Exakt darum geht es mir ja auch. Mir ging es nur darum, dass es keinen Grund gibt Frauen nicht bei den Männern mitspielen zu lassen. Natürlich muss dabei die Leistung stimmen, auch das habe ich aber mehrfach so angesprochen. Ich möchte selbstverständlich keine Frauen-Quoten oder Ähnliches im Fußball sehen. Das nervt mich schon abseits des Sports, aber auch bspw. bei Sportarten wie Darts ungemein. Dort: Offene Rangliste gerne! Sonder-Starplätze für Frauen? Nein, danke!
Als großer Dartfan möchte ich da mal einhaken. Diese Kritik, dass für Frauen bei der PDC jetzt extra Startplätze für die WM eingeführt wurden, gibt es natürlich seit den letzten beiden Jahren. Vor allem natürlich auch aus der frauenfeindlichen Ecke (in die du natürlich nicht gehörst). Allerdings muss man da meiner Meinung nach einige Punkte bedenken. Natürlich ist es so, dass im Darts die Unterschiede zwischen Männern und Frauen maximal sehr gering sind und beide Geschlechter die Sportart theoretisch auf demselben Level absolvieren könnten, was auf die wenigsten Sportarten zutrifft.
Jetzt kommt bei den Frauen aber genau wie in vielen anderen Sportarten hinzu, dass sie die Sportart aus gesellschaftlichen Gründen jahrzehntelang überhaupt nicht ausüben konnten. Schließlich entwickelte sich Darts als Pubsport, die nun einmal während des 20. Jahrhunderts fast ausschließlich eine reine Männerzone waren. Dementsprechend hatten Frauen jahrzehntelang überhaupt nicht die Möglichkeit, die Sportart auszuüben, geschweige denn sich so wie die Männer zu entwickeln. Eine erste Weltmeisterschaft bei den Damen gab es beispielsweise erst 2001, während die ersten großen professionellen Turniere für Männer bereits in den 70ern eingeführt wurden.
Deshalb ist es logisch, dass das Niveau der Frauen durchschnittlich weit hinter dem der Männer hinkt. Dementsprechend sind auch die Preisgelder bei den reinen Frauenturnieren sehr gering, weil sie wenig Interesse wecken. Dazu kommt, dass es gerade im Amateur- beziehungsweise semi-professionellen Bereich ein sehr schlechtes Kosten-/Nutzenverhältnis mit europaweiten Reisen und Hotelübernachtungen gibt, die man zusätzlich neben einem Vollzeitjob und regelmäßigem Training noch organisieren muss. Da muss man selbst im semi-professionellen Bereich viel drauflegen, wenn man nicht zu den drei, vier besten Spielerinnen gehört.
Im Sinne der Weiterentwicklung des Spielstandards der Frauen halte ich es deshalb schon für sinnvoll, wenn sie in einem gewissen Rahmen gefördert werden. Dazu kommt, dass bei der PDC (dem einzigen Profiverband) ja sogar alle Events quasi gemischte Events sind und sowohl Männern als auch Frauen offenstehen. Durch die Historie des Dartsports gibt es so für die Frauen aber effektiv kaum Möglichkeiten, sich überhaupt zu qualifizieren, weil sie durchschnittlich einfach nicht das Niveau besitzen. Dementsprechend gibt es auch wenig Anreize für Frauen, überhaupt mit dem Dartspielen anzufangen. Erschwerend hinzu kommt, dass mit der BDO gerade der mit Abstand erfolgreichste und größte semi-professionelle beziehungsweise Amateurverband insolvent gegangen ist und Amateurspieler dieses und wohl auch fast das komplette nächste Jahr überhaupt keine Turniere auf entsprechendem Niveau spielen konnten. Und selbst die erfolgreichsten Frauen waren hier enorm im Nachteil. Ein Halbfinale bei der BDO hat den Frauen die letzten Jahre 2.000 Pfund eingebracht. Als eine der vier besten Spielerinnen in der Sportart wohlgemerkt. Zum Vergleich: Bei den Männern waren es in dem Bereich immerhin 15.000 Pfund. Bei den Weltmeistern der BDO war die Diskrepanz noch eklatanter. Der Weltmeister hat 100.000 Pfund kassiert, die Weltmeisterin nur 12.000 Pfund.
Man muss jedoch dazu sagen, dass die vier, fünf besten Frauen durchaus auf Top 100 Niveau mithalten können. Viele werden ja mitbekommen haben, dass Fallon Sherrock bei der letzten WM der PDC zwei Spiele gewonnen und dabei mit Mensur Suljovic sogar einen Top 16 Spieler besiegen konnte. Mit Lisa Ashton hat sich dieses Jahr zudem das erste Mal eine Fraue eine Tour Card sichern können und gehört damit zum Feld der 128 Profispieler, die sich für jedes Turnier qualifizieren können. Gerade der Erfolg von Fallon Sherrock - der wiederum vermutlich gerade im dartsverrückten England hunderte Mädchen motiviert und inspiriert haben dürfte, mit dem Dartsport anzufangen - wäre aber ohne zwei gesondererte Frauenplätze für die WM nicht möglich gewesen.
Witzigerweise haben die Leute, die ausschließlich ein Problem mit den reinen Frauenplätzen für die WM haben, mit anderen gesonderten Plätzen keine Probleme. So gibt es einen gesonderten Qualifikationsplatz für Südamerika, einen für Afrika, einen für Indien, einen für China, einen für Japan, drei für Nordamerika, drei für Ozeanien, vier für den Rest Asiens und so weiter. Ebenfalls alle für Spieler, die keine Tourcard besitzen und damit bei den restlichen Turnieren im Jahr nicht teilnehmen können. Und die Qualität dieser Spieler hinkt dem Durchschnittsniveau der Profis in der Regel genauso hinterher wie das der Frauen. Aber da beschwert sich niemand, weil es eben zu einer WM dazu gehört, dass auch Spieler aus schwachen Nationen dabei sind. Wenn es nur rein nach Leistung gehen würde, wären bei der Fußball WM beispielsweise auch fast nur europäische und südamerikanische Nationen dabei. Dann wäre es aber keine WM. Und durch diese Auftritte werden Spieler aus diesen Ländern eben auch gefördert und entwickeln sich.
Jahrzehntelang wurde der Dartsport nur von den britischen Nationen geprägt. Dann kamen um die Jahrtausendwende die Niederländer dazu, nachdem Raymond van Barneveld mehrmals die Weltmeisterschaft gewonnen hatte. Die hatten aber eben auch diese Erfolgserlebnisse für den Boom gebraucht. Nur wegen Barneys Erfolg haben tausende von Niederländern mit dem Darts begonnen. Und mittlerweile ist Darts so international wie noch nie. Während vor zehn Jahren die internationalen Qualifikationen meilenweit vom Level der europäischen Spielern entfernt waren, ist die Leistungsdichte mittlerweile enorm hoch. Dieses Jahr haben beispielsweise zum ersten Mal ein Spieler aus Belgien und ein Spieler aus Portugal einen Major Titel gewonnen, beide in ihrem Turnierdebüt wohlgemerkt. Aber das passiert eben nur, weil es für Spiele aus aller Herren Länder finanzielle Anreize gibt, Steeldarts zu spielen (denn gerade in Nordamerika und Asien wird fast ausschließlich Softdarts gespielt) und sich für die WM zu qualifizieren. Dementsprechend halte ich es auch für sinnvoll, die Frauen auf ähnliche Art zu fördern.
Zumal es sich beim Darts auf zwei Startplätze für das 96 Personen starke Teilnehmerfeld der WM begrenzt. Für weitere Turniere oder gar die Tour Card gibt es keine Frauenquote. Aber Fallon Sherrock hat durch ihre Erfolge im vergangenen Jahr allein 25.000 Pfund an Preisgeld eingenommen, plus Sponsorengelder und Antrittsgagen für Exhibitions, wodurch sie ihren Job als Friseurin kündigen und sich jetzt Vollzeit auf ihre Dartskarriere konzentrieren konnte. Und sie ist von ihrer Spitzenleistung her mit Abstand die beste Frau im Sport und kann sich mit ihren 26 Jahren als zuvor reine Amateurin noch enorm steigern. Wenn sie konstanter in ihren Leistungen wird, kann sie meiner Meinung nach locker über Jahre auf der Tour mithalten. Ohne diesen Startplatz bei der WM hätte sie ihr Talent aber vielleicht nie voll entfalten können, weil sie sich als Amateurin bei den rein auf Frauen begrenzten Turnieren nie auf das Level hätte bringen und genug Geld verdienen können, um ernsthaft eine Profikarriere in Angriff zu nehmen.
Natürlich sieht die PDC da aktuell auch eine riesige Marketingchance, um Geld zu scheffeln. Schließlich ging der Erfolg von Sherrock um die Welt und hat für enormes Aufsehen gesorgt. Allerdings macht die PDC das auch auf andere Weise. Beispielsweise finden bei der European Tour die mit Abstand meisten Turniere außerhalb der Insel in Deutschland statt, da es hier das größte Fanpotential gibt. Um den Leuten die Events noch schmackhafter zu machen, werden vier Plätze bei jedem dieser Turniere unter Spielern des jeweiligen Austragungslandes ausgespielt. Damit gibt es rund zehn Turniere im Jahr, bei dem immer mindestens vier deutsche Spieler dabei sind, was im Vergleich zu Spielern aus anderen Ländern ein enormer Vorteil ist und einigen deutschen Spielern auch geholfen hat, um sich in den Profibereich zu spielen. Das wird von deutschen Fans, die jetzt die "Sonderbehandlung" der Frauen kritisieren, aber komischerweise nie erwähnt. Da kam die Kritik natürlich nur aus dem internationalen Lager. Ich will damit aber aufzeigen, dass es bei der PDC schon immer für gewisse Spieler eine "Sonderbehandlung" gab. Gerade, wenn man damit Geld scheffeln kann. Denn die PDC ist ja kein klassischer Sportverband, sondern eher ein privates Unternehmen, das auf Gewinnmaximierung aus ist.