Hach wie lustig, SummerSlam ist ja gar nicht mehr in Los Angeles. New York ist ja auch viel weltstädtischer und alles. Warum man dann aber nicht für ein paar Kröten mehr in das selbst erkorene Zuhause, den Madison Square Garden, zieht, kann ja dann nur fengshuistische Gründe haben. Immerhin hatte man sich das hehre Ziel gesetzt, die größte Show aller Zeiten abzuliefern. Wieder einmal. So wie überhaupt alle in der WWE immer alles voll geil finden. Vor allem, wenn Cena Superchamp ist. Was ist da denn bitte schiefgelaufen? Haben wir nicht alle davon geträumt, dass Kane rauskommt, völlig zur Überraschung sämtlicher Menschen im Universum nicht gegen Cena, sondern gegen Rollins eingreift und so ein wackeres Fehdenprogramm bis Weihnachten auf die Beine stellt? Cena derweil würde sich in seinem Glanz spiegeln, die letzten Überreste von Rusev und Owens verdauen und bei Raw heute Absolution von Ric Flair kriegen. Irgendwann käme dann Orton auf den Plan, irgendwann holt der sich dann den Gürtel, äh Titel, und irgendwann casht dann Sheamus gegen Orton ein. So hat sich Vince das doch vorgestellt. Was ist denn da jetzt auf einmal schiefgelaufen? Das passiert nämlich, wenn man sich Komiker einlädt, die nichts mehr zu verlieren haben. Da hätte ja Mario Barth einen besseren Host abgegeben. Pff, greift der Stewart einfach Cena an, ich glaub es hackt. Wenn das Uncle Sam wüsste... Aber mal der Reihe nach über die Nacht berichten, die vor allem eins war: lang.
Pre-Show/Opener
Willkommen in Brooklyn, New York, New York! Und Booker T hat sich zum Auftakt gleich mal in Lita verwandelt. Welch freudige Überraschung. Muss wohl an New York liegen. Ein Match kriegen wir zwar nicht, aber das wäre eh irgendwas mit R-Truth und Barrett gewesen, von daher ok. Daführ hat Renee Young die Haare schön. Sheamus nicht. Aber der war ja auch noch gar nicht da. Irgendwann ging es dann los mit dem Special Guest Star Host of the Night Jon Stewart. Der Typ ist Gott, wenn er nicht gerade fehlplatziert im größten SummerSlam aller Zeiten platziert wird und noch dazu nichts Vernünftiges zum Anziehen hat. Die Gags waren lahm und schlecht getimet, das Segment mit Mick Foley hält am Ende keinen Vergleich zum legendären Auftakt von WM30 stand. Wer war da eigentlich nochmal Host? Ich glaub irgendein Schwarzer wars. Das ist nicht das einzige Mal an diesem Abend, dass jeder in der Welt gemerkt hat, dass kurzfristig künstlich aufgebauschtes Wrestlemaniafeeling auch eine Wrestlemania-Card braucht. Hat irgendjemand mal von einem SummerSlam-Moment gesprochen? Ich finde, wenn die schon Sachen wie "too big for Wrestlemania" raushauen, dann müssen die sich daran auch messen lassen. Es wirkte alles wie 80% von Wrestlemania, es fühlte sich an wie 60%, aber es war ein 90% PPV. Hätte man da nicht einfach mal vorher auf die Bremse treten können? Da ist WWE immer ganz schlecht drin.
Sheamus - Orton
Los geht das also. Was hab ich mich auf dieses Match gefreut. Immer, wenn mich in der letzten Woche wer gefragt hat, auf was ich mich so im Leben freue, habe ich geantwortet: "Sheamus gegen Orton und den Weltfrieden". Das kann doch jetzt noch nicht das Ende sein. Wenn ich richtig gezählt habe (also im Sinne der WWE), dann steht es doch jetzt 1:1, eigentlich sowas wie 11:10 mit 17 No Contests. Zeit für ein Rubbermatch bei Night of Champions. Machste noch irgendne Stipulation drauf (No DQ, Hardcore, Extreme Rules, Street Fight oder Ähnliches) und die Leute gehen noch mehr ab als jetzt eh schon nicht. Immerhin wurde NXT gebührend gefeiert, während im Ring irgendetwas passiert ist. White Noise oder sowas. Keine Ahnung. Warum hatte Orton eigentlich bei Smackdown einen WWE 2K14 Pullover an? Bin ich echt der einzige, der Smackdown guckt?
Tag Team Festival
Ok, die WWE hat zwar im Moment eine sehr merkwürdig anmutende Tag Team Division, aber die kann immerhin abliefern. Das spotlastige Match war eins der Highlights des Abends und konnte aus der ortonesquen Schockstarre befreien. Ich hätte es am Ende sogar gekauft, wenn wirklich Big E den Kingston gepint hätte. Das wäre zwar albern gewesen, aber sowas wie ein SummerSlam-Moment. Egal, New Day rocks. Irgendwann muss ich Xavier Woods echt mal eine links und eine rechts hauen für diesen Trashtalk. So sollte es doch sein. Schön zu sehen, wie die WWE ein völlig verkorkstes Gimmick noch retten konnte. It's up to you, New Day, New Day!
Ziggler-Rusev
Der bulgarische Sommereinkauf Rusev gegen die Tochter von Mr. Ass. Ja kauf ich. Aber warum zum Teufel ohne Lana? Das hätte doch wunderbar gepasst, wenn nach dem Double Countout Jon Stewart rauskommt und noch ein Mixed Tag Team sehen will. Aber so bleibt am Ende ein Match, das nur der Auftakt fürs nächste Match war. Muss es beim größten SummerSlam aller Zeiten dann aber eigentlich nicht geben. Wenn Rusev doch wenigstens einen Fisch mitgebracht hätte...
Irgendwas mit Superhelden
Zugegeben, der Schauspielertyp hatte mehr In-Ring-Skills als Ryback und Baron Corbin zusammen. Respekt. Im Grunde war das mal ein typisches Wrestlemania-Undercard-Match. Irgendein Promi, viel Schnickschnack, keine Bedeutung. Nur soll mir Vince jetzt mal erklären, warum man erst alles so comicmäßig auf die Beine stellt (was ja durchaus mal ne Abwechslung war), nur um dann am Ende den Green Arrow nicht als Green Arrow antreten zu lassen. Nicht mal die Hose war grün.
Irgendwas mit nem Gürtel
Och so ein Mist, da ist mein Stream doch ausgerechnet bei diesem Match ausgefallen. Ich geh mal davon aus, dass die drei die vollen fünf Minuten ein Wrestling-Spektakel sondergleichen abgeliefert haben. Nichts anderes erwarte ich von einem prestigeträchtigen Titelmatch beim größten SummerSlam seit 2014.
2/3 Shield vs. 2/3 Wyatt
Und der Abend konnte beginnen! Waren zwar schon zwei Stunden rum, aber die waren mehr so Sheamus, Jon Stewarts Sohn und der Krokodiltyp von Tough enough. Das Ganze weckte schon Erinnerungen an das viel zu kurze Aufeinandertreffen der beiden Factions im letzten Jahr. Leider war ausgeschlossen, dass es zur kompletten Reunion auf einer der Seiten kam, und die lange geteaste Story mit Sting schien auch weit weg. Dafür war es ein schön anzusehendes Auf-die Fresse-drauf-aber-so-richtig-Match. Wie eigentlich fast immer mit Dean Ambrose. Bisschen komisch vielleicht, dass der Lunatic nicht vorm Match oben bei Reigns in der Bude campiert hat, sondern den Main Entrance benutzte. Wyatt sind vor Erstaunen glatt ein paar Hörner gewachsen.
The Winner Takes It ALL!
Wow, Wow, Wow! Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber die Nase von Cena war echt mal so richtig durch. Nein, Spaß beiseite, da waren endlich die legendären SummerSlam-Minuten. Wer das hätte kommen sehen, Finger hoch! Nein, nicht du Brock... Bockstarkes Match mit einer sehr inspirierten Vorstellung vom Mann in weiß. Siehst du orangener Cena, man kann sein Outfit auch ändern, ohne gleich behinderte Kinder zum Besuch des WWE-Shops zu zwingen. Kein Hauch von Authority, kein Wegrennen, einfach nur ein Champion, der die Herausforderung annimmt. Wenn das der neue Rollins ist, dann bin ich dabei. Nach dem Figure Four war es aber auch praktisch ausgeschlossen, dass Cena die 16 vollmacht ohne gleichzeitig Heel zu turnen. Als ob ein Ric Flair da auf der Couch sitzt (und wir alle wissen, dass es eine Bar ist) und sich geehrt fühlt, wenn Cena nicht nur einen Ewigkeitsrekord einstellt, sondern ihm auch noch mit einem geklauten Finisher huldigt. Na bei Cena vielleicht, der tickt so. Egal, dann kam das Finish. Das ist mir dann auch fast egal, wie es gelaufen ist. Natürlich macht es keinen Sinn für Stewart, der damals noch gegen Rollins in ner Minifehde war. Natürlich performet er seinen Kurzauftritt eher mau. Und natürlich hat so ein Match ein cleanes Ende verdient. Aber wenn man das mal außen vor lässt, dann war es doch ein eleganter Weg, um Cena den US-Title abzunehmen. Da bin ich doch mal gespannt auf Raw, in welche Richtung das jetzt weitergeht. Auf alle Fälle mal eine, mit der man so nicht gerechnet hat. Und wenn so am Ende des Tages ein Rollins von der Zerstörung Rusevs und Owens profitiert, dann kann ich damit leben.
Alle Diven auf einen Schlag
Ja komm, ne Viertelstunde gutes Divenwrestling und dann noch der richtige Sieger. Kann man doch eigentlich nicht meckern. Sasha Banks hatte offenbar vergessen, dass sie vor 24 Stunden noch Becky Lynch und Charlotte voll dufte gefunden hat. Ist jetzt eigentlich Bayley die Ober-Diva, wo sie doch hintereinander alle drei Raw-Newcomerinnen vernichtend aus der Halle geprügelt hat? Und wo waren Tamina und Naomi? Ich hab die nicht gesehen. Vielleicht haben die backstage ein bisschen mit Big Show gekuschelt. War ja auch die Biggest Show aller Zeiten.
Owens-Cesaro
Spinn ich oder ist ein Match nur noch halb so gut, wenn man weiß, dass es ein mega Match wird? Vielleicht hätte ich aber auch einfach nicht vorm SummerSlam noch das NXT-Special gucken sollen. An mir ging vieles vorbei, aber für mich war halt auch die 6. Stunde und die Augenlider maximal noch so widerstandsfähig wie WWE-Securities, die Türen bewachen sollen. Ich denke, das Match sollte ich mir dann doch noch einmal angucken. Zumal Owens den Sieg aber auch wirklich mal gebraucht hat. Leider aber nur gegen einen weiteren Midcarder ohne ernste Pläne nach ganz oben. Also da wo Cena und Triple H Ringelpietz mit Anfassen veranstalten.
Legende gegen Legende
Ey komm, wer hat in den letzten zwei Jahren nicht mindestens einmal pro Woche gesagt, dass der Undertaker ja eh schon Rentner ist und der maximal noch mit Samthandschuhen in den Ring getragen werden darf. Vielleicht hätte das mal einer Brock Lesnar gesagt, der sich darum recht wenig scherte. Es war blutig, es war brutal und es war electrifying. Wenn man am Ende noch irgendwie den Stinger involviert hätte und DAS Match für WM32 aufbaut, dann hätte ich doch glatt noch ein Cenashirt gekauft. Es war ein Match, in dem beide saustark rüberkommen mussten und in dem keiner sein Gesicht verlieren durfte. Check... und check. Das Finish kam tief aus der McMahonschen Trickkiste und wirkte so 90er wie die Schuhe von Big E. So scheiße es auch war, es war fast schon wieder geil, weil da eine Menge Nostalgie mit hochkam. So haben am Ende beide irgendwie gewonnen und wir können zufrieden ins Bett und uns in den Foren die Mäuler zerreißen. Nur man wollte doch was Episches. Warum denn nicht den Taker wie gesehen vom Ring gehen lassen und dann steht ihm plötzlich Sting gegenüber. Der Undertaker ist ja eh schon die ganze Zeit Heel, dann passt das auch. Sting macht ihm unmissverständlich klar, dass das Match weitergehen muss, Lesnar freut sich, F5, Pin, Jubel. Undertaker gegen Sting kann man locker über ein halbes Jahr ziehen, auch wenn beide nur einmal im Monat da sind. Und dann bei Wrestlemania 32 in der Heimat von beiden im Main Event der krönende Abschluss zweier Karrieren. Man wird ja wohl noch träumen dürfen.
Fazit
Ach komm, wer wird denn hier ernsthaft wieder sagen können, wie scheiße das alles war? Ich bin weit davon entfernt zu sagen, dass wir hier den Über-PPV erlebt haben, aber es wurde doch wrestlerisch und storylinetechnisch einiges geboten. Ich hätte mir hier und da noch einen Turn oder ein Comeback mehr gewünscht, aber nun gut. Und ganz ehrlich, so überzeugend NXT am Abend vorher wieder einmal war, so absehbar war es auch. Es gab in dem Special nicht ein Match, dessen Sieger nicht in Stein gemeißelt war. Beim SummerSlam war das genau andersrum. Das Main Event war offen wie Vince McMahons Arsch und mit Rollins konnte man kaum rechnen. Also ich war am Ende zufrieden, und Screw Finishes gehören eben auch zum Handwerkszeug. Machen wir mal 7 Sterne und hoffen auf ein legendäres Raw nach SummerSlam.