight Champions gelingt es dem bereits gealterten Penn noch immer, den größeren Jon Fitch, der eine unglaublich gute Takedown-Abwehr hat, auf den Boden zu werfen. Und es sieht sogar leicht dabei aus.

Jon_Fitch__vs._B.J._Penn_5.gif


Seinerzeit hatte kaum einer so einen hohen Prozentsatz an TD-Versuchen abgewehrt wie Penn. Da waren andere Champions wie Rich Franklin ein Witz gegen.

Selbst im Welterweight hat er trotz seiner Körpergrößen-Nachteil eine nur für wenige Gegner bezwingbare Guard gehabt. Dabei waren die Größenunterschiede schon sehr enorm. Selbst für ein Lightweight war Penn nicht groß.

Wenn Penn den Bodenkampf gesucht hat, nahm er sich den Luxus heraus, sich entweder auf den Rücken zu werfen oder selber einen Takedown zu versuchen, um - wie im oberen Beispiel gegen Hughes - selber oben zu liegen und vorzugsweise den Rücken des Gegners zu suchen.

Bekannt ist Penns Gebrauch der sogenannten Rubber Guard.

Auch wenn bereits vorher von kreativen Köpfen bei PRIDE angewendet, war es Eddie Bravo, der diese Guard zu dem machte, was sie heute ist.

Für Bravo war es immer wichtig, etwas zu kreieren, was den klassischen Guardcrushern Probleme bereitet. Da sich die Full Guard als Ausgangsposition eignet, ist die Rubber Guard für Kämpfer wie Penn bereits aufsuchbar, wenn sie auf den Boden geschmissen wurden.

Der Schlüßelfaktor dieser Guard ist es, das Schulterblatt des Angreifers - durch den enormen Druck, der aus der Klammer mit Bein und Arm entsteht - nach unten zu drücken und somit erstmal Ground and Pound zu erschweren. Im Gegensatz zur Full Guard hat man eine viel engere Position und ist stabiler in der Klammer als mit eingehakten Füßen.

In der Perfektionsversion kann man noch das andere Bein dazunehmen und die Füße verschränken. Dies ist schwer, aber bei korrekter Ausführund hat der Gegner dann keinen Arm mehr frei. Dabei ist es für den Gegner beinah unmöglich, noch irgendetwas zu machen, während man selber die absolute Kontrolle hat.

Ich sage es vorab: Gegen die Rubber Guard geht man am besten vor..: indem man denjenigen, der sie benutzen will, möglichst die Freiheit nimmt, die Hüfte dabei rauszudrehen. Dies ist am leichtesten, indem man seine Knie so weit wie möglich ranzieht. und Druck auf den Oberkörper ausübt.

Hier mal ein Bild aus dem Condit-MacDonald Kampf, das die perfekte Ausgangslage zeigt, um die Rubber Guard zu lösen - den Druck, den der oben liegende MacDonald ausübt, spiegelt sich bei dieser Aufnahme obendrein in Condits Gesicht wieder :D

CC7.png


Penn beschränkte die Benutzung der Rubber Guard vor allem auf diesen Aspekt des Neutralisierens. Spannenderweise hat er das bis zum Schwinden der eigenen Ausdauer sogar bei GSP geschafft.

Tatsächlich ist das besondere und fast schon evolutionäre an der Rubber Guard, körperlich stärkere und größere Topgamer zu neutralisieren.

Vor allem für Leute, die sich gerne mal auf den Rücken werfen, ist dies interessant, da sie oft das Problem haben, nur mit den Beinen die Guard nicht halten zu können.

UND man kann mit Elbows den Kopf des Gegners brutalisieren. Ich muss allerdings sagen, dass ich gar kein Freund von Elbows auf die Schädeldecke bin. Das ist mir echt zu krass. Rein nach Regelwerk ist es aber natürlich in den meisten Staaten legal.

Soooooooooooooooooo.... jeder kennt wohl den "Finisher" des Undertakers Hell's Gate. Zugegeben eine beachtliche Leistung für den großen alten Mann. Es könnte sicher eleganter aussehen, aber gemessen an den körperlichen Gegebenheiten.... Respekt!

Nun, dieser Choke ist eine Variation des sogenannten Gogoplatas - ein sehr seltener Choke, der in seinen Formen aber immer beliebter wird. Die Variation bzw. Endposition des Chokes, die der Undertaker benutzt ist lustigerweise tatsächlich sehr beliebt im MMA, quasi die sinnvollste.

Grundideologie ist lediglich, den Gegner mit dem Schienbein zu würgen und dabei an den Fuß-Ballen zu greifen, um Nacken und Rücken zu fixieren.

Die Mechanik funktioniert aus den verschiedensten Lagen. Hier mal meine absolute Lieblingsversion von Grappling-Legende Shinya Aoki.

34pz2qh_jpg_medium.gif


Bekanntheit hat der Move vor allem durch Nick Diaz erhalten, der Takanori Gomi damit direkt nach dessen Takedown abfertigte. Ich werde dazu allerdings keine Art Breakdown machen, ist ein wenig zu offensichtlich, wie das alles von Statten ging. Seht selber:

gomidiaz13_medium_medium.gif


Perfekt eignet sich der Gogoplata für unsere so geschätzte Rubber Guard. Denn nicht selten wollen Fighter aus dieser entfliehen, in dem sie ihren Kopf irgendwie unter dem Bein herausziehen.

Hier ein Beispiel dazu, leider keine gute Quali sorry

unbenanntg985codi4a.png


Ebenfalls bietet er sich an, wenn man aus der normalen Unterlage, also einer x-beliebigen Guard, eine Armbar versucht und diese nicht abschließen kann. Da der Gegner sich natürlich nicht nach außen dreht (sonst streckt er ja selber den Arm), sondern mit der "nicht gehebelten" Seite zum Gegner, kann man aus der Position per Gogoplata dranbleiben. Denkt euch mal sein in den der auf dem Rücken liegt und die Armbar versucht - und dann denkt dran wie man nur ein Bein knicken (unters Kinn) und das andere eventuell noch über den Gegner schwingt. Man muss ja nur eine Hand an den Fuß kriegen, und durch das knicken des Beins bleibt der gehebelte Arm ja kontrolliert. Dadurch hat man beide Arme zur Verfügung.

Falls der Part nicht verständlich war, sorry. sagt Bescheid, ich werde es dann noch genauer erklären. Habe leider kein Beispiel aus dem MMA gefunden.

Jetzt kann man natürlich sagen "jaaaaa wer hat schon den Skill dafür"

Nun, der Guillotine Choke war mit der Dominanz der Ringer Generation von Couture, Hughes und Sherk tot gesagt. Auf einmal konnte jeder Idiot einen Guillotine, der bullige Nacken zerrisen hat.

Aber zu jeder Zeit war es die Evolution der Guard-Skills und Kreativität in der Rückenlage, die zeigten, wie man das Ringen der Nordamerikaner neutralisiert. Vor allem mit der Völkerwanderung der Coaches von Brasilien nach den USA hat sich das enorm verändert.

Jeder bemerkt den Trend, dass die kantigen, bulligen MMA Fighter über die letzten 15 Jahre rapide weniger werden. Lange Körper sind im Trend, so groß und flink wie möglich. Ich denke, die letzte Ausgabe über Jones hat für die Vorteile ein gutes Beispiel gegeben. Und mit GSP hat einer der letzten großen "Kanten" unter den Champions gezeigt, dass schmächtigere Gegner wie Condit und Hendricks ebenfalls gut gegen ihn ankommen.

Der Trend ist sicherlich da, in zehn Jahren wird wohl auch ein Körper wie der von Rumble Johnson oder Tyron Woodley fast ausgestorben sein.

Vor allem dadurch halte ich alle heute vorgestellten Techniken für mehr oder weniger im Kommen. Auch Penns Backcontrol erweist sich in den tiefen Gewichtsklassen als unglaublich vorteilhaft für gelenkigen, starke Kämpfer (Jake Shields und Shinya Aoki sind Paradebeispiele).

Ähnliches gilt für die Rubber Guard etc., welche gegen Gegner, die nicht mit Brustmuskeln wie Hulk in den Kampf gehen, sehr unangenehm ist.

Ich hoffe, ich konnte euch ein wenig "Evolution" der Vergangenheit und eventuell auch Zukunft nahe bringen. Immer dran denken: Die schönsten Techniken werden erst noch erfunden!

Zum Abschluss noch etwas heftiges aus einem BJJ Turnier, was ich gestern gefunden habe und irgendwie teilen will

Einfach nur der hammer:

ElatedYearlyArrowworm.gif

 
Unglaublich starke Ausgabe. Wie Buwi es schon sagt, im MMA Sport lernt man Tag für Tag immer wieder und so war es auch jetzt wieder. Von der Rubber Guard hatte ich nicht so viel Ahnung, aber du hast das fantastisch erklärt und mir ist so einiges klar geworden. Auch schön, dass du so viel über BJ geschrieben hast, der sicherlich einer der besten MMA Kämpfer aller Zeiten ist. Ich freu mich schon richtig auf die nächste Ausgabe!
 
Wieder eine super Ausgabe! :) Hab mich gerade richtig gefreut, als ich gesehen habe, dass ein neuer Beitrag im Thread ist und ich die neue Ausgabe entdeckt habe! Das Ganze gibt nochmal einen neuen und superinteressanten Blickwinkel auf den MMA-Sport für mich und ist mal wieder wahnsinnig informativ wie auch unterhaltsam! :)
 
Wieder mal eine Hammer Ausgabe. Wie bereits gesagt, es ist super informativ und für Anfänger und Experten immer wieder auf's Neue hilfreich. Freue mich schon auf die kommende Ausgabe! :)
 
Vielen Dank zusammen.

Ich versuch, bis zum 22. noch was zusammen zu basteln. Werde dann nach Portugal zu den BJJ Euros fliegen. Werd mir per Tagesticket die Finalkämpfe der richtigen Endrunden ansehen und dann noch nen paar Tage in Sintra verbringen. Mal sehen, ob ich dort was sehe, was ich hier einbauen kann. Ich war zumindest noch nie sowas hochklassiges live schauen.

Werde die Tage vielleicht mal was zum Spider machen, das reizt mich persönlich auch ziemlich.
 
Das Netz der Spinne

Das ging mal schnell. Fights gucken, Screenshots machen, der Rest kommt von alleine. :D

Ich komme direkt mit folgender Kernaussage:
Viele Fans schätzen MMA Fighter am Boden falsch ein. Das liegt zumeist an der Erwartungshaltung, was die taktische Ausrichtung dort angeht. Um einen dieser Fighter, der nicht einfach zu verstehen ist, geht es heute.

Setzen wir an der Jahrtausendewende an. Es gab einige Brasilianer, die sich mit dem MMA Sport ein paar Groschen verdient haben, weil sie aus den ärmsten Gegenden Brasiliens kommen. Über die Jahre entdecken sie ihre Leidenschaft für das MMA und bringen viel Herz und Motivation mit, und gehen tatsächlich in die frühe Geschichte des Sports ein.

Anderson Silva ist nicht so einer. Er hat sich aus voller Überzeugung für diesen Sport entschieden, weil er sich im Bezug auf sein Talent nicht selber angelogen hat.

Innerhalb der UFC ist er das Ebenbild eines Champions gewesen. Ich muss wohl nicht viel zu seinen Errungenschaften sagen.

Ein wenig undurchsichtig war jedoch schon immer sein Groundgame. Vor allem seine Kämpfe gegen Sonnen haben für einige wenig Licht ins dunkle gebracht.

Ich halte es für durchaus sinnvoll, die gesamte Ausgabe Silva zu widmen. Sein Stil ist einzigartig - natürlich mal wieder durch seine körperlichen Gegebenheiten bedingt.

Vielleicht ist es nicht ganz verkehrt, hier chronologisch heran zu gehen. Silva ist vor allem im Bodenkampf immer wieder enorm gewachsen.

_____________________________________________
Anderson-Silva-2.jpg

Das Netz der Spinne

Als Wunderkind der brasilianischen Muay Thai Szene und mit unglaublich viel Skill im Taekwondo, Capoeira und allem anderen, wo man die Glieder schwingen, war Andersons erster bemerkenswerter Aufenthalt 2001 bei der Chute Boxe Academy in seiner Heimatstadt Curitiba. Neben anderen Lokalmatadoren wie Shogun Rua und Wanderlei Silva war Anderson zum Anfang seiner PRIDE Tage nicht mehr als ein Rohdiamant.

Wenn alle Chute Boxe Kämpfer eines gemeinsam hatten, dann ihr Muay Thai Background. Aber im Schatten der beiden Shooting-Stars Shogun und Wanderlei gelang es Anderson nur bedingt, seine kämpferischen Lücken zu füllen. Trotz der suboptimalen Bedingungen geland es ihm bereits früh, eine solide und zweckerfüllende Guard zu schaffen.

Im Jahre 2001 besiegte er als erstes Hayato Sakurai - Shooto Welterweight Champion. Der im Judo, BJJ und Ringen gut versierte Sakurai sollte dabei ein wichtiger Meilenstein in Andersons Grappling Laufbahn sein.

Bereits bei diesem Kampf zeigte sich Andersons Vorliebe, den Gegner zu erschöpfen, indem er komfortable Positionen benutzt, die den Gegner aber trotzdem sehr einschränken. Ebenso wie Penn nutzt er bei Möglichkeit sofort die Back Mount - seine langen, dünnen Beine kreut eher dabei zu einem Body Triangle. Das erschwert die Atmung enorm und ist für den gelenkigen Capoeira-Anderson eine der stabilsten und komfortablesten Positionen überhaupt.

So finisht er z.B. auch Dan Henderson per Rear Naked Choke


10001389_medium.gif



Fast einzigartig ist seine Vorliebe für die gleiche Technik aus der Full Guard. Diese nutzte er ebenfalls bereits gegen Sakurai. Mit Newton stand ihm einer der besten Grappler seiner Zeit gegenüber. Gegen diesen sehr offensiven Gegner sah sein BJJ noch sehr... dürftig aus. Gegen die Positionswechsel sah er nicht gut aus, umso besser jedoch in seinen bevorzugten Positionen - speziell der grade angesprochenen.


cc7mediuml9c5izfpra.png



Im Gegensatz zur klassischen Full Guard hat der Gegner weniger Freiraum beim Versuch, den Oberschenkel runter zu drücken und die Guard zu passieren. Die Atmung wird erschwert und Kraftverlagerungen merkt Spider direkt.

Dummerweise musste Anderson sich in seinem nächsten Kampf geschlagen geben. Daiju Takase hatte meist seine Probleme mit den immer größeren breiteren Gegnern gehabt - gegen Anderson konnte er seine Beweglichkeit jedoch voll ausspielen. Anderson hat hier (möglicherweise aus Unerfahrenheit) eine absolut falsche Entscheidung getroffen, indem er sich mehr oder weniger in den Choke hinein wirft. Bei solchen Gegnern geht es sich darum, solche Notwendigkeiten zu vermeiden.

Gegen Ryo Chonan musste Anderson Silva eine weitere entscheidende Niederlage hinnehmen:


117634_o.gif



Zweifelsohne eine der der schönsten Submissions aller Zeiten und entsprechend sollte man sie auch betrachten. Mit seinen langen Beinen bietet Anderson eine gewisse Anfälligkeit für solche Aktionen. Noch vor seinem Wechsel zu Team Nogueira bzw. Black House änderte sich für Anderson taktisch nochmal einiges. Anderson lernte unter Luiz Dorea, im Gegensatz zu früheren Kämpfen die Distanz besser aufrecht zu erhalten und entwickelte mit seiner tiefen Deckung nochmal eine zusätzliche Absicherung, bei Takedowns, Beinscheren etc. griffbereiter zu sein.

Der deffensive Boxstil mit den Attacken aus der Rückwärtsbewegung machten es für Gegner unglaublich schwer, sicher den Takedown zu suchen. Wenn Anderson immer einen Schritt voraus ist und mit seinen tiefen Fäusten eine Bedrohung darstellt, macht er keinen Sinn.

Es ist UNERLÄSSLICH im Moment des Takedowns das starke Bein, aus dem gestemmt wird, höchstens eine Fußlänge entfernt vom Gegner aufzustemmen. Sonst kommt dan ein ganz erbärmlicher Versuch bei raus. Hier profitiert Anderson von seiner Flinkheit und seiner Erfahrung in Striking Disziplinen.


20746382yd.png



Natürlich kann man nicht immer NUR auf Distanz bleiben. Also, wie sieht es aus, wenn der Takedown aus dem Kampf heraus kommt?

Seine Takedown Abwehr hat sich über die Jahre rapide gemacht. Dabei hat er für sich einige Bewegungsabläufe eingearbeitet, die sich gegen Elite-Grappler wie Dan Henderson bewehrt haben.

Wichtige Waffe ist seine Physis. Mit seinen langen Beinen besitzt er eine enorme Hilfe gegen Takedowns und kann aus dem Sprawl arbeiten, ohne direkt auf die Knie zu sinken.

Sein späterer Kampf gegen Nate Marquardt liefert er ein hervorragendes Beispiel, wie er das ausnutzt.


20746792tn.jpg



Nach dieser "Kombination" finishte Anderson ihn.

Zurück zu unserem zeitlichen Faden: Okami sollte Andersons letzte große Herausforderung im Ground Game vor seinem Einzug in die UFC werden. Das Resultat des Kampfes war trotz der DQ aussagekräftig und deckte eine weitere Waffe Andersons auf.

Der Upkick war zwar beim Event illegal, sollte Anderson aber noch oft eine Hilfe sein.

Bereits in vorherigen Kämpfen hat Anderson immer wieder mit seinem (meist rechtem) Bein die Guard geöffnet, um Positionswechsel zu provozieren. Durch seine langen, beweglichen Beine und allgemein unglaublich kurzen Reaktionszeit hat er damit immer versucht, den Gegner bei seinem Positionswechsel auszukontern und im besten Fall die Hüfte rauszudrehen.

Da Okami mit Silva im Griffkampf ums Handgelenk steckte, konnte Silva - der einen Zug weiter war - sein Kapital aus der Situation schlagen.

Mit seinem Capoeira, Taekwondo usw. ist es kein Wunder, dass Anderson so effiziente Upkicks besitzt. Die Kraft in ihnen wird absolut unterschätzt.

Nachdem Silva gegen Franklin den UFC Titel gewann, war Travis Lutter sein erster Gegner. Dieser ist m.M.n. heutzutage einer dieser all time underrated Kandidaten. Hätte er nicht so ein Verletzungspech nach dem Anderson-Kampf gehabt, hätten wir mehr von ihm gesehen.

Mittlerweile ein Teil von Nogueiras Black House Gym, stand Anderson erneut einem sehr guten Grappler gegenüber, dessen Plan es zweifelsohne sein sollte, den Brasilianer auf den Boden zu werfen. Er war erfolgreich.

Ohne wirklich aus der Top Position Kapital zu schlagen, geht er eher noch erschöpft aus der Runde raus - er hat bis zur kommenden Szene am Ende der Runde nichtmal einen sauberen GnP Punch landen können. Das nur durch Andersons Body Triangle und seiner Dominanz im Griffkampf... wie gesagt... am Ende wurde es nochmal tricky und Anderson musste tief in sein Arsenal greifen.


20746822dg.jpg



In der zweiten Runde versucht Lutter es dann mit ein wenig mehr Hüftdistanz und versucht die Guard mit allen Mitteln zu lockern. Anderson macht sich mal wieder seine Upkicks zu nutze und schließt ab. Aus der unten gezeigten Position sieht man richtig, wie Lutter durch den Upkick der Kopf runter klappt.

Sein Triangle Choke sitzt perfekt und zwingt Lutter zur Aufgabe.


301hdty_jpg_medium.gif



Hier mal kurz ein Break und ne kleine Zusammenfassung:
- Anderson benutzt seine Beinarbeit und Boxstil zur Vermeidung von Takedowns
- Bei einem direkten Sprawl nutzt er seine langen Beine zum kontern
- Seine Guard stabilisiert er per Body Triangle
- Diese öffnet er, um Bewegungen des Gegners zu kontern
- Bei größerer Distanz arbeitet er mit den gefährlichsten Upkicks des Sports
- Seine Arme können durch die Reichweite den Gegner entscheidend bedrängen
- Seine beweglichen Beine ermöglichen ihm ebenso Sweeps und Submissions, wenn der Gegner seine Position nicht stabil hält
- Anderson nutzt seine Guard, um den Gegner zu erschöpfen


Auch Dan Henderson brachte den Champion aus dem Schlagabtausch heraus in den Clinch und schließlich auf den Rücken. Als olympischer Ringer brachte er die entsprechende Erfahrung mit und war im Mittelgewicht ein Riese (mit schlechter Ausdauer).

Und erneut ließ Anderson sich am Boden nicht verletzen, ganz im Gegenteil. Diese Haltung, die die erste Runde zwei von drei Minuten am Boden ausmachte, sollte genau nach dem Geschmack des Brasilianers sein.

Vor allem die Klammer um Hendersons Bein ist sehr einschränkend – einmal den Körper kurz entspanenn und Anderson dreht ihn - denn mit seiner seitlich liegenden Hüfte und Hendersons eingeschränkten Gliedmaßen hat Anderson hier eindeutig eine "angenehmere" Position. Während es in Hendos Sinne war, Anderson am Boden einfach zu bedrängen, hat Anderson ihn das machen lassen und dabei selber Kapital draus geschlagen.

Nachdem er Hendo in der zweiten Runden zu Boden schlug, kontrollierte Anderson ihn locker von oben - wohlwissend, dass Hendo auf seinem Rücken schwach ist und noch mehr Energie verschwenden wird.

Plötzlich passiert etwas: Anderson lässt Hendo sich drehen...


terrorw1ejqrykd4.png



Wenn Anderson am Boden etwas macht, dann hat er wie Jones die Eigenheit, wenig Risiko dabei eingehen zu wollen. Seine Aktionen führt er mit unglaublicher Sicherheit und vor allem Ruhe aus.

Ich wollte zu dem ersten Sonnen-Kampf möglichst wenig sagen. Ich glaube nicht in der Form, dass Anderson bis in die fünfte Runde für die Submission gewartet hat. Allerdings ist es offensichtlich, dass es seine erste und einzige wirklich offensive Attacke gewesen ist. Eigentlich hat er mal wieder nichts gemacht als Sonnen zu erschöpfen und das einzustecken, was dafür nötig ist. Da die Sub als solche schon so oft analysiert wurde, beschränke ich mich dabei auf die klassische Schlußfolgerung: Sonnen besaß immer eine Anfälligkeit, durch seinen so großen Bizeps und Nacken in einen Triangle zum geraten und Anderson besitzt nunmal das Timing.

Der zweite Sonnen-Kampf lief am Boden in den ersten drei Minuten blendend für Anderson. Trotz Sonnens Takedowns nach ein paar Sekunden. Sonnen konnte weder der Half Guard noch den Underhooks entfliehen. Eine ähnliche Szene wie gegen Hendo.

Mit dem langrfristigen Gewinn der Kontrolle über Andersons Oberkörper und seinen eigenen Armen konnte Sonnen jedoch gut austeilen und Andersons Guard durchbrechen. In der Full Mount hatte er ebenfalls wieder Probleme mit Andersons Armen, die ihn bedrohten, beim Versuch zum schlagen, Sonnens Handgelenke zu kriegen.

Auch wenn Anderson die Runde technisch verloren hat, konnte er Sonnen ein wenig auspowern lassen. Natürlich führte das speziell im diesem Kampf letztlich nicht zu Andersons Sieg, aber unter Andersons Gesichtspunkten hat er die erste Runde über alles richtig gemacht. In der zweiten Runde gelang Sonnen kein Takedown mehr.

Nein, wesentlich interessanter finde ich die Kämpfe gegen Weidman.

Dieser ist der erste, gegen den Anderson kaum Kontrolle am Boden hatte und mit dem er sich ein offenes Duell geliefert hat. Dazu muss gesagt sein, dass Weidmans Top Game eines dieser ganz innovativen des Sports ist.

Ich persönlich bin der Meinung gewesen, Weidman habe sich den Titelkampf zu diesem Zeitpunkt nicht verdient gehabt. Aber er hat bewiesen, warum seine Coaches immer von seinem BJJ sprachen.

Zumindest als Grappler hat er mir das Gegenteil bewiesen.

Der erste Takedown im ersten Kampf hat zwei Dinge bewiesen: Anderson wird in seiner Reaktion langsamer und seine Gegner werden schneller. Weidman ist dem dato bereits 38 jährigen Silva sichtlich gewachsen und hat am Boden ganz offensiv einen Submission-Schlagabtausch gesucht. Das verdient natürlich Respekt. Ebenso wie es Respekt verdient, dass Anderson daran nicht gescheitert ist.

Weidman hat es wie Cain im Schwergewicht in diesen Kämpfen zu seiner Sache gemacht, Anderson keine Chance geben, irgendwo Griff zu fassen und ist im Ground and Pound sehr darauf bedacht, Andersons gefährliches rechtes Bein zu kontrollieren.


iboWQBcknpMItv.gif



Als Submission Grappler war es absolut in Weidmans Sinne, nicht in Andersons Guard zu springen. Sein Plan war ein Hebel. In der 50:50 Guard haben sie sich eine schon epische Schlacht um einen Beinhebel geliefert. Weidman ist kein klassischer Guard-Crusher und mit diesen hat Anderson traditionell auch nicht wirklich Probleme gehabt. Der Plan war sehr gut, aber nicht genug, um Anderson damit wirklich (auf diese Art) zu besiegen.

Hier ein Paradebeispiel, wie Anderson ruhig aber entschlossen den Ansatz löst und ganz klar zeigt, dass er mittlerweile das Groundgame eines Löwen besitzt.


silva-gif-tapout.gif



Mit Weidman, Henderson, Sonnen, Lutter, Marquardt, Okami und Newton hat Anderson gegen die besten Grappler jener Zeit gekämpft. Er hat zwar nicht alle dort besiegt, aber er hat dort jeden weitesgehend neutralisiert.

Trotz der vielgeteilten Meinung, es sei der klassische Ringer, dem er unterliegt, hat er immer mehr Probleme gehabt, wenn der Gegner ein unglaublich kreativer BJJ Künstler ist, der sich nicht in eine Guard packen lässt. Er hat mehr gegen qualitative Ringer und Grappler bewiesen als viele andere Champions - und das obwohl die Leute zum Teil ihren Plan durchziehen konnten und ihn nicht erst aus Verzweiflung auf den Boden einluden.

Sein Guard Skill ist unglaublich hoch, man darf ihn nur nicht falsch auslegen. Anderson war in seiner UFC Laufbahn nie in direkter Gefahr, am Boden gefinisht zu werden.

Er hat eine absolut taugliche Linie für sich gefunden. Und dass er zuletzt den wesentlich frischeren Weidman weitesgehend kompensieren konnte, ist wenn es etwas ist, nur beeindruckend.

Nur ganz wenige MMA Fighter haben eine Guard, mit der man Gegner von Andersons Kaliber besser kontrolliert als er es tut. Dafür, dass er nicht bekannt für seine Skills am Boden ist, ist er dort unglaublich gut.

Nicht auf einem Level mit Demian Maia, Nick Diaz, Jake Shields oder Jacare Souza. Aber direkt dahinter.

Er ist einfach ein Genie.

Vielen Dank!
 
Wieder mal eine gute Ausgabe. Silva ist einfach so Awesome und für mich der größte MMA Fighter aller Zeiten. Sein Kampfstil strahlt einfach eine enorme Eleganz aus und daher wirken seine Kämpfe auch immer so leicht. Silva sieht oft so aus, als würde er sich gar nicht anstrengen. Er lässt diesen komplexen Sport so einfach aussehen. Ähnlich war es ja auch mit Muhammad Ali im Boxen. Die beiden haben in dieser Ansicht gewisse Parallelen.
 
Judo - Die etwas andere Grundlage

Heute werden wir auf einige Namen treffen.

Der Faden wird sich ein wenig verlieren, aber das ist kaum vermeidbar bei so einem Thema, wo man von der einen technischen Genialität in die nächste rutscht.

Mir ist aufgefallen, dass das Clinchen bisher ein wenig kurz kam.

Und wenn wir schon dabei sind, bringen wir einfach mal wieder ein paar populäre Namen rein, bei denen ich mich drauf verlassen kann, dass sie uns Material zur Verfügung stellen :D

Nächstes mal werde ich quasi an ähnlicher Stelle ansetzen, aber wieder mit einem anderen Fokus, weil es sonst zu umfangreich wird.

Let's Go!

_____________________________________________________
ufc168_10_rousey_vs_tate_014-1.jpg


Judo - Die etwas andere Grundlage



Ein Sport, dessen Einfluss immer ein wenig vergessen und unterschätzt wird, ist Judo.
Das liegt allen voran an der mangelnden Anzahl an Trainern und Judoka, die sich so von ihren Basics abwenden und auf einen MMA Hybrid trainieren, wie es bei den Ringern oder auch BJJs der Fall ist.

Doch auch in der heutigen Zeit, in der ein Athlet vielseitig und in jedem Aspekt stark sein muss, spielt Judo weiterhin eine große Rolle.

Bestes Beispiel ist Fedor Emelianenko.Er hat nie Jiu Jitsu oder Ringen trainiert, und hat mit seinem Sieg über Minotauro Nogueira allein mit Judo und Sambo die geführchtetste Guard des Schwergewichts zerstört. Er hat keine Guard gefürchtet - eine Mentalität, die heute keiner mehr hat – nicht einmal GSP, Jose Aldo oder Jon Jones.

Es gibt keinen anderen MMA Fighter, der wie Fedor mit den besten Strikern der Welt boxte, die besten Ringer der Welt zu Boden warf und die besten BJJ Künstler der Welt aus ihrer Guard raus verprügelte. Das, meine Freunde, ist ein historischer Fakt.

Interessant ist, dass Fedor nie einen "normalen" Takedown versucht hat. Wer Judo ein klein wenig kennt, weiß auch direkt, warum das der Fall ist. Im Judo gibt es so etwas nicht. Und Fedor hat sich gedacht, dass es daher auch wenig Sinn macht, sich so etwas anzueignen. Recht hatte er, dazu später ein Beispiel.

Fedor arbeitete seine Würfe immer aus dem Clinch aus. Vielleicht sollten wir erstmal hier ansetzen und die Unterschiede zwischen der Ausführung im Judo (Anzug) und im MMA.

Die Grundstellung im Judo ist diese: Vorhand am Jackenrever, hintere Hand am Ärmel.

Im MMA kann man nicht an der Jacke packen, daher wird wie beim Ringen eine Underhook-Variation benutzt. Da gibt es unglaublich viele Möglichkeiten, natürlich immer der Kampfsituation bedingt. Zum Beispiel so oder auch so .

Wichtig ist nur, dass eine Seite eine gewisse Kontrolle über den Oberkörper ausübt und die andere (im Judo die Handgelenk-Seite den gegnerischen Clinch einschränkt und bei eigenen Würfen die Zugkraft verstärkt. So wird z.B. bei Würfen über die Hüfte mit der Kontrollhand auf die Hüfte gezogen, und der Schwung der Hand am Handgelenk führt den Gegner dabei. Hier mal der einfachste Wurf der Ausführung als Beispiel.

In den Clinch gelang er problemlos, indem er mit Schlagkombinationen die Deckung des Gegners verlagerte. Dazu direkt ein Beispiel mit anschließendem Takedown gegen Nog, der seinerseits ebenfalls einen Judo-Schwarzgurt hat:


terrordpy95hbrwl.png



Auf Judo-Weltklasse-Ebene wird natürlich viel mit einer steifen Armhaltung geblockt. Das ist ohne den Judo-Gi im MMA nicht möglich und ein Grund, warum z.B. ein Fedor so schnell seine Clinch-Position hat und mit Leichtigkeit jede Gewichtsverlagerung zu einem Wurf nutzt. Er ist ganz einfach andere Kaliber gewohnt - weltklasse Judo-Kämpfer. Ähnlich verhält es sich in der Balance zur TDD. Allein durch diese ist es unglaublich schwer, ihn mit einem normalen Bein-Pack-Takedown auf den Boden zu kriegen - ein Bein reicht meist zum balancieren.

Fedor, der problemlos im LHW oder noch tiefer hätte kämpfen können, hat freiwillig gegen größere Gegner gekämpft. Das sollte ihm technisch nur bedingt ein Nachteil sein. Natürlich konnte ein Kerl wie Kevin Randleman mit purer Power den leichten Fedor durch die Gegend werfen, aber Fedor hat dafür ebenso Leute werfen können, die andere seiner Statur nicht auf den Boden bekämen - erst recht mit den klassischen Takedowns.

Takedowns kontern ist ebenfalls durchaus möglich.

Hier ein Beispiel für typische Judo-Konter, die Fedor perfekt beherschte.
Für mich die besten und simpelsten Beispiele für die Effizienz der Technik.


postc0p1yjdofw.png



lutter4jevmu63pw.png



Auch Kicks fangen und in einen Takedown verwandeln, gehörte zu Fedors Spezialitäten. Ich betone nochmal, dass Judo rein darauf basiert, im Kraftfluss dem Gegner zuvor zu kommen und die Bewegung zu nutzen, es ist in der Praxis ein viel komplexerer und anstrengenderer Sport, als es im TV aussieht.

50% des Judo-Kampftrainings bilden den Clinch/Wurf-Sektor und man lernt im Endeffekt nichts anderes als Balance, sicher Stehen und Ausnutzen von Energie. Wenn z.B. der kleine Fedor eins kann, dann Nicht-Judoka umwerfen, die bereits auf nur einem Bein stehen.

Und jetzt kommt eine ganz bedeutende Sache ins Spiel:
Da man sich im Training mit Gi durch den guten Grip an eine Zugkraft und Explosivität gewöhnt, die man ohne Gi gar nicht aufbringen kann, ist speziell hier ein Training mit Anzug sinnvoll. Umso besser läuft es dann ohne Gi, was man natürlich ebenfalls trainiert.

Ebenfalls auf einem unglaublich hohen Niveau ist Ronda Rousey, 2004 mit 17 die jüngste olympische Judoka aller Zeiten. In einer der dichtesten Divisions im Judo (-70) hat sie 2008 olympisches Bronze geholt. Und dabei ist Judo ein Kampfsport, der bei Frauen sehr populär ist.

Ich muss direkt dazu sagen, dass ich der Meinung bin, dass Ronda Rousey bis auf Judo nichts kann und nur Champion ist, weil sie die einzige Frau der UFC ist, die ein richtig heftiges Training gewohnt ist. Ihre Schlag-Technik ist schrecklich. Bitte interpretiert hier nichts als Anpreisung, ich liebe sie nur als Beispiel, weil sie durch die mangelnde Gegenwehr die Techniken pefekt vorführen kann.

Denn Ronda führt Würfe aus dem Clinch und aus dem Schlagabtausch mit Bravour aus. Mit ihrem Judo-Skill ist sie so dominant wie ein Ringer oder BJJ Kämpfer des selben Kalibers (mit olympischen oder WM Trophäen).

Und das in der Frauen Division, in der es kaum bis gar keine Weltklasse im Grappling gibt.

Hier mal eine Szene, die zeigt, wie überlegen Ronda vom Köpergefühl ist:


168-4.gif



Rondas absolute Lieblingswaffe ist natürlich die Armbar (Juji Gatame), die ebenfalls bei Fedor von großem Nutzen ist.

Da im Judo die Full Guard und Half Guard nicht als punkte- oder siegbringender Haltegriff angesehen wird, sondern nur Variationen der Mount, Side Mount und Noth-South-Position, sind Würfe meist darauf ausgelegt, den Gegner direkt in der Side Mount zu haben.

Die zwei typischen Judo-Variationen der Side Controle, die im MMA funktionieren sind einmal der Kesa Gatame und die klassische uns bekanntere Variation (Mune Gatame), die sich von der klassischen BJJ/Ringen-Side Mount nicht sonderlich unterscheidet.

Nach einem Hüftwurf landet man oft im perfektem Kesa Gatame, dabei ist es speziell im klassischen Judo von Vorteil, den Zugarm weiterhin benutzen zu können, um den Gegner einzuschnüren. Wenn man etwa auf dem gleichen physischen Level wie der Gegner ist, ist es im Judo unmöglich, aus einem perfektem Kesa Gatame zu entfliehen, dazu ist der Druck und die Kontrolle über beide Schultern zu gut.

Natürlich nur, solange man den eigenen Kopf unten hält und die eigenen Beine vor denen des Gegner schützt, quasi ständig zum Kopf des Gegners hin “läuft”.

Von dort aus findet vor allem folgende Technik bei MMA Fightern Anklang:


hqdefault.jpg



In der Praxis sieht das dann so aus:

(man beachte die Hand unter Rondas hinterem Oberschenkel – der Hebel saß perfekt. Der Arm war über Rondas vorderes Bein gestreckt und mit dem hinteren nach unten gedrückt)


i48GODFUnxVqw.gif



Man sieht oft, dass Fighter so etwas versuchen, auch die nicht-Judoka – insbesondere da es bei einer unglücklichen Ausführung immer noch die Möglichkeit gibt, die Crucifix Position daraus zu machen.

Worauf ihr jetzt sicher alle wartet, ist die Armbar. Fedor und Ronda hab ich ja schon erwähnt, wo bleibt die Armbar?

Geduld!

Beschränken wir uns mal nicht nur auf die beiden. Wer kann denn noch krankhaft gutes Judo?

Ich finde es immer wieder interessant, wie un-Judo-typisch Anderson seine Clinchtrips ausführt, er hat allerdings einen Schwarzgurt. Sehr cool auf jeden Fall.

Karo Parisyan, Hayato Sakurai, Shinya Aoki, Hector Lombard, Dong Hyun Kim, Rick Hawn... es gibt wirklich sehr sehr wenige weltklasse Judoka im MMA, hatte ich ja bereits erwähnt. Ob Ringer, Brasilianer oder sonst was, heute trainiert keiner mehr nur straight einen Stil. Das macht es aus Asien heraus nochmal schwerer. Denn selbst wenn du Judo kannst, Judo allein ist so sinnlos wie Ringen oder BJJ allein. Nur, dass man als Ringer aus Nordamerika direkt an hochkarätige Gyms kommt, die MMA-tauglich unterrichten.

Parisyan hat in den tiefen Gewichtsklassen der UFC durch seine hochgradiges Konditionstraining und unglaublich hoch trainierte Explosivität Techniken in Perfektion ausgeführt. Aufgrund von einer Verletzung und kommenden Painkiller- und sonstigen Medikamentenproblemen konnte er aber nie seinen (bereits "erworbenen" ) Titelkampf gegen Matt Hughes abholen und ist nach und nach untergegangen.

Karo war das erste Kind des Hayastan Gyms von Gene LeBell und damit der große Bruder von Ronda Rousey.

Mal ein Beispiel aus Parisyans epischen Kampf gegen Diego Sanchez.


UFCFightNight6-KaroParisyanXDiegoSanchez-Rd3-2-takedown-400-sg.gif



Ich möchte auch im Bodenkampf klarstellen:

Wenn du Gi-Judo gewohnt bist, wo der Gegner viel einfacher blocken und neutralisieren kann, weil er ständig deinen Ärmel und Brustbereich packen kann, dann hast du es ohne Gi umso leichter. Für Deffensiv Skills ist Gi-Training auch am Boden sehr gut.

Ganz besonders gilt das natürlich für Techniken, die ein gewisses Maß an Skill erfordern.

Die typischen Judo-Hebel und -Würger sind weitesgehend übereinstimmend mit denen des BJJ - nur dass es keine Beinhebel gibt. Während min. 80% in seiner Dürchführung einen Gi erfordert, sind die anderen 20% im wesentlichen bekannt.

Mit einem Mythos muss ich aufräumen: So wie BJJ ist Sambo eine Zweck-spezifische Abwandlung von Judo, und zwar ist das nichts anderes als russisches Armee-Grappling. Größten technischen Unterschied dabei zum Judo macht, dass die Ursprungs-Techniken viel mehr auf Basis von schlagenden und springenden Gegnern aufgebaut sind und es dadurch über 30 Variationen einer Armbar aus der Rückenlage gibt.

Das eigentliche Sambo oder eine Variation davon, welche auch als Turniersport praktiziert wird, basiert natürlich auf dem Grundstein, dass deine Gegner sich nicht verhalten wie im Krieg. Allerdings gibt es vier verschiedene Regelwerke, die sich alle mehr oder minder mit modernem MMA decken - und das seit 1980!

Und jetzt kommt eine ganz entscheidende Sache:
Da im Sambo durch die Jacken die aufrechte Haltung wichtig ist und im Gegensatz zum Judo normale Takedowns erlaubt sind, ist es ein sehr geiler Hybrid und in der Hinsicht allem anderen vorraus.

Aus der Armee-Sport Tradition heraus ist es natürlich auch der Hebel, der im Sambo extrem gut gelehrt wird.

Es gibt keinen BJJ-Armhebel, den es im Judo oder Sambo nicht gibt.

Während sich GSP gegen Dan Hardy (dessen Grappling eine 0 ist) mit seinem amateurhaften Hebel-Versuch bis auf die Knochen blamierte... (ich weiß noch immer nicht, was das war)

gibt es im MMA extrem viele Arten, eine klassische Armbar auszuführen, und das auch gegen Schwarzgurte, wie Nick Diaz bewies:


4v5zio.jpg



Er hätte niemals die Armbar rein bekommen, wenn er nicht mit Punches nachgeholfen hätte. Die eigentliche Ausführung des Hebels ist jedoch perfekt – im Gegensatz zu GSPs.

Von elementarer Bedeutung ist das Hochdrücken der Hüfte, damit der Ellenbogen des Gegners durchgedrückt wird und die eigene Brust etwas tiefer liegt, um die Hand weiter runter zu drücken. Darüber hinaus wird immer in die Richtung des kleinen Finger geheblt.

Streckt euren Arm mal zur Seite aus und versucht dabei euren Unterarm nach unten zu drehen – das ist unmöglich. Wenn man seinen Arm dabei nach oben drückt, schließt der Arm sich aber wieder ein wenig. Probiert es einfach mal aus.

Der Armhebel hat nur ganz wenige Faustregeln, ist in der Durchführung sehr simpel. Mit der Praxis ergibt sich nochmal ein höheres Maß an Schnelligkeit – dann kriegt man die auch so rein wie Fedor oder Ronda.

Fedor schaffte es, mit der Armbar Gegner zu besiegen, die ihm von der Stärke her mehr als überlegen waren.


fedor-beats-south-korean-giant-o.gif



fedor+armbar+coleman.gif



Das ist im Prinzip das tolle an der Armbar: Die einzige Kraft, die der Gegner zur Gegenwehr aufbringen kann, ist die des gestreckten Arms und der Schulter. Der ausführende Grappler jedoch hat die Kraft seiner Beine und des Oberkörpers in diese eine Streckbewegung kompensiert.

Hier sieht man wunderbar, wie Ronda ihren Körper wie ein ein Brett streckt, sobald sie den Arm grade hat. Lustigerweise tapt diese bereits bevor Ronda richtig in die Richtung des Fingers hebelt, achtet mal drauf.


1361682991519.gif



Wie ihr sicher schon gemerkt habt, entfernen wir uns nun etwas von der Judo-Linie, weil wir hier technisch nicht mehr zwischen BJJ, Judo und Ringen unterscheiden können.

Oder ist Cub Swanson für sein Judo bekannt? Zum gewissen Grad können das alle Athleten heute.

Wo MMA anfängt, kommen viele neue Faktoren ins Spiel, erst Recht durch die Schläge am Boden.

Für kreative Großmeister wie Shinya Aoki gibt es dabei umso mehr Möglichkeiten, den Gegner zu hebeln. Das hier ist von der Körperhaltung ja quasi das Gegenteil der normalen Armbar, funktioniert aber, solang man mit einem Arm den Ellenbogen anhebt und mit dem anderen das Handgelenk runter drückt. Der Arm war nach dem Kampf gebrochen.


utsoctdav3k8ux.png



Besser als im vorherigen Beispiel führt GSP in seinem dritten Kampf gegen Hughes eine Kombination aus, um diesen zu Hebeln. Dabei zeigt er, wie sehr doch die Kimura Lock und die Armbar ineinandergreifen, und wie aktuell im modernen Kampfsport es noch ist, die Kraft des Gegners gegen ihn zu benutzen.


jnfejflzk701yqgm.png



Um zum Schluß mal beim Kimura zu bleiben: Beim Kimura sprechen wir von einem Hebel, der im MMA mehr benutzt wird als im Judo - einfach weil man im Bodenkampf im Judo keine Gegner hat, die ihren Arm so rumflattern lassen.

Die Schwierigkeit, die sich zudem beim Kimura ergibt, ist dass man durch die Hebelbewgung viel seines Gewichts und der Kraft verlagert. Oft sieht man Kimuras als Griff, um den Gegner am Boden in Rollbewegungen etc. zu führen. Wenn man ihn aber als Hebel aus der Oberlage durchziehen will, verliert man unter Umständen die Kontrolle über den gegnerischen Oberkörper.

Fedor beantwortete dieses Problem damit, einen Oberschenkel über den Kopf des Gegners zu werfen, um diesen bei der Aufsteh-Bewegung ein wenig mehr zu belasten.


fedor+key+lock+randleman.gif



Auch Jim Miller fand gegen meinen Freund Joe Lauzon (wir können uns wohl drauf einigen, dass das die besten Submission Gamer des LWs der UFC sind) eine nette Möglichkeit, diesem so starken Grappler einen Kimura zu verpassen.

Für mich noch heute eine der besten Aktionen im Octagon.

Während Lauzon auf eine Armbar wartet, nimmt Miller ihn aus der Position in einen umgedrehten Triangle - und schnürt ihn von dieser so ungewöhnlichen Position aus ein, und kann ihn problemlos mit auf den Boden ziehen, wo er dann mit dem isolierten Arm einen Kimura ansetzen kann und Lauzon absolut keine Chance mehr hat, seinen Arm zu bewegen.

2u7ao03_medium.gif


An ähnlicher Stelle setzen wir nächstes mal wieder an,
das war es für heute.
danke sehr!
 
Zuletzt bearbeitet:
Alter Finne! Riesen Respekt dafür, wie viel Zeit und mühe du investierst, um zu schreiben und zu erklären. Wirklich, grandios, wie viel Hingabe du für deine "Arbeit" zeigst. Ich gebe zu, ich habe auf dem Gebiet wirklich kein Grundwissen und dennoch ist es angenehm zu lesen, weil du super erklärst. Weiter so. :)
 
Alter Finne! Riesen Respekt dafür, wie viel Zeit und mühe du investierst, um zu schreiben und zu erklären. Wirklich, grandios, wie viel Hingabe du für deine "Arbeit" zeigst. Ich gebe zu, ich habe auf dem Gebiet wirklich kein Grundwissen und dennoch ist es angenehm zu lesen, weil du super erklärst. Weiter so. :)

Vielen Dank! Ich muss zugeben, dass ich diesmal echt viel Zeit gebraucht habe, gutes Material zu finden, das hab ich echt anders erwartet. Das was nach der eigentlichen Arbeit, aussieht, geht aber eigentlich ganz gut von der Hand, vor allem das Schreiben. Hab mir die letzten Monate auch angewöhnt, mit zwei Fingern zu schreiben. Das geht schneller als mit einem :D

Das coolste ist eigentlich, dass man sich Kämpfe ansieht und zB. einzelne Takedowns rauspickt und dann mal Bild für Bild im Zeitraffer ansieht. Da erkennt man dann diese Dinge, die man im schnellen vielleicht nicht sieht. Von daher lerne ich selber noch was dabei. (Ok jetzt bei Fedor nicht, den Typen kenn ich auswendig :D)

Und ich will die Ästethik im Bodenkamppf vermitteln, ich hoffe das kommt rüber :D
 
a brief history of time

Heute mal was anderes.

keine Bilder, keine Techniken.
aber etwas Geschichte, über die man leider auch nicht per Wikipedia kommt.
Kritik ist gerne erwünscht.

100% faktensicher, 100% Grappling!

wrestling.jpg

a brief history of time

Was kommt alles aus Liverpool?
Die Beatles, Wayne Rooney, Steven Gerrard... und Catch-Wrestling.

In der Zeit der industriellen Revolution war das Leben in den englischen Städten hart. Und harte Zeiten brachte einen harten Sport hervor. Ringen ist auf die ein oder andere Weise tief in der europäischen Geschichte verankert. Heute ist man sich einig, dass jener Stil, der erstmals im Großraum Liverpools enstand, wegweisend für Kampfsport und Wrestling war: Catch Wrestling.

In England entstand 1903 das erste moderne Style vs. Style Grappling mit Catch-Wrestler Frank Gotch als einstimmigen Champion, welcher den Ringer Georg Hackenschmidt in einem Kampf bezwang und der erste ("Fake"-)Wrestler war, der Karriere in den USA machte und dort den prägenden britischen Stil verbreitete.

Catch-Wrestling ist die einzige Form des Ringens, bei der alle möglichen Hebel und Würger legal waren und innerhalb Europas suchten die berühmtesten Vertreter dieser Kunst stetig das Duell mit anderen Kämpfern. Vor allem in Asien landete man einen großen Impact und brachte nicht nur das Wrestling mit ins Land.

Reisen wir etwas nach vorne: pi mal Daumen ins Jahr 1915.

Per Definition ist Jiu Jitsu eine Jahrhundertalte Selbstverteidigungsform. Judo ist davon sowas wie der moderne Ableger, der sich vor allem als Kampfsport durchgesetzt hat.

In Japan war die Vermischung mit den westlichen Einflüssen vor allem in Verbindung mit dem Wrestling geprägt, denn in Japan entwickelte sich aus dem Catch- das Shootwrestling. Später kommen wir darauf zurück.

Jiu Jitsu und Judo Meister Mitsuyo Maeda ließ sich in Brasilien nieder, dabei brauchte er natürlich Kontakte. Die Gracie Familie war ein recht einflußreiche Familie mit Kontakten und Geld und so stieß Maede früher oder später auf Gastao Gracie, den Vater von Helio und Carlos.

Mit dem Vorhaben, durch Vorführungen Geld zu verdienen, erkaufte Maeda sich mit einer kostenlosen Trainingsstunde die finanzielle Zusammenarbeit mit dem Geschäftsmann.

Gastaos jüngster Sohn Carlos erwieß sich als recht guter Schüler, einen entscheidenden Schritt machte jedoch Helio.

Entgegen der Legende war er nicht klein und schwach. Er war einer der besten Athleten der Stadt, hat viele Turniere im Schwimmen und Hochsprung gewonnen.

Dennoch merkte er, dass die japanischen Künste für den Durchschnittsbürger zum Teil ein zu hohes Level an Athletik und Kraft voraussetzen. Er wollte eine moderne Form der SV kreieren.

Als einer der besten Schüler Maedas fing er an, selber Seminare zu geben und versuchte, seinen Unterricht auf jeden Körpertyp zuzuschneiden und ihm dabei zu helfen, ein eigenes System zu entwickeln.

Die große Erkenntnis war, dass ein körperlich untrainierter Mensch Probleme haben könnte, jemanden im Straßenkampf auf den Boden zu werfen und dann von dort zu arbeiten.

Einfacher war es, zu clinchen, sich auf den Rücken zu werfen und von dort aus zu arbeiten.

Dabei war es möglich, für jeden Körpertypen ein anderes Konzept zu haben - eine Mentalität, die erst Bruce Lee 40 Jahre später wieder in einen Stil integrierte.

Ein weiterer entscheidender Faktor lag in der Beziehung zwischen Trainer und Schüler. Der Respekt basierte weniger auf Strenge, sondern auf einer guten Beziehung und einem "natürlichen" Respekt. Und ich kann persönlich bestätigen, dass sich das bis heute nicht verändert hat. Die brasilianische Mentalität ist das Herzstück dieses Sports. Der klischeehafte lustige, tanzende Brasilianer.

Der Sport basierte im Gegensatz zu anderen Kampfsportarten eher darauf, ein komplett eigenes System für sich zu entwickeln und baut einen Selbst-Ansporn auf. Kreativität ist ein zentraler Begriff.

Helio unterrichtete bald schon die halbe Stadt, diese beiden zentralen Unterschiede zum asiatischen Zeug sprachen unglaublich viele Menschen an.

Dabei musste der Sport sich stets gegen die Konkurrenzdisziplin "Luta Livre" beweisen, eine kraftbasierte Boden-Kampfkunst ohne Anzug. Für die Gracies, die zu der Zeit noch strikt im Anzug trainierten, war das eine mehr als knifflige Herausforderung, sollte der Entwicklung des BJJ jedoch nicht im Weg stehen.

Sein ältester Sohn Rorion war bereits früh mit dem Sport seines Vaters vertraut und nahm sich mit 16 Jahren zum Ziel, ihn in den USA zu verbreiten.

Als Gebäudereiniger hat er sich Anfang der 60er in Los Angeles über Wasser gehalten, als er im Haus eines Hollywood-Produzenten von dessen Frau angesprochen wurde, warum ein so einzigartiger Mann mit Astralkörper denn nicht vor der Kamera steht.

Unter den Stuntmännern und Kampfsportlern hat er sich dann in aller Öffentlichkeit mit jedem angelegt und ein Style vs. Style Match vorgeschlagen. Mit der Brechstange hat er sich in Hollywood einen Namen gemacht und noch vor Bruce Lee zumindest im kleinen Rahmen Einfluss darauf genommen.

Wie auch immer, hat er damit genug Studenten gewonnen, keiner konnte ihn besiegen, nicht mal Weltmeister im Taekwondo. Es war sein junger Bruder Royce, der sich die Unterrichts-Methoden abschaute und ihm dann dabei unter die Arme griff.

Rickson Gracie, ein weiterer Bruder, war während dessen in jedem Winkel Südamerikas und nahm einen großen Einfluss auf den brasilianischen Vorgängers des MMA, dem Vale Tudo und galt neben Bruder Relson als Goldstandard des BJJ.

Mit Carlos' Sohn Carley war ein weiterer Kämpfer aus zweiter Generation geboren, der den Sport kampfsport-tauglich machen sollte. Er war der erfolgreichste Vale Tudo Kämpfer seiner Zeit.

Im Vale Tudo gab es entgegen der verbreiteten Meinung nicht nur Straßenkämpfer, sondern wegweisende Pinoniere wie Marco Ruas, der bereits zehn Jahre vor dem ersten UFC Event Meister der verschiedensten Künsten war und jeden bezwang.

Rorion, der mittlerweile längst ein Verständnis für die amerikanische Kultur entwickelt hat, kam über seine Connection zum TV dann an die Chance, den Sport endgültig bekannt zu machen. Er hatte die Idee, das Videospiel "Mortal Combat" in die Realität umzusetzen und weltklasse Fighter jeder Form in einen Käfig zu bringen. Zusammen mit Art Davie veranstaltete er die einmalig geplante Show "UFC".

UFC 1: Für uns heute der Anfang des amerikanischen MMAs.

Rorions Schüler Big John McCarthy sollte der Ringrichter werden.

Er vertraute seinem Bruder Royce, das problemlos im Namen seiner Familie bewältigen zu können. Und er behielt Recht: Der Sport BJJ wurde über Nacht weltbekannt und verursachte eine regelrechte Auswanderung von brasilianischen Schwarzgurten, die fortwährend in den USA den Sport unterrichten sollten.

Seine Söhne, also die dritte Generation, standen selber schon bereit für den Karrierestart.

Unter andem Rener Gracie wurde seit kindauf von Vater Rorion zum Kämpfer aufgezogen. Was als "Spielen" verpackt anfing, wurde später die große Leidenschaft und während andere Kinder in den Favelas Fußball spielten, konditionierten die Gracies sich in ihr System.

Diese Generation bildet noch immer die Weltspitze des Sports.

Kurz vor der UFC - zwei Monate - entstand in Japan ein ähnliches Phänomen wie das "Ultimate Fighting".

Und zwar wagte man den Versuch, unter den geläufigen Pro-Wrestling-Regeln (außer Pin) den Rahmen für einen Kampfsport zu schaffen. "Pancrase" war die erste offizielle MMA Promotion, hat aber wie im Wretling z.B. Am Kopf nur Schläge mit flacher Hand zugelassen, auch gab es Dinge wie den Rope Break.

Das führte nicht zuletzt zu Bas Ruttens legendärer Ausführung des Punches/Kicks in die Niere, welcher den Gegner sofort zu Boden gehen lässt.

Wie kam es dazu?

In Japan gab es Ende der 80er, Anfang der 90er eine kleine Welle: Es gab unglaublich viel Nachwuchs aus dem Kampfsport, der sich für Wrestling entschieden hat. Durch diese unglaublich hohe Dichte an Talent, schaffte es allen voran UFC Legende Ken Shamrock viele Stimmen zu sammeln, dieses Experiment zu starten.

Bereits seit den 70ern war die japanische Wrestlingszene eine Kultstätte, um verschiedenste Sorten Grappling zu kombinieren. Daraus entwickelte sich das Shoot Wrestling, welches nichts anderes ist als Hybrid aus allem am Boden, speziell auf Wrestling-Regeln bezogen.

Neben gängigen Kampfkünsten hatte hier vor allem das britische Ringen einen enormen Einfluss.

Da war es kein Wunder, dass die Grundlage gegeben war, dass sich viele Talente in diesem so modernen Kampfsport-Hybrid entwickeln.

Zu jenem Zeitpunkt gab es vereinzelt noch "gestellte" Matchausgänge, dies ist dann in den 2000ern verloren gegangen. Bei PRIDE gab es zwar vereinzelt die Möglichkeit, mit einer Niederlage ein paar Groschen mehr zu verdienen, das ist jedoch leider auch heute noch im Boxen und MMA normal.

Shamrock, der sich bereits früh als bester Kämpfer bei Pancrase hervortat, sollte ebenfalls bei UFC 1 teilnehmen. Dort unterlag er Royce Gracie zwar, brachte jedoch die japanische Schule in Zugzwang, sich weiter zu entwickeln.

Mit der gemeinsamen Geburt war fast jeder Kämpfer sowohl in den USA als auch in Japan tätig. Über die 90er verschmalz alles zu einem Sport, einem Stil.

Auf dieser zeitlichen Abfolge baut das gesamte Grundgerüst des heutigen Grapplings und damit auch dieser Kolumne.
 
Wer besser hinschaut, wird besser unterhalten

Um vielleicht mal etwas mit dem Glauben aufzuräumen, gewisse Bereiche des Kampfes seien grundsätzlich lahm.

Was undurchsichtig ist, ist sehr schwierig nachzuvollziehen und vor allem in den letzten Jahren hat sich eine gewisse Taktik immer stärker verbreitet.

Ich will nicht viel um den heißen Brei reden...


Wer besser hinschaut, wird besser unterhalten


wses167385.jpg



Und auf dieses Motto schwöre ich, wenn es ans Grappling geht. Während der Aspekt des Strikings auf Distanz häufig schon spannend ist, wenn man den Kopf ausschaltet, muss man in vielen Aspekten des Grapplings oft genau hinschauen.

Manchmal hasse ich die Kameraperspektive der UFC oder die Tatsache, dass die Kommentatoren nicht erläutern, was auf der Seite passiert, die man nicht sieht, sondern sich lieber wiederholen.

Aber nicht nur das möchte ich einleitend zu den Kommentatoren loswerden.

Unsere Lieblingskommentatoren Mike Goldberg und Joe Rogan tun gut daran, Fighter auf möglichst einfache Weise zu kategorisieren. Daraus entsteht schonmal leicht der Irrglaube, dass Fighter die als "Ringer" bezeichnet werden, stickt ihre eigene Technik fahren.

Jeder Highschool Ringer hat angebliche explosive Takedowns, jeder BJJ Fighter gute Sweeps und Submissions. Das ist oft ziemlich amüsant, weil die Technik der Kämpfer das zum Teil absolut nicht wieder spiegelt.

Ich hab schon öfter gesagt, dass je tiefer das Gewässer, desto schwieriger kann man die "Herkunft der Technik" einschätzen.

Ein Aspekt, durch den wir uns von jeder klassischen Vorstellung lösen müssen, ist der Käfig. Kein Ringer ist es gewohnt, gegen einen Käfig zu arbeiten, und dementsprechend kann man nicht behaupten, dass Ringer grundsätzlich bessere Grinder am Käfig sind. Dazu später nochmal was.

Das Clinchgame hat am Käfig eine ganz eigene Dynamik.

Schon im reinen Striking gibt es die Einschränkung für den Kämpfer, der attackiert wird, nicht in die Rückwärtsbewegung kommen zu können. Wenn zusätzlich noch ein Clinch sitzt, ist das wieder eine Stufe mehr.

Eine der größten Legenden hat einen Großteil seiner UFC Kämpfe, wenn es gut lief, am Käfig verbracht

Randy Couture gab sein Debüt zu einem Zeitpunkt, an dem andere ihre Karriere beenden. Mit 34 hatte er eine erfolgreiche Laufbahn als Profi-Ringer hinter sich und gab bei UFC 13 sein MMA Debüt.

Er bewies immer wieder, dass Kampfsport zu 90% mental ist und man mit weniger Mitteln, aber mehr Intelligenz, einen Kampf für sich entscheiden kann. Das brachte ihn nicht immer den Zuspruch der Fans ein, macht ihn jedoch zu einem der erfolgreichsten UFC Fighter aller Zeiten.

Er erfand bereits früh die Taktik des Wall n Stall, das Drücken des Gegners an den Käfig, gemischt mit einzelnen Punches. Heute auf einem viel hö

Dabei spreche ich nicht unbedingt vom aufrechten Muay Thai Clinch, der beim Lösen manchmal keine wirkliche Kontrolle mehr darstellt, wie man hier sehen kann.

Der Trick liegt oft in der richtigen Dosierung zwischen Kontrolle halten und Striken. Das ist natürlich auch davon abhängig, welches Interesse der Gegner hat. Wenn du als besserer Striker auf kurzer Distanz bekannt bist, wird derjenige am Käfig wohl grundsätzlich sicher eher im Clinch bleiben und gibt einem Räume, sich etwas mehr zu öffnen, wie hier zum Beispiel.

Nein, er als kleineres Schwergewicht nutzte seinen tieferen Schwerpunkt, um genau das zu tun, was B.J. Penn in der folgenden Szene gegen Jon Fitch macht. Ich erinner nochmal, dass laut unserer Ideologie Penn ein BJJ Fighter und Fitch ein Ringer ist.

Dennoch "dominiert" Penn hier Fitch zum Käfig hin (fast die ganze Runde hat er so gewonnen).


pennfitch00.gif



Natürlich ist es für Penn vom körperlichen Aspekt schwer, einen solchen Druck auf Fitch auszuüben, dass es ihm an die Ausdauer geht. Er benutzt hier den Käfig lediglich, um zu grinden und Punches zu landen. Das zeigt sich nicht zuletzt an der Art Clinch, die er hier wählt, dem Muay Thai Clinch.

Bemerkenswer ist jedoch, zu welchem Zeitpunkt Penn die Uppercut setzt. Und zwar zu einem Zeitpunkt, in dem Fitch selber ein Knie ansetzt und auf dem anderen Bein steht, sich also in dem Moment nicht bewegen kann.

Der ganze Trick des "Dirty Boxing" am Käfig liegt darin, den Gegner in Situationen zu schlagen, in denen sie sich nicht bewegen können... oder wenn sie sich durch Bewegung in eine ungünstige Situation bringen würden.

Das ist ein zentraler Grund, warum es so schwierig ist, sich zu befreien. Selbst wenn man vom Gegner weicht, kann es sein, dass man ihm dabei eine Lücke bietet, weil seine Arme zum Schlagen günstiger positioniert sind.

Hier mal ein gutes Beispiel von Daniel Cormier für solche Situationen, bei denen einem der Fluchtversuch (in dem Fall von Roy Nelson) nichts bringt als zwei kassierte Punches.


iH6X0K3uZpiTI.gif



Cormier hat außer Jones jeden Gegner im Grappling schlecht aussehen lassen. Sobald er seine Linie findet, lässt er seinen Gegnern keine Chance mehr. Was er so gut macht, ist seine Technik zu modifizieren und sich von seinen Ursprüngen zu entfernen, ohne sie zu missachten.

Cormier wallstallt ebenfalls meist in aufrechter Haltung, nutzt seinen tiefen Schwerpunkt und kurzen Körper, um die Brust des Gegners zu belasten und Punches u. Würfe anzusetzen.

Darüber hinaus möchte ich sagen, dass m.M.n. Cormier eine wesentlich bessere Chance gegen Jones gehabt hätte, wenn er die ersten Runde noch mehr Druck gemacht hätte, um Jones an den Käfig zu drücken. So wie es war hat er nur Ausdauer verschwendet und dabei sehr viele Bodyshots gefressen, durch die Jones ihn wiederum ab der dritten Runde clinchen konnte.

Damit wollte dieser "beweisen", er könne DC in dessen eigenem Game besiegen. Das ist aber absolut dämlich und mit der Behauptung vergleichbar, Aldo wäre ein besserer Topgamer als Urijah Faber, weil er diesen nach gefühlt 500 Leg Kicks locker zu Boden schubsen und bearbeiten konnte.

Natürlich ist wie im klassischen Muay Thai der Knee Strike eine wichtige Waffe. Cormier zeigte im Kampf gegen Mir eine sehr interessante Technik, diesen vorzubreiten. Zentral dabei war es, den Underhook nicht an der Hüfte, sondern auf Schulterhöhe zu setzen.


sunset.jpg



Und hier nochmal flüssig aus anderer Perspektive:


CapitalMindlessBantamrooster.gif



Frank Mir kann der Klammer absolut nichts entgegen setzen.

Erinnern wir uns mal; war es nicht Shane Carwin, der im Underhook mit seiner Schulter Mirs Bizeps isoliert hat, um ihn zu verprügeln? Eine alte Schwäche und ein Beispiel für einen vielseitigen Grappler wie Mir, der trotz seines Hintergrunds als Ringer und BJJ Fighter mit einem Underhook am Käfig Probleme kriegt.

Was den meisten Fans (vielleicht zurecht) ein wirkliches Dorn im Auge ist, ist der Takedown-Ansatz am Käfig über Minuten hinweg. Das ist eine Art von Wallstall, die sich erst in den letzten 7-8 Jahren so richtig integriert hat.

Ganz am Anfang sagte ich, dass Ringer für die besseren Grinder gehalten werden, und dass dies eigentlich Humbug ist.

Der Käfigkampf ist enorm komplex und es ist für jede Art Kämpfer schwierig, seine Technik zu modifizieren, auch der Ringer braucht wie Daniel Cormier sehr viel Kreativität.

Wir müssen einen kleinen Abstecher in die Geschichte machen. Bis etwa ins Jahr 2005 war es noch absolut gängig, dass man sich vor Takedowns am Käfig in Acht nehmen muss. Der klassische Sprawl funktioniert nicht, da man sich nicht nach hinten stemmen und seinen Schwerpunkt tiefer setzen kann.

Zu diesem Zeitpunkt fing es gerade mal an, dass sich richtige Trainer in Mengen hervor getan haben und sich Gyms in den ganzen USA auf MMA spezifiziert haben, und jeder elitäre Kämpfer auch ein elitäres Camp mit guten Head Coaches hatte. Das konnten vorher nur wenige behaupten, meist die Topstars wie die Shamrocks oder Dan Henderson, der zusammen mit Randy Couture bereits 1999 "Team Quest" formte. In Japan begann bereits zu dieser Zeit ein Boom an Gyms, die meisten jedoch konnten sich langfristig nicht finanzieren.

Jenes Team Quest fand bereits früh Mittel, den Käfig schlau zu nutzen und auch Dan Henderson nutzte in Japan die Ringseile zu jener Zeit vorteilhaft.

Nicht jeder bekam die Evolution mit, so Tito Ortiz, der noch weitaus später in seinem Kampf gegen Rashad Evans die gleichen Fehler macht wie man sie im Jahr 2000 gemacht hat.


3.gif



Rashad stemmt seine Schulter quasi genau knapp unter Titos Schwerpunkt, sodass er ihn hieven und Titos griffbereiten Beine mitnehmen konnte, er muss ihn nichtmal richtig werfen, nur heben.

Titos Unfähigkeit, sich am Käfig zu bewegen, hat sich auch auf andere Weise gezeigt.

Wer öfter MMA schaut, weiß wie man am Käfig heutzutage sprawlt. Richtig, die Hüfte drehen, und die Beine im Ausfallschritt auseinander. Dadurch verlagert man seinen Schwerpunkt nach unten und kann recht zügig "ausbrechen". Darüber hinaus gibt man sich an der Hüfte mehr Platz, auch um eventuell die Hände zu benutzen.

Zuletzt Johny Hendricks hat einige (zahlende) Fans empört, indem er gegen Robbie Lawler absolut inaktiv diese Linie fuhr und auf "Verzweiflungskicks" gewartet hat, um sie zu trippen.

Die Haltung, die Lawler einnimmt, ist quasi der Käfig-Sprawl in Perfektion, gleichzeitig eine Pattsituation. Für viele ist Hendricks DER Wallstaller der heutigen Zeit - nicht grad der positivste Titel, wo der Stall doch bei so passivem Gebrauch sehr verrufen ist.

Obwohl es ungwöhnlich ist, haben die Judges den Kampf trotz Hendricks "Kontrolle" am Käfig die Entscheidung Lawler zugesprochen, da sie anscheinend erkannten, dass Hendricks hier nicht wirklich kontrolliert hat, da er beim Lösen eventuell Lawlers schnelle Punches kassiert hätte. In der Tat hat sich Lawler weder im ersten noch im zweiten Kampf als schlechterer Grappler erwiesen, sondern erst nach üblen Legkicks nach, die in ihrer Effizienz weit unterschätzt werden und für die speziell er anfällig ist.

Lawler hat Hendricks stilistisch durch seine Athletik, Kraft und Schnelligkeit im Striking auf kurzer Distanz unglaublich viele Probleme gemacht, seine Linie zu fahren.

Hendricks war so uneffizient, wenn er Lawler am Käfig gedrückt hat, dass Lawler aufgrund der mangelnden Notwendigkeit zur Verteidigung und Körperspannung sogar versuchen konnte, Hendricks Fuß zu hebeln wie bei einem WWE Match.


tiger.jpg



Man könnte schon sagen, dass es eine ganz neue Dimension der Passivität darstellt, wenn sogar die Judges die Uneffizienz darin erkennen.

Ein krasses Gegenbeispiel bietet Cain Velasquez. Der Heavyweight Champion beherrscht es wie kein anderer, mit seinem Grappling am Käfig sein Striking vorzubereiten. Sein gesamter Grappling Stil baut auf seinem Striking auf, dabei distanziert er sich von allen Standarts, geht am Boden meist nicht mal in die Guard des Gegners.


JDS3_crop_exact.png



Speziell der Aspekt, den eigenen Kopf ans Kinn des Gegners zu drücken, ist unglaublich beliebt geworden, vor allem in den oberen Gewichtsklassen, wo die Hälse oft etwas breiter und kürzer sind.

Mit seiner Schnelligkeit und Ausdauer macht Cain es fast unmöglich, aus dieser Situation zu entfliehen.

Ein schönes Beispiel nochmal von Alistair Overeem gegen Travis Browne, das einige Dinge abdeckt. Dieser kommt auf elitärem Niveau aus keinem klassischen Grappling Bereich, jedoch war er in den letzten Jahren, wenn er irgendwo gut war, am Käfig gut.


butterfly.jpg



Overeems Souveranität ist insofern nicht zu unterschätzen, weil Browne seinerseits u.a. diesen wunderschönen Wurf aus der Käfigposition aus vorbereitet hat, natürlich kann man hier im Clinchverhalten auch seinen Gegner Cheick Kongo kritisieren, der den Double Underhook hätte zumindest "bekämpfen" können.

Wir haben nun verschiedene Clincharten und Variationen und viele weitere Dinge angeschnitten, konnten des Umfangs wegen nur bedingt auf alles ausführlicher eingehen.

An dieser Stelle möchte ich ankündigen, dass man nicht erwarten kann, dass das Clinchgame am Käfig weniger werden wird. Ganz im Gegenteil: Ein wichtiger Aspekt, durch den es sich definitiv noch erweitern wird, ist die zunehmende Wichtigkeit der Body Shots, die seit einigen Jahren sehr im Kommen sind.

Wie auch bei den Schlägen zum Kopf gibt es im Gegensatz zum Boxen diesen Vorteil, dass der einzelne Punch bei guter Platzierung auf eine viel kleinere Fläche aufschlägt (durch die kleineren Handschuhe) und die Wucht sich mehr auf einen Punkt konzentriert.

Und trotzdem sind sogar im Boxen gezielte Body Strikes ein Teil der gefährlichsten Waffen von KO-Artists wie Roy Jones oder Mike Tyson

Im MMA ist es vor allem auf kurzer Distanz wirklisch schwer, gegen vielseitige und kreative Striker zu bestehen. Die sporadische Dosierung unglaublich kraftvoller Haken zum Körper macht nicht zuletzt die Diaz Brothers, Anthony Pettis und Conor McGregor sehr gefährlich im Schlagabtausch. Kämpfer mit trainierten Knees, Kicks und Haken zum Körper haben einen unglaublichen Vorteil.

Während es früher nur ein paar unter den Top 10 gab, die überhaupt zum Körper gegangen sind, kann heute fast jeder solide MMA Fighter, von Cheick Kongo bis Gunnar Nelson, eine Gefahr mit seinen Body Strikes darstellen.

Speziell am Käfig hat man noch den Vorteil, beim "drücken" nicht so einfach getript zu werden, da der Gegner den aufgebauten Druck kaum zum eigenen Zweck umleiten kann.

Ganz anders sieht es für denjenigen aus, der seinen Kontrahenten an den Käfig presst. Demian Maia hat Chael Sonnen in ihrem Aufeinandertreffen dumm aussehen lassen, als er ihn getrippt hat. Darüber hinaus räum ich hier mal direkt mit dem Mythosl auf, Sonnen habe den Kampf verloren, weil er keine Defense gegen einen Triangle Choke habe. Der ganze Kampf war ein wunderschöner, hitziger Grappling Contest.


surf.jpg



Wenn wir jetzt mal kurz komplett an den Boden gehen und den Käfig indirekt einbinden...

Auch durch die Grundhaltung im Bodenkampf kann man zum Teil Kapital schlagen. Wenn der Angreifer steht, sieht die Open Guard so aus; ein Bein an die Hüfte des Gegners, der andere Fuß wird in die Kniekehle gehakt. Dadurch hat man eine unglaublich gute Kontrolle über die Beine und somit Bewegung des Gegners.

Wenn der Angreifer bereits auf dem Gegner liegt, sieht das dann so aus. Wie sich am Bild schon erahnen lässt...


Cariaso04.gif



Chris Cariaso ist es, der den Käfig hier für einen Sweep gegen Mizugaki benutzt, dabei hindert er den Gegner daran, seinen Schwerpunkt zu verlagern und den Sweep zu verhindern, indem er seinen Schulter-Hals Bereich fest im Griff hat.

So, das war jetzt schon wieder einiges an Zeug. Auf den Godfather Randy Couture konnte ich leider kaum weiter eingehen, weil ich dafür hätte mehr zeitgenössische Aspekte streichen müssen.


Anstattdessen empfehle ich an der Stelle jedem, der den Kampf noch nicht gesehen hat, Randy Couture vs. Brock Lesnar anzuschauen.

Dabei werden sicher nochmal einige angeschnittene Aspekte ins Auge fallen

Bis Couture in unglaublich ungünstiger Haltung einen steifen, aber umso kraftvolleren Punch gefangen hat, konnte er mit seiner Technik und Erfahrung am Käfig weitesgehend dominieren, obwohl Brock in allen körperlichen Aspekten überlegen war und am Käfig nicht zuletzt durch die Arbeit mit Josh Barnett, Mark Coleman und Erik Paulson eine solide Technik bewies. Wenn Lesnar eines richtig machte, dann war es seine Auswahl an Gyms und Trainingspartnern.

Couture war in seinen etwas fitteren Jahren noch wesentlich erfolgreicher mit dieser Technik unterwegs, natürlich wird jeder von der Zeit überholt.

Dennoch ist es bemerkenswert, dass er 10 Jahre nachdem er bereits mit dieser Technik erfolgreich war, noch immer einen kompetiven Titelkampf damit gestalten konnte.

Damit verabschiede ich mich!
 
A New Breed of Grappling

Wir wollen ja nicht immer in der Vergangenheit rumstochern, von daher werden wir mal sehr aktuell.

Viel Spaß!

Weidman_original.png


A New Breed of Grappling

Letzte Ausgabe wollte ich ursprünglich mit Anthony Pettis beenden, anstattdessen fange ich diese Ausgabe einfach mit ihm an.

Anthonys Trainer ist Duke Roufus, einer der modernsten Trainer des MMAs, der Topfightern den letzten Schliff geben kann. Sein bekanntester Schüler ist jedoch nicht Pettis, sondern CM Punk. Und ich würde mich nicht wundern, wenn er diesen darauf trimmt, wie man sich gegen die beim letzten mal aufgeführten Aspekte am Käfig verteidigen sollte oder sie sogar selber zu nutzen.

Neben Firas Zahabi, Cesar Gracie und Greg Jackson kann Roufus sich zu einem der berühmtesten und teuersten Head Coaches der USA zählen. Sein Job ist es, den Fightern die bestmöglichen Trainer und Gyms zur Verfügung stellen zu können und die Kämpfe seiner Schüler zu analysieren und die Kleinigkeiten zu erkennen, die den Kampf am Ende entscheiden können.

Weitere erfolgreiche Schüler sind Ben Askren und Alan Belcher. Auch Tyron Woodley soll sein nächstes Camp bei Roufusport antreten.

Was Pettis anbelangt; Mit Gilbert Melendet verteidigte er seinen Titel zuletzt gegen einen Gegner, der viele Gegner am Käfig die Luft geraubt und zum Wahnnsinn gebracht hat. Aufgrund seines mangelnden Hintergrunds als Eliteringer wurde Pettis Verteidigung da sehr in Frage gestellt.

Obwohl Melendez die Ausdauer seines Gegners sichtlich beanspruchte, blockierte Pettis ständig dessen Arme und/oder richtete seine eigenen so, dass er beim öffnen derjenige ist, der den Raum als erstes irgendwie nutzen kann.

Dabei sind Ruhe und Konzentatrio seine Waffe.


butterfly.jpg



Pettis gesamter Stil ist darauf zugeschnitten, seine Stärken auszuspielen: Schnelligkeit, Beweglichkeit und Genauigkeit. Dementsprechend legt er sich jede Situation danach aus.

Eine Situation in der ersten Runde war für ihn unglaublich schwer zu lösen, und Melendez traf hier mit viel Dirty Boxing, durch das er zumindest die Runde letzten Endes auch gewann.


m5fwbwza.jpg



In dieser Position profitiert Melendez gleich von zwei Faktoren; zum einen belastet er Pettis Muskeln am Oberschenkel stärker als es aussieht, neben der Beinklammer lastet auch Melendez Körpergewicht auf Pettis und dieser kann sein Gewicht dadurch nicht verlagern.

Für Pettis liegt der Schlüßel darin, den Vorteil zu nutzen, mit beiden Armen arbeiten zu können, um Melendez' Arm zum Rückzug zu zwingen und dann....


cvl5mw4r.jpg



in den "wenigen" Sekunden, die er hatte, um seine Chance zu nutzen, hat er Melendez deutlich verletzt und diesen - der in den Takedowns und Wallstalls seine letzte Chance sah - zu einer Verzweiflungstat gezwungen, die er bereuen sollte.

Mit Melendez konnte er einem der besten Grappler der Division einen Guillotine Choke verpassen, der aus dieser Situation nicht vermeidbar erscheint.


Anthony%2BPettis%2BSubmits%2BGilbert%2BMelendez%2Bby%2BGuillotine%2BChocke%2B-%2BUFC%2B181.gif



In seinem Ansatz war der Choke perfekt, dieser ganz kurze Moment vor dem Ansatz zeigt die Ruhe und Sicherheit des Champions; während einige Ground and Pound genutzt hätten, trickt er Melendez in den Choke:


jds3cropexact3g68v5pq7o.png



Allgemein ist der Guillotine ein ziemlich missverstandener Choke. Das Problem ist in erster Linie, dass man als ausführender Grappler nur bedingt die Effizienz merkt, während man bei anderen Chokes sprichwörtlich merkt, wie der Hals zerquetscht wird.

Der Grund ist allen voran, dass die Belastung vor allem auf den Nacken geht. Oft sieht man sogar in der UFC, wie Fighter bei der Ausführung ihren Körper nach hinten strecken und versuchen sie in Richtung ihres Körpers zu "reißen".

Das ist falsch.

Man muss sich nach hinten reißen, FALLS das die Richtung ist, in die der Druck aufgebaut werden muss. Allerdings ist vor allem aus der Rückenlage oft nicht der Fall - meist nur, wenn die Guillotine von vorne ausgeführt wird, ohne dabei in die Guard zu rutschen.

Der Druck kommt durch das Gewicht, das auf den Hinterkopf drückt und dem Unterarm, der unter dem Kinn sitzt und den Kopf daran hindert, einfach nach "unten" zu weichen. Dabei kommt nicht immer ein Würger zu stande, aber weil es sich so anfühlt, als würde der Kopf platzen, kommt man am Tap nicht drumrum.

Alternativ kann natürlich der Druck durchs eigene Körpergewicht verursacht werden, wie bei diesem brutalen Standing Guillotine, bei dem in der unangenehmen Position unglaublich viel Gewicht am Nacken zerrt.

Ähnlich geschickt finishte er Ben Henderson in ihrem Rückkampf aus der Rückenlage. Ich persönlich halte Henderson auf dem Rücken für sicherer als von der Top Control aus, von daher denke ich, Pettis würde in jedem Fall 8/10 Kämpfe gegen ihn gewinnen, wenn dieser ihn nochmal zu Boden bringen will.

Pettis hat schon immer sehr aktiv mit den Beinen gearbeitet, wenn er auf dem Rücken lag; gegen Benson konnte er dies einmalig nutzen.

Das bemerkenswerteste ist für mich der Moment, in dem Benson sein linkes Bein diesen einen kleinen Schritt zu weit vorsetzt, und Pettis ihn aus dem Gleichgewicht bringt.


Pettis-vs-Handerson-submission-UFC164-1.gif



Um nochmal zur Guillotine zu kommen...

Es gab mal den Glauben, dass der Choke aus dem Sport verschwindet, weil jeder solide Ringer mit der Grundposition (Headlock) vertraut ist. Allerdings hat es sich genau ins Gegenteil entwickelt, als einige gelernt haben, die Guillotine taktisch einzusetzen und vor allem vorzubereiten - so wie Pettis.

Das Problem ist, dass es aus dem Guillotine kein Entkommen gibt, sobald dieser sitzt - man kann nur hoffen, dass man ihn aushält und dem Gegner die Luft ausgeht.

Für einen erfolgreichen Gebrauch steht vor allem einer: Urijah Faber - und sein Team Alpha Male, nicht zuletzt Brutstätte von Chad Mendes und Bantamweight Champion T.J. Dillashaw

Auch Faber wendet den Choke mit sehr geschicktem Timing an, wenn er eine Position hat, aus der er wie bei Pettis vs. Melendez einen extremen positionellen Vorteil hat oder der Gegner aus Verzweiflung agiert.

Ein aus der Situation heraus ähnliches Beispiel wie bei Pettis bietet dieses Beispiel für die Wahl, zu choken, statt zu punchen und damit ein sicheres Ende zu beschwören:


faber-gill.gif



An dieser Stelle muss man vielleicht sagen, dass die taktische Ausrichtung dennoch sehr veschieden ist. Während Pettis sich zweifelsohne den besten Offensiv-Fighter der Welt nennen kann, agiert Faber vorsichtiger und setzt vor allem auf seinen Takedown statt auf sein Striking; er bringt seinen Gegner auf eine andere Weise zur Verzweiflung.

Oben zu liegen und selten - aber immer akkurat - seine strikes einzubringen, bringt die Gegner von Faber in Zugzwang, sich zu befreien und/oder selber schnell was zu machen.

Wenn Faber seine Mount stabilisiert hat, wartet er nur auf diesen Moment und der Gegner rennt ihm in die Falle, wenn er nicht die Runde verlieren will.

Urijah Faber gehört zu den Fightern, bei denen man auf jeden Fall den Takedown verhindern oder umgehen sollte.

Bei seinem Team Alpha Male in Sacramento (CA) umgibt er sich mit ebenfalls kleinen Fightern mit Hintergrund als Highschool Ringer, um mit einer möglichst ähnlichen Basis auch gewisse Vorzüge zu genießen: Zum einen kann jeder mit jedem trainieren und den Trainern fällt es leicht, die Moves den sich ähnlichen Fightern beizubringen; der Austausch ist noch viell effizienter.


390x270xTeam-Alpha-Male.png.speedilic.ic.LOMTTiExQ6.jpg

(L -> R) Joseph Benavidez, T.J. Dillashaw, Chad Mendes, Urijah Faber


Sein momentan erfolgreichster Schützling, T.J. Dillashaw, gewann als Außenseiter den Titel von Renan Barao, zerstörte diesen in seinem eigenen Game. Mit der Rolle des Außenseiters ist der Champion vertraut.

Als Highschool Ringer wurde er 2004 Gesamt-Zweitplatzierter in Kalifornien und wurde für die "Dream Team Classics" auserwählt, wo die besten Nachwuchsringer der USA auf auserwählte Ringer treffen, die eine gute Saison hinter sich haben, aber eigentlich keine großen Namen sind - und die in aller Regel bei dieser Veranstaltung von der Elite der USA zerstört werden. Einer dieser Auserwählten war Dillashaw. Und wie es halt so kommen musste, besiegte er Minnesotas Superstar Charlie Falck.

Auch wenn er im Nachhinein nicht annährend die Erfolge wie Falck einfuhr, war das führ ihn die Grundlage für eine erfolgreiche Karriere

Und wie so viele andere Ringer aus der Gewichtsklasse lernte er bei Team Alpha Male sein Ringen als eine perfekte Basis für sein außergewöhnlich gutes Kickboxen zu nutzen.

Seine größte Stärke war schon als Ringer sein Verstand.

Ein Mann, dessen Guillotine ich ebenfalls noch in bester Erinnerung habe und der ähnlich souverän in allen Aspekten des Sports agiert, ist Chris Weidman.


99970_Sequence_01_4.gif



Chris Weidman tritt als Nachfolger von Anderson Silva in einen großen Schatten und muss sich trotz seines deutlichen Siegs über Lyoto Machida für einige erst noch gegen Vitor Belfort und Jacare Souza beweisen. Wenn er dann noch hundert weitere Brasilianer besiegt hat, könnte er als einer der modernsten und komplettesten Fighter der Geschichte eingehen.

Natürlich sollte man an einen Champion im Jahre 2015 einen gewissen Anspruch stellen. Dennoch wage ich mich zu behaupten, dass er Lyoto Machida in jedem Aspekt so dominiert hat, wie es weder Shogun noch Jones tat. Dass die Kämpfe gegen Silva beide kompetiv waren, steht absolut außer Frage, auch wenn die Finishes beide Raum für Spekulation offen ließen.

Dass er im Submission Scramble mit Anderson Silva etwa auf einem Niveau war, habe ich bereits mal erläutert.

Auch Weidman wurde in seiner letzten Titelverteidigung an den Käfig gedrückt. Auch er konnte sich souverän befreien, extrem souverän.


cariasostrip03v1kfgyanus.jpg



Neben seiner technischen Sicherheit ist es die wahnsinnig gute Beinarbeit Weidmans, die ihm ermöglicht, sein Können gegen jeden Gegner zu nutzen. In seinem Kampf gegen Machida konnte ich kaum glauben, wie er ihn mit seiner Beinarbeit absolut ungefährlich machte und selber treffen konnte.

Dies ermöglicht ihm auch jede Art, den Kampf auf den Boden zu verlagern.

Weidman selber sagt, das wichtigste an seinem Hintergrund als Ringer ist diese unglaubliche körperliche Härte, die der Sport mit sich bringt. In einem so verbreiteten Sport wie Ringen ist es in den USA ein riesiger Vorteil, als großartiger Ringer ins MMA zu kommen, keine andere Disziplin hat bereits unter jungen Menschen so einen Talentpool.

"It’s just one of those things that if you do it from an early age,
that brutal mentality gets ingrained in you, to be relentless and apply constant pressure.
Most guys who don’t havethat background come to wrestlers for help."
- Chris Weidman


Die Brutalität, von der er spricht, zeigte auch Dillashaw - seine Submission gegen Vaughan Lee hatte recht wenig mit einem Würger zu tun, das war purer Druck.

Leider kann ich euch dafür nur das Video auf UFC.com anbieten.

Bei Weidman lag der Schlüßel zum Erfolg auch darin, dass er schon in frühen Jahren in hochklassigen Grappling Tournaments teilnahm und ein Gefühl für No-Gi Submission Fighting bekam.

Dazu gehört natürlich auch, Niederlagen einstecken zu müssen.

Bereits 2009 machte Weidman erste Wellen, als er als ein zweifacher All-American mit nur einem Jahr professionellem Jiu Jitsu Training den mehrfachen BJJ Weltmeister Andre Galvao einen anständigen Kampf bot, sich aber spät geschlagen geben musste.

Eine hervorragende Adaption seiner Skills im Ringen bewies er in seinem ersten richtig großen Kampf - gegen Demian Maia.

Während Maia nicht sicher steht und versucht zu arbeiten, setzt Weidman sein rechtes Bein vor und dreht seinen Körper mit aller Kraft nach rechts. Maia kriegt zwar sein Bein noch rausgewandt, kann den Wurf jedoch nicht verhindern.


81915_Sequence_01_8.gif



Seither scheute er sich vor keinem Fighter am Boden, lief zudem nie Gefahr, gefinisht zu werden.

Wenn Pettis, Weidman und Dillashaw als frische Champions alle etwas gemeinsam haben, dann dass sie vielseitig sind und trotzdem ihre Linie haben. Alle drei sind großartige Striker und ebenso großartige Grappler.

Einer, der im Moment unter Duke Roufus ganz langsam aber sicher zu einem guten Striker wird ist Ben Askren. Sein Einstieg ins MMA hat bereits ganz früh riesige Wellen geschlagen - zurecht.

Wenn Askren immer eins war, dann anders.


temp-320-31483945.gif



Von der Brutalität, die Weidman so anpreist, ist hier recht wenig zu sehen. Das sieht mehr nach Rey Mysterio aus und ist nur eins von vielen Beispielen, in denen Askren eine Art Kreativität bewies, von der nicht mal seine Trainer erwartet hätten, dass der Sport diese überhaupt hergibt.

Es hat sicherlich einige Jahre gedauert, bis er auf sein Level gekommen ist, wurde von Duke Roufus erst als Grappling Coach kontaktiert - speziell um Leute wie Pettis auf Grinder vorzubereiten.

Seitdem er full-time in Wisconsin trainiert, hat er in seinem gesamten MMA Game nochmal mehr Sicherheit bekommen.

Noch bei Bellator waren die Schwachstellen in jedem Aspekt außer dem Ringen offensichtlich und er gewann gegen Jay Hieron eine sehr umstrittene Entscheidung (ich persönlich hab zwei Runden für Hieron gewertet).


11uvlf5.jpg



Hier konnte er noch von Glück reden, dass Hieron sein Gegner war und keiner, der ihn aus der Situation gefinisht hätte. Weder sein Striking Game noch das Vertrauen in die Rückenlage schienen hier gegeben zu sein.

Dies ist ein gutes Beispiel dafür wie wichtig es ist, sich auf Szenarien vorzubereiten, die nicht geplant sind. Askren kann sich sicher zu den Fightern zählen, die ihren Schliff bei Roufusport bekommen haben.

Vor allem bei Askren bin ich sehr gespannt, was die Zukunft für ihn bringt. Da ist für mich vom Titelgewinn bis zu einem gescheiterten UFC Run alles drin. Aber dass er vom Skill absolut in die UFC gehört, steht außer Frage.

Ähnlich sehe ich es seit Jahren bei Shinya Aoki, der wohl die letzte zeitlose Instanz der japanischen MMA Szene darstellt.

Natürlich ist er einer dieser Grappler, die man durchaus als eindimensional betiteln könnte. Sein Striking ist katastrophal, umso besser sind wiederum seine Slides und Guard Pulls.

Mit seiner Mischung aus Unterhaltungsfaktor und Erfolg außerhalb der UFC finde ich es sehr verwunderlich, dass man sich nie auf einen Vertrag einigen konnte.

Schon vor zehn Jahren sorgte Aoki erstmals für Aufsehen, als er den Arm von Keith Wisniewski brach.


method=get&s=shinya-aoki-keith-wisniewski-gif.gif



Über die Jahre sieht man immer wieder Athleten, deren Technik allem widerspricht, was man bis dahin gesehen hat und genau so muss es auch sein, sonst würde das bedeuten, der Sport entwickelt sich nicht weiter.


Mit diesem kleinen Einblick in modernes Grappling verabschiede ich mich wieder.
 
10 Submissions, die die (MMA) Welt bewegten

Hab da einige bekannte, tot-gequatschte Submissions wie den Twister und die Kimura von Frank Mir gegen Nogueira rausgelassen.

Ist sicher ne sehr subjektive Liste, auch was die Platzierungen angeht. Hätte das sicher auch auf 20 erweitern können,
aber beschränken wir uns erstmal auf diese zehn Glanztaten.

Viel Spaß!



10 Submissions, die die (MMA) Welt bewegten



Platz 10
Marlon Sandro vs. Matt Jaggers (Sengoku 7th Battle)
Standing Arm Triangle Choke


313gnqx.gif

Marlon Sandro gehört zu den sicher bekanntesten Bellator Fightern, der sich bei den Sengoku Events in Japan bereits einen Namen machen konnte. Sein Grappling ist sicherlich elitär, wie er in dieser Submission über Matt Jaggers bewies. Bereits über den ganzen Kampfverlauf hat er einige Chancen gehabt, seinen Gegner so zu besiegen, konnte den Choke jedoch erst richtig durchziehen, als Jaggers es schafft, aufzustehen.

Diese Aktion sollte den Veranstaltern viel mediale Beachtung schenken und war für Sandro der Grundstein, jahrelang als einer der Topguys außerhalb der UFC geführt zu werden.

Mittlerweile hat sein Trainer Andre Pederneiras ihm den zweiten Dan (Schwarzgurt) im BJJ verliehen, Sandro gewann 2001 bereits die Bronzemedaille in den brasilianischen Meisterschaften.

Platz 9
Frank Mir vs. Pete Williams (UFC 36)
Mir Lock


frankfuckinmirzn9_medium.gif

Frank Mir hat bereits 2002 ein Statement mit seinem Ground Game machen können, als er Schwergewichts-Veteran Pete Williams mit einer Form der Shoulder Lock besiegte. Nach dieser Submission war Williams fast zwei Jahre lang verletzt und kam letzten Endes nie wieder in den Sport zurück.

Williams schmerzhafter Gesichtsausdruck und die ungewöhnliche Guardhaltung, die Mir einnimmt, verhalfen der Ausführung schnell zum Namen "Mir Lock", in einem Interview aus dem Jahre 2006 sagte Mir jedoch, er habe eigentlich einen Triangle Choke ansetzen wollen und nur spontan den Shoulder Lock angesetzt, als er gemerkt hat, dass Williams den Arm durchstreckte.

An diesem Abend wurde die Grappling Legende Frank Mir geboren, einige gebrochene Knochen sollten noch dazukommen, u.a. von Minotauro Nogueira und Champion Tim Sylvia.

Platz 8
Minotauro Nogueira vs. Mirko Cro Cop (Pride Final Conflict 2003)
Armbar


th_nogueiracrocop.gif

Dies war einer dieser Kämpfe, die einen großen Impact hinterlassen haben. Nachdem Cro Cop seine K-1 Karriere beendete, um wieder in seiner Heimat Kickboxeen zu betreiben, strebte er eine MMA Karriere an und legte in kurzer Zeit einen legendären Run gegen einige der besten Schwergewichte dieser Zeit hin.

Mit Nogueira stand ihm der ehemalige Champion gegenüber, für den es sich darum ging, wieder einen richtig großen Sieg einzufahren. Es gibt nur wenige Kämpfe in Japan, die eine solche Stimmung verursacht haben - beide Fighter waren absolute Publikumslieblinge.

In diesem feurigen Kampf, den ich mir heute immer noch gerne anschau war es Cro Cop, der in der ersten Runde seinen Gegner verletzen sollte und Nogueiras Technik im Keim zu ersticken schien. Aber statt mental einzuknicken, ging Nogueira voller Selbstvertrauen in die zweite Runde, vermeidete die Distanz zu seinem Gegner und landete schließlich einen Takedown, um eine perfekte Armbar auszuführen.

Bei all der Klasse seiner Gegner schaffte es die nächsten zehn Jahre niemand, Cro Cop eine Submission zu entlocken.

Platz 7
Shogun Rua vs. Kevin Randleman (Pride 32)
Kneebar

mauricioshogunruakneebarskevinrandlemanpride32_medium.gif

Pride 32: Das Las Vegas Event, der japanischen Promotion, ein Klassiker.

Es wird oft ein wenig vergessen, wie genial Shogun Ruas Groundgame in seiner besten Zeit doch war. Zu diesem Zeitpunkt galt er als #1 des Halbschwergewichts und sollte mit Kevin Randleman einen Gegner empfangen, der es nochmal wissen wollte. Als kraftvoller Ringer mit jede Menge Erfahrung wurde Randleman als gefährlicher Gegner gehandelt, sollte sich aber als gedopt herausstellen.

Zumindest gab er eine Urinprobe ab, von der die NSAC sagte: "It was either allegedly non-human urine or urine from a dead human being". Wie gruselig.

Innerhalb seines Groundgames stellte für Shogun die Half Guard immer den Kern dar und warum das so ist, bewies er eindrucksvoll mit seiner Submission über Randleman.

Fun fact: Alle Fighter, denen bei diesem Event Doping nachgewiesen wurde, haben ihre Kämpfe verloren. Anscheinend liebt Gott die USA doch mehr.



Platz 6
Nick Pace vs. Will Campuzano (Ultimate Fighter 12 Finale)
Pillory Choke


55555.gif

Es ist immer schön, wenn eine schwache Card davon erhellt wird, dass eine bis dahin ungesehene Submission erfolgreich zum Sieg führt. Nick Pace hat dies geschafft: Der Pillory oder auch Ninja Choke sollte ihm seinen leider einzigen Sieg in der UFC bescheren. Interessanterweise war er während seiner weiteren Zeit in der UFC nie besonders gute Skills am Boden gezeigt, und der Pillory Choke von ihm sollte auch bis heute der einzige seiner Art gewesen sein.

Campuzano wurde mittlerweile das zweite mal von der UFC entlassen, Pace ist gegen 2012 vollständig von der Bildfläche verschwunden, nachdem die UFC ihn wegen seinen Schwierigkeiten, das Gewicht zu schaffen, feuerte.

Platz 5
Nick Diaz vs. Takanori Gomi (Pride 33)
Gogoplata


nick-diaz_takanori-gomi.gif

Nick Diaz ist dafür bekannt, viel Schaden absorbien zu können. Gleiches gilt für seine Fähigkeit, großartige Submissions durchzuführen. Gegen Gomi sollte er davon Gebrauch machen und neben Shinya Aoki der erste sein, der einen Gogoplata erfolgreich durchführt.

Dana White hat vor dem Kampf bereits seine Fühler nach Gomi ausgestreckt, der jahrelang als #1 im Lightweight galt und schon bald einen zweiten Kampf gegen Penn in der UFC machen sollte. Aus diesen Plänen wurde nichts - Underdog Diaz gelang nach einem durchwachsenem Kampfverlauf der spektakuläre Sieg.

Für Gomi war das das Ende seiner Laufbahn als Elite-Lightweight - in seiner weiteren Karriere konnte er keine Siege mehr gegen große Gegner einfahren. Noch heute treibt er sich in den Undercards der UFC herum.

Für ihn ist es schade, dass er bei dem letzten Höhepunkt seiner Karriere leider auf der falschen Seite der Submission war.

Platz 4
Dan Miller vs. Dave Phillips (IFL 2007 Semifinals)
Standing Guillotine Choke


neck.gif

Das ist doch was für die Just-Bleed-Fans! Wer sich etwas länger mit MMA beschäftigt, kennt diese schon fast abstoßende Szene, der wohl brutalste Guillotine aller Zeiten. Wie man erkennt, bricht Miller seinem Gegner tatsächlich den Hals, ein Grund warum man auf seinen Körper hören sollte und den Tap dann bringen muss, wenn es zu schmervoll wird.

Es grenzt an einem Wunder, dass Phillips knapp ein Jahr später wieder anfangen konnte zu trainieren, es ist einer dieser Momente, in denen man sich fragt, wann mal jemand im Ring sterben wird.

Diese Guillotine war alles, von beeindruckend bis abschreckend. Beide Miller Brüder haben knapp zwei Jahre später in der UFC debütiert, und sind heute noch dort aktiv. Sie haben einen Ruf als großartige BJJ Künstler.

Platz 3
Chris Lytle vs. Matt Brown (UFC 116)
Inverted Triangle Straight Armbar


tumblr_m9afrxPkG21ry1rm7o1_250.gif

Ich glaube es gab nie so einen Fighter wie Chris Lytle, der Mann hat diese Mischung aus Aggressivität und Kreativität, die jeden Kampf zu einem Abenteuer gemacht haben. Er konnte sich etwa jeden zweiten Kampf einen Bonus Award sichern, zu meinem Empören jedoch ging die "Submission of the Night" an diesem Abend nicht an ihn, sondern tatsächlich an Brock Lesnar - eine ziemliche Freichheit.

Es ist schwer zu sagen, inwiefern Lytle hier die Straight Armbar einbauen wollte oder ob das rein zufällig so gekommen ist. Wie auch immer, diese Submission hat es in sich und ist sicher seine schönste. Solche kombinierten Aktionen sieht man sehr selten, so gut wie gar nicht in dieser Perfektion.

Matt Brown gehört noch zu den Topguys der Division, während Lytle schon einige Jahre in Rente ist. Innerhalb der UFC dürfte er als DER Submission Wizard der Gewichtsklasse in die Geschichtsbücher eingehen.

Platz 2
Ryo Chonan vs. Anderson Silva (Pride Shockwave 2004)
Flying Scissors Heel Hook



cho_medium.gif

Für Anderson Silvas Fans war es immer einfach, diese Niederlage zu rechtfertigen. So eine Submission kann man sehr schwer abwenden, erst Recht wenn man gegen einen Fighter kämpft, der dafür nicht bekannt ist.

Zu jenem Zeitpunkt war Andersons Groundgame bereits sehr solide, von Karate-Guy Chonan hätte das niemand erwartet. Das war (neben der perfekten Ausführung natürlich) der Grund, warum die Submission saß. Als aufrecht kämpfender Rechtsausleger bietet Anderson automatisch sein rechtes Bein an, erwartet einen Front Kick, doch Chonan springt in die Beinschere.

Nicht zuletzt Andersons folgender Karriereverlauf gaben der Submission immer wieder eine gewisse Aufmerksamkeit. Am Ende des Tages bleibt auch sie eine einzigartige Szene, in der erneut ein Underdog gewinnt und es schafft, den Mann zu besiegen, der als bestes Middleweight aller Zeiten in die Geschichte eingehen soll.

Platz 1
Toby Imada vs. Jorge Masdival (Bellator 5)
Inverted Triangle Choke


23jfqeh.gif

Auch Toby Imada wurde vor seinem Kampf gegen Masdival abgeschrieben und dann haut er die ungewöhnlichste Submission heraus, die man sich überhaupt hätte vorstellen können. Imada steht für ein slickes Groundgame, konnte in den letzten Jahren aber nur bedingt Erfolge einfahren, während Masdival mitlerweile in der UFC erfolgreich ist.

Masdival kam hier gar nicht erst zum Tap, er wusste quasi gar nicht, was überhaupt los war. Er merkte nur, dass ihm schwarz vor Augen wird, den es war in dem Sinne kein Würger, der einem die Luft abschnürt, sondern die Blutversorgung im Kopf beeinträchtigt.

Imada gab im Interview an, den Choke öfters mal im Training angesetzt zu haben und habe die Rückmeldung seiner Teamkollegen bekommen, dass das echt eine üble Aktion sein kann. Von daher ist es kein Wunder, dass er da im Kampf nicht lange gefackelt hat.
 
Brock Lesnar & die Farmville Connection

Kurze Notiz am Anfang: Kann sein, dass die "großen" Bilder was länger laden, keine Ahnung woran das liegt. Alles bewegte ist aber flüssig.

....

Im Jahre 2008 stand die MMA Welt mal wieder vor der Frage: Was braucht es, um aus einem guten Athleten mit außergewöhnlichen Fähigkeiten einen guten MMA Fighter zu machen? Eine Frage, die so alt ist wie der Sport selber, deren Antwort sich mit der Entwicklung des Sports aber stetig ändern kann.

Die Akte Brock Lesnar hat uns drei Jahre einen Einblick gegeben, wie ein Wunderkind der Anatomie im Haifischbecken zurechtfindet. Das Ergebniss war eigentlich wenig überraschend: Am Boden Top, im Stand-Up Flop. Das darf man so simpel verallgemeinern. Ist es so, dass Lesnar einfach nicht der Typ ist, der es lernt, einen guten Punch zu schlagen? Oder hat er sich in der Hinsicht einfach mit den falschen Leuten umgeben?

Mark Henry - nicht der Wrestler - der Striking Coach von Frankie Edgar - hat aus Edgar innerhalb von nicht mal zwei Jahren einen der besten Striker des Leichtgewichts gemacht. Woran scheitert es an Lesnar und was machte Lesnar so erfolgreich am Boden?

Wie näheren uns dem Thema heute, indem wir erstmal - so mag es zumindest scheinen - um den heißen Brei reden. Der Grund dafür wird im Gesamtzusammenhang deutlich.

Also, bleiben wir um Wrestling-Business, machen aber erstmal eine kleine Zeitreise.

Brock Lesnar & die Farmville Connection

10idwl1.jpg


Sagt jemandem der Name "Billy Robinson" etwas?

Um es kurz zu fassen: Robinson war ein sehr erfolgreicher britischer Catchwrestler, der wie viele seiner Kollegen in Japan und den USA einen unglaublich großen Einfluss auf die professionelle Wrestlingszene hatte - in den 70ern galt er ortsweise als technisch bester Wrestler der Welt - das tun natürlich viele, aber unter den Top 10 war er sicher. Nicht ohne Grund sagen viele Quellen der Zeit, in denen das Wrestling zum Volksphänomen wurde, dass die Briten und Osteuropäer mit ihrem Hinterhof-Ringen weltweit mit den größten Einfluss auf die Szene nahmen, heutzutage ist davon nur noch bedingt zu spüren.

Im Gegensatz zu den meisten der wenigen "Originale" der Zeit, hat Robinsons Wirken jedoch nicht nur im Schaukampf einen Einfluß gehabt. Noch einige Monate vor seinem Tod vor einem Jahr ließ er sich regelmäßig im Gym von Erik Paulson blicken, wo er unter anderem Josh Barnett trainiert und auch DH Smith - British Bulldogs Sohn - ab und an antreffen konnte.

http://www.youtube.com/watch?v=2lNJgJoyCDQ]Ich würde euch gerne direkt dieses Video ans Herz legen[/url], es stammt etwa aus dem Jahre 2006 und ist ein Auszug aus einer DVD Robinsons. Es ist offensichtlich, dass Barnett - der 2004 schon zur absoluten Weltelite des Bodenkampfes gehörte - hier nicht übt sondern lernt, von diesem alten Mann.



Das Video unterstreicht vor allem nochmal die Tatsache, dass man als Athlet niemals der Meinung sein darf, dass man ausgelernt habe oder die altbewährte Weise die bessere ist. Und ich bin mir sehr sicher, dass Barnett ohne diese Offenheit und dem Respekt, den man einer Legende wie Robinson erweist, heute nicht da wäre, wo er ist.

Wo ist er denn? Nun, drücke ich es so aus: Wenn wir die besten Grappler der Welt in einen Käfig werfen und nur einer überleben kann, dann wäre die Wahrscheinlichkeit, dass Barnett überlebt, enorm hoch. Außer vielleicht Werdum gibt es bei Metamoris und bei internationalen Grappling-Tournaments nicht wirklich viel Konkurrenz. Man bedenke vor allem, was Barnett für ein Vieh ist, er ist ein Monster.

Der eben erwähnte Erik Paulson - Barnetts Headtrainer - sagte aus, wenn es einen gäbe, der Royce Gracie bei UFC 1 hätte schlagen können, dann war es Billy Robinson. Er sollte es wissen, schließlich gehörte er zu der ersten Generation der Gracie-Schüler Nordamerikas, so wie u.a. Big John McCarthy. Im Gegensatz zu vielen anderen Schülern hat er eine unglaubliche Bandbreite an anderen Disziplinen erlernt, laut Wikipedia (ich garantiere für nichts) sind es Ringen, Eskrima, Sambo, Catchwrestling/Shooto, Judo, Boxen, TKD und JKD (Bruce Lees Hybrid-Konzept). Seit den 90ern gehört Paulson zur den Pionieren des Grapplings, und war ohne Frage seiner Zeit vorraus.

Zu seinen Schülern gehörte auch Brock Lesnar, Paulson war in jedem Camp involviert und arbeitete mit Lesnars BJJ Coach Rodrigo Medeiros die Bodentaktik gegen Mir, Herring und Carwin aus, vor allem im Kampf gegen Mir hat Paulson hier unglaublich hervorragende Arbeit geleistet.

Machen wir aber nochmal einen Schritt zurück. Wenn man mich fragt, wie Lesnar so viel aus seinem Background gemacht hat: Er hat sich einen hochgradigen BJJ Coach gepackt, der viel Geld verlangt, aber sein Geld wert ist. Er war sich bewusst, dass er Ringen bereits kann und hat sich in Greg Nelsons Gym, der Minneota MMA Academy, mit anderen Fightern fit gehalten, meist gute Ringer oder eben welche, die mit diesen zusammenarbeiten wollten. Und was das neue angeht hat sich Lesnar viel mit Leuten wie eben Paulson umgeben, die durch ihr Catchwrestling eine perfekte Brücke für Lesnar bilden.

Reihenweise sind auch Bilder aufgetaucht, wie Lesnar sich mit den altenTeam Hammer House Leuten wie Mark Coleman und Kevin Randleman umgab, dafür hat er viel Spott geerntet. Aber er hat es richtig gemacht, weil diese Kerle wussten, wie man als monströse Athleten mit bedingtem Skill einen Stil finden kann, erst Recht in der nicht sonderlich dichten HW Division.

Ob es nun aus seinem Kampfstil aus der WWE resultierte oder ein Ding aus seinen Ringertagen war: Lesnar hat spätestens ab dem zweiten Kampf gegen Mir verstanden, dass man dann erfolgreich ist, wenn man seine Taktik möglichst brutal und blutrünstig einsetzt. Nicht nach dem Motto "Ich will dem ja nichts brechen". DOCH! Drauf da, alles brechen, nicht nachdenken, denn ein erfahrenerer Fighter würde aus der Position nicht anders handeln - das ist der Sinn des Sports und es gibt nicht umsonst einen Schiri.

Das war natürlich etwas übertrieben ausgedrückt, aber Lesnar zeigte sehr wohl ein Verständnis, die Chancen zu nutzen, was weit nicht jeder langjährige Ringer in der UFC behaupten kann.

Gegen Carwin in der zweiten Runde war Lesnar mit seinem Takedown direkt in der Top Control, da konnte Carwin nichts mehr machen. Lesnar erhält meinen Credit dafür, dass er den Arm-Triangle Choke ansetzt, ohne eine wirkliche Mount zu haben und direkt zu schalten und - catch-as-catch-can...

719mmxvkriyo.jpg


Und hier nochmal flüssig...

lesnarcarwin.gif


Fällt euch noch ein anderes Schwergewicht mit einem super Arm-Triangle ein?

Josh Barnett? Schöner Zufall, oder?

Nehmen wir mal Barnetts Kampf gegen Kharitonov. Sicher, der Mann war nur bis 2005 eine Maschine und beim Fight gegen Barnett weit über seinen Zenit, aber die grandiose Ausführung des Positionswechsels muss man erstmal kontern, egal wer da unten liegt.

1cd51zuedo2.jpg


Und auch das nochmal flüssig.

josh-barnett-arm-triangle-sergei-kharitonov.gif


Es ist lustig, dass Barnett bei Strikeforce mit diesem Choke so erfolgreich war, während seine Hebel nicht funktionierten. Allerdings scheint es mir bei jedem Scramble am Boden so gewesen zu sein, dass die Gegner im möglichst wenig hinhalten wollten und eher auf Überleben auswaren. Der Triangle ist ein wunderbares Mittel, einen passiven Gegner auf dem Rücken auf kurz oder lang in einen Choke zu zwingen, falls dieser den Griffkampf komplett ablehnt und so passiv ist, dass Hebel kaum anzusetzen sind.

Laut eigenen Aussagen hat Barnett viel mit Lesnar trainiert - für beide sicher gute Gegner im Bodenkampf, für Barnett eine unglaublich gute Gelegenheit, seine Techniken gegen starke, aggressive Ringer zu schleifen, und für Lesnar eine Gelegenheit, die er nirgendwo sonst kriegen würde, für seine Zwecke ist Barnett der beste Sparringpartner, den man sich nur denken könnte.

In seinem Kampf gegen Mir stand Lesnar einem Gegner gegenüber, bei dem er seine körperlichen Vorteile wunderbar ausspielen konnte. Mit bloßer Athletik war es aber nicht gemacht, gegen ein solches Kaliber braucht man auch einen Plan und den hat Lesnar klasse umgesetzt.

Mir ging natürlich zu einem gewissen Grad freiwillig auf den Rücken. Von hier aus Lesnar aber großartige Ruhe, aber einen guten Sinn für Brutalität bewiesen. Ein zentraler Aspekt der Taktik schien gewesen zu sein, Mirs Beine komplett zu isolieren.

Das war alles in allem eine perfekt ausgearbeitete Taktik. Die hätte nicht gegen Werdum funktioniert, nicht gegen Fedor und vielleicht auch nicht gegen andere Größen, aber für Mir erwies sie sich als perfekt.

6l559zcv6er.jpg


rnhc41a12k99.jpg


Die erste Runde war für Mir psyschich eine vorzeitige Niederlage.

Anfangs der zweiten Runde zeigte sich nochmal, dass Lesnar Mirs Beine frühzeitig isolieren will, als er es ablehnte, dem am Boden liegenden Mir zu folgen und eventuell in einen Choke, Sweep oder einfach eine gute Full Guard zu geraten.

Er ließ Mir aufstehen und versuchte es aus dem Clinch heraus, als Mir einen Kniestoß versuchte und Lesnar den balancelosen Mir auf den Boden drückte.

hyoojtjp5mq.jpg


Durch den Käfig in Mirs Rücken konnte dieser den neugewonnen Raum nicht nutzen und ging dann doch schnell recht KO.

Sicher, ein wirklich gutes Game von seinem Rücken aus hat Mir nach seiner Rückkehr 2006 nicht mehr wirklich beweisen können. Fragwürdige Fitness und Fight IQ kommen dazu. Und ähnlich wie Bigfoot in seinem Kampf gegen Fedor, hatte Lesnar den Masterplan, einen gealterten Elite-Grappler trotz eines großen Skill-Gaps zu besiegen - einfach indem man selber den Kampf macht und die eigenen Vorteile ausnutzt.

Lesnars größter Skill war es wohl, sich nicht selber anzulügen und sich den eigenen Stärken und Schwächen bewusst zu sein. Damit hat er zumindest Diego Sanchez einiges vorraus.

Und was ist sein Skill als Puncher?

Ich mein, wirklich als Puncher entwickelt hat er sich nie. Und einen guten Gameplan schien er da auch nicht zu haben.

Wenn man sich Brocks alten Wrestlingstil ansah, sollte man nicht denken, dass er bei einem eingestecken Punch direkt in die Rückwärtsbewegung geht. Sein Trainer war Peter Welch, einer der wenigen Trainer in Boston, die seit der MMA-Legalisierung in Massachusetts MMA Fighter trainieren, unter anderem Kenny Florian - eines der zahlreichen Talente aus dem amerikanischen Bundesstaat, die trotz des langjährigen Verbots ihren Weg gegangen sind - den er knapp acht Jahre lang trainierte.

Nach einiger Recherche kann ich auf keine andere Schlussfolgerung kommen als dass Welch nicht der richtige Mann für Lesnar war. Was Florian so erfolgreich als Striker gemacht hat war seine Dosierung aus westlichem Boxen und super Clinchgame mit gefährlichen Ellenbogen und Knien aus dem Muay Thai. Vor allem in Sachen Beinarbeit war ein guter Hintergrund zu erkennen. Er war nie der beste Athlet oder hatte "besondere" Fähigkeiten, Florian hat es mit Skill und Herz gemacht. Bei allem Respekt sind diese zwei Eigenschaften die, die Lesnar am ehesten fehlten und ich bin mir sehr sicher, dass er sich für seine Zwecke nicht den richtigen Coach ausgesucht hat.

Auch GSPs Run mit Freddie Roach war ähnlich unpassend. Nach dieser Zusammenarbeit war GSPs Striking lichtjahre nach hinten gegangen, es folgte eine gejabbte Performance gegen einen mehr als passiven Koscheck, ein knapper Sieg gegen Shields, der absolut kein Stand-Up hat, ein Knockdown von Condit, der ihn im Striking absolut gefressen hat, der Kampf gegen Diaz, wo er in den paar Sekunden Boxen kassiert hat und schließlich der Kampf gegen Hendricks. Diese Zusammenarbeit markierte das Ende jeder von GSP geschlagenen Punch-Kombination.

Und das soll der gleiche Trainer sein wie der von Pacman? Ja, nur funktioniert Roachs Stil im MMA nicht, zumindest nicht bei GSP. (und wenn wir uns Pac ansehen, haben wir auch hier zwei EXTREM gegensätzliche Strikingtypen). Vielleicht hätte GSP sich lieber bei Floyd Mayweather Sr. blicken lassen?

In Lesnars Interesse lässt sich sagen, dass es besser für ihn ist, sich den falschn Boxcoach auszusuchen als den falschen Grapplingcoach. Glück im Unglück.

Auch Matt Hughes hat es nicht wirklich hinbekommen, sich in über einem Jahrzehnt MMA Karriere ein gutes Striking anzueignen. Dafür hat er jeden Kampf auf den Boden bekommen. Irgendwann hat ihn natürlich das Alter und der Fortschritt des Sports eingeholt. Hughes ist ein guter Freund von Lesnar, teilen sich nicht nur als MMA Fighter viele Eigenschaften (es sind sogar beide Rechtsausleger), sie sind beide patriotische Midwestler und lieben auch beide das Leben auf der Farm - und das nicht auf Facebook.

Am Anfang von Lesnars Karriere hat Hughes ihn wohl auch erstmal ins kalte Wasser geworfen und im MFS wohl ziemlich fertig gemacht, da gab es 2007 einige Storys, geschadet hat es ihm aber anscheinend nicht.

Hughes ist ohne Frage ein Pionier des Sports, dessen Titelrun unterbewertet wird (das gilt für Lesnars Run allerdings nicht). Was er langfristig schaffte, Lesnar aber in seiner auch wesentlich kürzeren Zeit nicht: Er hat es geschafft, sich um sein Ringen herum einen großartigen Stil aufzubauen. Hughes ist quasi das, was Lesnar hätte werden können, wenn er von Anfang an ins MMA gegangen wäre. Dann wäre er anstatt Timmeh, Arlovski und Randy in der Zeit zwischen Barnett und Cain der Mann gewesen und die #2 der Division nach Fedor. Zumindest, wenn er nicht die Mark Kerr Route gegangen wäre, der ist nämlich fast der selbe Typ Fighter gewesen und sah bei seinen UFC Auftritten im wahrsten Sinne unbesiegbar aus und war es zu jenem Zeitpunkt vermutlich auch.

Um nochmal zu Hughes und dessen Run zu kommen: Sein großer Sieg war ja direkt der Titelgewinn im Jahre 2001 gegen Carlos Newton, der seinen Titel gegen den nordamerikanischen BJJ Pionier Pat Miletich in einer der gefürchtetsten Headlocks aller Zeiten gewann:

newtonmiletich3.jpg


Zwei mal besiegte Hughes den einzigartigen Newton, der nach den Niederlagen keine Erfolge mehr feiern sollte, nachdem er um die Jahrtausendwende gegen das beste antrat, was die UFC und PRIDE in ihren frühen Tagen zu bieten hatten.

UFC 34, das wohl mit Abstand beste UFC Event seiner Zeit markiert Hughes legendären Titelgewinn gegen den kanadischen Grappler, eines der seltenen Slam-KOs mit einem ganz merkwürdigen Hintergrund.

Sekunden in die zweite Runde ließ Newton sich in die Guard werfen, von wo aus er sich einen Klassiker im Bodenkampf mit Hughes leistete, in dem keiner absolut dominant war. Als Newton plötzlich einen Triangle Choke um Hughes Nacken bringt, steht dieser auf und lässt Newton, der sich noch am Käfig festhalten wollte, mit voller Power auf den Boden brettern.

Was heißt mit voller Power? Eigentlich ohne Power.

Der Witz ist, dass Hughes nur gefallen ist, weil er KO war und dabei aufgewacht ist und Newton ausgeknockt hat. In der Kombination einmaliges Erlebnis.

tumblr_mk6qzhm3CI1ry1rm7o1_250.gif


Im zweiten Kampf konnte Hughes dann zeigen, wie sehr er sein Groundgame ausgeweitet hat, spätestens ab dann konnte man auch ihn nicht mehr als reinen Ringer bezeichnen, zumal er Newtons deepes Groundgame mit seiner starken Physis und dem eisernen Siegeswillen total überrannte.

Einen ähnlichen Kampf zwischen einem rastlosen Ringer mit starker Physis und einem guard-starken Grappler am Boden war der Klassiker zwischen Tito Ortiz und Frank Shamrock bei UFC 22.

Man kann über Tito sagen was man will. Als Partizipant dieses Kampfes wird er ewig eine der größten Legenden aller Zeiten sein, auch wenn sein späterer Titelrun durchaus fragwürdig war.

5lcbxj.jpg


Und wie man sieht, war auch Tito kein reiner Ringer mehr, sein Guardverhalten war durchaus fortschrittlich.

Nur war Shamrock als unglaublich kompletter Fighter einfach eine Nummer zu viel - so wie Brock Lesnar es trotz erfolgreichem Takedown gegen Cain ähnlich erfahren musste.

Mit Lion's Den, dem Shamrock-Gym fing Kalifornien an, sich als MMA Hotspot hervorzutun, wo nicht zuletzt auch Paulsons CSW Center liegt.

Um hier mal den Spagat zu machen und langsam zur kalifornischen BJJ Szene zu kommen...

Medeiros, Lesnars BJJ Coach, ist übrigens nicht nur Coach, sondern auch erfolgreich in den höheren BJJ Divisions und wurde zwei mal Weltmeister in der offenen Gewichtsklasse, die man als Königsdisziplin bezeichnen darf. So viel zu diesem Mann. Laut Lesnar habe er den Impuls gesetzt, den Arm-Triangle für Carwin intensiv zu trainieren. Und dafür hatte Lesnar auch die richtigen Partner.

Fun fact gefällig? Medeiros wurde in den letzten Wochen mehrmals als nächster Gegner für Josh Barnett bei Metamoris diskutiert und ich hoffe auch, dass das nicht nur ein Random Name ist, der in Erwägung gezogen wird, sondern die beiden gegeneinander antreten, wäre eine sehr kompetive Geschichte. Metamoris halte ich eh für eine ganz feine Geschichte und ich hoffe auch, in Zukunft mehr UFC Fighter dort zu sehen, zumal das Verletzungsrisiko nicht viel größer ist als bei einem intensiven Sparring und Metamoris eine große Bühne für BJJ Akteure und andere Grappler ist.

Mit Saulo Ribeiro trat Medeiros bei Metamoris 4 letzten Jahres gegen eine ähnliche große Legende der Disziplin an und beide zeigten über 20 Minuten absolute Weltklasse.

Hier nur ein kleiner Auszug aus dem Kampf, in dem sich beide weigerten, der exellenten Technik ihres Gegners nachzugeben.


Auch Renato Sobral - besser bekannt als Babalu - tritt bei Metamoris an, zuletzt gegen unseren Freund Chael Sonnen. Babalu trainierte ebenfalls unter Erik Paulson - zumindest für MMA Fights. Aufgrund seiner mangelnden Erfolge als Gi-Grappler gehört er im Gegensatz zu anderen BJJ Wizards nicht zu den Legenden des Sports, allerdings halte ich seinen Einfluß im MMA für unterbewertet, um 2005 war er einer der ganz großen MMA Grappler. Zehn Jahre später vergessen - aber nicht hier.

Für mich war immer das große Fragezeichen, ob Babalus Erfolg im MMA etwas damit zu tun hat, dass er im Herzen nicht auch Brite ist und No-Gi einfach besser ist, was er unter Paulson ausleben konnte? Wissen werden wir es wohl nie.

Rigan-Machado-Cub-Swanson-Erik-Paulson.jpg

BJJ Mega-Legende Rigan Machado, Cub Swanson und Erik Paulson
Bild aus dem Jahr 2009, Swanson erhielt seinen Schwarzgurt von Machado

Paulson ist einer der Typen, wegen denen man heute Kalifornien als Hotspot des MMAs bezeichnet. Nicht nur unzählige Gyms, auch zwei gar nicht so kleine regionale Promotions liegen hier mittlerweile, und das obwohl Kalifornien auf die Bevölkerung gerechnet nicht die besten Jugendringer stellt.

Jacare Souza ist so ein Typ, der viel nach Kalifornien reist, nach L.A. zu Eddie Bravo, zu Paulsons CSW Center und zu Cesars Gracies Gym. Und ich würde mich nicht wundern, wenn er im Sparring jeden Gegner seiner Größe fertig macht und ist meiner Meinung nach mit Abstand der Grappler, dessen Stil ich am meisten feier.

Jacare, das heißt Krokodil. Wieso Jacare? Deshalb:

ojm52g.jpg.gif


Bullshit, ursprünglich kommt der Name von seinem einzigartigen Stil, mit dem er die gegnerische Guard durchbricht und es erinnert - wenn es an etwas erinnert - an ein Krokodil.

Ich persönlich fürchte, dass seine Qualität ähnlich wie die Babalus in Vergessenheit gerät, wenn er sich die nächsten Kämpfe nicht durchsetzen kann und von der Bildfläche verschwindet.

Camozzi, ein klassischer Gatekeeper, der ein Ding für Körperkontrolle und knappe Decisions hat, durfte sich von Jacare zwei mal auseinandernehmen lassen - und fragt nicht wie. Oder doch, fragt; nämlich mit einem Arm Triangle Choke, unserer Technik des Tages.

Chris-Camozzi-vs.-Ronaldo-Souza-1.gif


Bemerkenswert ist, wie offen Jacare von oben den Griffkampf führt. Er gibt Camozzi Raum, damit dieser Fehler machen kann - aus dem Wissen, selber keine zu machen.

Welchen zentralen Fehler Camozzi am Ende macht, dürfte ersichtlich sein; er bietet Jacare die offene Seite und bringt den Arm selber noch in die Triangle Position. Interessanterweise positioniert Jacare seine Beine immer so, dass Camozzi gar keine Guard aufbauen kann. Ob inder Side Guard oder der Half Guard, es gibt nie eine reele Chance für ihn, die Beine zu kontrollieren und muss so damit rechnen, dass Jacare sich bewegt wie er will.

So, das sprengt alles wieder etwas den Rahmen.

Ich schau mir jetzt die neue Folge Game of Thrones an.

Das war es dann für heute erstmal, danke.
 
Gäb es noch Interesse?

Hab recht gutes Material zu Jacare und Werdum, aber müsste sich halt lohnen.

Wäre auch für Ideen in andere Richtung offen.
 
Gäb es noch Interesse?

Hab recht gutes Material zu Jacare und Werdum, aber müsste sich halt lohnen.

Wäre auch für Ideen in andere Richtung offen.

Wäre vielleicht interessant, wenn du abwarten würdest, gegen wen die beiden als nächstes antreten. Jacare soll ja gegen Romero antreten. Souza's BJJ vs. Romero's Wrestling wäre sicher ein interessanter Breakdown, wenn du dort aufzeigen würdest, wer wo die Vorteile haben wird.

Werdum hat momentan ja keinen echten Grappling Gegner. Da würde eher ein Werdum-Only Breakdown Sinn machen. Aber wie gesagt, ich fände es noch interessanter, wenn du ab und zu mal nicht nur einen Fighter analysieren würdest, sondern eben ein Match Up zweier Grappler, wenn es da ein passendes gibt! :)
 
Oben