Ehrlich gesagt frage ich mich auch, ob die "Es ist doch nur Wrestling"-Leute nicht sogar ein großer Teil des eigentlichen Problems sind. Das soll kein Angriff sein, aber wo endet diese Philosophie genau? Roman Reigns hat einen Stable, der nur durch gegenseitiges Ignorieren glänzt - Egal, es ist doch nur Wrestling. Bei der WWE wechselt jede 2. Heel/Face-Zuteilung im Wochentakt - Egal, es ist doch nur Wrestling. Stephanie McMahon hat als Haustier einen rosafarbenen Elefanten vom Planeten Venus, der super wrestlen kann und deshalb auf Titeljagd geht - Egal, wäre im Zweifelsfall ja nur Wrestling. Warum sollte die WWE etwas ändern, wenn es eine breite Fanbasis gibt, die praktisch gar keine Ansprüche mehr an das Programm stellt und diese Liga mit allem durchkommen lässt? Und der ulkigste Funfact dabei: Das sind dann auch meistens die Leute, die ihre Leidenschaft vor anderen verschweigen, weil sie ihnen peinlich ist. Denn es ist ja nur Wrestling, mit anspruchsvoller Unterhaltung, die begeistert und mitreißen kann, hat das doch nichts zu tun. Hm ...
Ja, dann bin ich wohl ein Teil des Problems.
Denn ich gehöre zu der Fraktion, die eben lieber einmal mehr sagt "Es ist doch nur Wrestling". Du hörst die Podcasts und liest meine Beiträge. Wirke ich wie jemand, der vom Westling so gar keine Ahnung hat? Ich gehe (gerade bei der WWE) einfach nur anders mit dem Wrestling-Sport als solchem um. WWE hat sich in den Grundzügen seit 1985 nicht wirklich geändert (klar, die Show ist bombastischer und das In-Ring-Produkt um Längen besser). Aber ich lehne es einfach ab, mir schlechtes Booking und maue Storylines sowie Logiklücken zu Herzen zu nehmen, denn, ja genau: Es ist nur Wrestling.
In jedem Podcast spreche ich an, was bei der WWE schwach gebookt ist. Aber damit hat es sich bei mir auch. Jens gerät dabei manchmal in Rage, man spürt seine Leidenschaft und ich kriege ihn dann nicht gebremst. Das ist doch klasse!
Ich dagegen ziehe das Ganze eher durch den Kakao oder kommentiere es nur mit ein, zwei Spitzen. Mir langt das. Macht mich das zu einem "schlechteren" Wrestlingfan?
Zum Großteil macht mir sogar WWE noch Spaß, sei es wegen der unfreiwilligen Komik, sei es wegen des stellenweise guten Wrestlings, sei es gerade wegen der Fehler, über die ich schmunzeln und die man dann ansprechen kann, sei es wegen der Podcasts, mit denen Jens und Julian, Buwi, Claudio, Christos, Santa Balls und ich offenbar einigen Leuten hier eine kleine Freude machen, was wiederum uns ein Lächeln ins Gesicht zaubert.
Aber selbst wenn die Storylines auf einmal perfekt wären (also in der von Jens so bezeichneten Wrestlingwelt) und jedes Match ein Knaller - würde sich etwas an der Grundausrichtung (Gut gegen Böse mit Seifenoperstories) ändern? Ich glaube nicht. Das Prinzip ist eigentlich überall identisch. Schon die logischste aller Wrestlingwelten würde daher einem "Außenstehenden" wohl nur ein ungläubiges Kopfschütteln entlocken. Und seien wir ehrlich - nachvollziehen kann man das auch. Entweder man hat die Leidenschaft für diesen schwer nachzuvollziehenden Sport, oder eben nicht. Die meisten haben sie nicht, und ich kann es keinem wirklich verübeln, man mag eben, was man mag.
Jeder kann mit seinen Leidenschaften umgehen, wie er will, extrovertiert oder introvertiert oder wie auch immer. Ich für meinen Teil würde ich mich nach allem auch dann nicht damit brüsten, ein Wrestling-Fan zu sein, wenn bei der WWE in der "Wrestlinglogikwelt" auf einmal alles stimmen würde. Meine Feunde wissen darüber bescheid, aber auf der Arbeit werde ich es tunlichst vermeiden, das anzusprechen. Und daran finde ich nichts, REIN GAR NICHTS schlimm oder rechtfertigungswürdig. Das muss jeder für sich entscheiden.
Rygel, ich schätze Dich sehr, sehe mich nach allem aber nicht als Teil des "Problems", weil ich kein Problem sehe. Es ist doch nur Wrestling und keine Glaubensfrage.