Ich nehme die Kolumne vorläufig doch wieder auf. Schuld ist K-M, der mich mit seiner Schuhgröße provoziert hat. ^^ Na gut, und mein Talent für dramatische Für-immer-Abschiede, deren überraschende Kürze ich bereits auf Facebook perfektioniert habe, ist vielleicht auch nicht ganz unschuldig.
"Tweetys Freudensaft
„Möchte jemand mal probieren? Du leider nicht, Jens, sorry, aber das ist nicht vegan!“
„Wieso nicht? Das sind doch Dominosteine, oder?“
„Nein, das ist *schriftlich leider nicht darzustellender Laut, der akustisch an eine Mischung aus Keuchhusten und Niesreiz erinnert*, eine polnische Spezialität. Übersetzt bedeutet das „Vogelmilch“.“
„Ach so, Wellensittich-Sperma, sag das doch gleich. Ne, das will ich dann sowieso nicht testen…“
„Bah, Jens, du bist so ekelhaft!!!!!“
Zugegeben werde ich nicht zum ersten Mal mit dieser Unterstellung konfrontiert, gerade in Gesprächen über das omnivore Nahrungsangebot wird sie von meinem jeweiligen Gegenüber sogar recht häufig formuliert. Allerdings frage ich mich schon, ob ich mir diesbezüglich tatsächlich etwas vorzuwerfen habe, nur weil Begriffe wie „Vogelmilch“ gewisse Assoziationen in meinem Kleinhirn auslösen.
Ich gehe eigentlich sogar davon aus, dass der allgemeine gesunde Menschenverstand fast schon in einer Art Automatismus auf solche Wörter reagiert, warum sollte also meine abgespacte und sicherlich nicht ganz so gesunde Alternative da andere Verhaltensmuster zeigen? Es kann sich bei Vogelmilch auf keinen Fall um Muttermilch handeln, die geflügelte Despoten von beliebigen Säugetiersklaven absaugen lassen, um sie dann gewinnbringend gegen Körner in der Zwitschergemeinde zu verticken. Außer Menschen und ein paar geistig zurückgebliebenen Affenarten gibt es kein Tier, das jenseits des Säuglingsalters in seiner Ernährung auf Muttermilch zurückgreift, schon gar nicht in der artfremden Variante.
Das ist einfach dem Instinkt geschuldet, der diese Wesen davon abhält, sich mit dem Zeug selbst zu vergiften. So einen Schwachsinn kann man nur betreiben, wenn man Intelligenz entwickelt und die dann dazu benutzt, sich selbst zu belügen und so erfolgreich seinem Alter Ego einzureden, dass die Natur einfach doof ist und deshalb nur vergessen hat, ihren Geschöpfen zeitlich unbegrenzten Zugang zur Muttermilchbar der eigenen Wahl einzuräumen. Unter so einer freiwilligen „Do it yourself“-Gehirnwäsche kann man sich dann sogar die Variante hinter die Binsen kippen, die ursprünglich dafür gedacht ist, dass Kälber schnell Körpermasse aufbauen können, nur um sich dann darüber zu wundern, dass auch die eigene fleischliche Hülle im XXL-Format expandiert.
Wie erwähnt ist aber kein Vogel intelligent genug, um diese Art von akuter Blödheit zu entwickeln, also scheidet diese Erklärung bei der Erläuterung des Begriffs aus. Ich kann aber auch die zweite Möglichkeit ausschließen, obwohl ich damals in meiner Realschulzeit unvernünftigerweise den Biologie-Leistungskurs verschmäht habe, um stattdessen sechs Jahre an die Sado-Maso-Grammatik der französischen Sprachdominatrix zu verschenken.
Trotzdem weiß ich, dass Vögel nicht zu den Säugetieren gehören, sondern eine Klasse für sich bilden. Dadurch bleiben diesen Wesen aber nicht nur speziesinterne Busenwunder verwehrt, die Geflügeldamen der Schöpfung müssen auch nicht die eigene Brut an ihrer Brust säugen, sondern stopfen ihnen alternativ einen vorverdauten Brei aus Würmern und Käfern in den Rachen. An dieser Stelle möchte ich kurz eine Gedenkminute einlegen, um so die Dankbarkeit über meinen Säugerstatus auszudrücken, die ich sowohl am Fehlen von hochgewürgten Insekten in meinem frühkindlichen Nahrungsplan als auch an der Existenz von menschlichen Busenwundern festmachen möchte.
Jedenfalls fällt durch diese Artenzugehörigkeit auch die Erklärung weg, dass es sich bei Vogelmilch um ein körperinternes Produkt handeln könnte, dass die Krähenmama nach einer Schwangerschaft entwickelt, um damit ihre Küken über die Runden zu bringen. Zwar würde ich es Omnivoren ohne weiteres zutrauen, dass sie Vögel in einen Mixer stecken und dann solange das Ding auf Warpgeschwindigkeit schalten, bis der ansässige Trillergulaschkandidat weiß geschleudert wurde, aber dennoch schließe ich aus einem Bauchgefühl heraus auch diese Möglichkeit aus. Was bleibt dann also noch übrig zur Begriffserläuterung, wenn nicht der Rohstoff, den Papa Wellensittich großflächig auf die Tapete seines Baumappartments abspritzt, wenn er anderen Artgenossen bei Vögelaktivitäten zuguckt oder das gefiederte Herzblatt für ihn die Daunen blank zieht?
Und selbst wenn der Begriff Vogelmilch frei erfunden ist oder aus einem ganz anderen Zusammenhang entstanden ist, verstehe ich nicht, warum meine spontane Titulierung der Arbeitskollegin den Appetit verderben kann. Was glaubt diese Frau wohl, woraus zum Beispiel ihr Hühnerei besteht, das sie sich praktisch in jedes dritte Lebensmittel hineinprahmen lässt, wenn sie es nicht sogar zum Frühstück in seiner Urform herunter würgt?
Ein Ei dient Vögeln zur Fortpflanzung, hinter dieser Schale verbirgt sich immer zwangsläufig das, was irgendwann mal ein Vogelbaby wird, falls der omnivore Mensch oder andere primitive Fressfeinde es nicht vorher verputzen. Sprich dieses Rohmaterial wird sehr viel mit dem Zeug gemeinsam haben, das in so manchem osteuropäischen Hinterhof auf den Beton klatscht, wenn eine deutsche 15jährige ihre erneute Schwangerschaft nicht unbedingt publik machen möchte und sich deshalb abtreibungstechnisch für eine sowohl günstigere als auch anonymere Variante begeistern konnte.
Zugegeben ist das Bild sowohl unrealistisch als auch ziemlich überspitzt, aber ich würde auch jederzeit dementieren, dass ein grundsätzlicher Ekelvorwurf an meine Adresse von vorneherein unangebracht wäre. Das ändert aber überhaupt nichts daran, dass jedes Vogelei verbindlich eine Mixtur aus totem Sperma und abgestorbenen Eizellen bilden muss, wie kann man als begeisterter Dauerkonsument also empört auf entsprechende Hinweise reagieren?
Hier betreten wir dann das Gebiet, das mich am meisten an der geistigen Zurechnungsfähigkeit von unveganen Menschen zweifeln lässt. Wenn man sich den Speiseplan dieser Leute anguckt, dann müsste jeder intelligente Vertreter seiner Art eigentlich vor einer spontanen Zwangsbulimie stehen, da er aus dem Strahlkotzen gar nicht mehr herauskommen dürfte.
Omnivore ernähren sich von Leichen, bei denen zwar die Verwesung schon begonnen hat, diese allerdings mit chemischen Konservierungsstoffen zeitlich nach hinten verlagert wurde, damit diese „Nahrung“ nicht so schnell riecht wie der tote Opa 4 Tage nach seinem letzten Schnaufer. Sie ziehen sich begeistert diese Kadaver im ausdrücklich ausgewiesenen Naturdarm der Opfer rein und nehmen dafür auch in Kauf, dass sogar Metzger zugeben, nicht alle Fäkalien aus diesem Darm herauszubekommen, da das einfach unmöglich ist. Sie trinken die Muttermilch anderer Arten, obwohl immer mehr Fernsehmagazine ganz öffentlich darüber berichten, dass dieses Zeug verbindlich Eiter, Blut und andere Widerlichkeiten enthält und dazu noch so lichtempfindlich ist, dass es wiederum nur durch einen Chemiecocktail überhaupt konsumfertig gemacht werden kann. Und sie schlucken eben ganz selbstverständlich totes Vogelsperma in Eiform herunter, wenn sie es vorher weich oder hart gekocht haben. Diese Aufstellung endet hier lediglich, da auch ich Grenzen habe und mir durch eine lückenlose Auflistung nicht selber den Appetit bis zum jüngsten Tag verderben möchte.
Mit diesen Hintergründen sind die meisten Omnivoren jedenfalls auch absolut vertraut, allerdings hören sie deshalb noch lange nicht auf, ihre fettigen Finger nach diesen Perversitäten auszustrecken. Stattdessen vertrauen sie ganz auf einen tollen Supertrick bzw. ihren ultimativen Selbstbetrug, und geben den Herpesauslösern einfach neue Namen, um sie so vor sich selber nicht mehr als Göbelgarantie zu besetzen. Das Ganze mixen sie dann einfach mit einer guten Portion Herdenidotie, mit deren Hilfe sie darauf verweisen, dass praktisch jeder diese widerliche Scheiße zu sich nimmt, und fertig ist der geistesgestörte Durchschnittsesser.
Das Einzige, was in diesem Prinzip dann noch stört, sind Menschen, die sich normal ernähren und sich vor ihrem eigenen Essen nicht ekeln. Ich gebe zu, dass es mich natürlich auch verstören würde, wenn ich erfahre, dass der Gemüsebauer meines Vertrauens regelmäßig in die Ernte kackt, aber so etwas kann ich dadurch negieren, indem ich mir mein Futter woanders besorge oder das Endprodukt etwas länger unter den Wasserkran halte. Omnivore können das nicht, denn sie ernähren sich verbindlich von Fäkalien, Kadavern, Erbrochenem und anderen Obszönitäten, da kann man weder die Geschmacksrichtung des Durchfalls wechseln noch den Verwesungsgrad der Leiche rückgängig machen.
Das Einzige, was man da tun kann, ist sich über Leute aufzuregen, die die schönen Pseudonyme verweigern und die Dinge beim Namen nennen. Vor diesen Menschen kann man sich dann auch ruhig bis auf die Knochen blamieren, indem man sie deshalb als ekelhaft hinstellt, weil sie als Einzige den Konsum der selbst deklarierten Ekelhaftigkeit verweigern. Immerhin muss man nach so einem verbalen Schock nur in die Runde gucken und die ebenfalls empörten Blicke der anderen Omnivoren im Raum sammeln. Schon weiß man, dass man nicht alleine ist und andere ebenfalls Kotze saufen oder ehemals durchblutete Kadaver mit lecker hauchdünnem Kotüberzug begeistert zu sich nehmen.
Nach dieser optischen Versicherung kann man dann total beruhigt selber in den Tierhoden seiner Wahl beißen, denn wenn Millionen Fliegen Scheiße fressen, dann muss die einfach nach Vanille schmecken. Und wehe, irgendein Freak behauptet etwas anderes und erinnert so an den Geruch, den man zwar selber schon diagnostiziert, aber ebenso erfolgreich verdrängt hat. Dieser Typ ist dann wirklich der Gipfel der Ekelhaftigkeit und darf zur Strafe auch keine Vogelmilch-Pralinen probieren. Über diese Lektion wird er dann hoffentlich lange nachdenken."