Da ich gerade zum zweiten Mal gehört habe, dass man mir keine vegan-kritischen Texte zugetraut hätte, hier mal ein entsprechender Auszug aus dem ... demnächst ...
erscheinenden Bestseller von mir. Ich weiß gar nicht, ob ich ihn hier schon verbraten habe, hat mir auf jeden Fall damals einiges an veganer Creditibility genommen. ^^ Auf die ich zum Glück aber als überzeugter Lone Gunman eh keinen Wert lege ...
"Dawn of the Muh
Ich versuche seit über 7 Jahren mehr oder weniger erfolgreich zu verhindern, dass unter meinem Lebenswandel andere leiden müssen. Natürlich ist so etwas niemals zu 100 % möglich, diese Erkenntnis war und ist für mich aber kein Freifahrtschein, um nicht wenigstens nach dieser utopischen Perfektion zu streben. Das heißt übersetzt, dass ich immer bereit bin, meine Einstellung zu korrigieren, wenn mich jemand auf durch mich angerichtetes Leid aufmerksam macht und mir gleichzeitig Alternativen benennt, mit deren Wahrnehmung ich diese Ungerechtigkeiten künftig umgehen kann.
So bin ich bisher eigentlich sehr gut gefahren, habe mich nie auf einem vermeintlich befriedigenden Status ausgeruht und leide deshalb auch kaum unter Gewissensbissen, wenn ich mit anderen meine Bemühungen diskutiere. Aber keine Angst, dieser Blog wird keine peinliche Selbstbeweihräucherung. Denn nun kommen wir zur überraschenden Punchline des heiteren Schwanks, der gestern mal wieder im großen Facebook-Vielsorgtheater aufgeführt wurde. Trotz der beschriebenen Umstände wurde ich nämlich damit konfrontiert, dass ich gar kein Veganer bin.
Bevor ich näher auf die Beweislage eingehe, die den zugedröhnten Hippie-Derrick zu dieser doch sehr unerwarteten Überführung veranlasst hat, möchte ich unbedingt darauf hinweisen, dass ich es absolut grandios finden würde, wenn ich tatsächlich kein Veganer wäre. Es gibt nur wenige Dinge auf dieser Welt, mit denen man mich effektiver abschrecken kann als mit einer in Aussicht gestellten Szenezugehörigkeit. Egal ob Oi-Punk, Antifaschismus oder auch Wrestling, wenn irgendwelche Möchtegern-Päpste anfangen, ihre selbst ausgetüftelten und demzufolge völlig uninteressanten Maßstäbe öffentlich zu definieren und einem Kollektiv als verbindliche und für den Eintritt unerlässliche Verhaltensregel vorzuschreiben, bin ich direkt am Horizont verschwunden. Das ist auch der Grund, warum ich keinen Wert auf meinen Status als veganer Tierrechtler lege.
Unglücklicherweise wird mir diese Schublade aber von der Gesellschaft vorgeschrieben. Ich versuche nun mal so konsequent wie möglich kein Tierleid zu verursachen. Diese gewählte Einstellung wird von der Masse leider als vegan besetzt, da habe ich noch nicht mal ein Veto-Recht. Wenn ich diese Bezeichnung verweigern und mich stattdessen als Grote ausweisen würde, wäre das zwar definitiv korrekter, aber gleichzeitig würde ich auch auf breites Unverständnis stoßen, da mein Lebenslauf (noch?) nicht als Allgemeinwissen durchgeht und mich deshalb niemand anhand dieser Namensangabe automatisch einer bestimmten Lebensweise zuordnen kann.
Gibt es also möglicherweise einen Hoffnungsschimmer für mich, da mir gestern offiziell die vegane Daseinsberechtigung entzogen wurde? Nein, tragischerweise nicht, und glauben Sie mir, über dieses Ergebnis ist niemand enttäuschter als ich selbst. Aber meine Ausreisegenehmigung aus Veganistan ist einfach so unbeholfen zusammengestümpert, darauf wird kein gesellschaftlicher Grenzposten hereinfallen. Sie besteht nämlich nur aus dem Hinweis, dass ich einen 20 Jahre alten Gürtel besitze, mit dessen Beschaffenheit ich mich nicht eingehend beschäftigt habe und der deshalb aus Leder bestehen könnte, ich aber dennoch eine Entsorgung aufgrund nachgewiesener Funktionalität bockig verweigere.
Das humanoide Wesen, das mich nach dem mutigen Comingout dazu aufgefordert hat, ihm sofort meine veganen Papiere auszuhändigen, hat nämlich schon vor Urzeiten (bitte wörtlich nehmen, es handelt sich nicht um eine rhetorische Floskel, sondern tatsächlich um die von Experten geschätzte Zeitangabe des im Folgesatz erwähnten Ereignisses) all seine Haushaltsgegenstände, die unter akutem Lederverdacht standen, feierlich beerdigt. Ja, das klingt ziemlich gruselig. Immerhin liegt der Grund meines potentiellen Lederbesitzes in der Tatsache begründet, dass dieses Material ziemlich unverwüstlich daher kommt, was aber nur ein Pluspunkt ist, solange es um die Verwendung geht.
Aus der Perspektive des Errichtens wilder Müllkippen wird jedoch das XXL-Mindesthaltbarkeitsdatum dieser Gebrauchsgegenstände recht schnell zu einem schmerzhaften Umweltverschmutzungsbumerang. Da kann man wirklich erstens nur hoffen, dass so etwas nicht zu einem Trend wird, durch den rund um den Erdball Wahnsinnige ihren zersetzungsresistenten Zivilisationsabfall im Erdboden verscharren, und zweitens sollte man auch beten, dass niemand Hein Blöd über die Hintergründe von Plastiktüten, Atombrennstäben und anderen tickenden Zeitbomben aufklärt. Denn wenn er auszieht, um auch diese Dinge mit veganem Knallkichererbsenehrensalut im Naturschutzgebiet seiner Wahl zu bestatten, hat das betroffene Biotop mal so richtig die Arschkarte gezogen.
War die Beschreibung des durchgeknallten Friedhofsrituals für Teilnehmer an Denkprozessen schon recht gewöhnungsbedürftig, so wurde dieser primitive Hokuspokus noch durch den Hinweis getoppt, mit dem Mr. Vegan mein thematisches Unverständnis als verpönenswert etablieren wollte. Dafür verglich er nämlich meinen Besitz eines 20 Jahre alten Vielleicht-Ledergürtels mit dem Erwerb eines Steaks in der Gegenwart. Die Schnittmenge dieser zwei doch recht unterschiedlichen Vorgänge hatte seine Gehirnzelle im toten Status der jeweiligen Hauptdarsteller eruiert.
Als ich ihm daraufhin erklärte, dass ich mit einem aktuellen Verzicht durchaus Leben retten kann, da ich so aktiv meine Unterstützung einer Tierausbeutung verweigere, dieser Zug aber abgefahren ist, wenn es auf das Gebiet der in meiner prä-veganen Zeit erworbenen Tierprodukte geht, weil dort der Konsum bereits erfolgt ist und durch ein Wegschmeißen weder dieser Vorgang rückgängig, noch das Tieropfer wieder lebendig gemacht werden kann, wurde es richtig unheimlich.
Denn diese Ausführung hat er nicht eingesehen. Es mag also sein, dass ich hier erstmalig mit einer Art von Voodoo konfrontiert wurde, bei dem durch das Begraben von Kuhhäuten untote Rinderzombies erschaffen werden, die daraufhin ruhelos und mit total berechtigtem Menschenhass auf Erden wandeln und sich furchtbar an unserer Rasse rächen wollen. Dawn oft the Muh - Wenn auf der Höllenwiese kein Platz mehr ist, kehren die Euterträger zurück in ihre Ställe. Sicherlich theoretisch ein schöner persönlicher Triumph für den ollen George A. Romero, allerdings zweifele ich stark an der Glaubwürdigkeit des verkündenden Tofu-Totenpriesters, nicht nur weil er sich mit seinen hoffentlich frei erfundenen Zombie-Bataillonen den hirntoten Status teilt.
Nach dieser Episode wurde der Vegan oft the Universe dann etwas pampig, denn nun wollte er von mir wissen, ob ich den Ledergürtel auch tragen würde, während ich meine Kolumne in dem Magazin „Tierbefreiung“ schreibe. Na gut, weshalb er so erpicht auf diese Auskunft war, geht sicherlich nicht als Geheimnis durch, dazu war sein Ziel zu offensichtlich. Wahrscheinlich spekulierte er darauf, dass meine recht flüssige Schreibe irgendwas mit diesem Kleidungsstück zu tun hat und er sich dementsprechend auch dieses Talent ergaunern kann, indem er den Hanfstrick, der seine Hose aus Naturgräsern und regionalem Buschwerk unterhalb der fast skelettierten Brust fixiert, einfach mit diesem Tierprodukt austauscht.
Diese Hoffnung musste ich ihm aber direkt rauben. Denn natürlich ist Ledererwerb ein absolutes No-Go, das ich inzwischen niemals mehr selbst betreiben und auch niemanden dazu auffordern würde. Insgeheim ärgere ich mich auch schwarz, dass sein verbrämter Totenzauber aus dem Absatz weiter oben nur seiner porösen Gehirnwelt entsprungen ist. Ich würde alles dafür geben, um das Verbrechen an dem für den Gürtel getöteten Tier ungeschehen zu machen, was aber leider nun mal absolute Science-Fiction ist.
Nun bekam er endlich Beistand, dazu noch von einem intelligenten Menschen, der richtigerweise darauf hinwies, dass das Tragen von Leder immer eine Außenwirkung hat. Dieser Vorwurf ließ mich allerdings trotz aller Korrektheit auch ziemlich kalt. Ich bin durchaus selbstbewusst genug, um fest davon auszugehen, dass ich jedem nachhakenden Gesprächspartner sowohl meine Überlegung des abgefahrenen Zuges als auch die Leiden in der Lederindustrie glaubhaft vermitteln kann. Und dass die Leute vor meiner Verurteilung nachhaken müssen, ist verbindlich, denn heutzutage kann kaum jemand vegane Gürtel von nicht-veganen Vertretern unterscheiden.
Diese Überlegung beherbergt sogar noch ein weiteres Minenfeld. Während einer „Köln pelzfrei“-Demo wurde ich Zeuge eines Gesprächs, in der ein Omnivorer trotzig die ausgelobte Veganität der Schuhe seines Gesprächspartners anzweifelte. Wie genau reagiert man darauf als kompromissloser Segler unter der Flagge „Außenwirkung“? Nimmt man an der nächsten Demo dann sicherheitshalber barfuß teil?
Nun ist das Vertrauen in meine Rhetorik aber nur der Hauptgrund, warum ich diese Außenwirkungskritik trotz aller Berechtigung locker sehe. Im Fall des Super-Veganers kommt noch dazu, dass er selber diese Außenwirkung nun wirklich nicht per Morgenmüsli zu sich genommen hat.
Das erste Mal stolperte ich über ihn, als er einem Neuzugang in einer veganen Facebook-Gruppe versicherte, dass der Veganismus eine einzige außerirdische Verschwörung ist und es gar keine Veganer gibt. Das fand er brüllend komisch, nur hat er seinen „Spaß“ erst aufgeklärt, nachdem der User irritiert die Gruppe wieder verlassen hatte.
Außerdem postete er damals noch unter einem Profilbild, auf dem er sich durchaus so präsentierte, als wäre er selber gerade frisch aus der Area 51 ausgebrochen. So etwas hat dann natürlich eine Außenwirkung ohne Ende, denn auf diese Weise wird das sowieso recht eingefahrene Feindbild zementiert, dass alle Veganer abgespacte Alt-Hippies sind, die rund um die Uhr Verschwörungstheorien und anderes dummes Zeug von sich geben. Dieser Cocktail hat garantiert eine verheerendere Wirkung als der breiteste Ledergürtel dieser Welt.
Nur weil man ein Mose-Lookalike ist, wird man von anderen Menschen nicht automatisch als Hüter der Abfahrtszeit des Linienbusses ins gelobte Land besetzt. Das hat John Lennon 2.0 definitiv nicht verstanden, denn seine letzten Worte in der Gruppe vor seinem Rauswurf waren „Leder ist vegan, Leder ist vegan, singt alle mit: Leder ist vegan, yippie-yippie“. Und so etwas ärgert und beunruhigt mich, denn ich weiß ja aus beschriebener Erfahrung, dass dieser Mann seine Witzversuche nicht vermitteln kann. So besteht durchaus die Gefahr, dass er in anderen Gruppen jetzt genau diesen Einzeiler loslässt, das selber für brüllend komisch hält und durch eine fehlende Aufklärung deshalb neutrale Menschen entweder verstört oder in ihren Vorurteilen gegenüber Veganern bestätigt.
Wenn er dann noch seinen Standardspruch „Früher war alles besser“ loslässt, steht die vegane Bewegung vollends zumindest im Dunstkreis dieses Kommentars als abgedrehte Gemeinde da, die im Sommer der Liebe des Jahres 1968 zu viel Toilettenreiniger im Koks untergemischt bekam und deshalb geistig die letzten 47 Jahre nicht mitgemacht hat. Und das ist schlimmer als jedes Lederaccessoire der Welt, denn dass nicht nur verkrachte Existenzen, sondern durchaus auch vernünftige Leute vegan leben, will die Masse schon aus Selbstschutz nicht verstehen, da sie sonst ihre reflexartige Skepsis verlieren könnte und eine Verteidigung ihres barbarischen Lebensstils weniger zur Verfügung hätte.
Nun sehe ich aber gerade, dass ich mir zu Unrecht Sorgen gemacht habe, denn Lattenjupp 2015 konzentriert sich heute mehr darauf, in Gruppen zu verbreiten, dass ich Leder trage und das für vegan halte. Das kann er tatsächlich ruhig machen, denn wer dem Rübezahl aus der Schauma-Werbung tatsächlich Glauben schenkt, hat definitiv auf meiner Freundesliste nichts zu suchen. Und wenn er sich darauf beschränkt, nur mich per Rufmord anzugehen, leidet wenigstens nicht der Veganismus an sich. Denn im Gegensatz zu ihm sehe ich mich nicht als Sprecher dieser Bewegung, der bindende 10 Gebote an sein Volk herausgeben kann. Im Gegenteil kann ich eintreffende Steinhagel von leichtgläubigen Vollidioten, die mir damit die Freundschaft kündigen wollen, kaum erwarten.
Richtig beunruhigend ist die ganze Situation sowieso nur wegen 2 Überlegungen. Da wäre zum einen die bereits erwähnte Garantie, dass Vorstöße solcher Denkallergiker gerne von der Gegenseite aufgenommen werden. Gerade wenn die veganen Plattformschreier sich optisch präsentieren wie aus einem veganen Witzbuch entsprungen, so jeder dummen Vorverurteilung entsprechen und dabei noch was von Außerirdischen, Lederbegräbnissen, schreienden Kleidungsstücken und anderen Inhalten eines senil werdenden Geistes vor sich hin brabbeln, ist das an Brisanz kaum zu toppen.
Das wird nur noch dadurch geschlagen, wenn diese Jesus-Imitate in der "Dreimal vom Balken gerutscht und mit dem Kopf aufgeschlagen"-Version dann auch noch anfangen, Menschen ihren Veganismus abzusprechen, obwohl sie seit Jahren kein Tierleid mehr unterstützt haben. Mich lässt das ziemlich unberührt, ich freue mich sogar auf einen netten Blog zur Gegendarstellung, aber was passiert mit Leuten, die nicht so gefestigt sind?
In dem Moment, in dem diese Leute ernüchtert ihren Lebensstil abbrechen, kann man den Scheinheiligen nicht fest genug ans Kreuz nageln und sollte auch auf keinen Fall die Pflaster für die Fäkalienöffnung in seinem Arschgesicht vergessen. Auch die Kandidaten, die den veganen Weg nicht in Erwägung ziehen, da Herr Mümmelgreis ihnen versichert hat, dass sie dafür erst ihren bestehenden Haushalt anstecken oder beerdigen müssen, darf man nicht unter den Tisch fallen lassen.
Die zweite Erkenntnis ist fast noch deprimierender, denn ich warte schon förmlich darauf, dass mir dieser Blog hier irgendwann um die Ohren geschlagen wird. Immerhin bietet er sich geradezu dafür an, dass man auf ihn hinweist und dabei Formulierungen wie "Aber hier hast du doch auch Toleranz gefordert" benutzt. Sobald man den verbalen Durchfall nämlich detaillierter durchkaut und kommentiert, nimmt das die betroffene Masse gerne tatsächlich als Aufruf zu mehr Verständnis gegenüber Tierquälerei auf. Eben nach dem Motto "Du bist doch bei altem Leder so tolerant, warum nicht auch bei meinen Eiern?"
Ich lebe seit Jahren vegan, weil ich seit Jahren keinem Tier mehr bewusst Schaden zugefügt habe. Darauf bin ich stolz, aber leider kann ich gerade von der grauen Masse nicht erwarten, dass sie die Faustregel „Erlaubt ist, woran niemand in der Gegenwart oder Zukunft leidet" versteht bzw. verstehen will. Dazu lechzt das schlechte Gewissen viel zu sehr danach, um diese zugegeben für neutrale Menschen komplizierte Thematik nicht beliebig auf die persönliche Situation zu spiegeln und so vermeidbares Tierleid zu bagatellisieren. Und dafür hasse ich den veganen Messias sogar ein bisschen, denn dadurch wird sein eigentlich normal nerviges Verhalten eines Rentners, dessen Gehirnfunktionen naturgemäß langsam nachlassen, mehr als gefährlich. "